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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_796/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 20. November 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Bianchi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Burges, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Grobe Verletzung der Verkehrsregeln; Widerruf; rechtliches Gehör; Unschuldsvermutung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 3. Mai 2017 (SB160521). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft See/Oberland des Kantons Zürich erhob gegen X.________ am 15. September 2016 Anklage wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 2 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 4a Abs. 1 und Abs. 5 VRV. Sie wirft ihm vor, am 5. Mai 2015 um 01:14 Uhr in A.________ die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 38 km/h überschritten zu haben. X.________ bestreitet, den Personenwagen gelenkt zu haben. 
 
B.   
Das Bezirksgericht Pfäffikon sprach X.________ am 1. Dezember 2016 der ihm vorgeworfenen groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu drei Monaten Freiheitsstrafe unbedingt. Zudem ordnete es den Widerruf des bedingten Vollzugs der mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 11. Mai 2012 ausgefällten Freiheitsstrafe von neun Monaten an. 
 
C.   
Dagegen reichte X.________ am 11. Januar 2017 Berufung beim Obergericht Zürich ein, welches das bezirksgerichtliche Urteil am 3. Mai 2017 bestätigte. 
 
D.   
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und er sei freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Subeventualiter sei vom Widerruf der bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten abzusehen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Grundsatzes  in dubio pro reo (Art. 6 Abs. 2 EMRK und Art. 10 Abs. 2 StPO). Er macht geltend, es sei nicht mit Sicherheit erstellt, dass er der Lenker des Fahrzeugs gewesen sei. Das Messbild sei unscharf und die Vorinstanz habe nicht genau beschrieben, aufgrund welcher Gesichtsmerkmale man ihn als Täter erkannt habe.  
 
 
1.2. Die Vorinstanz erwägt, dass auf dem Bildmaterial des Verkehrsüberwachungsgerätes zweifelsfrei erkennbar sei, dass es sich um den Beschwerdeführer handle. Dabei verweist die Vorinstanz auf eine Expertise des Forensischen Instituts Zürich vom 10. Juni 2016, welche auf dem Bildmaterial des Verkehrsüberwachungsgerätes sowie einem Vergleichsfoto des Beschwerdeführers beruht. Auf dem Vergleichsfoto ist der frontal sowie rechtsseitig frontal posierende Beschwerdeführer zu erkennen. Die vom Forensischen Institut Zürich vorgenommene vergleichende morphologische Bewertung hat ergeben, dass eine "Identität sehr wahrscheinlich" sei. Zudem erwägt die Vorinstanz, sie habe sich anlässlich der Berufungsverhandlung zweifelsfrei überzeugen können, dass der Beschwerdeführer dieselbe Person wie diejenige auf dem Messbild sei. Angesichts des Bildmaterials erschliesse sich auch ohne Weiteres, dass weder der Mitarbeiter noch der Bruder des Beschwerdeführers der Lenker des Fahrzeugs gewesen sei, auch wenn sie dies beide behaupteten.  
 
1.3. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253 mit Hinweis). Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 141 III 564 E. 4.1 S. 566; 138 I 305 E. 4.3 S. 319; je mit Hinweisen). Dem Grundsatz  in dubio pro reo kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41 mit Hinweisen).  
Rechtsschriften haben die Begehren sowie deren Begründung mit Angabe der Beweismittel zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Um diesen Erfordernissen zu genügen, muss der Beschwerdeführer sich mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89 mit Hinweisen). Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde substanziiert vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176 mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 368 mit Hinweisen). 
 
1.4. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass es sich bei den Personen auf den Vergleichsfotos um ihn, seinen Bruder und seinen Angestellten handelt. Er legt nicht dar, inwiefern die behauptete fehlende Auseinandersetzung mit einzelnen Gesichtsmerkmalen Willkür zu begründen vermag. Die Vorbringen des Beschwerdeführers lassen die Feststellung der Vorinstanz, es handle sich beim Beschwerdeführer um die Person auf dem Messbild, nicht als willkürlich erscheinen.  
 
1.5. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs. Er bringt vor, er habe keine Gelegenheit gehabt, das Zustandekommen der Vergleichsfotos zu überprüfen. Diese hätten manipuliert werden können. Die Rüge ist unbegründet. Die Vorinstanz legt dar, weshalb sie unter anderem auf die Bilder abstellt, eine nachträgliche Manipulation des Materials durch die Polizei ausschliesst und auf eine entsprechende Beweisabnahme (Beizug der Originalbilder und des verwendeten Mobiltelefons) verzichtet. Inwiefern diese vorweggenommene Beweiswürdigung willkürlich sein soll, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Insbesondere bestreitet er nicht, dass auf den Vergleichsfotos er selbst, sein Bruder sowie sein Mitarbeiter abgebildet sind und er die einzelnen Personen ohne Weiteres erkannt hat (vgl. zum Recht des Betroffenen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden, sowie zur antizipierten Beweiswürdigung BGE 141 I 60 E. 3.3 S. 64; 138 V 125 E. 2.1 S. 127; 137 II 266 E. 3.2 S. 270; 136 I 265 E. 3.2 S. 272; je mit Hinweisen). Inwiefern darüber hinaus die Vorinstanz den Anspruch auf ein gerechtes Verfahren (Art. 29 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 3 Abs. 2 StPO) verletzt haben soll, ist nicht ersichtlich.  
 
2.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, die auf dem Polizeiposten aufgenommenen Vergleichsbilder seien ohne sein Einverständnis zustande gekommen. Darauf ist nicht einzutreten. Zum einen bleibt unklar, welche Norm als verletzt beanstandet wird. Zum anderen setzt sich der Beschwerdeführer mit den diesbezüglichen eingehenden Erwägungen der Vorinstanz nicht auseinander. Dass die vorinstanzliche Feststellung, wonach die Fotografien mit dem Einverständnis der Beteiligten erstellt wurden, willkürlich wäre, bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Die Rüge vermag den Begründungsanforderungen im Sinne von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG nicht zu genügen. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Widerruf der bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe von neun Monaten wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln (Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 11. Mai 2012) sei unverhältnismässig. Die von ihm ausgehende Gefahr bestehe darin, dass er sich erneut ans Steuer setzen könnte. Da auch eine Halbgefangenschaft ihn nicht am Fahren zu hindern vermöge und der Vollzug der Freiheitsstrafe unverhältnismässig wäre, sei auf den Widerruf zu verzichten.  
 
3.2. Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht gemäss Art. 46 Abs. 1 StGB die bedingt aufgeschobene Strafe oder den bedingt aufgeschobenen Teil der Strafe. Die Begehung eines Verbrechens oder Vergehens während der Probezeit führt nur zum Widerruf des Strafaufschubs, wenn die Bewährungsaussichten wegen der neuen Straffälligkeit negativ eingeschätzt werden müssen (BGE 134 IV 140 E. 4.3 S. 143).  
Die Vorinstanz legt eingehend dar, warum nicht davon auszugehen ist, dass der Vollzug der dreimonatigen Freiheitsstrafe ausreicht, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Delikte abzuhalten. Insbesondere verweist sie auf die einschlägigen Vorstrafen, welche praktisch alle widerrufen werden mussten. Obwohl der Beschwerdeführer bereits 24 Tage in Untersuchungshaft verbracht habe, sei er während der Probezeit erneut straffällig geworden. Dies zeige, dass er sich auch von einer Freiheitsstrafe nicht habe beeindrucken lassen. Wie die Verurteilung wegen Fahrens ohne Führerausweis zeige, hätten auch die bisherigen Administrativverfahren keine Wirkung gezeigt. Es sei folglich nicht davon auszugehen, dass ihm der Vollzug einer dreimonatigen Freiheitsstrafe eine genügende Lehre sein werde. Auf diese zutreffenden Erwägungen kann verwiesen werden. Mit der ungünstigen Legalprognose setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Gemäss seiner Argumentation wäre einzig der Normalvollzug geeignet, ihn vom Begehen weiterer Straftaten abzuhalten. Da die Frage der Vollzugsform jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist, erübrigen sich weitere Ausführungen dazu. Seine Einwände lassen den Entscheid der Vorinstanz nicht als bundesrechtswidrig erscheinen. Der Widerruf ist nicht zu beanstanden. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
  
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. November 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bianchi