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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_680/2017  
 
 
Urteil vom 22. März 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Faga. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie Selig, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, 
2. A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Wächter, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Sachentziehung, Hausfriedensbruch; Grundsatz in dubio pro reo, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 25. April 2017 (STBER.2016.32). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
In den Lagerräumen von X.________ konnten verschiedene Maschinen und Werkzeuge sichergestellt werden, die X.________ Ende April 2013 aus dem Lager von A.________ geholt hatte. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn wirft X.________ vor, sich mit einem Schlüssel Zugang zum Lager von A.________ verschafft und die Gegenstände eigenmächtig weggeschafft zu haben, um sich unrechtmässig zu bereichern. 
 
B.   
Die Staatsanwaltschaft sprach X.________ mit Strafbefehl vom 23. Mai 2014 des Diebstahls und Hausfriedensbruchs schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu Fr. 80.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren. 
 
Auf Einsprache hin sprach die Amtsgerichtsstatthalterin von Olten-Gösgen X.________ am 2. Mai 2016 von Schuld und Strafe frei. 
 
In Gutheissung der Berufung von A.________ verurteilte das Obergericht des Kantons Solothurn am 25. April 2017 X.________ wegen Sachentziehung und Hausfriedensbruchs. Es erkannte auf eine bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 80.-- bei einer Probezeit von drei Jahren. 
 
C.   
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt zusammengefasst, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben, und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das gleichzeitig gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zog X.________ mit Schreiben vom 14. Juli 2017 zurück. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz unter Hinweis auf Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK und Art. 10 Abs. 3 StPO die Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" vor (Beschwerde S. 4 und 8 ff.). 
 
 
1.1. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 143 I 310 E. 2.2 S. 313; je mit Hinweis; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 141 III 564 E. 4.1 S. 566; je mit Hinweisen).  
 
Inwiefern das Sachgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt hat, prüft das Bundesgericht ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Willkür. Diese aus der Unschuldsvermutung abgeleitete Maxime wurde wiederholt dargelegt, worauf zu verweisen ist (BGE 127 I 38 E. 2a S. 40 f. mit Hinweisen). 
 
Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, anderenfalls darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 368; 142 II 206 E. 2.5 S. 210; 142 I 135 E. 1.5 S. 144; je mit Hinweisen). 
 
1.2. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer gegen A.________ (Beschwerdegegner 2) Forderungen in unbekannter Höhe hatte und Ende April 2013 verschiedene Maschinen und Werkzeuge aus dem Lager des Beschwerdegegners 2 holte. Beide trafen sich am 26. April 2013 in einem Café, um die offenen Schulden zu diskutieren. Am 28. April 2013 flog der Beschwerdeführer in den Kosovo. Gleichentags schickte er dem Beschwerdegegner 2 mittels eines Kollegen einen eingeschriebenen Brief. Darin befand sich entweder eine vom 27. April 2013 datierte "Vereinbarung" oder ein leeres Blatt Papier. Der Beschwerdeführer erhielt am 29. April 2013 während seines Aufenthalts im Kosovo zwei Anrufe vom Beschwerdegegner 2. Unbestritten ist weiter, dass der Beschwerdeführer am 30. April 2013 unmittelbar nach seiner Rückkehr der Polizei eine vom 27. April 2013 datierte "Vereinbarung" überbrachte.  
 
