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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_718/2018  
 
 
Urteil vom 21. Februar 2019  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 31. August 2018 (IV.2018.00169). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1971 geborene A.________, zuletzt als Gatronomiemitarbeiterin bei der B.________ tätig gewesen, meldete sich unter Hinweis auf chronische Kopf- und Nackenschmerzen, Schwindel und eine depressive Stimmungslage wegen eines erlittenen HWS-Schleudertraumas am 13. September 2002 zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Am 13. Dezember 2005 war die Versicherte erneut in einen Auffahrunfall verwickelt. Die IV-Stelle verneinte nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen mit Verfügung vom 29. Dezember 2009 einen Leistungsanspruch. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich in dem Sinne gut, dass es die Verfügung aufhob und die Sache zur Vervollständigung der medizinischen Aktenlage und anschliessenden neuen Verfügung an die IV-Stelle zurückwies (Entscheid vom 20. Januar 2012). Nachdem die IV-Stelle ein polydisziplinäres Gutachten des Universitätsspitals Basel, asim, vom 31. Dezember 2012 eingeholt hatte, sprach sie der Versicherten ab 1. Juli 2013 eine halbe Invalidenrente zu (Verfügung vom 1. Oktober 2013). Das Sozialversicherungsgericht hiess die hiergegen geführte Beschwerde erneut gut, hob die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache wiederum zu weiteren medizinischen Abklärungen und neuem Entscheid an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 30. Dezember 2015). Die IV-Stelle nahm zusätzliche Berichte der behandelnden Ärzte zu den Akten und liess die Versicherte nochmals polydisziplinär begutachten (Expertise des BEGAZ Begutachtungszentrum Basel-Landschaft, Binningen, vom 21. Dezember 2016). Nach Beizug ihres Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) und neuer Arztberichte wies sie das Leistungsbegehren der Versicherten mit Verfügung vom 15. Januar 2018 ab, da einzig eine Schwindelproblematik mit 20%iger Leistungseinschränkung ausgewiesen sei. Die im Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis Ende Juni 2017 ausgerichteten Rentenbetreffnisse forderte sie überdies mit Verfügung vom 5. Juli 2017 zurück. 
 
B.   
Die gegen die leistungsabweisende Verfügung vom 15. Januar 2018 eingereichte Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht mit Entscheid vom 31. August 2018 teilweise gut. Es hob die angefochtene Verfügung auf und stellte fest, dass die Versicherte vom 1. Juni bis Ende November 2006 Anspruch auf eine Viertelsrente sowie ab 1. Dezember 2006 Anspruch auf eine halbe Rente der Invalidenversicherung habe (Dispositiv-Ziff. 1). 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Abänderung von Dispositiv-Ziff. 1 des angefochtenen Entscheids sei ihr für die Zeit ab September 2002 bis Ende November 2006 eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Ferner wird um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. 
Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht für die Zeit ab September 2002 bis Mai 2006 einen Anspruch auf Invalidenrente verneinte und ab Juni bis Ende November 2006 lediglich eine Viertelsrente zusprach.  
 
2.2. Bei der Berechnung der durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit gilt die einjährige Wartezeit in dem Zeitpunkt als eröffnet, in dem eine dauernde und erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit eingetreten ist; erheblich kann sie bereits bei einem Grad von 20 % sein (AHI 1998 S. 124, I 411/96 E. 3c). Zu beachten ist dabei zudem, dass die Rentenhöhe bei Beginn des Rentenanspruchs sowohl vom Ausmass der nach Ablauf der Wartezeit weiterhin bestehenden Erwerbsunfähigkeit als auch von einem entsprechend hohen Grad der Arbeitsunfähigkeit während des vorangegangen Jahres abhängig ist. Entsprechend der in Art. 28 Abs. 2 IVG festgelegten Rentenabstufung kommt zum Beispiel eine Viertelsrente erst in Betracht, wenn die versicherte Person während eines Jahres durchschnittlich mindestens zu 40 % arbeitsunfähig gewesen und weiterhin wenigstens zu 40 % invalid im Sinne von Art. 28 Abs. 1 lit. c IVG ist (Art. 8 ATSG; vgl. BGE 121 V 264 E. 6b/cc S. 274, 105 V 156 E. 2c/d S. 160).  
 
3.   
Die Vorinstanz erachtete das polydisziplinäre BEGAZ-Gutachten vom 21. Dezember 2016 als beweiskräftig. Die Experten diagnostizierten eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F33.1), ängstliche, selbstunsichere Persönlichkeitszüge (ICD-10 Z73.1), eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41), eine intermittierende Dreh- und Schwankschwindelproblematik (ICD-10 H82), eine Zervikothorakalgie mit zervikozephalem Syndrom (ICD-10 M54.2, M53.0) und eine leichte kognitive Funktionsschwäche. In Übereinstimmung mit der gutachterlichen Arbeitsfähigkeitsschätzung ging die Vorinstanz von einer 70%igen Arbeitsfähigkeit nach dem ersten Unfall (21. September 2001 bis 12. Dezember 2005) und von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit sowohl in der bisherigen als auch in einer leidensadaptierten Tätigkeit ab dem 13. Dezember 2005 aus (zweiter Unfall). Damit sei bei Eintritt der Verschlechterung das bei einer 20%igen Arbeitsunfähigkeit eröffnete Wartejahr bereits abgelaufen gewesen, die für einen Rentenanspruch nach Art. 28 Abs.1 lit. b IVG vorausgesetzte durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit von mindestens 40 % hingegen noch nicht. Nach sechsmonatiger Arbeitsunfähigkeit von 30 % und sechsmonatiger Arbeitsunfähigkeit von 50 % sei dies erst im Juni 2006 der Fall gewesen. Ab Dezember 2006 sei die Versicherte sodann im Umfang von durchschnittlich 50 % arbeitsunfähig gewesen. Daher habe sie ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine halbe Invalidenrente und davor für die Zeit vom 1. Juni bis Ende November 2006 auf eine Viertelsrente. Im Zusammenhang mit der Invaliditätsbemessung erwog das kantonale Gericht, da ihr auch die bisherige Tätigkeit weiterhin zumutbar bleibe, entspreche die prozentuale Einschränkung der Arbeitsunfähigkeit dem Invaliditätsgrad. 
 
4.   
Die von der Beschwerdeführerin erhobene Rüge, die Vorinstanz habe das rechtliche Gehör verletzt (Art. 29 Abs. 2 BV), da sie sich nicht mit den einzelnen Vorbringen auseinandergesetzt habe, ist unbegründet. Es ist nicht erforderlich, dass sie sich mit sämtlichen Vorbringen einlässlich auseinandersetzt und jedes explizit widerlegt (vgl. BGE 138 IV 81 E. 2.2 S. 84; 137 II 266 E. 3.2 S. 270; je mit Hinweisen). Die Urteilsbegründung darf sich auf die entscheidwesentlichen Gesichtspunkte beschränken, solange sich die Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und diesen sachgerecht anfechten kann (vgl. BGE 142 III 433 E. 4.3.2 S. 436). Das kantonale Gericht zeigte hinreichend auf, von welchen Überlegungen es sich leiten lliess und auf welche Dokumente es sich stützte, weshalb der angefochtene Entscheid den Begründungsanforderungen genügt. 
Weiter legt die Beschwerdeführerin nicht überzeugend dar, worin die offensichtlich unrichtige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts durch die Vorinstanz bestehen soll. Sie erhebt keine Einwendungen, die in Bezug auf die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit zu einem abweichenden Ergebnis führen könnten. Ihre Vorbringen erschöpfen sich im Wesentlichen in einer im Rahmen der dem Bundesgericht zustehenden Überprüfungsbefugnis unzulässigen appellatorischen Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Würdigung des Gutachtens und die daraus abgeleitete Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sowie die Festsetzung des Beginns der Wartezeit (vgl. E. 2.2 hiervor) ist jedenfalls nicht willkürlich oder sonstwie bundesrechtsverletzend. Das kantonale Gericht legte insbesondere einleuchtend dar, weshalb der Expertise des BEGAZ vom 21. Dezember 2016 (samt ergänzender Stellungnahmen vom 27. Februar und November 2017) Beweiskraft zukommt. Wie die Vorinstanz zutreffend darlegte, haben sich die Gutachter u. a. mit der zu ihrer Beurteilung divergierenden Einschätzung des behandelnden Dr. med. D.________, Spezialarzt für Psychiatrie und Psychotherapie, im Bericht vom 6. Juni 2016 befasst sowie den Gesundheitszustand und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit auch retrospektiv nachvollziehbar eingeschätzt. Die diesbezügliche Kritik in der Beschwerde geht fehl. Nachdem die tatsächlichen Feststellungen und die Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts nach dem Gesagten standhalten und die Versicherte zur Invaliditätsbemessung nichts einwendet, bleibt es beim vorinstanzlichen Entscheid. 
 
5.   
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde und mangels ausgewiesener Bedürftigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. Februar 2019 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla