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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.56/2005 /lma 
 
Urteil vom 21. April 2005 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch, 
Bundesrichter Nyffeler, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Simon Käch, 
 
gegen 
 
B.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marc Kaeslin, 
Handelsgericht des Kantons Aargau. 
 
Gegenstand 
Art. 9, 29 Abs. 1 und 2 BV (Zivilprozess; Willkür; rechtliches Gehör; Gleichbehandlung), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau 
vom 3. Januar 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die B.________ AG (Beschwerdegegnerin) wurde in den Jahren 1999-2001 von der A.________ AG (Beschwerdeführerin) mit mobilen Schwimmbädern, Schwimmbadzubehör und Schwimmbadchemikalien beliefert. Im Januar 2002 beendete die Beschwerdegegnerin die Geschäftsbeziehung. Sie verlangte von der Beschwerdeführerin nach erfolgloser Vermittlungsverhandlung mit Klage vom 25. Juli 2003 Fr. 14'996.-- nebst Zins aus Lieferungen und Gutschriften. 
B. 
Die Beschwerdeführerin erhob am 10. November 2003 Widerklage und verlangte von der Beschwerdegegnerin Fr. 48'203.75 nebst Zins. Sie anerkannte im Grundsatz die Forderung der Beschwerdegegnerin. Sie ist aber der Ansicht, mit der Beschwerdegegnerin für das Jahr 2002 einen Alleinvertriebsvertrag abgeschlossen zu haben, an den sich die Beschwerdegegnerin nicht gehalten habe, da sie sich bei einem anderen Unternehmen eindeckte. Zudem wirft die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin einen Verstoss gegen das Lauterkeitsrecht vor. Der Schaden belaufe sich bei einem angenommenen Einstandspreis der von der Beschwerdegegnerin über andere Kanäle bestellten Ware von Fr. 176'000.-- und einer angenommenen Gewinnmarge von 35 % auf mindestens Fr. 61'600.--. 
C. 
Am 3. Januar 2005 hiess das Handelsgericht des Kantons Aargau die Klage im Wesentlichen gut und wies die Widerklage ab. Gegen dieses Urteil hat die Beschwerdeführerin sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch Berufung erhoben. Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Streitsache zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Zunächst rügt die Beschwerdeführerin, die Beschwerdegegnerin sei anlässlich der Instruktionsverhandlung vom 16. November 2004 nicht durch ein zur Vertretung befugtes Organ vertreten gewesen, wie dies gemäss § 48 Abs. 2 ZPO des Kantons Aargau vorgesehen sei. Dadurch sei der Beschwerdeführerin die Möglichkeit abgeschnitten worden, die Beschwerdegegnerin zum Zustandekommen und Inhalt der strittigen Vertragsbeziehung zu befragen. Das von der Beschwerdeführerin beantragte Beweismittel der Parteibefragung sei dadurch vereitelt und deren rechtliches Gehör verletzt worden. Überdies komme das Verhalten des Handelsgerichts einer Ungleichbehandlung der Parteien gleich und verletze Art. 29 Abs. 1 BV
1.1 Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs ist es nicht zulässig, formelle Rügen, die in einem früheren Prozessstadium hätten geltend gemacht werden können, bei ungünstigem Ausgang noch später vorzubringen (BGE 124 I 121 E. 2 S. 123; 119 Ia 221 E. 5a S. 228). Die Beschwerdeführerin hat auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichtet, an welcher sie die entsprechenden Rügen dem Handelsgericht hätte zur Kenntnis bringen können. Sie ist daher mit ihren Vorbringen in der staatsrechtlichen Beschwerde nicht zu hören. 
1.2 Auch davon abgesehen ist die Rüge unbegründet. Die Beschwerdeführerin behauptet zwar eine Verletzung der Gleichbehandlung der Parteien, legt aber nicht dar, worin die Ungleichbehandlung bestehen soll. Soweit sie ausführt, ihr sei das Beweismittel der Parteibefragung abgeschnitten worden, ist darauf hinzuweisen, dass das Handelsgericht den Beweis für die von der Beschwerdeführerin behauptete vertragliche Vereinbarung nicht für erbracht erachtete. Damit rügt die Beschwerdeführerin genau besehen eine Verletzung ihres Anspruchs auf Beweisführung, welcher ihr nach Art. 8 ZGB zusteht und die Folgen der Beweislosigkeit regelt. Wenn der Richter taugliche und formgültig beantragte Beweise zu rechtserheblichen Tatsachen nicht abnimmt, obwohl er die Sachvorbringen dazu weder als erstellt noch als widerlegt erachtet, verletzt dies Art. 8 ZGB und damit Bundesrecht (BGE 123 III 35 E. 2b S. 40 mit Hinweis). Derartige Rügen sind dem Bundesgericht wegen der Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde in berufungsfähigen Angelegenheiten mit Berufung vorzutragen (Art. 84 Abs. 2 OG; BGE 120 II 384 E. 4a S. 385; Bundesgerichtsurteil 5P.38/1990 vom 4. Juli 1990, E. 5a mit Hinweisen). Im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde ist auf derartige Rügen nicht einzutreten. 
2. 
Die Beschwerdeführerin rügt die Feststellung des Handelsgerichts als willkürlich, es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass die Beschwerdegegnerin nicht berechtigt gewesen wäre, Artikel im Schwimmbadbereich bei einem anderen Lieferanten zu beziehen. Die Beschwerdeführerin verweist auf folgende Passage eines Schreibens der Beschwerdegegnerin vom 31. Oktober 2001: 
"In der Beilage senden wir Ihnen unsere Sortimentliste der Artikel, welche wir im Hauptkatalog Frühjahr Sommer 2002 anbieten und von Ihnen beziehen werden." 
Durch diese Textpassage und die Tatsache, dass die im Hauptkatalog der Beschwerdegegnerin verwendeten Produktnummern mit denjenigen der Beschwerdeführerin übereinstimmten, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen sei, 50 % der Gesamtliefermenge zum Voraus sicherzustellen, und dass die Beschwerdegegnerin schon in den vorangegangenen Jahren die von ihr angebotenen Schwimmbäder samt Zubehör und Chemikalien bei der Beschwerdeführerin bezogen habe, sei die Pflicht zum ausschliesslichen Bezug bei der Beschwerdeführerin offensichtlich erstellt. 
2.1 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG hat die Beschwerdeschrift eine kurz gefasste Darlegung darüber zu enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie der angefochtene Entscheid verletzt. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 129 I 113 E. 2.1 S. 120, 185 E. 1.6 S. 189, je mit Hinweisen). Soweit in der Beschwerde von den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil abweichende Ausführungen zu Sachverhaltsfragen gemacht werden, ist daher anzugeben, inwiefern bei der Ermittlung des Sachverhalts verfassungsmässige Rechte verletzt wurden (BGE 118 Ia 20 E. 5a S. 26). 
2.2 Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen Willkür vielmehr nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 127 I 54 E. 2b S. 56, je mit Hinweisen). Dabei genügt es nicht, wenn sich nur die Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Eine Aufhebung rechtfertigt sich nur dann, wenn der Entscheid auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 128 I 177 E. 2.1 S. 182; 127 I 38 E. 2a S. 41 mit Hinweisen). 
2.3 Selbst wenn Hinweise dafür bestünden, dass die Beschwerdegegnerin nicht berechtigt war, Artikel im Schwimmbadbereich bei einem anderen Lieferanten zu beziehen, liesse dies den Entscheid noch nicht als im Ergebnis willkürlich erscheinen. Das wäre erst der Fall, wenn es geradezu stossend wäre, aus den betreffenden Hinweisen nicht darauf zu schliessen, dass die Beschwerdegegnerin die fraglichen Waren ausschliesslich bei der Beschwerdeführerin beziehen musste. Im Ergebnis willkürlich wäre der Entscheid nur, wenn nicht bloss Indizien die Behauptung der Beschwerdeführerin stützen würden, sondern wenn das Handelsgericht bei willkürfreier Würdigung dieser Umstände die Behauptungen der Beschwerdeführerin als erstellt hätte erachten müssen. 
2.4 Die von der Beschwerdeführerin angerufenen Umstände reichen dazu nicht aus. Sie deuten allenfalls darauf hin, dass auch eine vom angefochtenen Urteil abweichende Lösung denkbar wäre. Sie lassen aber die Annahme, die Beschwerdegegnerin habe sich nicht verpflichten wollen, die fraglichen Waren ausschliesslich bei der Beschwerdeführerin zu beziehen, nicht als unvertretbar erscheinen, zumal die von der Beschwerdeführerin angeführte Textpassage nicht etwa davon spricht, die Beschwerdegegnerin werde die Artikel ausschliesslich bei der Beschwerdeführerin beziehen. Damit kann offen bleiben, ob die Vorbringen der Beschwerdeführerin, welche sich zum Teil nicht in den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils finden, zutreffen und ob die Beschwerdeführerin diesbezüglich ihre Rüge hinreichend begründet hat. Ob die Beschwerdeführerin nach Treu und Glauben darauf vertrauen durfte, es sei eine Exklusivbezugspflicht vereinbart worden, ist eine Frage des Bundesrechts und im Rahmen der Berufung zu prüfen. 
3. 
Im Rahmen einer Eventualbegründung führt das Handelsgericht aus, selbst wenn für das Jahr 2002 eine exklusive Bezugspflicht angenommen würde, sei die Forderung der Beschwerdeführerin unbegründet, da die Beschwerdegegnerin diesfalls zu einer ausserordentlichen Kündigung berechtigt gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin wirft dem Handelsgericht auch diesbezüglich Willkür vor. Inwiefern der Eventualbegründung für den Ausgang des Verfahrens Bedeutung zukommt, wenn sich die Hauptbegründung als verfassungskonform erweist, legt die Beschwerdeführerin nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin wohl behauptet, es sei willkürlich, davon auszugehen, sie sei insolvent gewesen. Das Handelsgericht stützte seine Erwägung indessen nicht nur auf die Insolvenz, sondern auch darauf, dass die Beschwerdeführerin selbst nicht mehr beliefert wurde. Inwiefern diese Auffassung willkürlich ist, legt die Beschwerdeführerin nicht dar, so dass der Schluss des Handelsgerichts in tatsächlicher Hinsicht im Ergebnis jedenfalls nicht willkürlich ist. Ob unter den gegebenen Umständen eine ausserordentliche Kündigung zulässig wäre, ist eine Frage des Bundesrechts und im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde nicht zu behandeln. Die Rüge ist nicht stichhaltig, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. 
4. 
Damit erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtsgebühr zu tragen und der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu entrichten. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 21. April 2005 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: