Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 616/03 
 
Urteil vom 23. März 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Signorell 
 
Parteien 
G.________, 1962, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Beat Müller-Roulet, Schwarztorstrasse 28, 3000 Bern 14, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 18. August 2003) 
 
Sachverhalt: 
Die IV-Stelle Bern lehnte ein Leistungsbegehren (berufliche Umschulung) des 1962 geborenen G.________ nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung vom 12. September 2002 ab. 
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies eine dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher im Wesentlichen die Rückweisung der Streitsache an die IV-Stelle zu neuer Beurteilung und neuem Entscheid verlangt wurde, mit Entscheid vom 18. August 2003 ab. 
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt G.________ seine vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern. Sodann ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben, und das Sozialversicherungsgericht stellt bei der Beurteilung eines Falles regelmässig auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 12. September 2002) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen). Im Lichte dieser Grundsätze sind bei der vorliegenden Beurteilung die Bestimmungen des seit 1. Januar 2003 geltenden Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) und die am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderungen des IVG vom 21. März 2003 (4. IV-Revision) nicht zu berücksichtigen. 
2. 
2.1 Gemäss Art. 17 Abs. 1 IVG (in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung) hat der Versicherte Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder wesentlich verbessert werden kann. Als Umschulung gelten laut Art. 6 Abs. 1 IVV (in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung) Ausbildungsmassnahmen, die Versicherte nach Abschluss einer erstmaligen beruflichen Ausbildung oder nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne vorgängige berufliche Ausbildung wegen ihrer Invalidität zur Erhaltung oder wesentlichen Verbesserung der Erwerbsfähigkeit benötigen. 
2.2 Als invalid im Sinne von Art. 17 IVG gilt, wer nicht hinreichend eingegliedert ist, weil der Gesundheitsschaden eine Art und Schwere erreicht hat, welche die Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise unzumutbar macht. Dabei muss der Invaliditätsgrad ein bestimmtes erhebliches Mass erreicht haben; nach der Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn die versicherte Person in den ohne zusätzliche berufliche Ausbildung noch zumutbaren Erwerbstätigkeiten eine bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbseinbusse von etwa 20 % erleidet (BGE 124 V 110 f. Erw. 2b mit Hinweisen). 
3. 
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Umschulung auf eine neue Tätigkeit hat. 
3.1 Die IV-Stelle verneinte einen Umschulungsanspruch damit, dass der Versicherte in seiner bisherigen Tätigkeit als Bauarbeiter, die er aus medizinischer Sicht nicht mehr ausüben kann, ein Erwerbseinkommen von Fr. 51'050.- erzielen könnte. Hingegen sei es ihm möglich, in einer angepassten Tätigkeit ein noch höheres Einkommen zu erreichen. Gemäss der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2000 erzielten Männer mit dem Anforderungsprofil 4 (einfache und repetitive Tätigkeiten; Hilfsarbeiter) einen durchschnittlichen Verdienst von Fr. 55'644.-. Ohne Belang sei der Umstand, dass der Versicherte ein Diplom aus Jugoslawien eingereicht habe. 
 
Das kantonale Gericht erwog, hinsichtlich des Valideneinkommens sei das jugoslawische Diplom als "Planzeichner" ohne Bedeutung, da der Beschwerdeführer dieses vor mehr als 20 Jahren erworben und nach seinem eigenen Bekunden diesen Beruf gar nie ausgeübt habe, sondern in seiner Heimat als Gemischtwarenhändler seinen Unterhalt bestritten habe. Allerdings könnte beim Erwerbseinkommen in der Schweiz zu Gunsten des Versicherten ein 13. Monatslohn hinzugerechnet werden, wodurch sich dieses auf Fr. 55'304.- erhöhen würde. Dies entspreche ungefähr dem Tabellenlohn eines Hilfsarbeiters für das Jahr 2000 (Fr. 4437.- : 40 x 41,8 x 12). Selbst wenn dem Beschwerdeführer bei der Ausführung angepasster leichter Arbeiten ein leidensbedingter Abzug von maximal 10 % gewährt würde, resultierte ein Invalideneinkommen von Fr. 50'076.-, was einem Invaliditätsgrad von 9,5 % entspräche. Aus der Gegenüberstellung der hypothetischen Vergleichseinkommen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer gesundheitsbedingt keine, jedenfalls keine anspruchsbegründende Erwerbseinbusse erleide, weshalb kein Anspruch auf Umschulung bestehe. Gemäss der ärztlichen Beurteilung sei der Beschwerdeführer zwar nicht mehr in der Lage, seine bisherige Tätigkeit auszuüben, hingegen sei er hinsichtlich einer angepassten, körperlich leichten Tätigkeiten ohne Heben und Stossen von schweren Lasten zu 100 % arbeitsfähig. Angesichts dieser medizinischen Umstände und der Ausbildung sowie der bisherigen beruflichen Tätigkeit bedürfe er keiner beruflichen Eingliederungsmassnahmen. 
3.2 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, er verfüge über eine Ausbildung als Bauzeichner und dürfe deshalb nicht einfach in die anonyme Masse der Hilfsarbeiter abgeschoben werden. Er habe Anspruch, entsprechend seiner Fähigkeiten umgeschult zu werden. Da er die deutsche Sprache wenig beherrsche und aus ganz anderen sozio-kulturellen Verhältnissen stamme, sei er nicht im Stande, ohne Hilfe der IV sich selbst umzuschulen, sich weiterzubilden und eine angemessene Stelle zu finden. Er habe Anspruch auf eine angemessene berufliche Tätigkeit, mindestens auf dem Niveau eines Bauzeichners oder eines selbstständigen Kaufmannes und nicht eines Hilfsarbeiters. Eine derartige Diskriminierung von Ausländern sei unzulässig. 
4. 
Der Beschwerdeführer hat aus invaliditätsfremden Gründen nie auf seinem erlernten Beruf gearbeitet, weshalb Verwaltung und Vorinstanz korrekterweise und insbesondere diskriminierungsfrei (vgl. diesbezüglich etwa das Urteil L. vom 13. Juli 2004 [I 849/02]) dem Einkommensvergleich zur Ermittlung der invaliditätsbedingten Einkommenseinbusse als Valideneinkommen jenen Verdienst zugrunde legten, den der Versicherte mit seiner zuletzt in der Schweiz ausgeübten Erwerbstätigkeit erzielt hatte. Die Einbusse liegt deutlich unter der anspruchsbegründenden Höhe von etwa 20 %. Angepasste Tätigkeiten als Hilfsarbeiter, die aus medizinischer Beurteilung vollzeitlich ausgeübt werden könnten und mit welchen ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen wäre, sind sowohl aus finanzieller Sicht als auch unter dem Aspekt der qualitativen Gleichwertigkeit zumutbar. Nach den zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid sind für den Versicherten auf dem ausgeglichen (BGE 110 V 276 Erw. 4b) allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl. Art. 28 Abs. 2 IVG, welcher für den Umschulungsanspruch analog anwendbar ist; ZAK 1973 S. 574 Erw. 5) genügend zumutbare Einsatzmöglichkeiten vorhanden. Ein Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen wurde daher zu Recht verneint. 
5. 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 152 OG; BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 23. März 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: