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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_586/2022  
 
 
Verfügung vom 21. Februar 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kölz, als Einzelrichter, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, 
Büro E-4, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8036 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Verlängerung von Ersatzmassnahmen, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 28. Oktober 2022 (UB220173-O/U/MUL). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen mehrfacher Drohung etc. zum Nachteil von B.________. Ihm wird vorgeworfen, B.________ seit Anfang 2021 bis zum 21. Juni 2022 regelmässig, etwa drei Mal pro Woche, mit den Worten "Du wirst es bereuen, was du mir antust", "Wenn du mir meine Zukunft kaputt machst, dann kommst du dran", "Ich werde dich kaputt machen" und "Ich werde dir den Arm bzw. die Hand brechen", bedroht zu haben. Dadurch habe B.________ grosse Angst bekommen. Weiter soll A.________ B.________ ungefähr fünf bis sechs Mal in eine Ecke gestossen haben, wobei sie sich blaue Flecken an der linken Hüfte und am Arm zugezogen habe. Zudem soll er sie einmal auf das Bett gestossen und ins Gesicht gekniffen sowie am Hals gepackt haben, wobei B.________ Mühe beim Atmen gehabt habe. 
Das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich ordnete mit Verfügung vom 24. Juni 2022 Ersatzmassnahmen an. Es auferlegte A.________ ein Kontakt- und Rayonverbot in Bezug auf B.________ und ordnete die Zusammenarbeit mit dem Bedrohungsmanagement der Stadtpolizei Zürich sowie die Absolvierung des Lernprogramms "Partnerschaft ohne Gewalt" des Amtes für Justizvollzug und Wiedereingliederung an. Mit Verfügung vom 27. September 2022 verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Ersatzmassnahmen bis zum 27. Dezember 2022. Dagegen erhob A.________ am 7. Oktober 2022 Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde am 28. Oktober 2022 ab. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 11. November 2022 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, der Entscheid des Obergerichts vom 28. Oktober 2022, d.h. die angeordneten Ersatzmassnahmen, seien aufzuheben. Mit Eingabe vom 12. Dezember 2022 ersuchte er dem Sinn nach um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht. 
 
C.  
Die Staatsanwaltschaft informierte das Bundesgericht am 26. Januar 2023 zuerst telefonisch und in der Folge per E-Mail, dass sie beim Zwangsmassnahmengericht keinen Antrag auf eine weitere Verlängerung der Ersatzmassnahmen beantragt habe. Seit dem 28. Dezember 2022 liefen daher keine Ersatzmassnahmen mehr. Ihres Erachtens sei damit das Verfahren vor dem Bundesgericht grundsätzlich gegenstandslos geworden. 
 
D.  
Mit Schreiben vom 8. Februar 2023 forderte das Bundesgericht die Parteien auf, bis zum 23. Februar 2023 zur Frage der Gegenstandslosigkeit des bundesgerichtlichen Verfahrens sowie der damit zusammenhängenden Kosten- und Entschädigungsregelung Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer nahm am 17. Februar 2023 Stellung und führte aus, es sei ihm wichtig, dass er von allen Beschuldigungen freigesprochen werde. Die Staatsanwaltschaft hielt mit Schreiben vom 10. Februar 2023 fest, ihrer Ansicht nach bestehe kein rechtlich geschütztes Interesse mehr an der Behandlung der Beschwerde. Einer Erledigung des Verfahrens wegen Gegenstandslosigkeit stehe nichts entgegen. Im Rahmen der Kosten- und Entschädigungsfolgen seien jedoch die offensichtlich sehr knappen finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Das Obergericht hat am 10. Februar 2023 auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in Strafsachen setzt ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids voraus (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG). Dieses muss aktuell sein; es muss also nicht nur im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung bestehen (BGE 137 I 296 E. 4.2). Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass das Gericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet (BGE 140 IV 74 E. 1.3.1). Fällt das schutzwürdige Interesse im Laufe des Verfahrens dahin, wird die Sache grundsätzlich als erledigt erklärt (BGE 142 I 135 E. 1.3.1). Das Bundesgericht berücksichtigt Tatsachen, welche zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens führen, unabhängig vom Zeitpunkt ihres Eintretens und von Amtes wegen. Dabei obliegt es grundsätzlich den für die Verfahrensleitung zuständigen Behörden (Art. 61 StPO), das Bundesgericht während des hängigen Beschwerdeverfahrens über neue Entscheide, welche zur Gegenstandslosigkeit des Beschwerdeverfahrens führen, zu informieren (Urteil 1B_290/2022 vom 23. November 2022 E. 1 mit Hinweis). 
 
2.  
Der Beschwerdeführer äussert sich in seiner Stellungnahme vom 17. Februar 2023 nicht explizit zu seinem Rechtsschutzinteresse. Er hält - neben diversen materiellen Ausführungen zum eigentlichen Strafverfahren, welches vorliegend aber nicht Streitgegenstand ist - lediglich fest, dass er "sehr dankbar sei, dass die angeordneten Ersatzmassnahmen per 28. Dezember 2022 eingestellt wurden". Daraus kann zumindest implizit geschlossen werden, dass auch er der Auffassung ist, sein Rechtsschutzinteresse sei dahingefallen, indem die Ersatzmassnahmen nicht verlängert wurden. Der angefochtene Entscheid hat zudem die Kosten für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren dem Endentscheid vorbehalten, welcher wiederum die entsprechenden Kosten auf die Gerichtskasse genommen hat. Demzufolge ist das bundesgerichtliche Verfahren vom Instruktionsrichter als Einzelrichter (Art. 32 Abs. 2 BGG) als gegenstandslos abzuschreiben (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP). 
 
3.  
Bei Entfallen des Rechtsschutzinteresses bzw. Gegenstandslosigkeit des Verfahrens entscheidet das Bundesgericht mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 72 BZP). Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist somit in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen. Dabei wird in erster Linie jene Partei kosten- und entschädigungspflichtig, die das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst hat oder bei der die Gründe eingetreten sind, die zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens geführt haben. 
Vorliegend erübrigt es sich indessen, den mutmasslichen Prozessausgang im Hinblick auf den hier zu treffenden Kostenentscheid zu bestimmen, da für das vorliegende Verfahren keine Gerichtsgebühr zu erheben und andererseits dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer praxisgemäss keine Parteientschädigung zuzusprechen ist. Bei den gegebenen Verhältnissen wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos. 
 
 
Demnach verfügt der Einzelrichter:  
 
1.  
Das Verfahren 1B_586/2022 wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Diese Verfügung wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Februar 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Einzelrichter: Kölz 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier