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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.520/2005 /ggs 
 
Urteil vom 21. November 2005 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb, 
Gerichtsschreiberin Schoder. 
 
Parteien 
X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Schaffhauser, 
 
gegen 
 
1. A.________, 
2. B.________ AG, 
3. C.________ AG, 
4. D.________ AG, 
5. Stockwerkeigentümergemeinschaft 
E.________strasse ..., 
6. Stockwerkeigentümergemeinschaft F.________strasse ..., 
7. Stockwerkeigentümergemeinschaft G.________strasse ..., 
Beschwerdegegner, alle vertreten durch 
Rechtsanwältin Andrea Häller, 
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern, 
Obergericht des Kantons Luzern, Kriminal- und Anklagekommission, Hirschengraben 16, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Art. 9, 26 und 29 BV (Kontosperre), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid 
des Obergerichts des Kantons Luzern, Kriminal- und Anklagekommission, vom 21. Juni 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die X.________ AG reichte gegen A.________ am 24. März 2005 Strafklage wegen Veruntreuung ein. Mit Verfügung vom 6. April 2005 wies die Amtsstatthalterin von Luzern die Bank H.________ an, sämtliche vorhandenen Konten und Vermögenswerte, lautend auf A.________, B.________ AG, Firma I.________, C.________ AG, D.________ AG, J.________ AG, sowie sämtliche Konten, bei welchen A.________ ausserhalb der obgenannten Unternehmen verfügungsberechtigt ist, sofort zu sperren. Ausserdem wurde die Bank H.________ angewiesen, folgende bislang mit Nummernangabe bekannten Konten zu sperren: Bank H.________, lautend auf A.________ oder die B.________ AG, Nr. 1; Bank H.________, lautend auf A.________ oder die B.________ AG, Nr. 2. 
 
Gegen diese Verfügung legten A.________, die B.________ AG, die C.________ AG, die D.________ AG, die Stockwerkeigentümergemeinschaft E.________strasse ..., die Stockwerkeigentümergemeinschaft F.________strasse ... und die Stockwerkeigentümergemeinschaft G.________strasse ... bei der Kriminal- und Anklagekommission des Obergerichts des Kantons Luzern am 15. April 2005 Rekurs ein. Am 20. April 2005 hob die Amtsstatthalterin einen Grossteil der Kontensperren auf. Gesperrt blieben aber nach wie vor folgende drei Konten: 
- 3, lautend auf D.________ AG, 
- 2, lautend auf A.________, 
- 4, lautend auf A.________. 
 
Mit Entscheid vom 21. Juni 2005 hiess die Kriminal- und Anklagekommission den Rekurs teilweise gut, indem sie die bei der Bank H.________ angeordnete Sperre des Kontos Nr. 4, lautend auf A.________, aufhob. 
B. 
Die X.________ AG erhob am 25. August 2005 gegen den Entscheid der Kriminal- und Anklagekommission wegen Verletzung des Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV), des Willkürverbots (Art. 9 BV) und der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) staatsrechtliche Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des Entscheids und die Rückweisung der Sache an die Kriminal- und Anklagekommission zur neuen Beurteilung. Ausserdem beantragt sie, dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt wird. 
C. 
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern verzichtet auf Stellungnahme. Die Kriminal- und Anklagekommission beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Bezüglich des Gesuchs um aufschiebende Wirkung verzichtet sie auf Vernehmlassung. Die privaten Beschwerdegegner beantragen, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Dem Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde stellen sie sich nicht entgegen. 
D. 
Mit Verfügung vom 28. September 2005 hat das Bundesgericht der Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwieweit auf ein Rechtsmittel einzutreten ist (BGE 131 I 57 E. 1 S. 59, 145 E. 2 S. 147, je mit Hinweisen). 
1.2 
1.2.1 Vorliegend steht die Aufhebung einer Kontosperre, somit ein Zwischenentscheid zur Diskussion. 
1.2.2 Nach Art. 87 OG ist gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren eine staatsrechtliche Beschwerde zulässig (Abs. 1). Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist eine staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Abs. 2). Nach der Rechtsprechung bedarf es eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur, damit ein Zwischenentscheid nach Art. 87 OG mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann; eine bloss tatsächliche Beeinträchtigung genügt nicht (BGE 129 III 107 E. 1.2.1 S. 110, mit Hinweisen). 
1.3 Gemäss § 114 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Luzern über die Strafprozessordnung vom 3. Juni 1957 (StPO/LU) kann derjenige, welcher im Besitze von Gegenständen ist, die als Beweismittel von Bedeutung sein können oder die sonst nach kantonalem oder Bundesrecht für eine Einziehung in Betracht kommen, aufgefordert werden, sie herauszugeben oder jederzeit zur Verfügung zu halten. Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass die beschlagnahmten Vermögenswerte auch zur Vollstreckung des Strafurteils im Zivilpunkt verwendet werden können. Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sieht zu diesem Zweck vor, dass der Strafrichter von der Einziehung von Vermögenswerten absieht, wenn diese dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden. Nach Art. 60 Abs. 1 lit. b und c StGB spricht der Strafrichter dem Geschädigten bis zur Höhe des Schadens eingezogene Gegenstände und Vermögenswerte oder deren Erlös resp. Ersatzforderungen zu. In Anbetracht dieser Rechtslage hat die Beschwerdeführerin als Geschädigte nicht nur ein rein faktisches, sondern ein rechtlich geschütztes Interesse daran, dass die Kontosperre aufrecht erhalten bleibt, um durch das Strafurteil tatsächlich entschädigt werden zu können. Insoweit sind die Voraussetzungen zur Anfechtung eines Zwischenentscheids erfüllt (vgl. Bundesgerichtsurteil 1P.258/2005 vom 13. Juli 2005, E. 2.4). 
 
Allerdings stellt sich die Frage, ob der angefochtene Entscheid zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil führen könnte. Den Akten ist zu entnehmen, dass das am 21. Juni 2005 freigegebene Konto Nr. 4 am 12. August 2005 saldiert und am 25. August 2005 per Fax-Mitteilung durch die Amtsstatthalterin erneut gesperrt worden ist. Die Beschwerdeführerin wurde an demselben Tag über die erneute Kontosperre und die Saldierung in Kenntnis gesetzt. Die Beschwerdeführerin hätte die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche infolge einer unzulässigen Aufhebung der Kontosperre in einem späteren Prozess geltend zu machen. Die Anfechtungsvoraussetzung eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils ist unter diesen Umständen nicht gegeben. 
 
Daraus ergibt sich, dass Art. 87 OG dem Eintreten auf die vorliegende Beschwerde entgegensteht. 
2. 
Die Beschwerde erweist sich als unzulässig, weshalb auf sie nicht einzutreten ist. Somit hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG) und die privaten Beschwerdegegner angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat die privaten Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Luzern, Kriminal- und Anklagekommission, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 21. November 2005 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: