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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_339/2018  
 
 
Urteil vom 21. August 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi. 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________ Verein 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Rolf W. Rempfler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern, 
2. X.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Einstellung (üble Nachrede), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 29. Januar 2018 (2N 17 158). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Auf Strafanzeige von A.________ und des B.________ Vereins vom 10. Mai 2017 eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern ein Verfahren wegen übler Nachrede gegen X.________, welches sie am 6. November 2017 wieder einstellte. Der Beanzeigte hatte in verschiedenen Zeitungen einen Bericht mit folgendem Inhalt publiziert: 
 
"Die marxistischen Tierschützer unterstützen militante Aktionen [...]. Doch auch auf der gegenüberliegenden Seite des politischen Spektrums gibt es Tierschützer. Bekanntestes Schweizer Beispiel ist der A.________ und sein B.________ Verein. A.________ steht im Ruf, wegen seiner Kritik am Schächten von Tieren ein Antisemit zu sein. In den 1990er-Jahren wurde er wegen Rassendiskriminierung zu einer kurzen Gefängnisstrafe verurteilt." 
Am 29. Januar 2018 trat das Kantonsgericht Luzern auf die Beschwerde der Anzeigesteller nicht ein. 
 
B.   
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragen A.________ und der B.________ Verein sinngemäss, das Kantonsgericht habe auf die Beschwerde einzutreten, und das Verfahren sei zur Anklage zu bringen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Privatklägerschaft ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wenn sie vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft mit Beschwerde in Strafsachen eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind nur Rügen, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1). Die Beschwerdeführer rügen, auf ihre Beschwerde sei zu Unrecht nicht eingetreten worden. Sie sind daher zur Beschwerde legitimiert. 
 
2.   
Die Beschwerdeführer machen geltend, ihre Beschwerde sei genügend begründet gewesen. Abgesehen davon hätte ihnen die Vorinstanz hierzu eine Nachfrist setzen müssen. 
 
2.1. Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Verlangt das Gesetz, dass das Rechtsmittel begründet wird, so hat die Person oder die Behörde, die das Rechtsmittel ergreift, gemäss Art. 385 Abs. 1 StPO genau anzugeben, welche Punkte des Entscheids sie anficht (lit. a), welche Gründe einen anderen Entscheid nahe legen (lit. b) und welche Beweismittel sie anruft (lit. c). Erfüllt die Eingabe diese Anforderungen nicht, so weist die Rechtsmittelinstanz sie zur Verbesserung innerhalb einer kurzen Nachfrist zurück (Art. 385 Abs. 2 erster Satz StPO).  
 
2.2. Die Vorinstanz führt aus, die Beschwerdeführer hätten lediglich auf verschiedene, nicht den vorliegenden Straffall betreffende Entscheide und Verfügungen anderer kantonaler Gerichte verwiesen, aber keine einlässliche, fallbezogene Begründung vorgebracht. Sie hätten sich insbesondere nicht mit der Auffassung der Staatsanwaltschaft, wonach die zitierten Fälle mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, sondern anders gelagert seien und schwerwiegendere Vorwürfe enthielten, auseinandergesetzt. Die Beschwerdeergänzung sei klar verspätet und enthalte weder ein Gesuch um Fristwiederherstellung, noch eine Begründung, weshalb die nachträgliche Eingabe zulässig sein soll. Dass die Beschwerdeführer nochmals um Akteneinsicht ersucht hätten, vermöge die Verspätung nicht zu rechtfertigen. Es sei auch nicht erkennbar, dass sie erst danach zur vollständigen Begründung in der Lage gewesen wären, zumal sie bereits vor Erlass der Einstellungsverfügung Akteneinsicht erhalten hätten. Auf die ungenügend begründete Beschwerde sei nicht einzutreten.  
 
2.3.  
 
2.3.1. In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG sowie Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 155 E. 4). Dabei ist auf die Motivation des Urteils einzugehen und daran die geltend gemachte Bundesrechtsverletzung im Einzelnen darzulegen. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (Urteil 6B_747/2016 vom 27. Oktober 2016 E. 1.2).  
 
2.3.2. Die Beschwerde genügt den bundesrechtlichen Begründungsanforderungen weitgehend nicht. Die Beschwerdeführer setzen sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen zum Nichteintreten nicht auseinander und zeigen nicht auf, inwiefern diese bundesrechtswidrig sein sollen. Sie beschränken sich vielmehr darauf, ihren bisherigen Rechtsstandpunkt zu wiederholen, wenn sie erneut ohne substanziierte Begründung vorbringen, die Entscheide und Verfügungen aus anderen Kantonen seien mit der vorliegenden Situation vergleichbar. Hingegen behaupten sie weiterhin nicht, dass sie die vorinstanzliche Beschwerde fallbezogen begründet hätten. Soweit sie eine Begründung nun teilweise nachholen, ist diese verspätet. Im Übrigen scheinen die Beschwerdeführer zu verkennen, dass die Vorinstanz an ausserkantonale Urteile nicht gebunden ist. Die Beschwerde enthält auch weiterhin keine Ausführungen dazu, weshalb den Beschwerdeführern eine Nachfrist zur Begründung hätte gesetzt werden müssen. Solches kommt für anwaltlich vertretene Parteien praxisgemäss nur bei Versehen oder unverschuldetem Hindernis in Frage, was nicht ersichtlich ist und die Beschwerdeführer gar nicht behaupten. Art. 385 Abs. 2 StPO erfasst nur Fälle, in denen es überspitzt formalistisch wäre, eine Verfahrenshandlung als fehlerhaft zu bezeichnen, obwohl die Unregelmässigkeit sofort erkennbar war. Mithin sind nur offensichtliche Fehler zur Verbesserung zurückzuweisen. Hingegen ist die Rechtsmittelinstanz nicht dafür verantwortlich, dass der Rechtsmittelkläger eine optimale Begründungsargumentation vorlegt (BGE 142 I 10 E. 2.4.2 ff., 2.4.7 mit Hinweisen; ZIEGLER/KELLER, in Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014 N. 3 f. zu Art. 385 StPO). Die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer haben ihre Eingabe unbestrittenermassen begründet. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie eine Nachfristansetzung verweigert, obwohl sie die Begründung als ungenügend betrachtet. Eine Nachfristansetzung würde vielmehr zur Umgehung des Grundsatzes der Unerstreckbarkeit gesetzlicher Fristen führen bzw. das formelle Erfordernis der Begründung des Rechtsbegehrens gemäss Art. 385 Abs. 1 StPO seines Sinnes entleeren, wenn die Beschwerdeführer dadurch, dass sie ihre Anträge nicht oder nicht rechtsgenüglich begründen, über die Nachfrist von Art. 385 Abs. 2 StPO zusätzlich Zeit für die Begründung erwirken könnten (dazu Urteil 6B_977/2017 vom 21. November 2017 E. 3). Die Vorinstanz weist denn auch zutreffend darauf hin, dass es den Beschwerdeführern ohne Weiteres möglich gewesen wäre, die Beschwerde von Anfang an vollständig zu begründen. Die Beschwerde wäre damit ohnehin abzuweisen.  
 
3.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführern solidarisch aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern solidarisch auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. August 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt