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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_784/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 20. Dezember 2016  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Herrmann, Schöbi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Konkursmasse A.________ GmbH in Liquidation, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Manfred Küng, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ GmbH, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Stoltz, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Kollokation, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, I. Zivilabteilung, vom 2. September 2016 (Z1 2015 16). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die B.________ GmbH mit Sitz in U.________ ist im Handel und Vertrieb aller Produkte aus dem Bereich der erneuerbaren Energien tätig. Die A.________ GmbH in Liquidation mit Sitz in V.________ bezweckt den Handel mit Waren und Produkten vor allem im Bereich der Solartechnik und anderer erneuerbaren Energien. Am 17. Juni 2009 eröffnete der Einzelrichter am Kantonsgericht Zug den Konkurs über die A.________ GmbH in Liquidation.  
 
A.b. Mit Eingabe vom 11. Juli 2012 reichte die B.________ GmbH beim Kantonsgericht gestützt auf Art. 250 Abs. 1 SchKG Klage gegen die Konkursmasse der A.________ GmbH in Liquidation ein. Die Klägerin beantragte im Wesentlichen, ihre angemeldete, aber nicht zugelassene Forderung in der Höhe von Fr. 625'175'495.-- in der 3. Klasse zu kollozieren. Gegenstand dieser Forderung bildete ein Schadenersatzbegehren wegen vertraglicher Nichterfüllung, der aus dem "Framework Agreement on the Sale and Purchase of..." vom 5. November 2007 (FWA) und dem "Framework Agreement Amendment" vom 27. Oktober 2008 (FAA) abgeleitet wird. Nach durchgeführtem Schriftenwechsel beschränkte der erstinstanzliche Referent das Verfahren auf die Frage der grundsätzlichen Haftung der Beklagten.  
 
A.c. Mit Zwischenentscheid vom 5. März 2015 hielt das Kantonsgericht fest, dass der Klägerin anstelle der Leistungserbringung ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung zustehe.  
 
B.   
Gegen diesen Entscheid gelangte die Beklagte am 24. April 2015 an das Obergericht des Kantons Zug, welches ihre Berufung am 2. September 2016 abwies und den angefochtenen Zwischenentscheid bestätigte. Zudem wies es die Sache zur Weiterführung des Verfahrens an das Kantonsgericht zurück. 
 
C.   
Die Konkursmasse der A.________ GmbH in Liquidation ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 19. Oktober 2016 an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt, das obergerichtliche Urteil vollständig aufzuheben und die Klage der B.________ GmbH (Beschwerdegegnerin) vom 11. Juli 2012 abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Es sind die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
In der Hauptsache geht es um die Kollokation eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs nach Art. 250 Abs. 1 SchKG, welcher die gesetzliche Streitwertgrenze überschreitet. Die Beschwerde in Zivilsachen ist von der Materie her gegeben (Art. 72 Abs. 1 und Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). 
 
2.   
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 140 V 22 E. 4 S. 26). 
 
2.1. Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid, in welchem sich die Vorinstanz auf Berufung hin einzig zur grundsätzlichen Haftung der Beklagten (Beschwerdeführerin) ausgesprochen hat. Gegen einen solchen Zwischenentscheid kann die unterlegene Partei nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG an das Bundesgericht gelangen. Die Beschwerde ist demnach zulässig (vgl. BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47), wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur bewirken könnte (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Es obliegt der Beschwerdeführerin dazutun, dass die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich ist (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47). Die selbständige Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheides bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 141 III 80 E. 1.2).  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin sieht die beiden Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG gegeben. Sie führt aus, dass nicht nur die Haftung, sondern auch die Schadensberechnung zwischen den Parteien strittig sei. Daher habe die Erstinstanz mit Verfügung vom 6. November 2013 das Verfahren zur Vereinfachung auf die Frage der grundsätzlichen Haftung beschränkt, womit möglicherweise viel Aufwand vermieden werden könne oder begründete Aussicht darauf bestehe, dass damit ein Endentscheid gefällt werden könne. Hinzu komme, dass die zu bestimmende Höhe des allfälligen Schadens mit einem voraussichtlich aufwändigen und kostenintensiven Gutachten zu eruieren sein werde. Damit erübrige sich bereits die Beantwortung der Frage, ob der strittige Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil darstelle. Auf jeden Fall müsse ein solcher vorliegend bejaht werden. Andernfalls würde die grundsätzliche Haftung unwiderruflich festgelegt und könnte nicht mehr überprüft werden. Es wäre ihr auch nicht zuzumuten, so die Beschwerdeführerin, wenn sie erst in einigen Jahren die Haftungsfrage vom Bundesgericht überprüfen lassen könnte, nachdem die letzte kantonale Instanz die Schadenssumme festgelegt haben würde.  
 
2.3. Mit dieser Sichtweise übergeht die Beschwerdeführerin, dass die Vorinstanz nicht bloss den erstinstanzlichen Zwischenentscheid geschützt und damit die grundsätzliche Haftung bejaht hat. Sie hat überdies die Sache an die Erstinstanz zurückgewiesen, damit diese das Verfahren weiterführt. Konkret geht es nunmehr um die Frage, inwiefern der Klägerin (Beschwerdegegnerin) und allenfalls ihren Lieferantinnen durch die Nichterfüllung des FWA ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist, womit ein entsprechender Anspruch im Konkurs der Beklagten (Beschwerdeführerin) zu kollozieren sein wird. Ein solcher Rückweisungsentscheid stellt nach der Praxis des Bundesgerichts einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil und damit einen anfechtbaren Zwischenentscheid dar, sofern dem nunmehr zuständigen Gericht verbindliche Vorgaben erteilt worden sind (BGE 140 V 282 E. 4.2 S. 285). Dazu können auch konkrete Anweisungen zur Abnahme von Beweisen gehören, die einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für eine weitläufiges Beweisverfahren nach sich ziehen (Urteil 4A_103/2013 vom 11. September 2013 E. 1.1, nicht publ. in BGE 139 III 411). Hat die nunmehr zuständige Instanz einzig die rechnerische Umsetzung der oberinstanzlichen Anordnung vorzunehmen oder bleibt ihr kein Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Ausschlusses einer Partei aus dem Verfahren, geht das Bundesgericht zuweilen sogar von einem Endentscheid aus (BGE 134 II 124 E. 1.3; 141 II 14 E. 1.1 S. 20). Aus dem angefochtenen Urteil ergeben sich keinerlei Hinweise an die Erstinstanz zu den nunmehr notwendigen Beweisvorkehren, womit der Rückweisungsentscheid kein vom Bundesgericht zu überprüfender Zwischenentscheid darstellt.  
 
2.4. Der Beschwerdeführerin kann zudem nicht gefolgt werden, soweit sie die Anfechtbarkeit des vorinstanzlichen Zwischenentscheides mit dem Umstand begründet, dass das Kantonsgericht das Verfahren einstweilen auf die Haftungsfrage beschränkt hat. Gemäss Art. 125 lit. a ZPO kann das Gericht zur Vereinfachung des Prozesses das Verfahren ausnahmsweise auf einzelne Fragen oder einzelne Rechtsbegehren beschränken. In der Regel hat das Gericht jedoch alle Rechtsfragen in einem Entscheid zu beantworten und es soll nicht stufenweise über einzelne Aspekte befinden, die gegebenenfalls separat rechtskräftig werden (BOHNET, CPC annoté, 2016, N. 1 zu Art. 237; STAEHELIN/ STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 23 Rz. 4; KILLIAS, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 1 zu Art. 237). Der Erlass eines Zwischenentscheides zu einer formellen oder zu einer materiellen Vorfrage soll bei abweichender oberinstanzlicher Beurteilung sofort zu einem Endentscheid führen und so einen bedeutenden Zeit- und Kostenaufwand ersparen (Art. 237 Abs. 1 ZPO). Er ist selbständig anzufechten und eine spätere Anfechtung zusammen mit dem Entscheid in der Sache ist ausgeschlossen (Art. 237 Abs. 2 ZPO; vgl. Urteil 4A_545/2014 vom 10. April 2015 E. 2.1; BOHNET, a.a.O., N. 2 zu Art. 237).  
Allein der Umstand, dass der Zwischenentscheid des Kantonsgerichts über die grundsätzliche Haftung bei der Vorinstanz angefochten werden konnte und musste, sagt noch nichts über die Anfechtbarkeit des vorinstanzlichen Zwischenentscheides beim Bundesgericht aus. Die Umschreibung des Anfechtungsobjektes und die Kriterien für eine Anfechtung sind für das Verfahren vor Bundesgericht in Art. 92 und Art. 93 BGG geregelt. Sie decken sich nicht in jedem Fall mit den Bestimmungen des kantonalen Verfahrens in Art. 237 ZPO sowie in Art. 319 ZPO (TAPPY, in: Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4, 5 und 11 zu Art. 237; KILLIAS, a.a.O., N. 39 und 40 zu Art. 237). Ausserdem hat die Anfechtung von Zwischenentscheiden über den Ausstand und über die Zuständigkeit beim Bundesgericht sofort zu erfolgen (Art. 92 Abs. 2 BGG). Die anderen Zwischenentscheide können - anders als im kantonalen Verfahren - noch mit dem Endentscheid angefochten werden, sofern sie sich auf dessen Inhalt auswirken (Art. 93 Abs. 3 BGG). Im konkreten Fall kann der Beschwerdeführerin daher entgegen ihrer Behauptung kein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehen (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), wenn das vorinstanzliche Urteil vom Bundesgericht nicht bereits jetzt überprüft werden kann. Weshalb die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen könnte, wie die Beschwerdeführerin meint, tut sie nicht dar; sie beschränkt sich auf den Hinweis, dass der kantonsgerichtliche Referent das Verfahren aus diesem Grunde auf die Frage der grundsätzlichen Haftung begrenzt habe. 
 
3.   
Nach dem Gesagten kann auf die Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 30'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I. Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. Dezember 2016 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante