Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_78/2011 
 
Urteil vom 22. März 2011 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Favre, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Archivgasse 1, 6431 Schwyz, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Vernachlässigung von Unterhaltspflichten, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, Strafkammer, vom 21. Dezember 2010. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Das Bezirksgericht Schwyz erklärte den Beschwerdeführer am 14. April 2010 wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten gemäss Art. 217 Abs. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 50.-- bei einer Probezeit von 2 Jahren und zu einer Busse von Fr. 375.--. Auf Berufung des Beschwerdeführers hin bestätigte das Kantonsgericht Schwyz am 21. Dezember 2010 das erstinstanzliche Urteil. Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht. Er verlangt sinngemäss die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils. 
 
2. 
Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 217 Abs. 1 StGB). Der Schuldner muss in einem Umfang einer entgeltlichen Tätigkeit nachgehen, dass er seine Unterhaltspflicht erfüllen kann. Gegebenenfalls muss er sogar seine Stelle oder seinen Beruf wechseln, wobei diese Pflicht durch den generellen Gesichtspunkt der Zumutbarkeit begrenzt ist. Verlangt werden kann insbesondere ein Wechsel von einer selbständigen zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit (BGE 126 IV 131 E. 3a und b). 
 
3. 
Die Vorinstanz hält unter Verweis auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil folgenden Sachverhalt für erwiesen: 
Der Beschwerdeführer zahlte in der Zeit zwischen Juli 2009 und Januar 2010 die seiner Ehefrau gemäss rechtskräftigen Verfügungen des Bezirksgerichts Schwyz vom 12. Oktober 2007 und 13. Juni 2008 (Eheschutz) geschuldeten Unterhaltsbeiträge nicht, obschon er die Mittel dazu hatte oder hätte haben können, wenn er seine Stelle als Sekundarlehrer beim Bezirk Schwyz nicht zugunsten einer selbstständig erwerbenden Tätigkeit im Informatikbereich aufgegeben hätte, mit welcher er ein (wesentlich) geringeres Einkommen erzielte. Die für die Kündigung angerufenen Gesundheitsprobleme, insbesondere das erst im Berufungsverfahren geltend gemachte Vorbringen, das schwierige schulische Umfeld habe bei ihm zu einem Burnout geführt, seien nicht glaubhaft. Arztzeugnisse habe er hierfür nicht eingereicht bzw. dasjenige vom 10. Dezember 2009 belege einzig, dass es bei ihm aufgrund von Abnützungserscheinungen bei Belastung, etwa langem Sitzen oder Stehen ohne Positionsänderung, zu Rückenbeschwerden komme. Ebenso wenig stichhaltig sei die von ihm geltend gemachte Mehrfachbelastung als Grund für die Kündigung, zumal er ohne weiteres die nebenberufliche Tätigkeit als Informatiker hätte aufgeben können. Als Grund für die Aufgabe seiner Stelle als Lehrer stehe vielmehr der Wunsch des Beschwerdeführers im Vordergrund, seiner Passion - der Informatik bzw. dem Programmieren - nachzugehen. Angesichts der Einkommensdifferenz sei es dem Beschwerdeführer bewusst gewesen, dass er seine Unterhaltsverpflichtungen nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses als Lehrer nicht mehr (vollumfänglich) werde erfüllen können. Sein Vorhaben, sich die Austrittsleistung der Pensionskasse bar auszahlen zu lassen und die geschuldeten Unterhaltsbeiträge mit dem ihm zustehenden Teil des Pensionskassenguthabens zu bezahlen, sei an der hierfür erforderlichen Zustimmung der Ehefrau gescheitert. Aufgrund seiner Aussagen müsse davon ausgegangen werden, dass er sein Arbeitsverhältnis als Lehrer auch gekündigt hätte, wenn er gewusst hätte, dass seine Ehefrau die fragliche Zustimmung verweigern und ihm die Barauszahlung auch richterlich versagt bleiben würde. Damit habe er zumindest in Kauf genommen, seiner Unterhaltsverpflichtung nicht mehr nachkommen zu können. Die ihm zumutbare (wenigstens teilweise) Rückkehr in den Sekundarlehrerberuf habe er nicht erwogen bzw. seine Einkünfte aus der aushilfsweisen Tätigkeit als Lehrer für die Tilgung anderweitiger Schulden, beispielsweise die Bezahlung von Gerichts- und Anwaltskosten, verwendet. Er habe demgegenüber bewusst darauf verzichtet, für die Bezahlung der Unterhaltsbeiträge an seine Ehefrau zusätzliches Einkommen zu generieren. Das ergebe sich in aller Deutlichkeit aus seinen eigenen Aussagen. 
 
4. 
Der Beschwerdeführer wendet sich in erster Linie gegen den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt. Mit Erfolg kann dieser vor Bundesgericht nur angefochten werden, wenn er durch die Vorinstanz offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV festgestellt wurde. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 134 I 140 E. 5.4 mit Hinweisen). Die angebliche Willkür ist in der Beschwerde präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1; 134 II 244 E. 2.2). 
 
Der Beschwerdeführer vermag Willkür nicht darzutun. Seine Ausführungen sind rein appellatorischer Natur. Er bestreitet den Nachweis des Sachverhalts, ohne sich mit den Feststellungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen. Wie bereits im Verfahren vor der Vorinstanz macht er im Wesentlichen geltend, seine Gesundheit habe während des Ehescheidungsverfahrens und zufolge der grossen beruflichen Belastung enorm gelitten. Weil er bzw. sein Körper diesem Stress nicht mehr gewachsen sei, habe er sich für die Selbständigkeit und damit für seinen Zweitberuf entschieden und nicht für ein Burnout mit allen finanziellen Folgen für die Invalidenversicherung. Er habe sein Arbeitspensum auf 100% reduziert, was man als gesundes Arbeitspensum betrachte. Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer nur seine eigene Sicht der Dinge auf. Er legt jedoch nicht dar, dass und inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz in Bezug auf seinen Gesundheitszustand, die geltend gemachte Mehrfachbelastung, den Beweggrund für den Wechsel in die selbstständige Erwerbstätigkeit, seine Leistungsfähigkeit und die Beurteilung der Zumutbarkeit sowie sein diesbezügliches Wissen unhaltbar bzw. willkürlich sein sollten. Im Übrigen trifft entgegen der Beschwerde nicht zu, dass ihm die Vorinstanz vorwirft, mutwillig bzw. in böser Absicht die Stelle als Sekundarlehrer gekündigt zu haben. Auf die Kritik des Beschwerdeführers an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist mithin nicht einzutreten (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
5. 
Auf der Grundlage des von der Vorinstanz willkürfrei festgestellten Sachverhalts verstösst die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten im Sinne von Art. 217 Abs. 1 StGB nicht gegen Bundesrecht. Der Beschwerdeführer wendet ein, er habe seine Ehefrau über seine Schritte (berufliche Veränderung) im Voraus informiert und ihr eine Lösung zur Bezahlung der Unterhaltsbeiträge offeriert. Zu seinem Angebot habe sie sich nicht geäussert. Er sei von keiner Seite darüber aufgeklärt worden, "eine fehlbare Handlung zu tun" bzw. habe nicht gewusst, dass er sich - indem er zu seiner Gesundheit Sorge trage - strafbar mache. Mit diesen Vorbringen macht der Beschwerdeführer sinngemäss geltend, dass er nicht mit dem Vorsatz der Vernachlässigung gehandelt habe und einem Rechtsirrtum erlegen sei. Dem ist nicht so. In subjektiver Hinsicht steht fest, dass der Beschwerdeführer seine Leistungspflicht gegenüber seiner Ehefrau kannte, und er sich auch darüber im Klaren war, seinen Unterhaltspflichten nach Aufgabe des Lehrerberufes nicht mehr (vollständig) nachkommen zu können. Erstellt ist ebenso, dass er die zumutbare (zumindest teilweise) Rückkehr in den Sekundarlehrerberuf zur Bezahlung der Unterhaltsbeiträge an seine Ehefrau nicht erwog bzw. seine Einkünfte aus der aushilfsweisen Tätigkeit als Lehrer für die Tilgung anderweitiger Schulden verwendete. Mit Bezug auf die Bezahlung der geschuldeten Unterhaltsbeiträge an die Ehefrau verzichtete er nach den willkürfreien Feststellungen der Vorinstanz bewusst auf die Generierung zusätzlichen Einkommens. Ausgehend hievon durfte die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung eventualvorsätzliches Handeln bejahen und einen Rechtsirrtum nach Art. 21 StGB verneinen. Wer - wie der Beschwerdeführer - seine Zahlungspflicht kennt und weiss, dass er über die nötigen finanziellen Mittel zur Bezahlung der Unterhaltsbeiträge verfügen könnte, wenn er ihm objektiv zumutbare Vorkehren treffen würde, handelt mit Vorsatz und hat - im Sinne von Art. 21 StGB - keine zureichenden Gründe zur Annahme, er sei zur Tat berechtigt (vgl. zur Anwendbarkeit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 20 aStGB: Urteil 6B_768/2009 vom 22. Dezember 2009 E. 2.2). 
 
6. 
Soweit der Beschwerdeführer beantragt, es sei die Unterhaltspflicht an die Ehefrau rückwirkend auf den 1. Mai 2009 hin aufzuheben bzw. es sei nicht "einseitig auf dem Urteil der gerichtlichen Trennung zu verharren", sondern es seien die "veränderten Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen", ist er mit seinem Vorbringen im Verfahren betreffend Art. 217 Abs. 1 StGB nicht zu hören. Die Unterhaltsbeiträge des Beschwerdeführers an Ehefrau und Kinder wurden mit Vergleich vom 11. Oktober 2007 betragsmässig festgelegt und richterlich genehmigt. Die Verfügungen des Bezirksgerichts vom 12. Oktober 2007 und 13. Juni 2008 erwuchsen in Rechtskraft. Das Abänderungsbegehren des Beschwerdeführers, mit welchem er die Aufhebung der Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau wegen veränderter Verhältnisse beantragte, wurde am 5. November 2009 rechtskräftig abgewiesen (vgl. angefochtenen Entscheid, S. 5). Rechtskräftige Zivilentscheide sind für den Strafrichter verbindlich. 
 
7. 
Die Beschwerde ist damit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist durch eine herabgesetzte Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 66 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 22. März 2011 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Favre Arquint Hill