Strittig ist, ob der Beschwerdeführer eigenmächtig oder in Absprache mit dem Beschwerdegegner 2 handelte. Die Vorinstanz gelangt zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer die Gegenstände am 27. April 2013 respektive nach dem Treffen vom 26. April 2013 aus dem Lagerraum seines Schuldners ohne dessen Zustimmung genommen hat. Sie hält fest, das Schreiben vom 27. April 2012 (gemeint sei 2013) betreffend die Vereinbarung über die Abholung der Werkzeuge als Pfand spreche zwar für eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner. Hingegen sei nicht ausgeschlossen, dass das Schreiben vom Beschwerdeführer verfasst worden sei, um der eigenmächtigen Wegnahme den Anschein der Rechtmässigkeit zu verleihen. Nicht plausibel sei (entgegen der Stellungnahme des Beschwerdeführers), dass der Beschwerdegegner 2 trotz Vereinbarung vom 27. April 2013 mit Hilfe eines Strafverfahrens einzig eine Schadenersatzforderung habe erhältlich machen wollen. Im Widerspruch zu einer Vereinbarung stehe auch, dass ein Teil der Maschinen zuvor bereits B.________ versprochen worden sei. Die Vorinstanz würdigt in der Folge weitere belastende Umstände. Sie hält beispielsweise fest, das Lager sei mit einem sogenannten "5000er-Schlüssel" (einem weit verbreiteten Normschlüssel) zugänglich gewesen. Auch das Verhalten beider Beteiligten ab 27. April 2013 deute auf ein eigenmächtiges Vorgehen des Beschwerdeführers hin, etwa das in aller Eile verfasste und noch am Tag seines Abflugs eingeschrieben verschickte Schreiben vom 27. April 2013 sowie die beiden Anrufe vom Beschwerdegegner 2 am 29. April 2013. Weiter setzt sich die Vorinstanz mit verschiedenen Argumenten des Beschwerdeführers auseinander. Sie geht beispielsweise auf den Einwand ein, es sei nicht nachvollziehbar, die Ware in jenem Moment zu stehlen, wenn ihm der Beschwerdegegner 2 mitteile, am 30. April 2013 Geld aus dem Verkauf der Maschinen zu erwarten (Entscheid S. 6 ff.). 
 
1.3. Was der Beschwerdeführer der Vorinstanz entgegenhält, vermag keine Verletzung der Unschuldsvermutung zu begründen. Für eine entsprechende Rüge reicht nicht aus, wenn der Beschwerdeführer zum Beweisergebnis wie in einem appellatorischen Verfahren frei plädiert und darlegt, wie seiner Auffassung nach die vorhandenen Beweise richtigerweise zu würdigen gewesen wären. Dies ist etwa der Fall, wenn der Beschwerdeführer ausführt, die Vorinstanz habe sich mit allfälligen Motiven des Beschwerdegegners 2 für eine Falschanzeige nicht genügend auseinandergesetzt. Die Vorinstanz stütze sich betreffend den Zeitpunkt der Wegnahme der Maschinen einzig auf die Aussagen des Beschwerdegegners 2 und lasse seine eigene Schilderung (die Gegenstände bereits am 24. April 2013 mitgenommen zu haben) unberücksichtigt. Unberücksichtigt geblieben sei auch, dass er erst seit Oktober 2013 einen "5000er-Schlüssel" habe. Zudem sei nicht bewiesen, ob beim Lager des Beschwerdegegners 2 ein "5000er-Schloss" eingebaut sei. Solche Einwände sind ungenügend und erschöpfen sich in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid. Sie setzen eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht voraus, welche das Bundesgericht nicht vornimmt.  
 
Die Kritik des Beschwerdeführers fusst im Wesentlichen auf der Behauptung, er habe die Gegenstände (bereits) am 24. April 2013 aus dem Lager genommen. Daraus zieht er den Schluss, dass insbesondere mit Blick auf das spätere Treffen vom 26. April 2013 sein Vorgehen nicht heimlich erfolgte, sondern mit dem Beschwerdegegner 2 abgesprochen gewesen sein musste. Die vom Beschwerdeführer im Einzelnen geäusserte Kritik macht deutlich, dass er der Würdigung der Vorinstanz einzig seine eigene Sicht der Dinge gegenüberstellt. Solches vermag die vorinstanzliche Beweiswürdigung nicht zu erschüttern. Darüber hinaus überzeugt seine Argumentation aus folgenden Gründen nicht. 
 
Weshalb das Aufbewahren und Belassen der Gegenstände in den Räumen des Beschwerdeführers für die Glaubhaftigkeit seiner Version sprechen sollte, liegt nicht ohne Weiteres auf der Hand, nachdem ihm eine vorgeschobene Vereinbarung zur Last gelegt wird. So oder anders ist es nichts als folgerichtig, die Gegenstände (tatsächlich oder fingiert) als Sicherheit zu behalten. Weiter vermag die Argumentation, für den Vorwurf einer bloss vorgetäuschten Vereinbarung habe der Inhalt des eingeschriebenen Briefes (Vereinbarung oder leeres Blatt Papier) eine entscheidende Rolle gespielt, nicht zu überzeugen geschweige denn das vorinstanzliche Beweisergebnis als unvertretbar darzutun. Was der Beschwerdegegner 2 erhielt, war nicht hauptsächlich relevant. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Täuschung steht und fällt nicht mit dieser Sendung, nachdem er die besagte Vereinbarung der Polizei zukommen liess. 
 
Ebenso wenig vermag der Beschwerdeführer Willkür darzutun, indem er den Zeitpunkt der Wegnahme thematisiert. Er wirft die Frage auf, welche Interessen er haben sollte, über den Zeitpunkt der Abholung der Ware falsch auszusagen. Auch hier bleibt es bei einer blossen appellatorischen Kritik, die zudem nicht überzeugt. Eine Wegnahme am 24. April 2013 respektive vor dem Treffen vom 26. April 2013 ist mit dem Vorwurf eines eigenmächtigen Handelns und der Tatvariante des Beschwerdegegners 2 nicht von vornherein in Einklang zu bringen und wäre deshalb ein entlastender Umstand. Dies unterstreicht der Beschwerdeführer gleich selbst ("Für den Beschwerdegegner 1 indessen macht der Zeitpunkt einen gewaltigen Unterschied").  
 
Hält die Vorinstanz zu Lasten des Beschwerdeführers fest, die Maschinen seien zuvor bereits B.________ versprochen worden, wird dies vom Beschwerdeführer nicht als willkürlich kritisiert (Beschwerde S. 12 f.). Was er in Bezug auf die Kaufpreiszahlung geltend macht, zeigt nicht auf, dass das vorinstanzliche Beweisergebnis schlechterdings nicht mehr vertretbar sein sollte. 
 
Wesentliches Moment in der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung ist das Verhalten beider Beteiligten ab 27. April 2013, welches die Vorinstanz näher beleuchtet. Danach flog der Beschwerdeführer an einem Sonntagmorgen (28. April 2013) in den Kosovo. Gleichentags liess er für den Beschwerdegegner 2 über einen Kollegen einen eingeschriebenen Brief der Post übergeben. Die Vorinstanz erwägt, ein solches sehr eiliges Agieren sei nicht nachvollziehbar, hätte der Beschwerdeführer einzig eine mündlich getroffene Vereinbarung schriftlich bestätigen wollen. Letzteres passe auch nicht mit dem Umstand zusammen, dass der Beschwerdegegner 2 am 29. April 2013 (nach den tatsächlichen Feststellungen kurz nach dem Entdecken der fehlenden Werkzeuge) den Beschwerdeführer zweimal telefonisch kontaktiert habe, dieser aber keine Zeit für ein Gespräch gehabt habe. Anlässlich der fraglichen Telefonanrufe warf der Beschwerdegegner 2 dem Beschwerdeführer vor, die Maschinen gestohlen zu haben. Eine Viertelstunde nach seinem Anruf in den Kosovo meldete der Beschwerdegegner 2 den Vorfall bei der Polizei. Am Folgetag überbrachte der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner Rückkehr der Polizei eine vom 27. April 2013 datierte "Vereinbarung". Die Vorinstanz wertet diese Abläufe als Indizien für die Sachverhaltsvariante des Beschwerdegegners 2, was nicht als unhaltbar, sondern als plausibel bezeichnet werden kann. Auf diese Umstände geht der Beschwerdeführer nicht näher ein. Weshalb der Beschwerdegegner 2 nach der Darstellung des Beschwerdeführers durch die blosse Tatsache, eine mündliche Vereinbarung wenige Tage später schriftlich vorgelegt zu bekommen, "ordentlich aus der Bahn geworfen" wurde (Beschwerde S. 10 f.), ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. 
 
Insgesamt zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass und inwiefern das vorinstanzliche Beweisergebnis schlechterdings nicht mehr vertretbar sein sollte, und eine Verletzung der Unschuldsvermutung ist nicht ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. 
 
 
2.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner 2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. März 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Faga