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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_1025/2010 
 
Urteil vom 24. Februar 2011 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Favre, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Marco Bolzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, 
Zentralstrasse 28, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das Ausländergesetz (Täuschung der Behörde durch Scheinehe); Beweiswürdigung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 6. Juli 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Das Amtsgericht Luzern-Stadt sprach X.________ am 17. November 2009 vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Ausländergesetz frei. 
Das Obergericht des Kantons Luzern verurteilte X.________ auf Appellation der Staatsanwaltschaft hin am 6. Juli 2010 wegen versuchter Widerhandlung gegen das Ausländergesetz nach Art. 118 Abs. 1 AuG i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB (Täuschung der Behörden durch Scheinehe) zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 70.-- und einer Busse von Fr. 400.--. 
 
B. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil vom 6. Juli 2010 aufzuheben und sie vom Vorwurf der versuchten Widerhandlung gegen das Ausländergesetz freizusprechen. Sie ersucht um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. 
 
C. 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Beweiswürdigung und eine Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo. 
 
1.1 Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 134 IV 36 E. 1.4.1). Dem Grundsatz in dubio pro reo kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende selbständige Bedeutung zu (BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen). 
Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 134 I 140 E. 5.4 mit Hinweisen). Die Rüge der Willkür muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und begründet werden, ansonsten darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.2). 
 
1.2 Die damals 21-jährige, aus Aserbaidschan stammende Beschwerdeführerin heiratete am ________ 2006 nach einer sechsmonatigen Bekanntschaft den fast 45 Jahre alten und kokainsüchtigen A.________. In der Folge erhielt sie eine Aufenthaltsbewilligung B. Die Vorinstanz hält für erwiesen, dass sie A.________ nur heiratete, weil sie sonst mangels einer Aufenthaltsbewilligung bald aus der Schweiz hätte ausreisen müssen. 
Die Vorinstanz stützt sich auf die Aussagen von A.________, welcher im Rahmen einer gegen ihn geführten Strafuntersuchung wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz am 1. Mai 2008 angab, er führe mit der Beschwerdeführerin eine Scheinehe. B.________, ein Kokainhändler, habe ihn gefragt, ob er seine Freundin (die Beschwerdeführerin) heiraten wolle. Als Gegenleistung habe ihm B.________ gutes Kokain versprochen. Am Tag vor der Heirat habe er von diesem Fr. 5'000.-- erhalten. Er und die Beschwerdeführerin hätten nie ein Eheleben geführt. Diese Aussagen bestätigte er am 7. Mai 2008. Die Vorinstanz hält die detaillierten und widerspruchsfreien Angaben für glaubhaft. Unbestritten sei, dass er vor der Hochzeit tatsächlich Fr. 5'000.-- erhalten und die Beschwerdeführerin mit B.________ eine Beziehung gehabt habe und auch während der Ehe beispielsweise mit diesem in Nigeria in den Ferien gewesen sei. Anlässlich der untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 20. November 2008 habe A.________ zwar sein Geständnis widerrufen und geltend gemacht, er habe die Beschwerdeführerin aus Liebe geheiratet. Die sehr pauschalen Angaben, wie es zur Hochzeit gekommen sein soll, liessen die späteren Behauptungen jedoch als unglaubwürdig erscheinen. Für die Scheinehe spreche auch, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich bald aus der Schweiz hätte ausreisen müssen, wenn sie A.________ nicht geheiratet hätte. Auch die Umstände der Heirat selber würden auf eine Scheinehe hindeuten, da davon auszugehen sei, dass A.________ die Fr. 5'000.-- von B.________ erhalten habe. Auffällig erscheine auch das angebliche Eheleben. Die Beschwerdeführerin wolle mit A.________ an der S.________strasse in O.________ zusammengelebt haben. Im selben Haus habe auch ihre Mutter gewohnt. Anlässlich einer Hausdurchsuchung bei A.________ seien jedoch keine Utensilien der Beschwerdeführerin aufgefunden worden. Deren Erklärung, eine andere Frau, mit welcher A.________ eine Liebesbeziehung gehabt habe, habe zeitweise bei diesem gewohnt und sämtliche ihre (der Beschwerdeführerin) Kleider und Toilettenartikel mitgenommen, sei kein Glaube zu schenken. Die Indizien, die gegen die Annahme einer Scheinehe sprächen, würden auf Befragungen oder Handlungen nach Eröffnung des Strafverfahrens beruhen und hätten problemlos vorgängig abgesprochen worden sein können, zumal beide Parteien letztlich ein Interesse am Verfahrensausgang gehabt hätten (angefochtenes Urteil S. 7 ff.). 
 
1.3 Die Vorinstanz legt gestützt auf die verfügbaren Beweise dar, weshalb sie zur Überzeugung gelangt, die Beschwerdeführerin und A.________ hätten eine Scheinehe geführt. Ihre Ausführungen lassen keine Willkür erkennen. Die Beschwerdeführerin macht wie bereits vor der Vorinstanz geltend, es seien nicht die Aussagen von A.________ vom 1. und 7. Mai 2008, sondern dessen gegenteilige Angaben vom 20. November 2008 als glaubwürdig anzusehen. Weshalb die Würdigung der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar sein soll, vermag sie allerdings nicht darzutun. Dafür, dass A.________, wie in der Beschwerde (Ziff. 7 S. 6) behauptet, mit einer Lügengeschichte von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen im Zusammenhang mit den Betäubungsmitteldelikten ablenken oder der Polizei einen Gefallen machen wollte, um "günstiger wegzukommen", bestehen keine Anhaltspunkte, zumal er sich mit seinen Aussagen betreffend die Scheinehe auch selber belastete. Unbehelflich ist auch der Einwand, das Abstellen auf belastende Aussagen einer schwerst drogensüchtigen Person sei bedenklich (Ziff. 8 S. 7), nachdem A.________, wie den Einvernahmeprotokollen zu entnehmen ist, anlässlich der Befragungen vom 1. und 7. Mai 2008 klarerweise in der Lage war, stimmige und kohärente Angaben zu machen und den Fragen der Polizei zu folgen. Im Übrigen hält die Beschwerdeführerin der vorinstanzlichen Würdigung lediglich ihre eigenen, unbelegten Behauptungen entgegen. Diese sind nicht geeignet, die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung als willkürlich erscheinen zu lassen. 
 
2. 
Soweit die Beschwerdeführerin auch eine Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo als Beweislastregel rügt (Beschwerde S. 4), ist auf die Beschwerde mangels einer rechtsgenüglichen Begründung nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
3. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 24. Februar 2011 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Favre Unseld