Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_232/2015, 2C_233/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 20. August 2015  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch X.________ AG, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons 
Appenzell Ausserrhoden. 
 
Gegenstand 
2C_232/2015 
Staats- und Gemeindesteuern 2009, 
 
2C_233/2015 
Direkte Bundessteuer 2009, 
 
Beschwerden gegen die Urteile des Ober- 
gerichts Appenzell Ausserrhoden, 5. Abteilung, 
vom 11. Februar 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 Die Y.________ AG mit Sitz in U.________/AR bezweckt den Handel mit Saunas, Dampfbädern usw. In ihrer Jahresrechnung 2009 verbuchte sie einen ausserordentlichen Aufwand von Fr. 67'000.--. Die Steuerverwaltung Appenzell Ausserrhoden anerkannte diesen Aufwand nicht. Zugleich rechnete sie bei A.________, Verwaltungsratspräsident der Y.________ AG, den Betrag von Fr. 67'000.-- (bei der Staats- und Gemeindesteuer) bzw. Fr. 40'200.-- (bei der direkten Bundessteuer; 60 % von Fr. 67'000.-- in Anwendung von Art. 20 Abs. 1bis DBG) als geldwerte Leistung beim Einkommen auf. Sowohl die Y.________ AG als auch A.________ erhoben dagegen Einsprache. Diejenige von A.________ wurde bis zur Erledigung des Verfahrens gegen die Y.________ AG sistiert. Deren Einsprache wurde mit Einspracheentscheiden vom 16. Juli 2013 abgewiesen. Das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden trat auf die dagegen erhobenen Beschwerden wegen nicht rechtzeitiger Bezahlung des Kostenvorschusses nicht ein. In der Folge wies die Steuerverwaltung am 13. Dezember 2013 auch die Einsprachen von A.________ ab und legte das steuerbare Einkommen auf Fr. 111'500.-- (Staats- und Gemeindesteuer; satzbestimmend Fr. 115'400.--) bzw. Fr. 93'900.-- (direkte Bundessteuer) fest. 
 
B.  
 
 Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden vom Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden mit Urteilen vom 20. August 2014 in Bezug auf die direkte Bundessteuer abgewiesen, in Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuer insofern teilweise gutgeheissen, als nur 60 % des Aufrechnungsbetrags steuerbar seien (Art. 39 Abs. 4 StG/AR bzw. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 StHG). 
 
C.  
 
 A.________ erhebt mit Eingaben vom 13. März 2015 Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; er beantragt die Festlegung des steuerbaren Einkommens in Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuern (Verfahren 2C_232/2015) auf Fr. 44'500.-- (satzbestimmend Fr. 48'800.--) und in Bezug auf die direkte Bundessteuer (Verfahren 2C_233/2015) auf Fr. 53'700.--. 
Das Obergericht verzichtet auf Bemerkungen. Die kantonale Steuerverwaltung Appenzell Ausserrhoden sowie (in Bezug auf die direkte Bundessteuer) die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. A.________ repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
 Die beiden Verfahren betreffen den gleichen Sachverhalt und die gleichen Sachverhalts- und Rechtsfragen und sind daher zu vereinigen. Die Beschwerden sind zulässig. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht prüft frei und von Amtes wegen die richtige Anwendung des Bundesrechts (Art. 95 lit. a BGG, Art. 106 Abs. 1 BGG) mit Einschluss des harmonisierten kantonalen Steuerrechts (Art. 73 StHG; BGE 134 II 207 E. 2). Es ist weder an die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (Motivsubstitution; BGE 138 III 537 E. 2.2 S. 540; 137 III 385 E. 3 S. 386; 133 II 249 E. 2.2 S. 550).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, falls sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Zudem muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f.), was die beschwerdeführende Partei aufzuzeigen hat. Die vorinstanzlichen Feststellungen sind "offensichtlich unrichtig", wenn sie willkürlich erhoben worden sind (Art. 9 BV; BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356; zur Willkür in der Beweiswürdigung BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62 und 135 III 127 E. 1.5 S. 129 f.). Eine entsprechende Rüge ist rechtsgenüglich vorzutragen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Streitig ist ein Betrag von Fr. 67'000.-- (bzw. 60 % davon) als steuerbares Einkommen des Beschwerdeführers. Nach der im angefochtenen Entscheid wiedergegebenen Darstellung des Beschwerdeführers verhält es sich damit wie folgt: Der Beschwerdeführer und sein Sohn B.________ sollen als Vertreter der Y.________ AG in Mailand dem angeblich eine grössere Wellness-Anlage in Slowenien planenden C.________ bzw. dessen Bruder D.________ am 26. Februar 2009 den Betrag von Fr. 67'000.-- (als Provision für den in Aussicht gestellten Auftrag) übergeben haben; dieser sei plötzlich davon gerannt und mit dem Geld geflohen; später habe sich C.________ noch einmal telefonisch gemeldet und gemeint, dass alles in Ordnung komme. Auf eine Anzeige bei der Polizei sei verzichtet worden. Als Beweismittel für seine Darstellung legte der Beschwerdeführer dem Obergericht u.a. eidesstattliche Erklärungen bei, worin er und sein Sohn diesen Sachverhalt bestätigten.  
 
3.2. Das Obergericht erwog, die vorgelegten Dokumente würden nur Reisen nach Italien belegen, aber nicht den geltend gemachten Aufwand von Fr. 67'000.--. Den vom Beschwerdeführer und seinem Sohn vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen komme höchstens der Beweiswert eines Privatgutachtens zu. Der behauptete ausserordentliche Aufwand sei damit nicht ausgewiesen. Die Beweislosigkeit wirke sich zum Nachteil des Beschwerdeführers aus.  
 
4.  
 
 Die Folgerung der Vorinstanz, der geltend gemachte Aufwand sei nicht nachgewiesen, ist eine Beweiswürdigung und als solche eine Sachverhaltsfeststellung, die vor Bundesgericht nur in den Schranken von Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG (vorne E. 2.2) korrigiert werden kann. Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht, eine offensichtlich unrichtige oder auf Rechtsverletzungen beruhende Beweiswürdigung darzulegen: Zwar macht er an sich mit Recht geltend, dass Art. 41 Abs. 2 StHG einen Anspruch auf Beweisabnahme vorsieht, ohne die zulässigen Beweismittel einzuschränken. Indessen hat die Vorinstanz nicht gewisse Beweismittel nicht zugelassen, weshalb die Rüge des Beschwerdeführers, der im kantonalen Recht vorgesehene Ausschluss des Zeugenbeweises sei bundesrechtswidrig, nicht rechtserheblich ist. Die Vorinstanz hat vielmehr die eidesstattliche Erklärungen des Beschwerdeführers und seines Sohnes berücksichtigt, ihnen jedoch keinen ausschlaggebenden Beweiswert beigemessen. Dies ist eine Frage der Beweiswürdigung und damit Sachverhaltsfrage. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung kann nicht als unhaltbar bezeichnet werden, zumal es neben diesen eidesstattlichen Erklärungen keinerlei Beweismittel für die behauptete Zahlung der Fr. 67'000.-- gibt. Die Vorinstanz hat somit zulässigerweise auf Beweislosigkeit geschlossen. 
 
5.  
 
 Frei zu prüfende Rechtsfrage (vorne E. 2.1) ist demgegenüber, was die Folgen der Beweislosigkeit sind. 
 
5.1. Im Steuerrecht trägt die Steuerbehörde die Beweislast für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen, wogegen die steuerpflichtige Person für die steueraufhebenden und -mindernden Tatsachen beweisbelastet ist (Art. 8 ZGB analog; BGE 140 II 248 E. 3.5 S. 252; Urteile 2C_66/2014 vom 5. November 2014 E. 3.1, ASA 83 S. 410; 2C_214/2014 vom 7. August 2014 E. 3.6.2, ASA 83 S. 142). Nach diesen Grundsätzen tragen selbständig Erwerbende oder juristische Personen die Beweislast dafür, dass ein geltend gemachter Aufwand erfolgt und geschäftsmässig begründet ist (Art. 27 Abs. 1 bzw. Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG; Art. 10 Abs. 1 bzw. Art. 24 Abs. 1 lit. a StHG; Urteile 2C_697/2014 vom 1. Mai 2015 E. 2.3; 2C_554/2013 vom 30. Januar 2014 E. 2.4). Kann dieser Aufwand bzw. seine geschäftsmässige Begründetheit nicht belegt werden, so ist er als Einkommen bzw. Gewinn aufzurechnen. So ist die Steuerverwaltung bei der Veranlagung der Y.________ AG vorgegangen: Weil unbewiesen blieb, dass der geltend gemachte Aufwand von Fr. 67'000.-- für einen geschäftsmässig begründeten Zweck erfolgte, wurde dieser Betrag bei der AG als Gewinn aufgerechnet.  
 
5.2. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Besteuerung der AG, sondern um diejenige des Beschwerdeführers als natürliche Person. Die Aufrechnung der Fr. 67'000.-- als Einkommen wirkt bei ihm steuererhöhend. Im Bereich der geldwerten Leistungen einer AG an nahestehende Personen gelten die gleichen Beweislastregeln wie sonst im Steuerrecht: Der Behörde obliegt insbesondere der Nachweis dafür, dass die Gesellschaft eine Leistung an den Aktionär erbracht hat und dieser keine oder keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht (vgl. Urteile 2C_414/2012 vom 19. November 2012 E. 3.2; 2C_88/2011 vom 3. Oktober 2011 E. 2.1.2). Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz besteht aber Beweislosigkeit in Bezug auf das Schicksal des streitigen Geldbetrags: Dass dieser Betrag als Provision im Hinblick auf einen erhofften Vertrag bezahlt wurde bzw. im Zusammenhang mit diesem Geschäft vom angeblichen D.________ entwendet wurde, ist weder bewiesen noch widerlegt. Es ist somit namentlich nicht bewiesen, dass dieser Betrag dem Beschwerdeführer zugeflossen ist. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hat nicht der Beschwerdeführer die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen, sondern die Steuerbehörde. Diese hat den ihr obliegenden Beweis für die steuererhöhende Tatsache nicht erbracht.  
 
5.3. Das führt zur Gutheissung der Beschwerden. Die Sache ist zur neuen Veranlagung ohne Aufrechnung der streitigen Fr. 67'000.-- bzw. Fr. 40'200.-- an die kantonale Steuerverwaltung zurückzuweisen. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG) und hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Verfahren 2C_232/2015 und 2C_233/2015 werden vereinigt. 
 
2.   
Die Beschwerden werden gutgeheissen. Die Urteile des Obergerichts des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 20. August 2014 werden aufgehoben und die Sache wird zu neuer Veranlagung im Sinne der Erwägungen an die kantonale Steuerverwaltung zurückgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Kanton Appenzell Ausserrhoden auferlegt. 
 
4.   
Der Kanton Appenzell Ausserrhoden hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen. 
 
5.   
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren an das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden zurückgewiesen. 
 
6.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, 5. Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. August 2015 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass