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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.265/2003 /grl 
 
Urteil vom 24. Februar 2004 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Nyffeler, 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Parteien 
A.________ AG, 
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Hess-Odoni, 
 
gegen 
 
B.________ AG, 
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Felix Barmettler. 
 
Gegenstand 
Werkvertrag, 
 
Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer des 
Kantonsgerichts des Kantons Schwyz vom 24. Juni 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Ende Januar 1998 schlossen die B.________ AG (nachstehend: Bestellerin) und die A.________ AG (nachstehend: Unternehmerin) einen mündlichen Werkvertrag, gemäss welchem sich die Unternehmerin verpflichtete, die Fassade des Betriebsgebäudes der Bestellerin zu sanieren und zu imprägnieren. Die Unternehmerin führte bis Anfang Mai 1998 die entsprechenden Arbeiten aus. Diese wurden von der Bestellerin bemängelt, worauf die Unternehmerin gewisse Nachbesserungsarbeiten vornahm. In der Folge verlangte die Bestellerin eine weitere Nachbesserung. Die Unternehmerin schlug mit Schreiben vom 13. November 1998 vor, die Frage des Bestands von Mängeln einem gemeinsam zu bestimmenden Fachexperten zu unterbreiten, wobei sich beide Parteien bereit erklärten, die Feststellungen des Fachexperten zu akzeptieren. In der Folge einigten sich die Parteien darüber, die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (nachstehend: EMPA) für die Begutachtung einzusetzen. Die EMPA legte bezüglich der von den Parteien gemeinsam gestellten Fragen am 29. Juli 1999 einen entsprechenden Untersuchungs- und Prüfbericht vor. Dieser kam zum Ergebnis, die von der Unternehmerin ausgeführte Imprägnierung der strittigen Fassade weise wolkige, schnauzartige Abläufe und ein fleckiges Erscheinungsbild auf, welches auf eine falsch gewählte Materialanwendung, eine nicht oder zu wenig fachmännische Untergrundbehandlung sowie eine unfachmännische Applikation zurückzuführen sei. Gestützt auf das Gutachten verlangte die Bestellerin von der Unternehmerin unter Androhung der Ersatzvornahme im Unterlassungsfall die Nachbesserung der ausgeführten Arbeiten. Nachdem die Unternehmerin diesem Begehren nicht nachgekommen war, liess die Bestellerin die Nachbesserung durch eine Drittfirma durchführen. Am 19. September 2000 verlangte die Bestellerin von der Unternehmerin die Bezahlung von Fr. 117'496.50 als Ersatz der Kosten der Nachbesserung sowie Fr. 2'205.90 für den Kostenanteil des Gutachtens der EMPA. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2000 teilte die Unternehmerin mit, sie werde dieser Zahlungsaufforderung nicht nachkommen. 
B. 
Nach erfolglosem Sühneversuch klagte die Bestellerin am 8. März 2001 beim Bezirksgericht Küssnacht a.R. gegen die Unternehmerin auf Bezahlung von Fr. 119'702.40 nebst 5 % Zins seit 1. August 2000 sowie der Kosten des Friedensrichterverfahrens von Fr. 500.-- nebst Zins seit 19. Dezember 2000. 
Mit Urteil vom 14. Juni 2002 verpflichtete das Bezirksgericht die Beklagte in teilweiser Gutheissung der Klage, der Klägerin Fr. 119'702.40 nebst 5 % Zins auf Fr. 103'000.-- seit 1. August 2000 sowie auf Fr. 16'702.40 seit 11. Oktober 2000 zu bezahlen. Das Kantonsgericht des Kantons Schwyz wies eine dagegen von der Beklagten erhobene Berufung mit Urteil vom 24. Juni 2003 ab. Zur Begründung führte das Kantonsgericht zusammengefasst aus, die von der Beklagten ausgeführten Arbeiten seien gemäss dem Schiedsgutachten der EMPA mangelhaft ausgeführt worden, weil sie zu einem fleckigen Erscheinungsbild bzw. zu Verfärbungen der imprägnierten Fassaden geführt hätten. Dieser Mangel sei hinreichend gerügt worden, was sich daraus ergebe, dass die Beklagte konkrete Vorschläge unterbreitet habe, wie die Fassade zu behandeln sei. Zudem habe die Beklagte die ungenügende bzw. verspätete Mängelrüge prozessual verspätet geltend gemacht. Die Klägerin habe demnach gemäss Art. 368 Abs. 2 OR die unentgeltliche Nachbesserung verlangen können, da die Beklagte nicht habe nachweisen können, dass diese zu übermässigen Kosten führt. Da die Beklagte sich geweigert habe, die Nachbesserung auszuführen, habe die Klägerin die Ersatzvornahme vornehmen und von der Beklagten Kostenersatz verlangen dürfen. 
C. 
Die Beklagte ficht das Urteil des Kantonsgerichts sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde als auch mit eidgenössischer Berufung an. Das Bundesgericht hat die Beschwerde mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen, soweit es darauf eintrat. Mit der Berufung beantragt die Beklagte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Auf die form- und fristgerecht eingereichte Berufung ist einzutreten. 
2. 
Die Beklagte rügt, das vorinstanzliche Urteil verletze materielles Bundesrecht, insbesondere die Vorschriften des Werkvertragsrechts über das Vorliegen von Mängeln, der Mängelrüge, sowie die Mängelrechte. Diese Rügen sind offensichtlich unbegründet. So legt die Beklagte nicht dar, inwiefern das Kantonsgericht bezüglich der angeführten Punkte gegen Bundesrecht verstossen haben soll, was auch nicht ersichtlich ist. Es kann insoweit gemäss Art. 36a Abs. 3 OG auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden. 
3. 
Alsdann rügt die Beklagte, das Kantonsgericht habe bezüglich der von ihr geltend gemachten Übermässigkeit der Nachbesserungskosten Art. 8 ZGB verletzt. 
3.1 Art. 8 ZGB regelt zunächst die Verteilung der Beweislast. Das Bundesgericht leitet aus Art. 8 ZGB als Korrelat zur Beweislast insbesondere das Recht der beweisbelasteten Partei ab, zum ihr obliegenden Beweis zugelassen zu werden (BGE 126 III 315 E. 4a S. 317, mit Hinweisen). Zu beachten ist aber, dass dieser bundesrechtliche Beweisführungsanspruch nur für rechtserhebliche Tatsachen besteht und voraussetzt, dass die beweisbelastete Partei im kantonalen Verfahren form- und fristgerechte Beweisanträge gestellt hat (BGE 122 III 219 E. 3c S. 223). 
3.2 Im Einzelnen macht die Beklagte geltend, das Kantonsgericht habe die Beweislast falsch verteilt, indem es von ihr den Nachweis der Übermässigkeit der Nachbesserungskosten verlangt habe. Es habe verkannt, dass die Klägerin die Verhältnismässigkeit der von ihr verlangten Nachbesserung habe beweisen müssen. 
Die Rüge ist unbegründet. In der Lehre ist anerkannt, dass der Unternehmer, der die Nachbesserung des mangelhaften Werkes unter Berufung auf übermässige Kosten verweigert, die Übermässigkeit derselben nachzuweisen hat. Der Unternehmer hat demnach die Sachumstände nachzuweisen, aus denen sich ergibt, dass die Nachbesserungskosten übermässig sind (Gauch, Der Werkvertrag, 4. Aufl., S. 476 Rz. 1767; Zindel/Pulver, in: Basler Kommentar, 3. Aufl. N 95 zu Art. 368 OR). Die Übermässigkeit setzt voraus, dass die Kosten in einem Missverhältnis zum Nutzen stehen, den die Mängelbeseitigung dem Besteller bringt (BGE 111 II 137 E. 5). 
3.3 Alsdann macht die Beklagte geltend, sie habe bereits in der Klageantwort zur Frage der Verhältnismässigkeit der Sanierungskosten eine Expertise beantragt und diesen Antrag in der kantonalen Berufung wiederholt. Die Vorinstanz habe Art. 8 ZGB verletzt, indem sie keine entsprechende Expertise eingeholt habe. 
 
Es trifft zu, dass die Beklagte in ihrer Klageantwort dem Sinne nach geltend machte, mit der durch eine Drittfirma durchgeführten Nachbesserung habe die Klägerin keinen nennenswerten Vorteil erreicht, weshalb die Sanierungskosten übermässig seien (Berufungsantwort S. 11 Ziff. 7). Das Bezirksgericht führte in diesem Zusammenhang aus, die Beklagte begnüge sich mit dem lapidaren Hinweis, die geltend gemachten Sanierungskosten würden in keinem Verhältnis zum Sanierungserfolg stehen und hätten daher Schikanecharakter. Nähere Ausführungen, dass und weshalb dem so sein solle, habe die Beklagte allerdings nicht gemacht. Eine substanziierte Abwägung von Kosten und Nutzen, welche den zuverlässigen Schluss auf übermässige Kosten zulassen würde, verbunden mit den notwendigen Beweisanträgen liege nicht vor (Urteil des Bezirksgerichts E. 4 S. 9 Abs. 2). Das Kantonsgericht hat insoweit auf das Urteil des Bezirksgerichts verwiesen und sich damit dessen Argumentation angeschlossen (angefochtenes Urteil, E. 8 S. 14). Damit haben die Vorinstanzen angenommen, die Beklagte habe ihren Antrag auf eine Expertise bezüglich der Übermässigkeit der Kosten in beweisrechtlicher Hinsicht nicht genügend substanziiert. Dies ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar bestimmt das materielle Bundesrecht, wieweit ein Sachverhalt zu substanziieren ist, damit er unter die Bestimmungen des Bundesrechts subsumiert werden kann. Dagegen bleibt es dem kantonalen Prozessrecht vorbehalten, im Beweisverfahren zu verlangen, dass die Behauptungen in einer Weise substanziiert werden, welche ihre Überprüfung im Beweisverfahren erlauben (BGE 108 II 337 E. 3). 
3.4 Alsdann macht die Beklagte geltend, ihr Beweisführungsanspruch gemäss Art. 8 ZGB sei verletzt worden, da die Vorinstanz dem in der Berufungsreplik gestellten Antrag auf Durchführung eines Augenscheins nicht nachgekommen sei. Damit habe nachgewiesen werden sollen, dass die durch eine Drittfirma ausgeführte Sanierung nicht einmal zu einer Verbesserung der Situation geführt habe, weshalb die entsprechenden Sanierungskosten mangels eines erheblichen Nutzens der Klägerin als übermässig im Sinne von Art. 368 OR zu qualifizieren seien. 
3.5 Die Rüge ist unbegründet, da der entsprechende Beweisantrag erst im Berufungsverfahren und damit nach kantonalem Prozessrecht verspätet gestellt wurde (vgl. den Entscheid des Bundesgerichts zur konnexen staatsrechtlichen Beschwerde E. 2.4). 
3.6 Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Beklagte bezüglich der von ihr eingewendeten Übermässigkeit der Nachbesserungskosten keine dem kantonalem Prozessrecht genügenden Beweisanträge gestellt hat. Das Kantonsgericht hat demnach kein Bundesrecht verletzt, wenn es annahm, die Beklagte habe die Übermässigkeit dieser Kosten nicht nachweisen können, weshalb der Klägerin ein Anspruch auf Nachbesserung zugestanden habe. 
4. 
Schliesslich bringt die Beklagte vor, es liege eine Verletzung des materiellen Zivilrechts vor, weil gemäss Art. 368 OR nicht einfach übersetzte Sanierungskosten als angeblicher Minderwert eingesetzt werden könnten. 
Die Beklagte lässt dabei ausser Acht, dass die Klägerin als Hauptbegehren Kostenersatz für die Ersatzvornahme der Nachbesserung verlangte (vgl. angefochtenes Urteil E. 7 lit. c S. 13 f.). Da die Klägerin mit dem Hauptbegehren durchgedrungen ist, kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang das Eventualbegehren auf Minderung des Werklohnes begründet gewesen wäre. 
5. 
Gemäss den vorstehenden Erwägungen ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). Bei der Bemessung der Parteientschädigung wird die Mehrwertsteuer im Rahmen des geltenden Tarifs pauschal berücksichtigt (Beschluss der Präsidentenkonferenz vom 8. Mai 1995). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beklagten auferlegt. 
3. 
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und der Zivilkammer des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. Februar 2004 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: