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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.179/2003 /zga 
 
Urteil vom 20. Juni 2003 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterinnen Nordmann, Hohl, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Parteien 
X.________ und Y.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. Tim Walker, Hinterdorf 27, 9043 Trogen, 
 
gegen 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, Postfach 157, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Art. 29 BV etc. (Honorar des unentgeltlichen Beistandes; Heimeinweisung), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn 
vom 19. März 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 5. September 2002 entzog die Vormundschaftsbehörde Olten dem Kind Z.________ fürsorgerisch die Freiheit und platzierte es im Jugendheim Sternen. 
B. 
Dagegen erhoben seine Eltern, Y.________ und X.________, Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Eine auf den 19. Februar 2003 anberaumte Befragung des Knaben konnte nicht durchgeführt werden, da niemand zur Verhandlung erschien. Nach Vorladung der Betroffenen zur Verhandlung vom 28. März 2003 kündigte das Jugendheim Sternen den Pflegevertrag betreffend Z.________ mit der Begründung, es sei vom Vater verleumdet und auf Schadenersatz verklagt worden. Eine weitere Arbeit mit dem Knaben erweise sich als unmöglich, da sein Vater die Eltern der anderen Kinder gegen die Institution aufhetze. 
 
Das Verwaltungsgericht erachtete daher eine Einweisung in das Jugendheim für nicht mehr durchführbar und schrieb das Verfahren betreffend den fürsorgerischen Freiheitsentzug mit Beschluss vom 19. März 2003 als gegenstandslos ab. Überdies beschloss es, die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von Fr. 600.--, welche die Beschwerdeführer zu bezahlen hätten, trage der Kanton zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Ziff. 2a). Das vom Staat zu bezahlende Honorar des unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzte das Verwaltungsgericht auf pauschal Fr. 1'000.-- fest (Ziff. 2b). 
C. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragen die Eltern im Wesentlichen die Aufhebung von Ziff. 2 des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Überdies ersuchen sie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gemäss Art. 88 OG steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich betreffende Erlasse und Verfügungen erlitten haben. Die staatsrechtliche Beschwerde ist ein Rechtsbehelf zum Schutz der Träger verfassungsmässiger Rechte gegen Übergriffe der Staatsgewalt. Zur Verfassungsbeschwerde ist demnach legitimiert, wer durch den angefochtenen Hoheitsakt beschwert ist, das heisst persönlich einen rechtlichen Nachteil erlitten hat (BGE 114 Ia 94 E. 1; BGE 116 Ia 177 E. 3a S. 179). 
1.1 Soweit die Beschwerdeführer als Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK beanstanden, ihr Anwalt sei nicht rechtzeitig über die Abschreibung des Verfahrens informiert worden und habe deshalb auch keine detaillierte Kostennote einreichen können, richten sie sich nicht gegen einen persönlich erlittenen Nachteil. Davon betroffen ist allenfalls ihr Anwalt, weshalb in diesem Punkt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden kann. 
1.2 Gleich verhält es sich mit der Kritik, die Höhe der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes sei in Verletzung von Art. 29 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK festgesetzt worden. Entschädigt der Staat den amtlichen Vertreter, kann dieser keine weitergehende Honorarforderung an die von ihm vertretene Partei stellen (BGE 108 Ia 11 E. 1 S. 12; 117 Ia 22 E. 4e S. 26; 122 I 322 E. 3b S. 325). Die Beschwerdeführer sind demnach durch die Festsetzung der Entschädigung für ihren Rechtsvertreter nicht beschwert und haben kein aktuelles und praktisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids (Art. 88 OG). 
2. 
Die Beschwerdeführer machen schliesslich geltend, aus der Tatsache dass ihr Sohn gegen den Widerstand der Vormundschaftsbehörde aus dem Heim entlassen worden sei und sich nun bei ihnen befinde, lasse den Schluss zu, dass sie (die Beschwerdeführer) im Verfahren aller Wahrscheinlichkeit nach obsiegt hätten. Das Obergericht sei dadurch in Willkür verfallen, dass es nicht die im kantonalen Verfahren als Beschwerdegegnerin aufgetretene Vormundschaftsbehörde, sondern den Kanton Solothurn unter dem Titel der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsvertretung zur Bezahlung der Parteientschädigung an den Anwalt der Beschwerdeführer verurteilt habe. In Verletzung von Art. 8 und 29 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK begründe das Obergericht auch nicht, weshalb die Beschwerdeführer den Prozess mutmasslich verloren hätten. 
2.1 Soweit sich die Beschwerdeführer mit ihren Ausführungen gegen die Verlegung der Parteikosten richten, sind sie zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG). Es besteht ein Rückforderungsanspruch des Staates für die entrichteten Kosten und erlassenen Gebühren, wenn eine mit unentgeltlicher Rechtspflege prozessierende Partei infolge des Prozessausgangs oder auf andere Weise zu hinreichendem Vermögen oder Einkommen gelangt (§ 114 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 106 ZPO). 
2.2 Der Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich allerdings als unbegründet. Wird der Prozess gegenstandslos, so entscheidet der Richter nach seinem Ermessen darüber, wer die Kosten zu tragen hat (§ 103 Abs. 1 ZPO/SO); die Kosten umfassen dabei sowohl die Gerichtskosten als auch die Parteientschädigung (§ 101 Abs. 1 ZPO). In pflichtgemässer Ausübung des Ermessens richtet sich deren Verlegung danach, wer mutmasslich obsiegt hätte, wobei dem Kriterium des mutmasslichen Verfahrensausgangs freilich keine oder nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, wenn die vorhandenen Akten nicht oder nur wenig aussagekräftig sind (Felix Addor, Die Gegenstandslosigkeit des Rechtsstreits, 1997, S. 230, 235 f.). Als weitere massgebende Kriterien gelten etwa das Prinzip der Veranlassung des Verfahrens und insbesondere jenes der Verursachung seiner Gegenstandslosigkeit (Addor, a.a.O., S. 231 ff., 235 f.). 
 
Das Verwaltungsgericht hat erwogen, eine auf den 19. Februar 2003 anberaumte Befragung des Knaben habe nicht durchgeführt werden können, da niemand zur Verhandlung erschienen sei. Nach Vorladung der Betroffenen zur Verhandlung vom 28. März 2003 habe das Jugendheim den Pflegevertrag betreffend den Sohn der Parteien mit der Begründung aufgelöst, es sei vom Beschwerdeführer verleumdet und auf Schadenersatz verklagt worden. Eine weitere Arbeit mit dem Knaben erweise sich als unmöglich, da der Beschwerdeführer die Eltern der anderen Kinder gegen die Institution aufhetze. Das Verwaltungsgericht hat daher eine Einweisung in das Jugendheim für nicht mehr durchführbar gehalten, das Verfahren betreffend den fürsorgerischen Freiheitsentzug als gegenstandslos abgeschrieben und die Kosten im beanstandeten Sinn verlegt. Damit aber ist das Verwaltungsgericht für die Parteien und das Bundesgericht erkennbar davon ausgegangen, die Beschwerdeführer hätten die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens verursacht. Der Kostenentscheid erweist sich als hinreichend begründet und hätte daher ohne weiteres sachgerecht angefochten werden können (BGE 112 Ia 109 E. 2b; 126 I 97 E. 2b). 
2.3 Die Beschwerdeführer bringen allerdings nur vor, sie hätten aller Wahrscheinlichkeit obsiegt, weshalb die Kosten der Beschwerdegegnerin hätten auferlegt werden müssen. Sie machen aber insbesondere nicht geltend, Art. 397a ZGB sei auf Mündige und Entmündigte, nicht aber auf Minderjährige anwendbar. Dem angefochtenen Beschluss lässt im Übrigen auch nicht entnehmen, dass das Verwaltungsgericht auf das Kriterium des Verfahrensausgangs abgestellt hat. Mit appellatorischer Kritik am angefochtenen Beschluss lässt sich Willkür nicht belegen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 125 I 492 E. 1b S. 495). Schliesslich fragt sich, ob der Vormundschaftsbehörde nach kantonalem Recht überhaupt Parteikosten auferlegt werden können. 
3. 
Nach den vorstehenden Erwägungen hat sich die Beschwerde von Anfang an als aussichtslos erwiesen. Das Gesuch der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege ist daher abzuweisen (Art. 152 Abs. 1 OG). 
4. 
Angesichts der erfolglosen staatsrechtlichen Beschwerde werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG) und haften für die Kosten solidarisch (Art. 156 Abs. 7 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 20. Juni 2003 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: