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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_226/2010 
 
Urteil vom 23. Juli 2010 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Christen. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Wyttenbach, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, 
Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8026 Zürich. 
 
Gegenstand 
Fortsetzung der Untersuchungshaft, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 8. Juli 2010 
des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat führt eine Strafuntersuchung gegen X.________ wegen des Verdachts der Veruntreuung und weiterer Delikte. 
 
B. 
Am 5. Januar 2010 nahm die Polizei X.________ fest. Mit Entscheid vom 8. Januar 2010 versetzte ihn der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich in Untersuchungshaft. 
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete der Haftrichter am 8. Juli 2010 die Fortsetzung der Untersuchungshaft an. Er bejahte den dringenden Tatverdacht und die Kollusionsgefahr. 
 
C. 
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt die Aufhebung des Entscheids des Haftrichters, seine sofortige Haftentlassung und den Beizug der vorinstanzlichen Akten. Ihm sei im Verfahren vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu bewilligen. Eventualiter sei der Entscheid des Haftrichters aufzuheben und dieser anzuweisen, den Beschwerdeführer aus der Haft zu entlassen. 
Die Staatsanwaltschaft hat sich vernehmen lassen. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde. Der Haftrichter hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. In der Replik hält X.________ an seiner Beschwerde fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG ist gegen den angefochtenen Entscheid die Beschwerde in Strafsachen gegeben. 
Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist nach Art. 80 i.V.m. Art. 130 Abs. 1 BGG zulässig. Der Beschwerdeführer ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 
 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Er habe nicht in alle wesentlichen Akten Einsicht nehmen können. Ein Teil der Akten habe die Staatsanwaltschaft dem Haftrichter physisch, einen anderen Teil auf einer CD übermittelt. Zwar habe der Verteidiger beim Haftrichter Einsicht in die Akten nehmen können, doch sei ihm der Inhalt der CD nicht zugänglich gewesen. 
 
2.2 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Dazu gehört das Recht, in die massgeblichen Akten Einsicht nehmen zu können, bevor der Entscheid gefällt wird (BGE 133 I 270 E. 3.1 S. 277). Für eine wirkungsvolle Stellungnahme zum Haftverlängerungsantrag ist die Einsichtnahme in die relevanten Haftakten erforderlich (BGE 125 I 394 E. 5b S. 399). 
 
2.3 Die Staatsanwaltschaft führt in ihrem Antrag auf Fortsetzung der Untersuchungshaft aus, es hätten umfangreiche polizeiliche Einvernahmen stattgefunden. Die polizeilichen Akten, die noch nicht physisch vorlägen, befänden sich auf der CD. 
Der Haftrichter stützt seinen Entscheid ausschliesslich auf die physisch vorhandenen Akten und nicht auf die von der Staatsanwaltschaft eingereichte CD (angefochtener Entscheid E. 2). Er erwägt, aufgrund der vorhandenen Akten schienen bezüglich der Nebendossiers ND 48 und ND 2 Konfrontationseinvernahmen notwendig. Die Kollusionsgefahr sei deshalb zu bejahen. 
Wie der Beschwerdeführer zutreffend einwendet, kann - da inzwischen umfangreiche Einvernahmen stattgefunden haben - nicht ausgeschlossen werden, dass sich auf der CD weitere Einvernahmen auch mit jenen Personen befinden, gegenüber denen nach dem angefochtenen Entscheid Kollusionsgefahr bestehen soll. Der Haftrichter, der auf Vernehmlassung verzichtet hat, bestreitet dies nicht. Unter diesen Umständen hätte dem Beschwerdeführer bzw. seinem Verteidiger Einsicht in die auf der CD gespeicherten Unterlagen gewährt werden müssen. Nur so wäre der Verteidiger in der Lage gewesen, zu prüfen und gegebenenfalls nachzuweisen, dass zwischen den Aussagen der befragten Personen und den Aussagen des Beschwerdeführers keine nennenswerten Abweichungen mehr bestehen und Kollusionsgefahr daher nicht mehr angenommen werden kann. 
Der Beschwerdeführer konnte demnach keine Einsicht in sämtliche massgebenden Akten nehmen. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher verletzt worden. Die Beschwerde ist insoweit begründet. 
 
3. 
Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bzw. Akteneinsicht führt zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 125 I 113 E. 3 S. 118). Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Diese wird dem Beschwerdeführer vollständige Einsicht in die von der Staatsanwaltschaft eingereichten Akten, einschliesslich in den Inhalt der CD, gewähren müssen. 
Nach Gewährung der Akteneinsicht wird die Vorinstanz dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und neu zu entscheiden haben. Dabei wird sie zunächst klar darzulegen haben, welcher Delikte sich der Beschwerdeführer inwiefern schuldig gemacht haben soll. Die Ausführungen im angefochtenen Entscheid dazu sind über weite Strecken unverständlich. Die Vorinstanz wird sich zudem zur Frage der Kollusionsgefahr neu zu äussern haben. Dabei wird sie zu berücksichtigen haben, dass nach der Rechtsprechung die theoretische Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer in Freiheit kolludieren könnte, nicht genügt, um die Fortsetzung der Haft unter diesem Titel zu rechtfertigen. Vielmehr müssen konkrete Indizien für die Annahme von Verdunkelungsgefahr sprechen (vgl. dazu im Einzelnen BGE 132 I 21 E. 3.2 S. 23 mit Hinweisen). Sollte die Vorinstanz Kollusionsgefahr weiterhin bejahen, hätte sie näher darzulegen, um welche konkreten Indizien es sich dabei handelt. 
Bis zum neuen Entscheid der Vorinstanz kommt die Haftentlassung nicht in Betracht. 
 
4. 
Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton hat dem Vertreter des Beschwerdeführers eine Entschädigung zu entrichten (Art. 68 BGG). Der Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist damit gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung des Haftrichters des Bezirksgerichts Zürich vom 8. Juli 2010 aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen an diesen zurückgewiesen. 
 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3. 
Der Kanton Zürich hat dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Markus Wyttenbach, eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 23. Juli 2010 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Christen