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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_86/2022  
 
 
Urteil vom 22. März 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Walpen, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Landesverweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 26. November 2021 (SK 20 182). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist eritreischer Staatsbürger und hält sich seit dem 23. Mai 2015 in der Schweiz auf. Mit Entscheid des Staatssekretariats für Migration vom 1. Dezember 2016 wurde ihm in der Schweiz Asyl gewährt. Er ist weder verheiratet, noch hat er Kinder. 
 
B.  
 
B.a. Mit Urteil vom 10. Dezember 2019 sprach das Regionalgericht Bern-Mittelland A.________ der Gehilfenschaft zur qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121) sowie der einfachen Widerhandlung gegen das BetmG, beides begangen in der Zeit um den 29. April 2019 bis 25. Juni 2019 in U.________, schuldig. Es verurteilte ihn hierfür zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten sowie einer Landesverweisung von fünf Jahren, unter Eintragung im Schengener Informationssystem (SIS).  
 
B.b. Die dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Bern am 26. November 2021 vollumfänglich ab.  
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ dem Bundesgericht, das Berufungsurteil sei hinsichtlich der Verurteilung zu einer Landesverweisung von fünf Jahren aufzuheben und die Sache sei zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter sei ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu erteilen. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz Willkür bei der Sachverhaltsermittlung vor: Die Feststellung, er habe den grössten Teil seines Lebens in Eritrea verbracht, sei aktenwidrig. Vielmehr ergebe sich aus den Akten, dass er am 7. Juli 1990 im Sudan geboren worden sei und anschliessend bis 2001 dort gelebt habe. Lediglich von 2001 bis 2007 habe er sich in Eritrea aufgehalten. Dort habe er einen kleinen Teil seiner Schulzeit verbracht und anschliessend für kurze Zeit als Maurer gearbeitet. Weiter sei auch die vorinstanzliche Feststellung offensichtlich unrichtig, wonach nicht erwiesen sei, dass ihm bei einer Rückkehr nach Eritrea Folter oder eine andere unmenschliche Behandlung drohe. Er sei nämlich anerkannter Flüchtling, woraus sich ergebe, dass er in seinem Heimatland ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sei, so unter anderem einer Gefährdung von Leib und Leben. 
 
1.1. Das Bundesgericht ist als oberste Recht sprechende Behörde (Art. 1 Abs. 1 BGG) keine strafrechtliche Berufungsinstanz, die eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht vornimmt oder die vorinstanzliche Beweiswürdigung mit freier Kognition überprüft (Urteile 6B_1235/2021 vom 23. Mai 2022 E. 2.4.1; 6B_576/2020 vom 18. März 2022 E. 3.7; je mit Hinweis). Es legt seinem Urteil vielmehr den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung kann es nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Willkürrüge muss nach Art. 106 Abs. 2 BGG explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; 140 III 264 E. 2.3; je mit Hinweisen).  
Eine Sachverhaltsfeststellung gilt als "offensichtlich unrichtig" im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 9 BV, wenn sie sich als schlechterdings unhaltbar und damit willkürlich erweist (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Das ist der Fall, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3; Urteil 6B_139/2022 vom 24. November 2022). 
 
1.2. Ob ein schwerer persönlicher Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB vorliegt, bestimmt sich anhand der gängigen Integrationskriterien (BGE 146 IV 105 E. 3.4.4; 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiäre Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, die Aufenthaltsdauer, der Gesundheitszustand und die Resozialisierungschancen (vgl. Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]; BGE 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile 6B_552/2021 vom 9. November 2022 E. 2.3.4; 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 3.2.4, nicht publ. in: BGE 147 IV 340; je mit Hinweisen).  
 
1.3.  
 
1.3.1. Was die Rüge anbelangt, der Beschwerdeführer habe entgegen den Feststellungen der Vorinstanz nicht den grössten Teil seines Lebens in Eritrea verbracht, ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern der angebliche Sachverhaltsmangel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. Die Vorinstanz hat bei der Härtefallprüfung den Grad der Verbundenheit mit dem Heimatland als eines der in Art. 31 Abs. 1 VZAE genannten Kriterien gewürdigt. Wenn sie dabei den Grad der Verbundenheit des Beschwerdeführers mit Eritrea möglicherweise etwas zu hoch eingeschätzt haben sollte, ändert dies nichts daran, dass kein anderes der gesetzlichen Kriterien für einen Härtefall spricht - jedenfalls macht dies der Beschwerdeführer abgesehen von seinem unbegründeten Einwand, allein wegen seiner Flüchtlingseigenschaft dürfe er nicht des Landes verwiesen werden (dazu unten E. 2), auch nicht geltend. Inwiefern der gerügte Sachverhaltsmangel also entscheiderheblich sein soll, ist nicht ersichtlich, womit sich die entsprechende Sachverhaltsrüge als unzulässig erweist.  
 
1.3.2. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Vorinstanz habe zu Unrecht festgestellt, ihm drohe bei einer Rückkehr nach Eritrea keine Folter oder eine andere unmenschliche Behandlung, genügt seine Rüge den strengen Anforderungen an eine Sachverhaltsrüge nicht bzw. ist diese jedenfalls offensichtlich unbegründet: Der blosse Hinweis darauf, dass ihm im Dezember 2016 in der Schweiz Asyl gewährt worden ist, weist die vorinstanzliche Feststellung keineswegs als willkürlich aus. Konkrete Anhaltspunkte und Beweismittel, weshalb ihm auch im heutigen Zeitpunkt noch Folter oder ähnliches in Eritrea drohen, vermag der Beschwerdeführer nicht ansatzweise zu benennen.  
Namentlich sein Verweis auf das Schreiben des Migrationsdienstes des Kantons Bern vom 12. September 2019, wonach eine strafrechtliche Landesverweisung wegen Verstosses gegen das Non-refoulement-Gebot nicht vollzogen werden könne (act. 295), erweist sich als unbehelflich. Die Frage, wie sich die Situation für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Eritrea präsentiert, wird in diesem Schreiben nur abstrakt beantwortet. Weder wird auf die aktuelle Lage in Eritrea, noch auf die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers eingegangen. Das Schreiben enthält somit keine zusätzlichen Sachverhaltsfeststellungen, welche die Vorinstanz hätte berücksichtigen können resp. müssen. Sie verfällt somit nicht in Willkür, wenn sie das fragliche Schreiben nicht in ihre Beurteilung miteinbezieht. 
 
2.  
In rechtlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Non-refoulement-Gebots. Die Vorinstanz habe es unterlassen, bei der Verhältnismässigkeitsprüfung betreffend den Härtefall nach Art. 66a Abs. 2 StGB seine Flüchtlingseigenschaft zu berücksichtigen. 
 
2.1.  
 
2.1.1. Gemäss Art. 25 Abs. 2 BV dürfen Flüchtlinge nicht in einen Staat ausgeschafft oder ausgeliefert werden, in dem sie verfolgt werden. Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht (Art. 25 Abs. 3 BV). Gemäss Art. 3 Ziff. 1 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 (SR 0.105) darf ein Vertragsstaat eine Person nicht in einen anderen Staat ausweisen, abschieben oder an diesen ausliefern, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie dort Gefahr liefe, gefoltert zu werden. Weiter regelt auch Art. 3 EMRK, dass niemand der Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf. Gemäss der Rechtsprechung des EGMR sind, um ein solches reelles Risiko zu bejahen, restriktive Kriterien anzuwenden. Es gilt unter Betrachtung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu erörtern, ob das Risiko einer Behandlung oder Strafe i.S.v. Art. 3 EMRK für den Fall einer Landesverweisung mit stichhaltigen Gründen konkret und ernsthaft glaubhaft gemacht wird (Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [EGMR] F.G. gegen Schweden vom 23. März 2016, Nr. 43611/11, § 113; Saadi gegen Italien vom 28. Februar 2008, Nr. 37201/06], § 125 und 128; Urteile 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.7; 6B_38/2021 vom 14. Februar 2022 E. 5.5.5; je mit Hinweisen).  
 
