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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_692/2011 
 
Urteil vom 22. März 2012 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt, 
Gerichtsschreiber Bettler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Marc Renggli, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marc R. Bercovitz, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Testamentsungültigkeit und Erbunwürdigkeit, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Bern, Zivilabteilung, 2. Zivilkammer, vom 17. August 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.a Am 7. November 2005 verstarb die verwitwete X.________ (nachfolgend Erblasserin) im Alter von 92 Jahren. Aus ihrer Ehe mit Y.________ gingen keine gemeinsamen Kinder hervor. Jedoch adoptierten die Ehegatten in den Jahren 1956 und 1958 einen Knaben (B.________, geb. 1950) und ein Mädchen (A.________, geb. 1954). In den beiden Adoptionsverträgen wurde vereinbart, dass den (altrechtlichen) Adoptivkindern gegenüber den Adoptiveltern zwar ein gesetzliches Erbrecht, aber kein Pflichtteilsanspruch zusteht. 
A.b Am 30. Juni 1998 errichtete die Erblasserin ein erstes öffentliches Testament. Unter Ziff. 2 hielt sie Folgendes fest: "Als meine einzigen Erben bestätige ich meine Adoptivkinder A.________ und B.________, welche jedoch kein Pflichtteilsrecht besitzen." In Ziff. 3 folgten Vermächtnisse. Unter Ziff. 3a und 3b richtete die Erblasserin der Adoptivtochter (ausdrücklich als Vorausvermächtnis) den Inhalt ihres Wohnhauses sowie sämtliche Liegenschaften mit Ausnahme ihres Wohnhauses aus. In Ziff. 3c Abs. 1 und 2 vermachte sie 4/6 der Wertschriften an die Adoptivtochter und 1/6 der Wertschriften (insgesamt jedoch höchstens Fr. 1 Mio.) an den Adoptivsohn. In Ziff. 3c Abs. 3 bis Ziff. 3e bedachte die Erblasserin weitere Personen mit Vermächtnissen, darunter auch ihr Patenkind, C.________ (Vermächtnis von Fr. 30'000.--). 
A.c Mit einem zweiten öffentlichen Testament vom 18. August 2005 verfügte die Erblasserin auszugsweise Folgendes: 
1. Widerruf 
Ich widerrufe sämtliche allfällig von mir verfassten früheren Verfügungen von Todes wegen. 
2. Erbeinsetzung 
Als meine einzigen Erben bestätige ich meine Adoptivkinder A.________ und B.________, welche jedoch kein Pflichtteilsrecht besitzen. 
3. Vermächtnis 
a) Ich verfüge über mein Mobiliar in dem Sinne, dass ich die Gegenstände in meinem Haus jeweilen mit dem Namen des Begünstigten versehen werde. 
b) Ich verfüge, dass mein Adoptivsohn B.________ meine sämtlichen Liegenschaften, mit Ausnahme meiner Wohnliegenschaft (...), vermächtnisweise zu Alleineigentum übernehmen kann. Allfällige auf den Liegenschaften haftende Hypothekarschulden hat er mit zu übernehmen. Diese Vermächtnisse sind auf den Erbteil von B.________ nicht anrechenbar. 
c) Von meinen Vermögenswerten in Aktien, Obligationen, Sparheften, Kontoguthaben, etc. erhalten: 
meine Adoptivtochter A.________ Fr. 1'000'000.-- 
(...) 
mein Adoptivsohn B.________ Fr. 2'000'000.-- 
(...) 
(...) 
mein Patenkind, Frau C.________ Fr. 1'000'000.-- 
(...) 
(...) 
In Ziff. 3c folgten weitere Vermächtnisse an diverse Personen. Dieses Testament wurde am 16. Dezember 2005 eröffnet. 
 
B. 
A.________ beantragte mit Klage vom 4. Juli 2007 (Ladungsbegehren zum Aussöhnungsversuch vom 3. Oktober 2006) gegen B.________ und C.________, die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 18. August 2005 sei ungültig zu erklären. Weiter sei gerichtlich festzustellen, dass sie gestützt auf die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 30. Juni 1998 als eingesetzte Erbin und Vermächtnisnehmerin sowie auch als gesetzliche Erbin am Nachlass der Erblasserin beteiligt sei. Schliesslich sei festzustellen, dass B.________ erbunwürdig sei. 
Mit Urteil vom 18. August 2010 erklärte der Gerichtspräsident 2 des Gerichtskreises II Biel-Nidau die Ziff. 3b und die Ziff. 3c (erstes und zweites Lemma) des Testaments vom 18. August 2005 als ungültig. Soweit weitergehend wies er die Klage ab. 
 
C. 
Dagegen appellierte A.________ am 6. September 2010 an das Obergericht des Kantons Bern. Mit Eingabe vom 17. September 2010 schloss sich B.________ der Appellation an und beantragte, die Klage sei vollumfänglich abzuweisen. Am 9. Februar 2011 zog A.________ die Appellation gegenüber C.________ zurück. Im Übrigen hielt sie an ihren vor erster Instanz (vgl. Lit. B oben) gestellten Anträgen fest, präzisierte nunmehr aber, es seien "namentlich" die Ziff. 1, 3b und 3c (erstes und zweites Lemma) des Testaments vom 18. August 2005 ungültig zu erklären. 
Mit Entscheid vom 17. August 2011 stellte das Obergericht fest, das Urteil des Gerichtspräsidenten sei in Bezug auf C.________ in Rechtskraft erwachsen. Es erklärte die Ziff. 3b und Ziff. 3c (erstes und zweites Lemma) des Testaments der Erblasserin vom 18. August 2005 als ungültig. Soweit weitergehend wies es die Klage ab und regelte die Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
 
D. 
Dem Bundesgericht beantragt A.________ (nachfolgend Beschwerdeführerin) in ihrer Beschwerde in Zivilsachen vom 4. Oktober 2011, es sei das obergerichtliche Urteil aufzuheben. Die Ziff. 1, 3b und 3c (erstes und zweites Lemma) der letztwilligen Verfügung der Erblasserin vom 18. August 2005 seien ungültig zu erklären (Ziff. 1a der Begehren). Weiter sei gerichtlich festzustellen, dass sie gestützt auf die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 30. Juni 1998 als eingesetzte Erbin und Vermächtnisnehmerin sowie auch als gesetzliche Erbin am Nachlass der Erblasserin beteiligt sei (Ziff. 1b der Begehren). Es sei festzustellen, dass B.________ (nachfolgend Beschwerdegegner) erbunwürdig sei (Ziff. 1c der Begehren). Schliesslich verlangt sie eine anderweitige Kosten- und Entschädigungsregelung (Ziff. 1d - 1g der Begehren). Eventualiter beantragt sie, die Angelegenheit sei zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen (Ziff. 2 der Begehren). 
Das Bundesgericht hat die Vorakten, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid eines oberen Gerichts, das auf Rechtsmittel hin entschieden hat (Art. 90 und Art. 75 BGG). Erbstreitigkeiten sind Zivilsachen (Art. 72 Abs. 1 BGG) vermögensrechtlicher Natur, wobei der erforderliche Streitwert vorliegend erfüllt ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig. 
 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerin verlangt in Ziff. 1a ihrer Rechtsbegehren vor Bundesgericht, es seien die Ziff. 1 (Widerruf früherer Verfügungen von Todes wegen), 3b und 3c erstes und zweites Lemma (Vermächtnisse an Adoptivkinder) des Testaments vom 18. August 2005 ungültig zu erklären. 
 
2.2 Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid die Ziff. 3b und 3c (erstes und zweites Lemma) bereits für ungültig erklärt. Insofern weist die Beschwerdeführerin kein rechtlich geschütztes Interesse an ihrer Beschwerde auf (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG), weshalb darauf nicht einzutreten ist. 
 
3. 
Strittig ist vorliegend neben der Erbunwürdigkeit des Beschwerdegegners (vgl. dazu E. 7 unten), ob auch die Ziff. 1 des öffentlichen Testaments vom 18. August 2005, in der die Erblasserin allfällige frühere Verfügungen von Todes wegen widerruft, ungültig zu erklären ist (vgl. E. 4 - 6 unten). 
 
4. 
4.1 
4.1.1 Verfügungen, die der Erblasser unter dem Einfluss eines Irrtums errichtet hat, sind nach Art. 469 Abs. 1 ZGB ungültig; eine solche Verfügung wird nach Art. 519 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB auf erhobene Klage für ungültig erklärt. 
Es kann sich um einen Erklärungs- oder einen Motivirrtum handeln. Der Irrtum braucht kein wesentlicher im Sinne von Art. 23 ff. OR zu sein. In Betracht fallen kann jeder Motivirrtum, der die Verfügung entscheidend beeinflusst hat. Die Ungültigerklärung eines Testaments wegen Motivirrtums rechtfertigt sich indessen nur dann, wenn als wahrscheinlich dargetan ist, dass die Erblasserin bei Kenntnis der Sachlage vorgezogen hätte, die angefochtene Verfügung aufzuheben, statt sie unverändert fortbestehen zu lassen (BGE 119 II 208 E. 3/bb S. 210 f.; 94 II 139 E. 4 S. 140 f.; 75 II 280 E. 6 S. 287; Urteil 5A_204/2007 vom 16. Oktober 2007 E. 6.1, in: ZBGR 92/2011 S. 30; FORNI/PIATTI, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, N. 19 und N. 29 zu Art. 519/520 ZGB; ESCHER, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1959, N. 2 zu Art. 511 ZGB; MEYER, Das Wiederaufleben aufgehobener letztwilliger Verfügungen, 1972, S. 87). 
4.1.2 Was eine Person wollte, wusste oder dachte und ob sie sich irrte, stellt eine Tatfrage dar. Hingegen ist Rechtsfrage, welche Folgen dieser Irrtum oder andere Willensmängel haben (Urteile 5A_204/2007 vom 16. Oktober 2007 E. 6.1, in: ZBGR 92/2011 S. 30; 5C.273/2005 vom 14. März 2006 E. 3.1, in: ZBGR 89/2008 S. 335; 5C.37/1993 vom 17. Juni 1993 E. 3b/aa, nicht publ. in: BGE 119 II 208). 
4.2 
4.2.1 Das Obergericht stellte im angefochtenen Entscheid fest, das Verhältnis der Erblasserin zur Beschwerdeführerin sei bis zum Jahr 2005 sehr gut und dasjenige zum Beschwerdegegner über die Jahre hinweg eher schlecht gewesen. Ab dem Jahr 2004 habe sich aber das Verhältnis zwischen der Erblasserin und dem Beschwerdegegner wieder verbessert. Unter den beiden Adoptivkindern habe kein gutes Einvernehmen geherrscht (Ziff. 6 S. 4 und Ziff. 2 S. 9 des obergerichtlichen Entscheids). 
Insbesondere gestützt auf die Aussagen von C.________ (Patenkind) gelangte das Obergericht zur Feststellung, die Erblasserin habe bereits im Januar 2005 den Willen gehabt, ihr Testament aus dem Jahr 1998 aufzuheben. Die Gründe für diesen Willen und dessen Ausmass seien unklar geblieben; klar sei aber immerhin gewesen, dass die Erblasserin zu jenem Zeitpunkt das alte Testament nicht in seiner bisherigen Form habe weitergelten lassen und die Bevorzugung der Beschwerdeführerin habe aufheben wollen. Das heisse aber nicht, dass sie bereits zu jenem Zeitpunkt die Absicht gehabt habe, das Testament in der Weise zu ändern, als der Beschwerdegegner hätte bevorzugt werden sollen. Eine Einflussnahme durch den Beschwerdegegner habe damals (Januar 2005) nicht in einem Masse stattgefunden, die das sozialübliche übersteige (Ziff. 13 S. 12 und Ziff. 8 S. 14 des obergerichtlichen Entscheids). 
Das Obergericht stellte weiter fest, die Erblasserin habe zu Beginn des Jahres 2005 von sich aus Vermutungen über angebliche Unredlichkeiten der Beschwerdeführerin geäussert. Im Juni 2005 habe die Erblasserin der Beschwerdeführerin "quasi" ein Hausverbot erteilt und ihre Schlüssel eingezogen. Zudem habe sie ihr die Verwaltung über ihre Liegenschaften entzogen und die Verwaltung dem Beschwerdegegner übertragen (Ziff. 6 f. S. 10 des obergerichtlichen Entscheids). 
Im Juli 2005 habe der Beschwerdegegner der Erblasserin einen Bericht über die bisherige Liegenschaftsverwaltung der Beschwerdeführerin vorgelegt. Darin würden einerseits Mängel bei der Liegenschaftsverwaltung aufgelistet. Andererseits erhebe der Beschwerdegegner massive Vorwürfe gegen die Beschwerdeführerin, sie habe ungerechtfertigt Gelder bezogen und aus dem Tresor im Haus der Erblasserin Geld gestohlen. Weder seien diese Vorwürfe damals erwiesen gewesen, noch hätten sich diese in der Folge erhärtet. Es sei insbesondere keine Strafuntersuchung eröffnet worden. 
Diese Vorgehensweise lege den Schluss nahe, dass der Beschwerdegegner mit diesen Vorwürfen das bereits getrübte Verhältnis zwischen der Erblasserin und der Beschwerdeführerin ausgenutzt und die Beschwerdeführerin diskreditiert habe. Er habe die Erblasserin im Glauben bestärkt, von der Beschwerdeführerin hintergangen worden zu sein. Durch den geistigen Abbau sei die Erblasserin nicht mehr in der Lage gewesen, sich ein objektives Bild über die Vorwürfe des Beschwerdegegners zu verschaffen. Vielmehr sei sie nunmehr seinem Einfluss in verstärktem Masse ausgesetzt gewesen. Erst ab diesem Zeitpunkt (Juli 2005) habe damit der Beschwerdegegner Einfluss auf die Erblasserin ausgeübt. Dem Beschwerdegegner sei im Übrigen auch bewusst gewesen, dass die Erblasserin ein Schwarz-Weiss-Denken gehabt und missbilligendes Verhalten mit Geldentzug bestraft habe. 
4.2.2 Im Ergebnis erachtete es das Obergericht als erwiesen, dass die massive Bevorzugung des Beschwerdegegners im Testament vom 18. August 2005 (Ziff. 3b und 3c erstes und zweites Lemma [Vermächtnisse an Adoptivkinder; vgl. Lit. A.c oben]) auf dessen Einflussnahme und damit auf einen mangelhaften Willen der Erblasserin zurückzuführen sei. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte die Erblasserin die Verfügung bei Kenntnis der wahren Sachlage (Unrichtigkeit der Vorwürfe gegen die Beschwerdeführerin) insoweit anders getroffen. 
Anderes gelte hingegen in Bezug auf die Ziff. 1 des Testaments vom 18. August 2005. Den Willen zur Aufhebung, das heisst zum Widerruf des ersten Testaments habe die Erblasserin bereits Anfang 2005 entwickelt und bis zur Abfassung des Testaments vom 18. August 2005 beibehalten. Sinngemäss hält das Obergericht fest, weder sei damals (Anfang 2005) die Erblasserin vom Beschwerdegegner beeinflusst worden noch habe sie sich in einem Irrtum befunden. 
4.2.3 Das Obergericht erklärte deshalb einzig die Ziff. 3b und 3c erstes und zweites Lemma (Vermächtnisse an Adoptivkinder), nicht hingegen den Widerruf des alten Testaments (Ziff. 1) für ungültig. 
 
4.3 Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, die Ziff. 1 des Testaments vom 18. August 2005 habe keine selbstständige Bedeutung und hätte aus diesem Grund ebenfalls aufgehoben werden müssen (E. 5 unten). Zudem legt sie dar, der Irrtum der Erblasserin habe sich nicht nur auf die Ziff. 3b und 3c (erstes und zweites Lemma), sondern ebenfalls auf die Ziff. 1 bezogen beziehungsweise hätte es jedenfalls die Erblasserin bei Kenntnis der wahren Sachlage vorgezogen, auch die Ziff. 1 aufzuheben (E. 6 unten). 
 
5. 
5.1 Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss eine Verletzung von Art. 519 ZGB geltend, indem sie vorbringt, der in Ziff. 1 des zweiten Testaments vom 18. August 2005 enthaltene Widerruf des ersten Testaments enthalte keine positive Anordnung und habe keine selbstständige Bedeutung. Es mache daher von vornherein keinen Sinn, diese Ziff. 1 noch aufrechtzuerhalten. 
 
5.2 Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Ziff. 1 verlangt, zeigt, dass das Gegenteil der Fall sein muss (vgl. auch die Hinweise am Ende der E. 4.1.1 oben; sodann Art. 509 und Art. 511 Abs. 1 ZGB). Entfiele diese Bestimmung, könnte dies zur Folge haben, dass zwischen den Parteien neben dem verbleibenden gültigen Testament teilweise auch das alte Testament - und dabei insbesondere das Vorausvermächtnis an die Beschwerdeführerin bezüglich sämtlicher Liegenschaften mit Ausnahme des Wohnhauses (vgl. Lit. A.b. oben) - zu berücksichtigen wäre. 
 
5.3 Die Argumentation der Beschwerdeführerin läuft denn im Ergebnis einzig auf die Frage hinaus, ob die Erblasserin im zweiten Testament das erste auch dann widerrufen hätte, wenn sie um die Ungültigkeit der Ziff. 3b und 3c (erstes und zweites Lemma) gewusst hätte. Darauf ist nachfolgend einzugehen. 
 
6. 
6.1 
6.1.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, der vom Obergericht festgestellte Wille der Erblasserin, das erste Testament aufzuheben und sie weniger zu bevorzugen, sei gerade nicht erwiesen. Die Aussage von C.________, auf die das Obergericht insoweit abgestellt habe (vgl. E. 4.2.1 oben), sei vieldeutig und die vom Obergericht gezogenen Schlussfolgerungen unzulässig. 
6.1.2 Das obergerichtliche Urteil sei zudem widersprüchlich zur Frage, in welcher Hinsicht die Erblasserin das Testament im Januar 2005 überhaupt habe abändern wollen. Es sei nicht erwiesen, dass die Erblasserin im Januar 2005 den Willen gehabt habe, die Bevorzugung der Beschwerdeführerin aufzuheben. Vielmehr habe sie diesen Willen erst später und unter dem Einfluss des Beschwerdegegners entwickelt. Das Obergericht unterschiebe der Erblasserin (im Zeitpunkt Januar 2005) einen Willen, den sie in dieser Weise gar nie zum Ausdruck gebracht habe. 
6.1.3 Selbst wenn man aber von dieser Absichtserklärung der Erblasserin im Januar 2005 ausgehen würde (Aufhebung des alten Testaments und der Bevorzugung der Beschwerdeführerin), bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass dieser Wille auch bereits auf eine Beeinflussung des Beschwerdegegners und damit einen "aufkeimenden Irrtum" zurückzuführen sei. Zudem wäre es möglich, dass die "vage" Absichtserklärung der Erblasserin vom Januar 2005 später weggefallen sei, weil sie sich im Februar 2005 mit ihr jedenfalls teilweise wieder versöhnt habe. Im Ergebnis sei damit nicht klar, ob die - gemäss Obergericht irrtumsfrei zustande gekommene - Absichtserklärung aus dem Januar 2005 sich tatsächlich noch auf das im August 2005 verfasste Testament ausgewirkt habe. 
6.1.4 Schliesslich hätte die Erblasserin es sicherlich vorgezogen, auch die Ziff. 1 des neuen Testaments aufzuheben und so zwischen den Parteien wieder das alte Testament aufleben zu lassen, wenn sie um die Machenschaften des Beschwerdegegners gewusst hätte. 
6.2 
6.2.1 Die Beschwerdeführerin wendet sich damit gegen die obergerichtliche Sachverhaltsfeststellung, denn was die Erblasserin wollte, wusste oder dachte und ob sie sich irrte, stellt wie erwähnt (vgl. E. 4.1.2 oben) eine Tatfrage dar. Das Obergericht gelangte in tatsächlicher Hinsicht zum Ergebnis, die Erblasserin habe Anfang Januar 2005 irrtumsfrei und unabhängig von der späteren Ausgestaltung der - unter Irrtum entstandenen - Ziff. 3b und 3c (erstes und zweites Lemma) den Willen entwickelt (und später im neuen Testament manifestiert), das alte Testament aufzuheben und jedenfalls die Bevorzugung der Beschwerdeführerin aufzuheben (Ziff. 8 S. 14 des obergerichtlichen Entscheids). 
6.2.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig und damit willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (beispielsweise Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234 mit Hinweisen). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Beschwerdeführerin genau darzulegen. Auf rein appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung oder Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356). 
6.2.3 Die Kritik der Beschwerdeführerin an der obergerichtlichen Beweiswürdigung vermag diesen Anforderungen nicht zu genügen. Sie beanstandet zwar die Beweiswürdigung und legt den Sachverhalt aus ihrer Sicht dar. Hingegen erhebt sie weder eine Willkürrüge noch legt sie dar, inwiefern die Feststellungen durch eine andere Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG zustande gekommen und inwiefern die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein soll. 
Am Fehlen einer Sachverhaltsrüge ändert auch nichts, dass die Beschwerdeführerin im Teil "Formelles" der Beschwerde neben der Einhaltung der Beschwerdefrist und dem erforderlichen Streitwert pauschal darauf hinweist, sie rüge eine Verletzung von Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG) und eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts (Art. 97 Abs. 1 BGG). 
Auf die appellatorische Kritik an der obergerichtlichen Beweiswürdigung ist demnach nicht einzutreten. 
 
7. 
7.1 Die Beschwerdeführerin rügt weiter eine Verletzung von Art. 540 ZGB, da das Obergericht die Erbunwürdigkeit des Beschwerdegegners wegen arglistiger Täuschung zu Unrecht verneint habe. 
7.2 
7.2.1 Nach Art. 540 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB ist unwürdig Erbe zu sein oder aus einer Verfügung von Todes wegen irgendetwas zu erwerben, wer den Erblasser durch Arglist, Zwang oder Drohung dazu gebracht oder daran verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder zu widerrufen. 
7.2.2 Die Gründe gemäss Art. 540 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB stimmen fast wortwörtlich mit dem Ungültigkeitsgrund gemäss Art. 519 Abs. 1 Ziff. 2 i.V.m. Art. 469 Abs. 1 ZGB überein. Immerhin nennt Art. 469 Abs. 1 ZGB - anders als Art. 540 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB - zusätzlich auch den Ungültigkeitsgrund des Irrtums (KRIEG, L'indignité en droit successoral suisse, 1966, S. 69). 
Der Begriff der Arglist gemäss Art. 540 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB stimmt mit dem Begriff "arglistiger Täuschung" in Art. 469 Abs. 1 ZGB überein. Arglist kann in der Erregung oder der Benutzung einer schon vorhandenen falschen Vorstellung bei der Erblasserin bestehen. Zusätzlich muss dieses Bewirken oder Ausnützen einer falschen Vorstellung bei der Erblasserin aufgrund sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls eine schwere Verfehlung gegen die Erblasserin bedeuten, die nach dem Empfinden der Allgemeinheit als unerträglich erscheint und zu missbilligen ist. Dass das Verhalten des Erben einen Straftatbestand erfüllt, mag einen Anhaltspunkt für die Schwere der Einflussnahme auf den erblasserischen Willen abgeben, ist aber nicht notwendig (vgl. zum Ganzen: BGE 132 III 305 E. 3.3 S. 309 f. mit Hinweisen). 
Zwischen dem Verhalten des angeblich Erbunwürdigen und dem Erfolgseintritt (Errichten oder Widerrufen einer Verfügung von Todes wegen) ist weiter ein Kausalzusammenhang erforderlich (vgl. BGE 132 III 305 E. 3.5 S. 310 f.). 
 
7.3 Das Obergericht gelangte wie erwähnt zum Ergebnis, die Erblasserin habe das Testament vom 18. August 2005 teilweise unter dem Einfluss eines Irrtums errichtet. 
Im Rahmen der Prüfung der Erbunwürdigkeit kam es zum Schluss, der Beschwerdegegner habe die Erblasserin nicht arglistig getäuscht; es fehle bereits der Vorsatz des Beschwerdegegners. Unter Verweis auf das Urteil des Gerichtspräsidenten hat es weiter ausgeführt, das Vorgehen des Beschwerdegegners - insbesondere der im Bericht über die Liegenschaftsverwaltung erhobene Diebstahlsvorwurf - sei zwar moralisch verwerflich und nicht über jeden Zweifel erhaben. Eine schwere Verfehlung, die als unerträglich erscheinen würde, liege aber nicht vor und sei im Vergleich zum Sachverhalt in BGE 132 III 305 weniger gravierend. Der Beschwerdegegner habe denn durchaus auch zugunsten der Erblasserin handeln wollen. 
 
7.4 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die im Bericht des Beschwerdegegners über die Liegenschaftsverwaltung ihr gegenüber enthaltenen Anschuldigungen erfüllten den Tatbestand der üblen Nachrede (Art. 173 StGB), eventuell sogar der Verleumdung (Art. 174 StGB). Dem Beschwerdegegner sei vor allem vorzuwerfen, dass er nicht den geringsten Versuch unternommen habe, den Irrtum der Erblasserin zu beseitigen. Vielmehr habe er das Zustandekommen des zweiten Testaments aktiv gefördert. 
Es liege deshalb eine arglistige Täuschung des Beschwerdegegners vor, der eventualvorsätzlich gehandelt habe und die Erblasserin so dazu gebracht habe, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten. 
 
7.5 Die Rüge der Beschwerdeführerin erweist sich als unbegründet. Das Obergericht hat zurecht darauf hingewiesen, dem Bericht des Beschwerdegegners vom Juli 2005 sei eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen, soweit darin die Liegenschaftsverwaltung thematisiert werde. Auch wenn es nachvollziehbar erscheint, dass bei fehlender oder falscher Buchhaltung (und insbesondere fehlenden Belegen) der Verdacht von Unregelmässigkeiten aufkommen kann, hat der Beschwerdegegner zwar die vorgefundenen unübersichtlichen Verhältnisse unkritisch übernommen und vorschnell Anschuldigungen gegen die Beschwerdeführerin erhoben. 
Eine schwere und gemeinhin zu missbilligende Verfehlung (vgl. E. 7.2.2 oben) kann aber dem Beschwerdegegner nicht vorgeworfen werden. Zu berücksichtigen ist dabei namentlich, dass die Vorwürfe insbesondere des unberechtigten Geldbezugs im Zusammenhang mit der tatsächlich zur Kritik Anlass gebenden Liegenschaftsverwaltung der Beschwerdeführerin erhoben wurden. Eine arglistige Täuschung im dargelegten Sinne kann dem Beschwerdegegner nicht vorgeworfen werden und der obergerichtliche Entscheid ist insofern nicht zu beanstanden. 
Zu beachten wäre im Übrigen auch, dass die Erblasserin selbst bereits Anfang 2005 von gewissen Unredlichkeiten der Beschwerdeführerin ausgegangen ist (vgl. E. 4.2.1 oben). Insofern erübrigen sich aber nach dem Gesagten weiterführende Bemerkungen. 
 
8. 
Die obergerichtliche Kosten- und Entschädigungsregelung ficht die Beschwerdeführerin nicht selbstständig an, sondern nur im Zusammenhang mit dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens. Da der Beschwerde kein Erfolg beschieden ist, braucht darauf nicht weiter eingegangen zu werden. 
 
9. 
Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführerin wird kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG), nicht hingegen entschädigungspflichtig, da das Bundesgericht beim Beschwerdegegner keine Vernehmlassung eingeholt hat (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 22. März 2012 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Bettler