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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 244/02 
 
Urteil vom 24. Februar 2005 
I. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari, Schön und nebenamtlicher Richter Maeschi; Gerichtsschreiberin Durizzo 
 
Parteien 
V.________, 1953, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Baur, Bahnhofstrasse 55, 8600 Dübendorf, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheide vom 9. August 2002 und 26. August 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 29. Oktober 2001 sprach die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) dem am 13. Oktober 2000 verunfallten V.________ eine Integritätsentschädigung für eine Integritätseinbusse von 5 % zu; den Anspruch auf eine Invalidenrente verneinte sie. Die mit dem Begehren um Zusprechung einer Integritätsentschädigung von 15 % und einer Invalidenrente ab 5. Oktober 2001 erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 29. April 2002 ab. 
B. 
V.________ liess gegen den Einspracheentscheid Beschwerde erheben und beantragen, es seien ihm eine Integritätsentschädigung von 10 % und eine Invalidenrente von 50 % zuzusprechen. 
 
Mit Beschluss vom 9. August 2002 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf die Beschwerde wegen Verspätung nicht ein. Mit einem weiteren Beschluss vom 26. August 2002 trat es auf ein Wiedererwägungsgesuch betreffend den Beschluss vom 9. August 2002 ebenfalls nicht ein und wies ein Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist ab. 
C. 
V.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, die Beschlüsse vom 9. und 26. August 2002 seien aufzuheben und es sei die Sache an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zur materiellen Beurteilung zurückzuweisen; ferner sei die SUVA zu verpflichten, ihm eine Parteientschädigung zu bezahlen oder es sei ihm eine Entschädigung zu Lasten der Staatskasse des Kantons Zürich zuzusprechen. 
 
Die SUVA beantragt, es sei im Falle einer Gutheissung der Beschwerde von einer Entschädigungspflicht der SUVA abzusehen; im Übrigen verzichtet sie auf eine Stellungnahme. Das Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Kranken- und Unfallversicherung (seit 1. Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gemäss Art. 106 Abs. 1 UVG können Einspracheentscheide nach Art. 105 Abs. 1 UVG, die nicht der Beschwerde an die eidgenössische Rekurskommission nach Art. 109 UVG unterliegen, beim zuständigen kantonalen Versicherungsgericht mit Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerdefrist beträgt bei Einspracheentscheiden über Versicherungsleistungen drei Monate, in den übrigen Fällen 30 Tage (so mit Bezug auf Versicherungsleistungen auch unter der Herrschaft des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbaren Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG] vom 6. Oktober 2000; vgl. ATSG-Anhang Ziff. 12 Art. 106). Nach Art. 108 UVG regeln die Kantone das Verfahren, welches den in lit. a bis i dieser Bestimmung genannten Anforderungen zu genügen hat. Die bundesrechtlichen Vorschriften enthalten keine Regeln zur Fristberechnung. 
 
Die Bestimmungen von Art. 20 bis 24 VwVG über die Fristen sind im kantonalen Beschwerdeverfahren betreffend Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung nicht direkt anwendbar, bilden teilweise jedoch Ausdruck allgemeiner Verfahrensvorschriften (vgl. etwa BGE 108 V 109 ff.). Nach diesen Bestimmungen beginnt die Frist am Tag nach der Eröffnung des Entscheids zu laufen und endigt, falls der letzte Tag auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen am Wohnsitz oder Sitz der Partei oder ihres Vertreters vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag fällt, am nächsten Werktag (Art. 20 Abs. 1 und 3 VwVG). Das VwVG enthält keine Bestimmung über die Berechnung von Monatsfristen. 
1.2 Nach § 12 des zürcherischen Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht (GSVGer) vom 7. März 1993 (LS 212.81) finden auf das Verfahren vor dem kantonalen Gericht ergänzend die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) vom 13. Juni 1976 (LS 211.1) sinngemäss Anwendung (vgl. hiezu Christian Zünd, Kommentar zum Gesetz über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Zürich 1999, S. 62 ff., insbes. S. 68 ff.). Zur Fristberechnung bestimmt § 191 GVG, dass der Tag der Eröffnung einer Frist oder der Tag der Mitteilung eines Entscheids bei der Fristberechnung nicht mitgezählt wird, was auch für die nach Monaten bestimmten Fristen gilt (Zünd, a.a.0., S. 101 N 31). Eine ausdrückliche Regelung des Fristenlaufs bei Monatsfristen findet sich auch in diesem Gesetz nicht. Nach den Ausführungen der Vorinstanz werden die Regeln von Art. 77 OR analog herangezogen. Gemäss Abs. 1 Ziff. 3 dieser Bestimmung fällt die Erfüllung einer Verbindlichkeit oder eine andere Rechtshandlung, die mit dem Ablauf einer nach Monaten bestimmten Frist zu erfolgen hat, auf denjenigen Tag des letzten Monats, der durch seine Zahl dem Tag des Vertragsabschlusses entspricht, und, wenn dieser Tag im letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats. Auszugehen ist dabei vom Eröffnungstag (beziehungsweise dem Tag des Ereignisses im Rahmen von Art. 77 OR) und nicht vom Tag des Fristbeginns. Mit der Beibehaltung des gleichen Monatstages wird dem Umstand bereits Rechnung getragen, dass der Tag der Eröffnung der Frist oder der Mitteilung eines Entscheides bei der Fristberechnung nicht mitgezählt wird. Insofern kann Ziff. 3 der Bestimmung als Anwendungsfall von Ziff. 1 aufgefasst werden (Rolf H. Weber, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht [Berner Kommentar], Das Obligationenrecht, Art. 68-96 OR, 3. Aufl. Bern 1983, N 24 zu Art. 77; Marius Schraner, Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch [Zürcher Kommentar], Obligationenrecht, Die Erfüllung der Obligationen: Art. 68-96 OR, 3. Aufl., Zürich 2000, N 18 zu Art. 77; Urs Leu, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht [Basler Kommentar], Obligationenrecht I: Art.1-529, Basel 1992, N 2 zu Art. 77 OR). 
2. 
2.1 Nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts zu alt Art. 9 Abs. 1 lit. a VO II über die Unfallversicherung, wonach die "gerichtliche Klage" gegen die Erledigung von Versicherungsansprüchen durch die SUVA innerhalb von sechs Monaten nach Eröffnung der Mitteilung durch die Anstalt zu erfolgen hatte, beginnt die Frist am Tag nach der Eröffnung zu laufen und ist der Monat nach der Kalenderzeit zu berechnen. In dem in BGE 103 V 157 ff. beurteilten Fall wurde dementsprechend festgestellt, die sechsmonatige Klagefrist, innerhalb welcher die am 23. November 1976 eröffnete Verfügung der SUVA angefochten werden konnte, habe am 24. November 1976 um 0.00 Uhr zu laufen begonnen und sei am 23. Mai 1977 um 24.00 Uhr abgelaufen (und nicht, wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht, am 24. Mai 1977). Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht ausgeführt hat, betrüge die Frist andernfalls sechs Monate und einen Tag, indem der 24. des Monats (November und Mai) zweimal gezählt würde (BGE 103 V 159 Erw. 2b). In BGE 125 V 37 ff. hat das Gericht diese Rechtsprechung in einem Urteil, welches die Beschwerdefrist von drei Monaten gemäss Art. 104 Abs. 1 Satz 1 MVG betraf, bestätigt und festgestellt, die Frist ende am Kalendertag, welcher dem Eröffnungstag (jour de la notification) entspreche, beziehungsweise - wenn ein entsprechender Kalendertag fehle - am letzten Tag des zutreffenden Monates. Die vom Versicherten am 10. Oktober 1997 eingereichte Beschwerde gegen eine am 9. Juli 1997 eröffnete Verfügung hat das Gericht daher als verspätet bezeichnet. Dabei wies es darauf hin, dass die Frist ungerechtfertigterweise um einen Tag verlängert würde, wenn auf den dem Beginn des Fristenlaufs entsprechenden Kalendertag abgestellt würde. Des Weitern hat es festgestellt, dass auch das Europäische Übereinkommen über die Berechnung von Fristen vom 16. Mai 1972, für die Schweiz in Kraft getreten am 28. April 1983 (SR 0.221.122.3), zu keinem andern Ergebnis führt (BGE 125 V 40). 
2.2 Der Einspracheentscheid vom 29. April 2002 ist dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 30. April 2002 eröffnet worden. Nach dem Gesagten ist die dreimonatige Beschwerdefrist am 30. Juli 2002 abgelaufen. Die am 31. Juli 2002 der Post übergebene Beschwerde ist damit verspätet eingereicht worden, wie die Vorinstanz mit Beschluss vom 9. August 2002 zu Recht erkannt hat. 
3. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich des Weitern gegen den Beschluss des kantonalen Gerichts vom 26. August 2002, mit welchem eine Wiedererwägung des Beschlusses vom 9. August 2002 und eine Fristwiederherstellung abgelehnt wurden. Gemäss Art. 97 Abs. 2 UVG in der hier anwendbaren, bis Ende 2002 gültigen Fassung kann eine Frist nur dann wiederhergestellt werden, wenn der Betroffene unverschuldet abgehalten worden ist, innert der Frist zu handeln. Ein solcher Grund wird nicht geltend gemacht, weshalb die Vorinstanz das Gesuch auf Wiederherstellung zu Recht abgewiesen hat und auf das Begehren auf Wiedererwägung nicht eingetreten ist. 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig, weil es nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen betrifft (Art. 134 OG e contrario). Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung zu Gunsten der obsiegenden Beschwerdegegnerin wird gemäss Art. 159 Abs. 2 nicht zugesprochen, da sie als Unfallversicherer eine öffentlichrechtliche Aufgabe wahrnimmt und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zusprechung einer Entschädigung nicht gegeben sind (BGE 128 V 133 Erw. 5b, 126 V 150 Erw. 4a). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 24. Februar 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: