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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_878/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 21. September 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Kantonsgericht Luzern, Kantonsgerichtspräsident, Postfach 3569, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Kostenerlassgesuch; Willkür, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 31. Juli 2017. 
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:  
 
1.  
Das Kantonsgericht Luzern wies am 30. Mai 2016 eine Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen vom 18. März 2016 ab, soweit es darauf eintrat. Es auferlegte der Beschwerdeführerin die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 500.--. 
Die Beschwerdeführerin ersuchte am 13. Februar 2017 um Erlass dieser Kosten. 
Mit Entscheid vom 31. Juli 2017 erliess das Präsidium des Kantonsgerichts der Beschwerdeführerin die Hälfte des auferlegten Betrags von Fr. 500.--. 
Die Beschwerdeführerin gelangt an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Entscheids und (eventualiter) dessen Rückweisung an die Vorinstanz. Es seien ihr die gesamten Kosten von Fr. 500.-- zu erlassen. Sie ersucht zudem um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
2.  
Im vorliegenden Fall kann es nur um den Erlass der Verfahrenskosten gehen. Nicht zu hören ist die Beschwerdeführerin mit ihren nicht sachbezogenen Äusserungen z.B. zur Höhe des Arbeitsentgelts von gesunden Menschen im Freiheitsentzug oder zur finanziellen Benachteiligung von kranken Menschen im Freiheitsentzug. 
 
3.  
Forderungen aus Verfahrenskosten können von den Strafbehörden gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden (Art. 425 StPO). Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Erlass der Gerichtskosten; selbst im Fall eines dauerhaft mittellosen Betroffenen verbleibt es im Ermessen der zuständigen Behörde, ob sie einem Gesuch um Erlass von Gerichtskosten ganz oder teilweise Folge gibt (Urteil 6B_500/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 3 mit Hinweis). Mit der Konzipierung von Art. 425 StPO als Kann-Bestimmung belässt der Gesetzgeber der Strafbehörde beim Kostenentscheid einen grossen Ermessens- und Beurteilungsspielraum, in welchen das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung eingreift (Urteile 6B_955/2016 vom 12. Oktober 2016 E. 4 und 6B_610/2014 vom 28. August 2014 E. 3). 
 
4.  
Das Kantonsgericht führt im angefochtenen Entscheid im Wesentlichen aus, die Heimtaxen der Beschwerdeführerin von Fr. 7'209.-- und ihre persönlichen Auslagen im Umfang von Fr. 450.-- würden durch eine IV-Rente, eine Rente der Pensionskasse und Ergänzungsleistungen gedeckt. Als Bezügerin von Ergänzungsleistungen lebe die Beschwerdeführerin zwar auf Dauer in bescheidenen finanziellen Verhältnissen. Indessen liege keine vollumfängliche Mittellosigkeit im Sinne von Art. 425 StPO vor. Der Beschwerdeführerin stünden für persönliche Auslagen monatlich Fr. 450.-- zur Verfügung. Es sei zumutbar, dass sie einen Teil dieser Mittel zur Begleichung der Kosten einsetze, welche sie durch die Ergreifung eines Rechtsmittels selbst verursacht habe. Vom offenen Betrag von Fr. 500.-- werde ihr die Hälfte erlassen. Für den Betrag der verbleibenden Fr. 250.-- werde sie eingeladen, ein Gesuch um Ratenzahlungen zu stellen, welches ihrer aktuellen finanziellen Lage Rechnung trage. 
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin, sie sei trotz nunmehr niedrigeren Wohnheimkosten noch immer auf Ergänzungsleistungen angewiesen und ihre finanzielle Situation sei derart angespannt, dass auch die Bezahlung von Fr. 250.-- eine sehr grosse Härte für sie darstelle, ergibt sich nicht, dass und inwiefern der angefochtene Entscheid willkürlich oder ermessensfehlerhaft sein könnte (Art. 42 Abs. 2 BGG; Art. 106 Abs. 2 BGG). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist auch nicht zu beanstanden, dass das Kantonsgericht bei Art. 425 StPO eine "vollumfängliche" Mittellosigkeit voraussetzt. Denn beim Kostenerlass besteht (anders als bei der unentgeltlichen Rechtspflege) keine Möglichkeit einer späteren Nachforderung. Der Erlass der Verfahrenskosten führt vielmehr zum endgültigen Untergang der Forderung, so dass diese auch nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn der Schuldner oder die Schuldnerin wieder in günstige bzw. günstigere finanzielle Verhältnisse gelangt. Es verletzt daher kein Bundesrecht, wenn das Kantonsgericht beim Erlass der Verfahrenskosten im Rahmen von Art. 425 StPO strengere Massstäbe an das Erfordernis der Mittellosigkeit anlegt (als bei der unentgeltlichen Rechtspflege). Ebenso wenig hat der angefochtene Entscheid "quasi" die "Nichtigerklärung" von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG zur Folge, welcher u.a. besagt, dass IV-Renten inkl. Ergänzungsleistungen unpfändbar sind. Die Beschwerdeführerin verkennt bei ihrer Kritik, dass es beim Kostenerlass nicht um die Frage der Pfändbarkeit geht. 
 
6.  
Die Beschwerde ist im Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Angesichts der konkreten Umstände kann ausnahmsweise auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird somit gegenstandslos. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Kantonsgericht Luzern schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. September 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill