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[AZA 7] 
P 42/01 Vr 
 
III. Kammer 
 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; 
Gerichtsschreiber Ackermann 
 
Urteil vom 21. Februar 2002 
 
in Sachen 
B.________, 1970, Beschwerdeführer, vertreten durch die Einwohnergemeinde X.________, Sozialdienste, 
 
gegen 
Ausgleichskasse des Kantons Bern, Abteilung Leistungen, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
A.- B.________, geboren 1970 und von der Einwohnergemeinde X.________ fürsorgeunterstützt, arbeitete von Dezember 1997 bis Januar 2000 im Arbeitsprojekt Y.________ der Stiftung Z.________ für soziale Eingliederung, wobei er jeweils ein vom Arbeitseinsatz abhängiges Entgelt erhielt. 
Seit dem 21. Januar 2000 arbeitet er in einer Behindertenwerkstätte. 
 
Mit Verfügung vom 16. November 1999 sprach die IV-Stelle Bern B.________ mit Wirkung ab dem 1. Februar 1997 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zu. Auf Anmeldung des B.________ hin setzte die Ausgleichskasse des Kantons Bern mit Verfügung vom 24. Oktober 2000 mit Wirkung ab dem 1. August 1997 monatliche Ergänzungsleistungen fest, wobei sie die im Arbeitsprojekt Y.________ erhaltene Entschädigung als anrechenbare Einnahmen berücksichtigte. 
 
B.- In der Folge liess B.________ durch die Einwohnergemeinde X.________ "Einsprache" erheben, worauf die Ausgleichskasse mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 eine Wiedererwägung der Verfügung vom 24. Oktober 2000 ablehnte und die Akten dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern überwies, welches mit Entscheid vom 16. Mai 2001 die als Beschwerde an die Hand genommene "Einsprache" abwies. 
 
C.- B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem sinngemässen Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der Verwaltungsverfügung sei die im Arbeitsprojekt Y.________ erzielte Entschädigung nicht als anrechenbares Einkommen bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen zu betrachten; eventualiter seien die Kosten des Arbeitsprojektes als Gewinnungskosten zu berücksichtigen. 
 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen für den Anspruch auf Ergänzungsleistungen zur AHV/IV (Art. 2 und 2c ELG) und deren Berechnung (Art. 3a ELG) sowie die dabei zu berücksichtigenden Ausgaben und Einnahmen (Art. 3b und 3c ELG) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. 
 
2.- a) Streitig ist einzig, ob das während des Arbeitsprogrammes erzielte Entgelt als anrechenbare Einnahme in der Berechnung der Ergänzungsleistungen zu berücksichtigen ist oder nicht. 
Das kantonale Gericht qualifizierte das Entgelt als Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 3c Abs. 1 lit. a ELG, während der Beschwerdeführer sinngemäss davon ausgeht, dass es sich beim ganzen Arbeitsprogramm - inkl. des ausbezahlten Entgeltes - um eine Fürsorgeleistung handelt, die der bevorschussenden Fürsorgebehörde zurückbezahlt werden müsse, sodass das Entgelt gemäss Art. 3c Abs. 2 lit. b oder c ELG in der Berechnung der Ergänzungsleistungen nicht zu berücksichtigen sei. 
 
b) Das zur Debatte stehende Arbeitsprogramm wird in der Weise finanziert, dass eine Tagespauschale zu bezahlen ist, welche einen Anteil Lohn und einen Anteil Infrastrukturkosten umfasst. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Kosten nicht vom Kursbesucher selber, sondern vom Gemeinwesen übernommen werden. So hat die Fürsorgebehörde denn auch dem Beschwerdeführer den Kurs bezahlt, jedoch unter der - vom kantonalen Recht vorgeschriebenen (vgl. Art. 25 ff. bernisches Gesetz über das Fürsorgewesen vom 3. Dezember 1961 rsp. ab 1. Januar 2002 Art. 40 ff. bernisches Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe vom 11. Juni 2001 [BSG 860. 1]) - Voraussetzung, dass er diese Kosten später allenfalls zurückzuzahlen hat (vor allem, wenn er in günstige Verhältnisse gelangen sollte). 
Diese interne (und bloss potenzielle) Kostenüberwälzung vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass das Arbeitsprogramm in der Weise konzipiert ist, dass den Teilnehmern die erbrachte Arbeitsleistung lohnmässig entgolten wird. Das Arbeitsprogramm "Jobbrügg" beabsichtigt nämlich, den teilnehmenden Personen den Einstieg in den Arbeits- und Erwerbsprozess zu ermöglichen; damit soll den Teilnehmern nicht zuletzt gezeigt werden, dass sich ein Arbeitseinsatz auch finanziell lohnt, was jedoch nur dann funktioniert, wenn auch ein der Arbeitsleistung entsprechender Lohn ausbezahlt wird. In der Folge ist das entsprechende Entgelt denn auch wie ein Erwerbseinkommen behandelt worden (Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen, Steuerdeklaration). 
 
c) Auch wenn die ausbezahlten Löhne indirekt von der Fürsorgebehörde finanziert worden sind, liegt keine Unterstützung der öffentlichen Sozialhilfe im Sinne des Art. 3c Abs. 2 lit. b ELG vor. Entgegen dem Zweck der Sozialhilfe dient in vorliegender Sache die indirekte Finanzierung des Lohnes durch die Fürsorgebehörde nicht dazu, dem Betroffenen das Überleben zu sichern, sondern ist in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe; dass ein - vom Arbeitseinsatz abhängiger - Lohn ausbezahlt wird, der dem Beschwerdeführer zur teilweisen Deckung seiner Bedürfnisse dient, ist für das Arbeitsprogramm nicht entscheidend, sondern eher als positiver Nebeneffekt aufzufassen. Der Sozialhilfebeitrag besteht also nicht im ausbezahlten Entgelt, sondern darin, dass der Versicherte in Zukunft in den Arbeitsprozess integriert werden soll. Weiter kommt hinzu, dass das im Rahmen des Arbeitsprojektes erhaltene Entgelt nicht in Abhängigkeit der Bedürftigkeit des Versicherten (vgl. Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern et al. 1993, S. 35 oben), sondern je nach Arbeitsleistung entrichtet worden ist. Damit liegt trotz indirekter Finanzierung durch die Fürsorgebehörden keine Sozialhilfe im Sinne des Art. 3c Abs. 2 lit. b ELG vor. 
 
 
d) Eine Fürsorgeleistung nach Art. 3c Abs. 2 lit. c ELG kann schon deshalb nicht vorliegen, weil das bezahlte Entgelt weder auf Zusehen noch freiwillig geleistet und auch nicht periodisch der Bedürftigkeit des Versicherten angepasst worden ist (BGE 116 V 330 Erw. 1a). Vielmehr bestand ein Rechtsanspruch auf Auszahlung des - umfangmässig vom jeweiligen Arbeitseinsatz abhängigen - Entgeltes. 
 
e) Der Beschwerdeführer macht eventualiter geltend, dass die Kosten des Arbeitsprogrammes als Gewinnungskosten bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen zu berücksichtigen seien. 
 
aa) Als Gewinnungskosten, die nach Art. 3b Abs. 3 lit. a ELG als Ausgaben anerkannt werden, sind die unmittelbar zur Erzielung des rohen Einkommens wie die zur Erhaltung der Einkommensquelle gemachten Aufwendungen zu betrachten. Es sind die Ausgaben, welche die Erzielung des erfassten Einkommens mit sich bringt und die sich aus einer Berufstätigkeit unmittelbar ergeben. Keine Gewinnungskosten sind Auslagen, die mit dem Erwerb nicht oder nur mittelbar zusammenhängen. Dabei muss aber nicht nachgewiesen sein, dass eine Aufwendung, um zu den Gewinnungskosten zu zählen, im einzelnen Fall wirklich notwendig ist; es genügt, dass sie nach der Verkehrsauffassung mit der Erzielung des zu erfassenden Einkommens in Zusammenhang steht (ZAK 1980 S. 137 f. Erw. 3a). 
 
bb) Die vom Beschwerdeführer potenziell rückzahlbaren Kosten des Arbeitsprogrammes könnten in einem weiten Sinne als Ausbildungs- oder Weiterbildungskosten betrachtet werden. 
Jedoch ist es sachlogisch ausgeschlossen, dass für das erzielte Entgelt die potenziell zu bezahlenden und den Lohn übersteigenden Kursgelder Gewinnungskosten sein können; diese Auslagen könnten allenfalls für spätere Tätigkeiten Gewinnungskosten darstellen. Es kann deshalb offen bleiben, ob Ausbildungskosten Gewinnungskosten im Sinne des Art. 3b Abs. 3 lit. a ELG und des Art. 11a ELV sein können, und ob - wie hier - bloss potenziell rückzahlbare Gewinnungskosten überhaupt zu berücksichtigen sind. 
cc) Im Übrigen fällt das ausbezahlte Entgelt auch nicht unter die Stipendien und anderen Ausbildungsbeihilfen, die nach Art. 3c Abs. 2 lit. e ELG nicht als Einnahmen anzurechnen sind, da keine direkte Unterstützung des Versicherten durch die Fürsorgebehörden vorliegt, sondern - bei gleichbleibendem Kursgeld (Tagespauschale) - die geleistete Arbeit für die Bestimmung des zu bezahlenden Entgeltes massgebend ist. 
 
f) Damit ist davon auszugehen, dass es sich beim ausbezahlten Entgelt um ein Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 3c Abs. 1 lit. a ELG handelt, womit es zu Recht in der - masslich nicht zu beanstandenden - Berechnung der Ergänzungsleistungen berücksichtigt worden ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung 
 
 
zugestellt. 
Luzern, 21. Februar 2002 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: