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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_350/2009 
 
Urteil vom 22. September 2009 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Maillard, 
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold. 
 
Parteien 
A.________, vertreten durch 
Rechtsanwalt Dr. iur. Hardy Landolt, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 25. März 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.________, geboren 1959, war seit 12. Februar 1997 bei der F.________ AG angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Mit Verfügung vom 14. August 2002 erklärte die SUVA ihn für Arbeiten mit Kontakt zu Zement, Chromverbindungen und Gummiadditiven als nicht geeignet. Am 21. März 2005 bejahte sie einen Anspruch auf Übergangsentschädigung und sprach ihm am 4. August 2007 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 14 % ab 1. Januar 2007 zu. Nachdem A.________ hatte Einsprache erheben lassen, erhöhte die SUVA den massgebenden Invaliditätsgrad auf 19 % (Einspracheentscheid vom 8. Januar 2008). 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus mit Entscheid vom 25. März 2009 ab. 
 
C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Sache im Sinne der Ausführungen (erneute Abklärung und Festsetzung der Vergleichseinkommen unter Berücksichtigung eines höheren leidensbedingten Abzugs) an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege. 
Vorinstanz und SUVA schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Vor Bundesgericht sind einzig das Validen- und Invalideneinkommen sowie der daraus resultierende Invaliditätsgrad streitig. Dabei sind sich die Parteien einig, dass infolge unterdurchschnittlichem Valideneinkommen eine Parallelisierung zu erfolgen hat. 
 
1.2 Das Bundesgericht hat dazu in BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325 erkannt, dass bei der Ermittlung des Valideneinkommens entscheidend ist, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdient hätte. Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein. Bezog eine versicherte Person aus invaliditätsfremden Gründen (z.B. geringe Schulbildung, fehlende berufliche Ausbildung, mangelnde Deutschkenntnisse, beschränkte Anstellungsmöglichkeiten wegen Saisonnierstatus) ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen, ist diesem Umstand bei der Invaliditätsbemessung nach Art. 16 ATSG Rechnung zu tragen, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie sich aus freien Stücken mit einem bescheideneren Einkommensniveau begnügen wollte. Nur dadurch ist der Grundsatz gewahrt, dass die auf invaliditätsfremde Gesichtspunkte zurückzuführenden Lohneinbussen entweder überhaupt nicht oder aber bei beiden Vergleichseinkommen gleichmässig zu berücksichtigen sind. Diese Parallelisierung der Einkommen kann praxisgemäss entweder auf Seiten des Valideneinkommens durch eine entsprechende Heraufsetzung des effektiv erzielten Einkommens oder durch Abstellen auf die statistischen Werte oder aber auf Seiten des Invalideneinkommens durch eine entsprechende Herabsetzung des statistischen Wertes erfolgen. 
 
1.3 Im noch nicht publizierten Urteil 8C_652/2008 vom 8. Mai 2009 hat das Bundesgericht die Rechtsprechung zur Parallelisierung der Vergleichseinkommen weiter konkretisiert und in E. 6 festgehalten, dass eine Parallelisierung dann vorzunehmen ist, wenn der tatsächlich erzielte Verdienst mindestens 5 % vom branchenüblichen Tabellenlohn abweicht, und nur in dem Umfang zu erfolgen hat, in welchem die prozentuale Abweichung den Erheblichkeitswert von 5 % übersteigt. Zudem stehen die Voraussetzungen des Parallelisierungsabzuges und des leidensbedingten Abzuges insofern in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis, als dieselben einkommensbeeinflussenden Faktoren nicht sowohl einen Parallelisierungs- als auch einen leidensbedingten Abzug zu begründen vermögen. 
 
2. 
2.1 SUVA und Vorinstanz haben eine Parallelisierung vorgenommen, indem sie das Invalideneinkommen um die Differenz des auf Grund effektiver Zahlen ermittelten Valideneinkommens zum durchschnittlichen Einkommen in der Baubranche herabsetzten. Dieses Vorgehen ist - entgegen der Ansicht des Versicherten - grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. E. 1.2 in fine). 
 
2.2 Nach den Ermittlungen der SUVA hätte der Versicherte ohne Gesundheitsschaden bei seinem letzten Arbeitgeber im Jahr 2007 ein Einkommen von Fr. 53'881.- erzielt. Dies wird von ihm denn auch nicht bestritten. In der Folge hat die SUVA gestützt auf die Lohnstrukturerhebung des Bundes (LSE) für 2004 Tabelle TA1 Ziff. 45 (Baugewerbe) Anforderungsniveau 4 und unter Berücksichtigung der betriebsüblichen Wochenarbeitszeit von 41.7 Stunden sowie einer Nominallohnerhöhung von 1 % für 2005, von 1.2 % für 2006 und von 1.6 % für 2007 als massgebenden Durchschnitt in der Baubranche für das Jahr 2007 ein Einkommen von Fr. 62'568.- (recte: Fr. 62'735.-; 12 x Fr. 4829.- : 40 h x 41.7 h x 1.01 x 1.012 x 1.016) errechnet. Dies ergibt eine Differenz von gerundet 14 % zwischen dem mutmasslichen Einkommen ohne Berufskrankheit und dem Durchschnitt in dieser Branche. 
 
2.3 Beim Invalideneinkommen sind Verwaltung und Vorinstanz von der Zumutbarkeit einer trockenen, sauberen und mechanisch wenig belastenden Tätigkeit ganztags, etwa als Securitas-Wächter, Chauffeur oder Lagerist, ausgegangen. Gestützt auf die LSE 2004 TA1 Total (d.h. alle Branchen und Wirtschaftszweige - entgegen der Rüge des Beschwerdeführers nicht auf das Baugewerbe) Anforderungsniveau 4 sowie einer betriebsüblichen Wochenarbeitszeit von 41.7 Stunden sowie einer Nominallohnerhöhung von 1 % für 2005, von 1.2 % für 2006 und von 1.6 % für 2007 berechneten sie ein Invalideneinkommen von Fr. 59'604.- (12 x Fr. 4588.- : 40 h x 41.7 h x 1.01 x 1.012 x 1.016). Dieses reduzierten sie um 14 % infolge unterdurchschnittlichem Einkommen ohne Berufskrankheit (vgl. E. 2.2) sowie um 15 % infolge leidensbedingtem Abzug, was letztlich ein Invalideneinkommen von Fr. 43'570.- ergab. 
In diesem Zusammenhang beanstandet der Versicherte, es seien die durchschnittlichen Werte der Bewachungs- und Chauffeurbranche zu berücksichtigen. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Tätigkeiten als Chauffeur oder Lagerist kommen in vielen Wirtschaftsbereichen vor, weshalb es sich rechtfertigt, auf das branchenübergreifende Total abzustellen. Die LSE enthält denn auch keine speziell diese beiden Tätigkeiten umfassenden Branchenwerte. Dasselbe gilt für die Arbeit im Rahmen von Bewachungsaufgaben. 
Zudem verlangt er den maximal möglichen leidensbedingten Abzug von 25 %. Dem kann nicht entsprochen werden. Denn er kann (unter der hier massgeblichen alleinigen Berücksichtigung der Einschränkungen infolge Berufskrankheit) nach wie vor einer Vielzahl von Tätigkeiten nachgehen und ganztags arbeiten, so dass Verwaltung und Vorinstanz ihr Ermessen nicht rechtsfehlerhaft ausgeübt haben. Insbesondere aber ist fraglich, ob Verwaltung und Vorinstanz überhaupt zu Recht einen leidensbedingten Abzug vornahmen oder ob sie damit nicht unzulässigerweise dieselben einkommensbeeinflussenden Faktoren wie bei der Parallelisierung der Vergleichseinkommen ein zweites Mal berücksichtigten (vgl. E. 1.3). Diese Frage kann jedoch offen gelassen werden, da das Bundesgericht nicht über die Parteibegehren hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG) und keine reformatio in peius vornehmen darf (vgl. dazu Meyer, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 4 ff. zu Art. 107 BGG). Dasselbe gilt für die Parallelisierung im vollen Umfang von 14 % statt der zulässigen 9 % (14 % minus die Erheblichkeitsgrenze von 5 %; vgl. E. 1.3). 
 
2.4 Nach dem Gesagten hat es bei der von SUVA und Vorinstanz zugesprochenen Invalidenrente sein Bewenden. 
 
3. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da seine Bedürftigkeit ausgewiesen ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen ist und eine anwaltliche Vertretung geboten war, hat er Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es wird jedoch ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4. 
Rechtsanwalt Dr. iur. Hardy Landolt, Glarus, wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1500.- ausgerichtet. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 22. September 2009 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Riedi Hunold