2.1.2. Das Gericht hat, um dem Untersuchungsgrundsatz, dem Anspruch auf rechtliches Gehör und seiner Begründungspflicht gerecht zu werden, das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls zu prüfen sowie - bei dessen Bejahung - die öffentlichen und privaten Interessen im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB zu bestimmen und einander gegenüberzustellen. Dabei stellt die Situation des Ausländers in seiner Heimat einen massgebenden Gesichtspunkt dar (Urteil 6B_105/2021 vom 29. November 2021 E. 3.4.2 mit Hinweis).  
Der Vollzug der obligatorischen Landesverweisung kann aufgeschoben werden, wenn der Betroffene ein von der Schweiz anerkannter Flüchtling ist und durch die Landesverweisung sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen gefährdet wäre; davon ausgenommen ist der Flüchtling, der sich gemäss Art. 5 Abs. 2 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG; SR 142.31]) nicht auf das Rückschiebungsverbot berufen kann (Art. 66d Abs. 1 lit. a StGB). Mögliche Vollzugshindernisse im Sinne dieser Bestimmung spielen schon bei der strafgerichtlichen Anordnung der Landesverweisung, d.h. bei der in Art. 66a Abs. 2 StGB vorgesehenen Interessenabwägung eine Rolle. Sie sind unter Verhältnismässigkeitsaspekten zu berücksichtigen, soweit die Verhältnisse stabil und die rechtliche Durchführbarkeit der Landesverweisung definitiv bestimmbar sind. Liegt ein definitives Vollzugshindernis vor, so hat der Sachrichter auf die Anordnung der Landesverweisung zu verzichten. Im Übrigen ist dem (flüchtlingsrechtlichen) Non-refoulement-Gebot und anderen völkerrechtlich zwingenden Bestimmungen auf der Ebene des Vollzugs Rechnung zu tragen (vgl. zum Ganzen: BGE 145 IV 455 E. 9.4; Urteile 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.5; 6B_1368/2020 vom 30. Mai 2022 E. 4.3.1; 6B_45/2020 vom 14. März 2022 E. 3.3.3; je mit Hinweisen). Den Beschuldigten trifft bei der Feststellung von Umständen, die eine individuell-persönliche Gefährdung in seinem Heimatland begründen, trotz Geltung des Untersuchungsgrundsatzes eine Mitwirkungspflicht (Urteile 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.5 und 3.4.1; 6B_1077/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.5.6; je mit Hinweisen). 
 
2.2. Gemäss den Schlussfolgerungen der Vorinstanz sind keine völkerrechtlichen Verpflichtungen erkennbar, die mit einer Landesverweisung unmittelbar in Konflikt stehen würden. Drohende Folter oder andere unmenschliche Behandlung für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückschaffung nach Eritrea seien nicht erwiesen. Zwar habe er zu Protokoll gegeben, bei einer Rückkehr könnten ihm "schlimme Sachen" wie zum Beispiel Gefängnis oder Militärpflicht drohen. Dabei handle es sich jedoch nicht um Gründe, die einer Rückkehr ins Heimatland entgegen stünden.  
 
2.3. Den vorinstanzlichen Überlegungen ist beizupflichten. Der Beschwerdeführer übersieht, dass die Flüchtlingseigenschaft eines Beschuldigten der Anordnung einer Landesverweisung nicht per se entgegensteht (Urteile 6B_921/2022 vom 11. Oktober 2022 E. 4.5; 6B_38/2021 vom 14. Februar 2022 E. 5.5.6; je mit Hinweisen).  
Hinsichtlich der Rückführung eines Asylbewerbers nach Eritrea legte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gestützt auf Berichte der UNO, des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (European asylum support office, EASO; heute: European Union Agency for Asylum, EUAA) und nationaler Behörden (wie dem Staatssekretariat für Migration) sodann dar, dass Militärdienstverweigerer und Oppositionelle des Regimes bei einer Rückkehr ins Heimatland unter Umständen Sanktionen riskierten, die von einer Inhaftierung unter unmenschlichen Bedingungen oder Folter begleitet sein könnten. Der EGMR führte indessen auch aus, dass gemäss diesen Berichten für eritreische Staatsangehörige neuerdings die Möglichkeit der Regularisation ihrer Situation gegenüber dem Regime bestehe, indem sie eine Abgabe leisteten und ein Schreiben des Bedauerns unterzeichneten. Das Bundesverwaltungsgericht hat sodann in seiner Rechtsprechung zum Ausländerrecht festgehalten, dass sich die Lebensumstände in Eritrea verbessert hätten, auch wenn die wirtschaftliche Situation schwierig bleibe. Deshalb falle der Vollzug einer Wegweisung lediglich dann ausser Betracht, wenn aussergewöhnliche persönliche Umstände vorliegen würden, die das Überleben der betroffenen Person gefährden würden (Urteil 6B_1449/2021 vom 21. September 2022 E. 3.4.2 mit Hinweisen, namentlich auf das Urteil des EGMR M.O. gegen die Schweiz vom 20. Juni 2017, Nr. 41282/16, § 40, 47 f. und 70).  
Der allgemein gehaltene Hinweis des Beschwerdeführers, wonach ihm bei einer Rückkehr "schlimme Sachen" wie zum Beispiel Gefängnis oder Militärpflicht drohen könnten, reicht zur Annahme solcher aussergewöhnlicher Umstände nicht aus. Insbesondere kann drohender Wehrdienst im Heimatland allein kein Grund für die Aussetzung einer Landesverweisung darstellen. Dies ergibt sich bereits aus dem Flüchtlingsbegriff gemäss Art. 3 Abs. 3 AsylG, wonach Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden, keine Flüchtlinge sind. Ohne nähere entsprechende Hinweise ist eine drohende Gefängnisstrafe ebenfalls nicht mit Folter oder anderweitiger unmenschlicher respektive erniedrigender Behandlung gleichzusetzen (vom Folterbegriff ausdrücklich ausgeschlossen sind Schmerzen oder Leiden, die mit gesetzlich zulässigen Sanktionen einhergehen: sog. "lawful sanctions clause", dazu Corina Heri, in: Schlegel/Ammann [Hrsg.], Onlinekommentar zur Bundesverfassung, Version 16. März 2023, N. 90 zu Art. 10 BV). Dass dem Beschwerdeführer aber Folter drohen sollte, hat er weder vor der Vorinstanz behauptet, noch macht er dies in substanziierter Weise vor Bundesgericht geltend. Vielmehr belässt er es wiederum beim pauschalen Hinweis darauf, ihm sei im Dezember 2016 in der Schweiz Asyl gewährt worden und als Flüchtling dürfe er nicht des Landes verwiesen werden. Dieser allgemein gehaltenen Ansicht kann nicht gefolgt werden und die Rüge erweist sich - soweit sie überhaupt hinreichend substanziiert ist - als unbegründet. In diesem Sinne kann auch dem Migrationsdienst des Kantons Bern nicht gefolgt werden, wenn er in seinem Schreiben vom 12. September 2019 generell und ohne weitere Ausführungen einen Verstoss gegen das Non-refoulment-Gebot annimmt, sollte der Beschwerdeführer des Landes verwiesen werden. Entsprechend kann der Beschwerdeführer auch in diesem Punkt nichts zu seinen Gunsten aus diesem Schreiben ableiten. Zusammenfassend verletzt die Vorinstanz weder Bundes- noch Völkerrecht, wenn sie zum Schluss gelangt, dass sich der Beschwerdeführer nicht auf das Rückschiebungsverbot berufen kann. 
 
3.  
Gegen die Anordnung des SIS-Eintrags bringt der Beschwerdeführer keine begründeten Rügen vor, womit diese der bundesgerichtlichen Prüfung entzogen ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Bei diesem Verfahrensausgang wären die Gerichtskosten grundsätzlich dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt jedoch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, das gutgeheissen wird, da seine Bedürftigkeit ausgewiesen und sein Begehren nicht als aussichtslos angesehen werden kann (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es werden demnach keine Gerichtskosten erhoben. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine angemessene Entschädigung ausgerichtet (Art. 64 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Rechtsanwalt Michael Walpen wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. März 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger