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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 646/04 
 
Urteil vom 21. Februar 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiber Hochuli 
 
Parteien 
H.________, 1948, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 31. August 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1948 geborene, seit Geburt an einem beidseitigen Keratokonus leidende H.________ bezog ab 1970 Kontaktlinsen als Hilfsmittel zu Lasten der Invalidenversicherung (Verfügung vom 9. Juli 1970). Nach einer beidseitigen Keratoplastik (zwischen 1981 rechts und 1983 links), welche die Invalidenversicherung als medizinische Eingliederungsmassnahmen übernahm, lehnte die IV-Stelle des Kantons Aargau unter Hinweis auf eine am 1. März 1996 in Kraft getretene Verordnungsänderung mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 28. Februar 1997 die weitere Übernahme der Kosten für Kontaktlinsen ab. Bei "schlechter Sehkraft mit schwankendem Sehen und schwierigem Kontaktlinsentragen, Keratokonjunktivitis sicca und Status nach Transplantation" wurden nach Angaben des behandelnden Augenarztes Dr. med. J.________ vom 14. November 2002 links am 30. November 2001 und rechts am 21. März 2002 je eine Laserbehandlung (refraktive chirurgische Massnahmen) durchgeführt, welche nicht zu Lasten der Invalidenversicherung gingen. Trotz Vornahme dieser Eingriffe blieb der postoperative Visuswert bei 0,1 und vermochte nur mit Kontaktlinsen auf 0,5 erhöht zu werden. Unter anderem wegen der nach der Laserbehandlung erforderlichen aufwändigen Kontaktlinsenversorgung meldete sich der Versicherte am 24. Mai 2002 erneut zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 16. Dezember 2003 lehnte die IV-Stelle die Übernahme von Kontaktlinsen als Hilfsmittel ab und hielt daran mit Einspracheentscheid vom 10. März 2004 fest. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde des H.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 31. August 2004 ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt H.________ sinngemäss die Übernahme der Kontaktlinsen als Hilfsmittel zu Lasten der Invalidenversicherung sowie die Ausrichtung einer Invalidenrente. 
 
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen bzw. zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw. 1b, je mit Hinweisen). 
1.2 Mit durch Einspracheentscheid vom 10. März 2004 bestätigter Verfügung vom 16. Dezember 2003 lehnte die IV-Stelle das Leistungsgesuch des Versicherten einzig hinsichtlich des erhobenen und geprüften Anspruchs auf Abgabe von Kontaktlinsen als Hilfsmittel zu Lasten der Invalidenversicherung ab. Soweit der Beschwerdeführer mit Anmeldung zum Leistungsbezug auch um Ausrichtung einer Invalidenrente ersuchte, hat die IV-Stelle dazu noch nicht in Verfügungsform Stellung genommen. In Bezug auf das Rentengesuch des Versicherten fehlt es daher an einem beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, weshalb auf sein entsprechendes Rechtsbegehren in diesem Verfahren nicht einzutreten ist. 
2. 
Streitig ist, ob Verwaltung und Vorinstanz den Anspruch auf Abgabe von Kontaktlinsen als Hilfsmittel zu Lasten der Invalidenversicherung zu Recht abgelehnt haben. 
3. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die Begriffe der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG und Art. 4 Abs. 1 IVG) und der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) sowie über den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen im Allgemeinen (Art. 8 Abs. 1 IVG) und auf Hilfsmittel im Besonderen (Art. 21 IVG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf die Ausführungen zur Hilfsmittelliste (Art. 14 IVV) und zur Bedeutung der auf dieser Liste im HVI-Anhang aufgeführten Hilfsmittel (Art. 2 HVI) sowie zum dort verzeichneten Hilfsmittel der Kontaktlinsen (Ziff. 7.02* HVI-Anhang). Korrekt sind sodann die Hinweise zur Rechtsprechung, wonach die Aufzählung der in der Liste genannten Hilfsmittelkategorien abschliessend ist (BGE 121 V 260 Erw. 2b, SVR 2004 IV Nr. 9 S. 26 Erw. 4.2 mit Hinweis) und im Hinblick auf eine Übernahme durch die Invalidenversicherung zwischen Kosten und Nutzen der konkreten Eingliederungsmassnahme ein vernünftiges Verhältnis bestehen muss (BGE 122 V 214 Erw. 2c). Darauf wird verwiesen. 
4. 
Einerseits steht fest, dass sich der Beschwerdeführer gemäss Bericht der Beratungs- und Reha-Stelle des Schweizerischen Blindenbundes in Zürich vom 13. April 2004 über eine zunehmende Kontaktlinsen-Unverträglichkeit beklagte und er diese Sehhilfe nur noch während drei bis vier Stunden pro Tag beschwerdefrei tolerierte, weil es gemäss Dr. med. J.________ immer wieder zu Augenentzündungen kam. Gleichzeitig stand nach den Erkenntnissen der Sehberatung des Schweizerischen Blindenbundes alternativ eine Brillenversorgung zur Diskussion, womit der Versicherte jedoch nur noch Visuswerte von 0,5 links und 0,1 rechts erreichen konnte. Andererseits sah der behandelnde Augenarzt als Alternative zur Kontaktlinsenversorgung nur eine erneuten Keratoplastik, wobei er im Vergleich zur ebenfalls immer schwieriger werdenden Kontaktlinsenanpassung den operativen Eingriff angesichts der schwierigen und komplexen Ausgangssituation als mit grösseren Risiken verbunden beurteilte. 
5. 
5.1 Nach Ziff. 7.01* HVI-Anhang, erlassen durch das Eidgenössische Departement des Innern gestützt auf Art. 14 IVV und Art. 21 Abs. 4 IVG, können Brillen abgegeben werden, sofern sie eine wesentliche Ergänzung medizinischer Eingliederungsmassnahmen darstellen. An dieselbe Voraussetzung ist laut Ziff. 7.02* HVI-Anhang (in der ab 1. März 1996 geltenden, vorliegend anwendbaren Fassung) auch die Abgabe von Kontaktlinsen gebunden (Urteil A. vom 25. Februar 2000, I 8/00, Erw. 2 mit Hinweis auf BGE 124 V 7 zur Gesetzmässigkeit dieser Bestimmung, soweit im Unterschied zur früheren Regelung bei hochgradigem irregulärem Astigmatismus und Keratokonus kein selbstständiger Anspruch auf Abgabe von Kontaktlinsen als Hilfsmittel mehr besteht). 
5.2 Im Lichte dieser vom Beschwerdeführer zu Recht nicht in Frage gestellten Grundsätze ist die vorinstanzliche Bestätigung des Einspracheentscheids vom 10. März 2004, wonach kein Anspruch auf Kontaktlinsenversorgung zu Lasten der Invalidenversicherung besteht, von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. Denn die refraktiv chirurgischen Laserbehandlungen (vgl. dazu Urteil R. vom 29. Dezember 2003, I 500/03, Erw. 5.2 mit Hinweis) vom 30. November 2001 am linken und vom 21. März 2002 am rechten Auge bildeten unbestrittenermassen keine medizinische Eingliederungsmassnahme im Sinne von Art. 12 IVG. An diesem Ergebnis ändert nichts, dass die zuletzt genannten Vorkehren nicht zum erwünschten Heilungserfolg geführt hatten. 
6. 
Soweit der Versicherte mit Unterstützung seines behandelnden Augenarztes behauptet, nur durch Kontaktlinsenversorgung (Abgabe von Hilfsmitteln) oder eine erneute Keratoplastik (medizinische Eingliederungsmassnahme nach Art. 12 IVG) sei eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zu erreichen, und mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde sinngemäss geltend macht, gestützt auf die Rechtsfigur der Austauschbefugnis habe die Invalidenversicherung die Kontaktlinsenversorgung anstelle der kostspieligeren und mit grösseren Risiken behafteten Keratoplastik zu übernehmen, ist auf das unter Erwägung Ziffer 4 Gesagte zu verweisen. Demnach zog Dr. med. J.________ angesichts der Risiken einer weiteren Keratoplastik wegen den sehr trockenen, zu Augenentzündungen neigenden irregulären Hornhautoberflächen eine Kontaktlinsenanpassung vor, obgleich auch mit Blick auf diese Massnahme schwierige Verhältnisse vorlagen. War somit aus augenärztlicher Sicht im massgebenden Zeitpunkt (BGE 129 V 4 Erw. 1.2) des Erlasses des Einspracheentscheides vom 10. März 2004 eine erneute Keratoplastik nicht indiziert, wäre diese durch Kontaktlinsenanpassung zu substituierende Massnahme ohnehin als Behandlung des Leidens an sich zu qualifizieren, was die Anspruchsberechtigung nach Art. 12 IVG ausschliesst (vgl. BGE 120 V 279 Erw. 3a mit Hinweisen, SVR 2004 IV Nr. 13 S. 37 Erw. 1.1). Damit entfällt auch die von Rechtsprechung und Lehre anerkannte Rechtsfigur der Austauschbefugnis als Anspruchsgrundlage für die streitige Kontaktlinsenversorgung (nicht veröffentlichtes Urteil A. vom 8. April 1998, I 80/97, Erw. 4 mit Hinweis auf BGE 120 v 280 Erw. 4 und 111 V 213 f. Erw. 2b und c). Die vorinstanzlich bestätigte Ablehnung einer Übernahme der Kontaktlinsenversorgung als Hilfsmittel zu Lasten der Invalidenversicherung ist demnach nicht zu beanstanden. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 21. Februar 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: