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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 250/01 
 
Urteil vom 22. Dezember 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen; Gerichtsschreiber Renggli 
 
Parteien 
A.________, 1950, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld, Weinbergstrasse 18, 8001 Zürich, 
 
gegen 
 
"Zürich" Versicherungs-Gesellschaft, Alfred-Escher-Strasse 50, 8022 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 21. Juni 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1950 geborene A.________ arbeitete seit Januar 1993 bei der B.________ AG, und war bei der "Zürich Versicherungs-Gesellschaft" (nachfolgend: "Zürich") obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 10. März 1994 stürzte er beim Schlittschuhlaufen und schlug mit dem Rücken an die Bande der Eisbahn. Nach eigenen Angaben litt er seither unter Schmerzen, welche allerdings vorerst nicht medizinisch abgeklärt und behandelt wurden. Am 5. August 1996 diagnostizierte Dr. med. C.________, Spezialarzt FMH für Physikalische Medizin und Rehabilitation, einen Status nach Impressionsfraktur Brustwirbelkörper (BWK) 12/Lendenwirbelkörper (LWK) 1 bei ausgeprägtem chronischen thorako-lumbovertebralen Syndrom (Arztzeugnis vom 20. August 1996). 
 
Auf Unfallmeldung vom 14. August 1996 hin erbrachte die "Zürich" zunächst Behandlungsleistungen und erteilte dem Spital Q.________, Rheumaklinik und Institut für Physikalische Medizin (nachfolgend: Rheumaklinik), einen Auftrag für ein Gutachten, welches am 7. Januar 1998 erstattet wurde. Am 2. März 1998 nahm dasselbe Institut auf Anfrage der "Zürich" hin zur Frage des Integritätsschadens Stellung. Gestützt auf die Ergebnisse der medizinischen Abklärungen erliess die Zürich am 2. September 1998 eine Verfügung, in welcher sie einen Anspruch auf Invalidenrente mangels Arbeitsunfähigkeit verneinte und eine Integritätsentschädigung von 5 % zusprach. 
 
Gegen die Festsetzung der Integritätsentschädigung erhob A.________ am 22. September 1998 Einsprache und verwies zur Begründung auf die Beurteilung durch Dr. med. D.________, welcher in einem Schreiben vom 24. September 1998 eine Einschätzung der Integritätsbeeinträchtigung auf 10-12 % als angemessen bezeichnete. Dr. med. E.________ von der Rheumaklinik nahm am 14. Juni 1999 zu dieser abweichenden Meinung Stellung und hielt an der früheren Einschätzung fest. Mit Einspracheentscheid vom 6. Juli 2000 bestätigte die "Zürich" ihre Verfügung. 
B. 
Die mit dem Antrag auf Zusprechung einer Integritätsentschädigung von 10 % erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. Juni 2001 ab. 
C. 
A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, die Sache sei wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs und zwecks genauerer Sachverhaltsabklärung zu neuer Entscheidung "an die Vorinstanzen" zurückzuweisen. Eventualiter wird die Zusprechung einer Integritätsentschädigung basierend auf einer Integritätseinbusse von 10 % beantragt. 
 
Die "Zürich" schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat unter Bezugnahme auf den Einspracheentscheid die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 UVG), deren Bemessung (Art. 25 Abs. 1 und 2 UVG, Art. 36 UVV, Anhang 3 zur UVV) und die nach der Rechtsprechung an ein beweistaugliches ärztliches Gutachten zu stellenden Anforderungen (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2. 
Streitig und zu beurteilen ist die Höhe des unfallbedingten Integritätsschadens. 
2.1 In medizinischer Hinsicht stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar: Der Beschwerdeführer wies bereits 1970 in der Bodenplatte der LWK 2 und 3 Schmorl'sche Knoten auf, die mit Keilwirbeldeformationen des BWK 12 und des LWK 1 sowie, weniger ausgeprägt, des LWK 2 einhergingen. Dies wurde von den Dres. med. F.________ und E.________ von der Rheumaklinik in ihrem Gutachten vom 7. Januar 1998 aufgrund eines Röntgenbildes aus dem Jahr 1970 einwandfrei festgestellt. Aus der Expertise geht sodann hervor, dass der Versicherte durch den Sturz vom 10. März 1994 einen Schlag im Bereich des thorako-lumbalen Überganges und eine darauf zurückzuführende Stauchung desselben erlitt. An der Vorderkante des LWK 1 stellten die Gutachter eine Höhenminderung von 3 mm gegenüber 1970 fest, die wahrscheinlich auf eine Kompressionsfraktur zurückzuführen sei. Die Experten diagnostizierten ein chronisches Thorako-/Lumbovertebralsyndrom mit Wirbelsäulenfehlform bei Status nach thorako-lumbalen Morbus Scheuermann sowie einen Status nach Vorderkantenkompressionsfraktur des LWK 1. Die Schmerzen, welche der Versicherte seit dem Sturz verspürt, führten sie auf die Kompressionsfraktur zurück. Der ergänzende Bericht vom 2. März 1998 hielt fest, dass keine messbare Veränderung der Wirbelsäulenstatik im Sinne einer posttraumatisch verstärkten Kyphose vorliegt. 
 
Dagegen wendete der behandelnde Dr. med. D.________, Spezialarzt für Orthopädische Chirurgie FMH, in seiner Stellungnahme vom 24. September 1998 ein, die medizinischen Beurteilungen der Rheumaklinik berücksichtigten die strukturelle Schädigung, welche durch die Fraktur entstanden sei, zu wenig. Keildeformationen der Wirbelkörper führten zu einer Dyskongruenz der Facetten, woraus wiederum häufig eine Arthronose resultiere. 
2.2 Herrscht somit über die pathogenetischen Zusammenhänge unter den Ärzten praktische Übereinstimmung, gehen die Ansichten über die Schwere der Auswirkungen der unfallbedingten Schädigung auseinander. Diesbezüglich vermag die Stellungnahme des Dr. med. D.________ vom 24. September 1998 nicht zu überzeugen. So ist zunächst nicht einzusehen, inwiefern die strukturelle Schädigung seitens der Rheumaklinik zu wenig berücksichtigt worden sein soll. Die von Dr. D.________ geltend gemachte "resultierende Kyphosierung" haben die Administrativgutachter aufgrund eines Vergleiches mit dem radiologisch nachgewiesenen Zustand von 1970 überzeugend ausgeschlossen: "Eine messbare Veränderung der Wirbelsäulenstatik im Sinne einer verstärkten posttraumatischen Kyphose liegt nicht vor." (Stellungnahme vom 2. März 1998). Die von Dr. D.________ erwähnte Verschlimmerung im Sinne einer verstärkten Arthroseneigung ist eine blosse Möglichkeit, für deren Verwirklichung prognostisch nach Lage der Akten keine greifbaren Anhaltspunkte bestehen. Die Ärzte der Rheumaklinik bezeichnen sie vielmehr ausdrücklich als unwahrscheinlich (Stellungnahme vom 14. Juni 1999). 
 
Bei dieser Beweislage hatte die Vorinstanz keinen Anlass, ein Obergutachten einzuholen. Sie hat zudem in ihrer Auseinandersetzung mit den medizinischen Akten begründet, weshalb sie sich dem einen und nicht dem anderen Standpunkt anschloss, womit sie eine regelrechte Beweiswürdigung (BGE 125 V Erw. 3a mit Hinweisen) vornahm. Daher kann, entgegen der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, im Vorgehen der Vorinstanz keine Verletzung des rechtlichen Gehörs erblickt werden. 
2.3 Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nach Meinung des Beschwerdeführers auch dadurch gegeben, dass bei der Feststellung der Integritätseinbusse nicht gemäss dem in BGE 116 V 157 Erw. 3c geschilderten Verfahren vorgegangen wurde, wonach bei einem Integritätsschaden (d.h. ein Beschwerdebild, das medizinisch-diagnostisch nicht in einzelne, voneinander unterscheidbare Beeinträchtigungen aufgeteilt werden kann), der aus mehreren, teils versicherten, teils nichtversicherten Ereignissen resultiert, zunächst eine Einschätzung des Gesamtschadens vorzunehmen und die Entschädigung anschliessend entsprechend dem Kausalanteil der nichtversicherten Ereignisse zu kürzen ist. Demgegenüber gingen Verwaltung und Vorinstanz davon aus, im vorliegenden Fall lasse sich der durch das versicherte Ereignis entstandene Integritätsschaden vom bestehenden Vorzustand so trennen, dass eine gesonderte Bemessung des unfallbedingten Integritätsschadens möglich sei, weshalb die vorbestehende Schädigung ausser Betracht bleibe (BGE 116 V 158 Erw. 3d). 
 
Die Ärzte der Rheumaklinik beurteilten die Kompressionsfraktur als durch den Unfall verursacht, die Schmerzen des Patienten als sturzbedingt und schlossen eine Veränderung der Wirbelsäulenstatik im Sinne einer posttraumatisch verstärkten Kyphose aus. In Anbetracht dieser ausgewiesenen medizinischen Verhältnisse ist das dargestellte Vorgehen des kantonalen Gerichts richtig. Daraus folgt, dass weder eine Gesamteinschätzung vorzunehmen noch ein Kürzungsfaktor zu benennen war. Es liegt auch in diesem Punkt weder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs noch unrichtige Tatsachenfeststellung (Art. 132 lit. b OG) noch unrichtige Rechtsanwendung (Art. 104 lit. a OG) vor. 
2.4 Es bleibt zur Rüge Stellung zu nehmen, das kantonale Gericht habe in seiner Erwägung 3b/cc aktenwidrig angenommen, die vorbestehenden Schädigungen seien bei der Festsetzung des Integritätsschadens ausser acht geblieben. Indessen erwog die Vorinstanz lediglich, die vorbestehenden Schädigungen liessen sich von den Unfallfolgen trennen und blieben bei der Festsetzung des (unfallbedingten) Integritätsschadens ausser Betracht. Dies trifft nach dem Gesagten zu und kann nicht als unzulässige Nichtbeachtung der vorbestehenden Schädigung bezeichnet werden. Diese wird vielmehr durch die Trennung in unfallkausale und nicht unfallkausale Schädigungen in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen. Schliesslich dringt der Hinweis in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht durch, wonach im ergänzenden Bericht der Rheumaklinik vom 14. Juni 1999 die Höhenminderung der Vorderkante des LWK 1 als bloss minimaler zusätzlicher Faktor (gegenüber dem Vorzustand) bezeichnet werde. Die Stellungnahmen der Rheumaklinik vom 14. Juni 1999 und 2. März 1998 begrenzen jedoch diese Aussage unmissverständlich auf die Wirbelsäulenstatik (keine verstärkte Kyphose). Im Übrigen aber (vgl. insbesondere Gutachten vom 7. Januar 1998, S. 9 und 11) bezeichnen die Gutachter die Kompressionsfraktur durchaus als Grund für die Be schwerden des Versicherten. 
2.5 Laut Tabelle 7.2 (Integritätsentschädigung bei Wirbelsäulenaffektionen) der von der SUVA in Ergänzung zur bundesrätlichen Skala von Anhang 3 zur UVV aufgestellten Richtwerte, auf welche praxisgemäss abgestellt werden kann (BGE 116 V 157 Erw. 3a mit Hinweisen), ist der Integritätsschaden bei Frakturen der LWS mit mässigen Beanspruchungsschmerzen (Position + auf der Schmerzfunktionsskala) mit 0-5 %, bei geringen und bei Belastung verstärkten Dauerschmerzen (Position ++ auf der Schmerzfunktionsskala) mit 5-10 % zu bemessen. Angesichts der im Gutachten vom 7. Januar 1998 wiedergegebenen Schmerzangaben lässt sich die von der "Zürich" vorgenommene und von der Vorinstanz bestätigte Festsetzung des Integritätsschadens auf 5 % nicht beanstanden. 
 
Nach Art. 36 Abs. 4 UVV sind voraussehbare Verschlimmerungen des Integritätsschadens angemessen zu berücksichtigen. Dies setzt voraus, dass die Verschlimmerung im Zeitpunkt der Festsetzung der Integritätsentschädigung als wahrscheinlich prognostiziert und damit auch geschätzt werden kann (vgl. RKUV 1998 Nr. U 320 S. 602 Erw. 3b mit Hinweis). Daran fehlt es nach dem Gesagten (Erw. 2.2) eindeutig. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 22. Dezember 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: