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[AZA 0] 
1P.726/1999/err 
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
********************************** 
 
24. Januar 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Féraud, Bundesrichter Favre und Gerichtsschreiber Sigg. 
 
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In Sachen 
 
F.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Gerhard Schnidrig, Bahnhofplatz 5, Postfach 6233, Bern, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, 
Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, 
 
betreffend 
Strafverfahren, hat sich ergeben: 
 
A.- Das Obergericht des Kantons Solothurn sprach F.________ in zweiter Instanz mit Urteil vom 22. September 1999 der Vereitelung einer Blutprobe sowie der mehrfachen einfachen und der mehrfachen groben Verkehrsregelverletzung schuldig. Es verurteilte ihn zu 3 Monaten Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von 3 Jahren. Das Obergericht warf F.________ im Wesentlichen vor, er habe am Samstag, dem 13. Dezember 1997, etwa um 17.10 Uhr auf der Autobahn A5 zwischen Solothurn und der Einmündung in die A1 den erforderlichen Abstand von mindestens 30 m zu dem vor ihm fahrenden Polizeifahrzeug nicht eingehalten, mehrere Male die Lichthupe missbräuchlich verwendet, die zulässige gesetzliche Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 120 km/h mehrmals um mindestens 20 bis 30 km/h überschritten, bei zwei gefährlichen Manövern Markierungen missachtet, andere Fahrzeuge zu brüskem Bremsen gezwungen, die richtige Betätigung des Blinkers unterlassen und der Aufforderung der Polizisten, ihnen zu folgen, nicht gehorcht. Ausserdem habe er sich einer Blutprobe, mit welcher er habe rechnen müssen, entzogen. Das Obergericht stützte seine Feststellung des massgeblichen Sachverhalts auf die Aussagen der beiden Polizisten, welche dem Beschwerdeführer am 13. Dezember 1997 in einem Polizeifahrzeug nachgefahren sind. 
 
B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 29. November 1999 stellt F.________ den Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 22. September 1999 sei aufzuheben. 
 
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn schliessen auf Abweisung des Beschwerde. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht habe ihm das rechtlich Gehör verweigert, weil es die Person, die ausser den beiden Polizisten im Polizeiauto dem Beschwerdeführer nachgefahren sei, nicht als Zeuge einvernommen habe. 
 
b) Aus der Verfahrensgarantie, gemäss welcher die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör haben (Art. 4 aBV, vgl. Art. 29 Abs. 2 der neuen Bundesverfassung, BV), folgt unter anderem die Pflicht der Behörde, vom Betroffenen beantragte Beweise abzunehmen, es sei denn, diese beträfen eine nicht erhebliche Tatsache oder seien offensichtlich untauglich, um über die streitige Tatsache Beweis zu erbringen (BGE 124 I 274 E. 5b S. 285; 203 E. 4a S. 211; 106 Ia 162 E. 2b, mit Hinweisen; vgl. auch BGE 115 Ia 8 E. 3a S. 11/12). Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft halten dieser Rüge entgegen, es stehe nicht fest, ob überhaupt eine dritte Person im Polizeiauto mitgefahren sei. 
 
c) Nach dem Protokoll der Hauptverhandlung vor dem Obergericht konnte sich einer der beiden Polizeibeamten nicht mit Sicherheit erinnern, ob noch eine dritte Person im Polizeifahrzeug mitfuhr. Jedenfalls hätte es sich um einen Jugendlichen gehandelt, den die Polizisten nach Olten führen mussten (Protokoll S. 1: "Ich glaube, wir mussten einen Jugendlichen nach Olten fahren. "). Der andere Polizeibeamte war ebenfalls nicht sicher, ob eine dritte Person im Auto mitfuhr (Protokoll S. 5: "Ich weiss nicht, ob ein Jugendlicher dabei war. Ich bin mir nicht sicher, evtl. war das ein anderer Fall. Wir haben relativ viele Transporte. Nach Rothrist sind wir nach Olten gefahren. Es ist möglich, dass wir zum Untersuchungsgefängnis gingen. Ich weiss nicht, ob sich eruieren lässt, wer das war. "). Sollte tatsächlich eine dritte Person im Polizeifahrzeug mitgefahren sein, so handelte es sich jedenfalls nicht um einen Polizeibeamten. Eine Person, die das Polizeifahrzeug und dessen Armaturen und Instrumente nicht kannte und zudem auf dem Rücksitz mitfuhr, könnte kaum darüber aussagen, wie schnell der Beschwerdeführer gefahren ist und inwieweit er sonst die Verkehrsregeln eingehalten oder verletzt hat. Die antizipierte Beweiswürdigung des Obergerichts ist daher zumindest nicht willkürlich. Es trifft zwar zu, dass die Begründung des Obergerichts, mit welcher der Beweisantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden ist, sehr knapp lautet. Indessen genügt die Feststellung als Begründung, dass der Zeuge aller Voraussicht nach keine erhellenden Angaben machen könne, weil sich aus dem Verhandlungsprotokoll ohne weiteres entnehmen lässt, dass die Identität des Zeugen kaum festgestellt werden könnte und es sich beim Zeugen auf jeden Fall um keinen Fachmann handelte. Die Rüge, das Obergericht habe dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör verweigert, erweist sich somit als unbegründet. 
 
2.- a) Der Beschwerdeführer rügt ausserdem, das Obergericht habe die Beweise willkürlich gewürdigt und damit den Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt. Die Aussagen der Polizisten über die Geschwindigkeit des Beschwerdeführers würden auf einer blossen Schätzung beruhen. Die Verurteilung des Beschwerdeführers aufgrund einer Schätzung der beiden Polizisten sei auch deshalb willkürlich, weil sie dem klaren Wortlaut von Ziff. 3 der Weisungen über Geschwindigkeitskontrollen im Strassenverkehr des EJPD vom 28. Juni 1984 zuwiderlaufe. 
 
b) Den kantonalen Gerichten steht bei der Feststellung des Sachverhaltes und der Würdigung des Beweisergebnisses ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 115 Ib 446 E. 3a S. 450; 112 Ia 369 E. 3). Die Beweiswürdigung ist nicht schon dann willkürlich, wenn vom Sachrichter gezogene Schlüsse nicht mit der Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen offensichtlich falsch sind oder auf einem offenbaren Versehen beruhen, wenn sie mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, wenn sie sich in entscheidende Widersprüche verwickeln, oder wenn Feststellungen ohne jede Beweisgrundlage getroffen werden (BGE 118 Ia 28 E. 1d; 116 Ia 85 E. 2b; 113 Ia 19 E. 3a, je mit Hinweisen). Willkürlich ist auch eine Beweiswürdigung, welche einseitig einzelne Beweise berücksichtigt (BGE 118 Ia 30 E. 1b, mit Hinweis). Die Rügen des Beschwerdeführers können nur unter diesem eingeschränkten Gesichtspunkt geprüft werden. 
 
Auch der Grundsatz "in dubio pro reo" bedeutet bei der Feststellung des Sachverhalts und der Würdigung der Beweise nicht mehr als das verfassungsrechtliche Willkürverbot, zumal Art. 6 Ziff. 2 EMRK in diesem Bereich nicht weiter geht als Art. 4 aBV (BGE 106 IV 88 f., mit Hinweisen; vgl. Art. 9 BV). Der Grundsatz besagt nur, dass der Richter einen Angeklagten nicht verurteilen darf, wenn bei objektiver Würdigung des gesamten Beweisergebnisses schlechthin nicht zu unterdrückende Zweifel an der Schuld des Angeklagten bestehen bleiben (BGE 120 Ia 31 E. 2, mit Hinweisen; siehe auch BGE 124 I 327 E. 3b S. 311). 
 
c) Das Obergericht stellte entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht nur auf blosse Schätzungen ab. Die beiden Polizisten hatten vielmehr die Geschwindigkeit laufend vom Geschwindigkeitsmesser des Polizeifahrzeuges abgelesen und aus ihrer Erinnerung dem Gericht über die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit Auskunft erteilt. Da ihre Aussagen im Wesentlichen übereinstimmten, durfte das Gericht seine Feststellungen ohne Willkür auf die Zeugenaussagen stützen. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 249 BStP; BGE 115 IV 266 E. 1 S. 269, mit Hinweisen) müssen die Beweise im Übrigen unabhängig von Weisungen eines Departementes des Bundesrates gewürdigt werden. Die Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung erweist sich insoweit als unbegründet. 
 
3.- a) Der Beschwerdeführer rügt schliesslich, das Obergericht habe auch insoweit gegen die Unschuldsvermutung verstossen, als keine objektiven Anhaltspunkte nachgewiesen seien, dass und warum der Beschwerdeführer mit einer Blutprobe habe rechnen müssen. Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf Art. 91 Abs. 3 SVG
 
b) Bei der Frage, welche Anhaltspunkte die Feststellung rechtfertigen, der Beschwerdeführer habe mit einer Blutprobe rechnen müssen, handelt es sich um eine Frage der Anwendung und Auslegung des Bundesstrafrechts, insbesondere der Strafbestimmungen des SVG. Die unrichtige Auslegung und Anwendung solcher Bestimmungen kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts gerügt werden (Art. 269 Abs. 1 OG). Die staatsrechtliche Beschwerde ist deshalb in dieser Beziehung nicht zulässig (Art. 84 Abs. 2 OG). 
 
4.- Die staatsrechtliche Beschwerde ist aus diesen Gründen im vereinfachten Verfahren abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist (Art. 36a Abs. 1 lit. a und b OG). 
 
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000. -- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
 
Lausanne, 24. Januar 2000 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: