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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_781/2007 
 
Urteil vom 20. März 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger, 
Gerichtsschreiber Holzer. 
 
Parteien 
Progrès Versicherungen AG, 
Versicherungsrecht, 8081 Zürich, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin, 
 
betreffend L.________. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Obergerichts des Kantons Schaffhausen 
vom 2. November 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1963 geborene L.________ war als Gipser der X._________ AG bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 16. September 2006 im Garten seiner Eltern eine Hecke schnitt. Als er bemerkte, dass die von ihm benutzte Leiter seitlich zu kippen begann, sprang er aus einer Höhe von etwa 1 bis 1,3 Meter auf den Boden. In der Folge entwickelten sich Rückenschmerzen, die zu einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit führten. Mit Verfügung vom 23. Oktober 2006 und Einspracheentscheid vom 22. Dezember 2006 lehnte die SUVA eine Leistungspflicht ab, da kein versichertes Risiko eingetreten sei. 
 
B. 
Die von der Progrès Versicherungen AG als Krankenversicherer von L.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 2. November 2007 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde beantragt die Progrès Versicherungen AG, die SUVA sei unter Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides zu verpflichten, für die Folgen des Ereignisses vom 16. September 2006 die gesetzlichen Leistungen nach UVG zu erbringen. 
Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten L.________ und das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2. 
2.1 Gemäss Art. 6 Abs. 1 UVG erbringt die Unfallversicherung grundsätzlich Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten. Unfall ist nach Art. 4 ATSG die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat. 
 
2.2 Das für den Unfallbegriff wesentliche Merkmal des ungewöhnlichen äusseren Faktors kann nach Lehre und Praxis auch in einer unkoordinierten Bewegung bestehen. Der ungewöhnliche äussere Faktor liegt in solchen Fällen darin, dass die körperliche Bewegung durch etwas "Programmwidriges" gestört wird, was beispielsweise dann zutrifft, wenn der Versicherte stolpert, ausgleitet oder an einem Gegenstand anstösst, oder wenn er, um ein Ausgleiten zu verhindern, eine reflexartige Abwehrhaltung ausführt oder auszuführen versucht (RKUV 1999 Nr. U 345 S. 420 E. 2b [U 114/97] mit Hinweisen). Eine solche Programmwidrigkeit liegt somit dann vor, wenn der körperschädigende innere Vorgang sich entweder als Folge einer bestimmten sinnfälligen Überanstrengung oder aber als Reaktion des Körpers auf ein sinnfälliges äusseres Ereignis, bzw. als instinktive Abwehrmassnahme gegenüber einer von aussen drohenden, ebenfalls augenfälligen Gefahr darstellt (EVGE 1932 S. 48 ff. E. 2 S. 52; vgl. auch Maurer, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 176 f.). Bei einer solchen unkoordinierten Bewegung ist der ungewöhnliche äussere Faktor zu bejahen; denn der äussere Faktor - Veränderung zwischen Körper und Aussenwelt - ist wegen der erwähnten Programmwidrigkeit zugleich ein ungewöhnlicher Faktor (BGE 130 V 117 E. 2.1 S. 118 mit Hinweisen). 
 
2.3 Wo sich die Schädigung auf das Körperinnere beschränkt und sie erfahrungsgemäss auch als alleinige Folge von Krankheiten, namentlich von degenerativen Veränderungen eines Körperteils innerhalb eines durchaus normalen Geschehensablaufs, auftreten kann, muss die unkoordinierte Bewegung als unmittelbare Ursache der Schädigung indessen unter besonders sinnfälligen Umständen gesetzt worden sein (RKUV 1999 Nr. U 345 S. 420 E. 2b [U 114/97] mit Hinweisen). 
 
3. 
Streitig und zu prüfen ist, ob das Ereignis vom 16. September 2006 als Unfall im Sinne von Art. 4 ATSG zu qualifizieren ist. 
 
3.1 In seinem Schreiben vom 29. September 2006 schilderte der Versicherte das Ereignis wie folgt: Er habe im Garten seiner Eltern die Hecke geschnitten. Beim Arbeiten sei die Leiter, auf der er stand, zur Seite abgekippt, so dass er aus etwa 1 bis 1,3 Meter Höhe mit der elektrischen Heckenschere in der Hand habe abspringen müssen. Die Landung sei auf den Beinen erfolgt. Kurz nach diesem Ereignis seien Rückenschmerzen aufgetreten, die sich in der Folge verstärkt hätten. 
 
3.2 Es ist unbestritten, dass der Versicherte nicht durch die umkippende Leiter verletzt wurde. Insofern kann offenbleiben, ob das Umkippen einer Leiter beim Schneiden einer Hecke, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, als ungewöhnlich zu qualifizieren wäre. Zwar stellte die umkippende Leiter zweifelsfrei einen äusseren Faktor dar, doch fehlt es an einer direkten Einwirkung dieses äusseren Faktors auf den Körper des Versicherten. 
 
3.3 Der Versicherte konnte der latenten Gefahr, welche einer umkippenden Leiter innewohnt, dadurch entgehen, dass er von dieser absprang. Der Absprung erscheint somit als instinktive Abwehrmassnahme gegenüber einer von aussen drohenden, augenfälligen Gefahr. Insofern dieser Absprung bzw. die darauffolgende Landung auf dem Boden einen körperschädigenden inneren Vorgang auslöste, wäre dieser Vorgang als ungewöhnlichen äusseren Faktor im Sinne einer programmwidrigen, unkoordinierten Bewegung zu werten, womit das Ereignis als Unfall zu qualifizieren wäre. 
 
3.4 Aufgrund der vorliegenden medizinischen Akten ist ein endgültiges Urteil über die Frage, ob die am 16. September 2006 aufgetretene akute Lumboischialgie Folge eines durch den Absprung von der umkippenden Leiter ausgelösten körperschädigenden inneren Vorgangs ist, nicht möglich. Der Einsprache- und der kantonale Gerichtsentscheid sind somit aufzuheben, damit die SUVA nach erfolgter medizinischer Abklärung dieser Frage über ihre Leistungspflicht neu verfüge. 
 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 V 642, E. 5). Da sich zwei Versicherer gegenüberstehen, gilt für die Gerichtsgebühr der ordentliche Rahmen nach Art. 65 Abs. 3 BGG, während Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG keine Anwendung findet (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 223, Art. 65 N 28; Thomas Geiser, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, S. 575, Art. 65 N 20; vgl. BGE 126 V 183 E. 6 S. 192). Die obsiegende Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 66 Abs. 4 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 2. November 2007 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 22. Dezember 2006 werden aufgehoben. Es wird die Sache an die SUVA zurückgewiesen, damit sie nach erfolgten Abklärungen im Sinne der Erwägungen über ihre Leistungspflicht neu verfüge. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen, dem Bundesamt für Gesundheit und L.________ schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 20. März 2008 
 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
 
Ursprung Holzer