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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.64/2005 /blb 
 
Urteil vom 22. Juli 2005 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Leu, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, Hochschulstrasse 17, Postfach 7475, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Steigerungsbedingungen (Überbindung des Baurechtszinses auf den Ersteigerer), 
 
SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 6. April 2005 (ABS 05 096). 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die E.________ AG in Konkursliquidation ist Eigentümerin des selbständigen und dauernden Baurechts Burgdorf-GBBl Nr. xxxx, für welches sie der Grundeigentümerin G.________ AG einen teuerungsangepassten Baurechtszins von Fr. 12'428.-- pro Monat schuldet. Am 16. November 2004 erstellte das Betreibungs- und Konkursamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Burgdorf, das Lastenverzeichnis. Danach lasten auf dem Baurechtsgrundstück zwei Grundpfandverschreibungen im 1. Rang im Umfang von Fr. 400'000.-- zu Gunsten der Grundeigentümerin zur Sicherung des Baurechtszinses und in den nachgehenden Rängen durch Namenschuldbriefe gesicherte Forderungen zu Gunsten der X.________. Am 1. März 2005 stellte das Betreibungs- und Konkursamt die Steigerungsbedingungen für die öffentliche Versteigerung vom 13. April 2005 auf. Ziffer 19 der Steigerungsbedingungen enthält folgende Bestimmung: "Der monatlich geschuldete Baurechtszins beträgt Fr. 12'428.-- und geht auf den Ersteigerer über." 
B. 
Gegen die Steigerungsbedingungen (aufgelegt vom 2. bis 11. März 2005) erhob die X.________ Beschwerde und verlangte die Aufhebung dieser Überbindungsklausel. Zur Begründung brachte sie im Wesentlichen vor, es bestehe keine gesetzliche Grundlage zur Überbindung der Pflicht zur Bezahlung des Baurechtszinses. Das Obergericht des Kantons Bern als kantonale Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen wies die Beschwerde mit Entscheid vom 6. April 2005 ab. 
C. 
Die X.________ hat den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 11. April 2005 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt, es seien der angefochtene Entscheid sowie die in Ziffer 19 der Steigerungsbedingungen angeordnete Überbindung der Baurechtszinspflicht auf den Ersteigerer aufzuheben, und es seien entsprechend korrigierte Steigerungsbedingungen zu erlassen. Weiter verlangt sie aufschiebende Wirkung. 
Die Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung auf Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) verzichtet. Das Betreibungs- und Konkursamt hat sich nicht vernehmen lassen. 
Mit Präsidialverfügung vom 12. April 2005 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die Aufsichtsbehörde hat im Wesentlichen erwogen, dass die vertragliche Verpflichtung zur Leistung eines Baurechtszinses nach der zur Zeit noch geltenden Rechtslage nicht im Grundbuch vorgemerkt werden könne und daher die Zinspflicht in der Zwangsverwertung nicht ohne weiteres auf den Ersteigerer übergehe. Allerdings könne in den Steigerungsbedingungen eine Überbindung der Baurechtszinspflicht verbindlich vorgeschrieben werden, so dass die angefochtene Ziffer 19 der Steigerungsbedingungen nicht zu beanstanden sei. Im Übrigen sei der Ersteigerer auch ohne Überbindungsklausel faktisch zur Bezahlung des Baurechtszinses verpflichtet, da vorliegend zur Sicherung des Baurechtszinses ein Pfandrecht eingetragen worden sei, welches künftige Zinsen im Umfang von drei Jahresleistungen erfasse und nach dem Zuschlag nicht gelöscht werde. 
1.2 Die Beschwerdeführerin hält demgegenüber im Wesentlichen fest, dass in Anbetracht der rein obligatorischen Natur des Baurechtszinses keine gesetzliche Grundlage bestehe, um diese Verpflichtung gestützt auf die Steigerungsbedingungen einem Ersteigerer zu überbinden. Wenn die Baurechtszinspflicht mit dem Grundstück verbunden wäre, hätte sie bereits im Lastenverzeichnis aufgenommen werden müssen, was indessen nicht geschehen sei. Sodann entspreche die Überbindungsklausel nicht der Pflicht des Betreibungs- und Konkursamtes, die Steigerungsbedingungen so aufzustellen, dass ein möglichst günstiges Ergebnis zu erwarten ist. 
2. 
2.1 Gemäss Art. 779i und Art. 779k ZGB hat der Grundeigentümer zur Sicherung des Baurechtszinses gegenüber dem jeweiligen Baurechtsberechtigten einen Anspruch auf Errichtung eines Pfandrechts an dem in das Grundbuch aufgenommenen Baurecht. Der Anspruch auf Errichtung eines Sicherungspfandrechts ist realobligatorischer Natur, nicht aber der Anspruch auf den Baurechtszins (Riemer, Die beschränkten dinglichen Rechte, 2.Aufl. 2000, §13 Rz 26). Die Aufsichtsbehörde hat zu Recht festgehalten, dass (nach geltendem Recht) die Zinsschuld - die Gegenleistung für die Einräumung des Baurechts- eine rein persönliche Schuld des Bauberechtigten darstellt (BGE127 III300 E.5a/aa S.303; statt vieler Schmid/Hürlimann-Kaup, Sachenrecht, 2.Aufl. 2003, Rz1395, mit Hinweisen). Die Zinsschuld verbleibt bei einer rechtsgeschäftlichen Übertragung des Baurechts beim ehemaligen Baurechtsberechtigten, sofern sie nicht vom neuen Baurechtsberechtigten übernommen wird (BGE 127 III 300 E.5a/bb S.303). 
2.2 Die Situation bei der Zwangsverwertung des Baurechts ist zum einen dadurch gekennzeichnet, dass das eingetragene Sicherungspfandrecht von der Löschung ausgenommen ist (Art.779k Abs.1 ZGB; BGE106 II183 E.3f S.195); das gesetzliche Pfandrecht garantiert weiterhin die zukünftigen Annuitäten bis zum Erlöschen des Baurechts (Piotet, Dienstbarkeiten und Grundlasten, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1, S.606f.). Zum anderen bestimmt das Zwangsvollstreckungsrecht (Art.135 Abs.1 SchKG und Art.45 Abs.1 lit.a VZG), dass Grundstücke mit allen darauf haftenden Belastungen (wie Grundpfandrechte) versteigert werden und damit verbundene persönliche Schuldpflichten auf den Erwerber übergehen. Eine Überbindung der Baurechtszinspflicht ist folglich die Regel (Steinauer, Les droits réels, Band III, 3. Aufl. 2003, Rzn 2555 f., Anm. 85) und tritt grundsätzlich bei der Pfändung (Art.135 SchKG i.V.m. Art.45 VZG), im Konkurs (Art. 259 und Art. 135 SchKG; Art. 130 und Art. 45 VZG) und bei der Betreibung auf Grundpfandverwertung ein (Art. 156 Abs. 1 und Art. 135 SchKG; Art. 102 und Art. 45 VZG). Keine Überbindung kann nach der Lehre hingegen erfolgen, wenn - im letztgenannten Fall - der belastete Grundeigentümer selber die Verwertung des Baurechts als Pfand verlangt, oder wenn gar kein Sicherungspfandrecht eingetragen ist (Bénédict Foëx, Une faille dans la protection du grevé en cas de réalisation forcée du droit de superficie: la charge foncière comme solution?, in: Foëx/Thévenoz [Hrsg.], Etudes réunis en l'honneur de Louis Dallèves, Basel 2000, S. 110 ff., mit Hinweisen; Steinauer, a.a.O., Rzn 2555 f., Anm. 85). 
2.3 Wie es sich verhält, wenn keine Überbindung möglich ist bzw. in der Zwangsvollstreckung die Eigenschaft des Baurechtsberechtigten und Baurechtszinsschuldners auseinander fallen (vgl. dazu Foëx, a.a.O., S. 112 ff.), braucht hier nicht erörtert zu werden. Vorliegend geht es um die Verwertung des Baurechts im Konkurs. Die Überbindung ist daher grundsätzlich möglich. Sodann ist das Sicherungspfandrecht eingetragen: Nach den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG) lasten auf dem Baurechtsgrundstück der Gemeinschuldnerin zwei Grundpfandverschreibungen im 1. Rang im Umfang von Fr. 400'000.-- zu Gunsten der Grundeigentümerin zur Sicherung des Baurechtszinses. Vor dem Hintergrund der dargelegten Regeln (E. 2.2) ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Aufsichtsbehörde zur Auffassung gelangt ist, das Betreibungs- und Konkursamt habe in den Steigerungsbedingungen die Überbindung der Baurechtszinspflicht auf den Ersteigerer bestimmen dürfen. 
2.4 An diesem Ergebnis ändern die Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts. Sie hält im Wesentlichen (u.a. mit Hinweis auf das Urteil [B.189/1995] des Bundesgerichts vom 28. September 1995, E. 4c, teilw. publ. in BlSchK 1999 S. 166, betreffend WEG-Forderungen) wohl zu Recht fest, es sei unzulässig, in den Steigerungsbedingungen vorzusehen, dass der Ersteigerer die nicht durch eine Hypothek gedeckten eingegebenen Ansprüche persönlich zu übernehmen habe. Sie übergeht indessen, dass vorliegend das im Lastenverzeichnis eingetragene Sicherungspfandrecht für den Baurechtszins besteht und weiterbestehen wird. So wie aber das Baurechtszinspfand in der Zwangsverwertung von Gesetzes wegen überbunden werden muss (Art. 779k Abs. 1 ZGB), muss dem Ersteigerer mit dem Baurechtszinspfand auch die dazugehörige persönliche Zinspflicht überbunden werden; dies folgt aus dem allgemeinen, in Art. 135 (vgl. Art. 156, Art. 259) SchKG zugrunde gelegten Prinzip des Überbindungssystems (Viktor Müller, Der Baurechtszins und seine grundpfandrechtliche Sicherung, Diss. Zürich 1968, S. 94 f.; Isler, in Basler Kommentar, ZivilgesetzbuchII, 2.Aufl. 2003, N.34 zu Art.779a ZGB; vgl. Leemann, Berner Kommentar, N. 53 zu Art. 832 ZGB; Steinauer, a.a.O., Rz 2824). Von einer fehlenden gesetzlichen Grundlage zur Überbindung kann daher nicht gesprochen werden. Aus den in der Beschwerdeschrift zitierten Bundesgerichtsentscheiden (BGE 113 III 42: Überbindung von Mietverträgen; BGE 99 III 66: Umfang der Pfandhaft; BGE 106 II 183: Anspruch auf Errichtung eines Pfandrechts der Stockwerkeigentümergemeinschaft) vermag die Beschwerdeführerin nichts für sich abzuleiten. Keines der angeführten Urteile stellt die in der Lehre bestätigte Überbindung der Baurechtszinspflicht im Falle eines eingetragenen Baurechtszinspfandes in Frage. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Überbindung des Baurechtszinses sei unvorteilhaft für den Erlös und die übrigen pfandgesicherten Gläubiger, verkennt sie, dass das eingetragene gesetzliche Pfandrecht - wie bereits die Aufsichtsbehörde erwogen hat - weiterhin die zukünftigen Annuitäten bis zum Erlöschen des Baurechts garantiert und als solches den Wert des Baurechts sowie der Pfandrechte, welche dieses Baurecht belasten, beeinträchtigt (Piotet, a.a.O., S. 606 f.). 
2.5 Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich vergeblich eine Verletzung von Art. 134 Abs. 1 i.V.m. Art. 259 SchKG, wonach die Steigerungsbedingungen so aufzustellen sind, dass ein möglichst günstiges Ergebnis zu erwarten ist. Dies betrifft insbesondere den Zeitpunkt der Steigerung und der Auflage (Häusermann/Stöckli/Feuz, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 3 und 6 zu Art. 134 SchKG). Für den Inhalt der Steigerungsbedingungen ist indessen Art. 135 SchKG massgebend (Häusermann/ Stöckli/Feuz, a.a.O., N. 1 zu Art. 134 SchKG). Nach dem Dargelegten ist nicht ersichtlich, inwiefern es mit den für den Inhalt der Steigerungsbedingungen massgebenden Normen (Art. 135 Abs. 1 SchKG i.V.m. Art. 45 Abs. 1 lit. a VZG; Art. 259 SchKG i.V.m. Art. 130 VZG) nicht vereinbar sei, wenn die Aufsichtsbehörde zur Auffassung gelangt ist, das Betreibungs- und Konkursamt habe in den Steigerungsbedingungen die Überbindung der Baurechtszinspflicht auf den Ersteigerer bestimmen dürfen. Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde abzuweisen. 
3. 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Betreibungs- und Konkursamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Burgdorf, und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 22. Juli 2005 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: