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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 184/02 
 
Urteil vom 20. Mai 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Batz 
 
Parteien 
R.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Kantonale IV-Stelle Wallis, Bahnhofstrasse 15, 1950 Sitten, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Kantonales Versicherungsgericht des Wallis, Sitten 
 
(Entscheid vom 1. März 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
R.________, geboren am 14. Juni 1980, leidet an angeborenen Störungen namentlich der hypothalamohypophysären Funktionen. Die Invalidenversicherung sprach ihm die zur Behandlung der Geburtsgebrechen Ziffer 422 und 462 GgV notwendigen medizinischen Massnahmen bis zur "Vollendung des 20. Altersjahres" zu. 
 
Am 15. Mai 2001 stellte der Versicherte das Gesuch um Verlängerung der Kostengutsprache für die weiter durchzuführenden medizinischen Behandlungen. Dieses Gesuch wies die Kantonale IV-Stelle Wallis nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens ab (Verfügung vom 11. Juni 2001). 
B. 
Eine dagegen eingereichte Beschwerde wurde vom Kantonalen Versicherungsgericht des Wallis mit Entscheid vom 1. März 2002 abgewiesen. 
C. 
R.________ erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde, indem er sein Begehren um Kostengutsprache für die weiteren Behandlungen seiner Krankheit durch die Invalidenversicherung dem Sinne nach erneuert. 
 
Die IV-Stelle verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 11. Juni 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 
2. 
Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG). 
3. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Invalidenversicherung für die Weiterbehandlung der angeborenen Leiden des Beschwerdeführers über das 20. Altersjahr hinaus aufzukommen hat. Dabei steht fest, dass dem Versicherten gestützt auf Art. 13 IVG in Verbindung mit Art. 3 GgV kein Anspruch auf Übernahme der Behandlungen mehr zusteht (BGE 120 V 277 Erw. 2 mit Hinweisen). Fraglich ist einzig noch, ob eine Leistungspflicht der Invalidenversicherung gemäss Art. 12 IVG in Betracht fällt. 
3.1 Nach Art. 12 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. Diese Bestimmung bezweckt namentlich, die Aufgabenbereiche der Invalidenversicherung einerseits und der sozialen Kranken- und Unfallversicherung anderseits gegeneinander abzugrenzen. Die Abgrenzung beruht auf dem Grundsatz, dass die Behandlung einer Krankheit oder einer Verletzung ohne Rücksicht auf die Dauer des Leidens primär in den Aufgabenbereich der Kranken- und Unfallversicherung gehört (BGE 104 V 81 Erw. 1, 102 V 41 f.). 
 
Das Gesetz umschreibt die Vorkehren medizinischer Art, welche von der Invalidenversicherung nicht zu übernehmen sind, mit dem Rechtsbegriff "Behandlung des Leidens an sich". Wo und solange labiles pathologisches Geschehen besteht und mit medizinischen Vorkehren angegangen wird, seien sie kausal oder symptomatisch, auf das Grundleiden oder dessen Folgeerscheinungen gerichtet, stellen solche Heilmassnahmen, sozialversicherungsrechtlich betrachtet, Behandlung des Leidens an sich dar. Dem labilen pathologischen Geschehen hat die Rechtsprechung seit jeher im Prinzip alle nicht stabilisierten Gesundheitsschäden gleichgestellt, die Krankheitswert haben. Demnach gehören jene Vorkehren, welche auf die Heilung oder Linderung pathologischen oder sonst wie Krankheitswert aufweisenden Geschehens labiler Art gerichtet sind, nicht ins Gebiet der Invalidenversicherung. Erst wenn die Phase des (primären oder sekundären) labilen pathologischen Geschehens insgesamt abgeschlossen und ein stabiler bzw. relativ stabilisierter Zustand eingetreten ist, kann sich - bei volljährigen Versicherten - überhaupt die Frage stellen, ob eine Vorkehr Eingliederungsmassnahme sei. Die Invalidenversicherung übernimmt in der Regel nur unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler Defektzustände oder Funktionsausfälle gerichtete Vorkehren, sofern sie die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges im Sinne des Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen. Dagegen hat die Invalidenversicherung eine Vorkehr, die der Behandlung des Leidens an sich zuzuzählen ist, auch dann nicht zu übernehmen, wenn ein wesentlicher Eingliederungserfolg vorausgesehen werden kann. Der Eingliederungserfolg, für sich allein betrachtet, ist im Rahmen des Art. 12 IVG kein taugliches Abgrenzungskriterium, zumal praktisch jede ärztliche Vorkehr, die medizinisch erfolgreich ist, auch im erwerblichen Leben eine entsprechende Verbesserung bewirkt (BGE 120 V 279 Erw. 3a, 115 V 194 Erw. 3, 112 V 349 Erw. 2, 105 V 19 und 149, 104 V 82, 102 V 42). 
3.2 Dem Beschwerdeführer steht auf Grund der vorerwähnten Bestimmung kein Anspruch auf medizinische Massnahmen zu. Wie das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherung namentlich zutreffend ausführen, sind die beim Versicherten durchzuführenden Vorkehren, insbesondere die Medikamentenabgabe, voraussichtlich dauernd weiter notwendig, weshalb die medizinischen Behandlungen nicht auf einen stabilen Defektzustand gerichtet sind. Bei den umstrittenen Vorkehren handelt es sich denn auch primär darum, den beim Beschwerdeführer auftretenden Leiden durch ständige Medikamenteneinnahme vorzubeugen bzw. Linderung zu verschaffen und auf diese Weise den Zustand einigermassen im Gleichgewicht zu halten (BGE 102 V 42 f.; AHI 1999 S. 127 Erw. 2d, ZAK 1988 S. 86 f. Erw. 1). Damit sind die anbegehrten Vorkehren invalidenversicherungsrechtlich als Behandlung des Leidens an sich zu qualifizieren. Bei diesen Gegebenheiten können die streitigen Vorkehren nicht als medizinische Eingliederungsmassnahmen im Sinne von Art. 12 IVG anerkannt werden. Daran vermögen die Einwendungen des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Es wird im Übrigen auf die zutreffenden Darlegungen von Vorinstanz und Verwaltung, insbesondere des Bundesamtes für Sozialversicherung in seiner Vernehmlassung, verwiesen, denen das Eidgenössische Versicherungsgericht nichts beizufügen hat. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Versicherungsgericht des Wallis und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 20. Mai 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: