Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 53/05 
 
Urteil vom 24. Mai 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger; Gerichtsschreiber Widmer 
 
Parteien 
A.________, 1956, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Valentin Pfammatter, Sonnenstrasse 9, 3900 Brig, 
 
gegen 
 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst Personen, Laupenstrasse 27, 3001 Bern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Kantonales Versicherungsgericht des Wallis, Sitten 
 
(Entscheid vom 13. Dezember 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1956 geborene A.________ war als selbstständig erwerbender Metzger bei der Elvia Versicherungen (nunmehr Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft; im Folgenden: Allianz) gegen Unfälle versichert. Am 26. September 1994 erlitt er bei der Arbeit eine Teilamputation des Daumens und des Zeigefingers der linken Hand. In der Folge musste sich der Versicherte verschiedenen operativen Eingriffen unterziehen, und er absolvierte Rehabilitations- sowie berufliche Abklärungsaufenthalte. Im Laufe der Zeit traten zunehmend psychische Beschwerden auf. Die Allianz kam für die Heilbehandlung auf und richtete Taggelder aus. Mit Verfügung vom 28. September 2001 stellte sie die Leistungen auf Grund der fachärztlichen Angaben rückwirkend auf den 31. Juli 2001 ein, weil A.________ in somatischer Hinsicht wieder arbeitsfähig sei, während die psychischen Beschwerden in keinem natürlichen Kausalzusammenhang zum Unfall stünden. Auf Einsprache hin hielt die Allianz an ihrem Standpunkt fest (Entscheid vom 25. September 2002). 
B. 
A.________ liess Beschwerde führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des Einspracheentscheides sei festzustellen, dass zwischen dem Unfallereignis und dem psychischen Leiden ein natürlicher Kausalzusammenhang bestehe, und die Allianz sei zu verpflichten, ihm ab 1. August 2001 weiterhin Taggelder auszurichten. Das Kantonale Versicherungsgericht des Wallis gelangte gestützt auf das von ihm eingeholte psychiatrisch-neurologische Gutachten des Dr. med. B.________, Zentrum für versicherungsmedizinische Begutachtung, vom 17. August 2004 zum Schluss, dass zwischen dem Unfall und der schweren, vollständig chronifizierten Depression, welche die Arbeitsfähigkeit des Versicherten beeinträchtigt, ein natürlicher Kausalzusammenhang bestehe, verneinte indessen die Adäquanz dieses Zusammenhangs. Dementsprechend wies es die Beschwerde ab, soweit sie den Taggeldanspruch zum Gegenstand hatte, während es die Sache unter teilweiser Aufhebung des Einspracheentscheides an die Allianz zurückwies, damit sie den Anspruch auf eine Invalidenrente prüfe (Entscheid vom 13. Dezember 2004). 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt A.________ zur Hauptsache das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern. Ferner ersucht er um die Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung. 
 
Während die Allianz auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Beschwerdeführer rügt in formell rechtlicher Hinsicht, dass die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid eine Adäquanzbeurteilung vorgenommen habe, ohne ihm Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Im Einspracheentscheid habe sich die Allianz darauf beschränkt, die Frage nach dem Vorliegen des natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall und dem psychischen Gesundheitsschaden zu prüfen. Ob ein adäquater Kausalzusammenhang besteht, habe sie offen gelassen. Das kantonale Gericht habe diese Frage erstmals - und ohne Wahrung der Parteirechte - behandelt. Für den Versicherten habe zudem auch kein Anlass bestanden, diese Frage im Beschwerdeverfahren von sich aus aufzugreifen. Mit dem gewählten Vorgehen habe die Vorinstanz seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. 
2. 
Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung einer Person eingreift. Dazu gehört insbesondere deren Recht, sich vor Erlass des in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 129 II 504 Erw. 2.2, 127 I 56 Erw. 2b, 127 III 578 Erw. 2c, 126 V 131 Erw. 2b; zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE 126 I 16 Erw. 2a/aa, 124 V 181 Erw. 1a, 375 Erw. 3b, je mit Hinweisen). 
Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Es kommt mit anderen Worten nicht darauf an, ob die Anhörung im konkreten Fall für den Ausgang der materiellen Streitentscheidung von Bedeutung ist, d.h. die Behörde zu einer Änderung ihres Entscheides veranlasst wird oder nicht (BGE 127 V 437 Erw. 3d/aa, 126 V 132 Erw. 2b mit Hinweisen). 
 
Das rechtliche Gehör ist auch zu gewähren, wenn eine Behörde ihren Entscheid mit einer Rechtsnorm oder einem Rechtsgrund zu begründen beabsichtigt, die im bisherigen Verfahren nicht herangezogen wurden, auf die sich die beteiligten Parteien nicht berufen haben und mit deren Erheblichkeit im konkreten Fall sie nicht rechnen konnten (BGE 128 V 278 Erw. 5b/bb mit Hinweisen). 
 
3. 
Der Beschwerdeführer macht zu Recht geltend, dass die Adäquanz des Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem psychischen Leiden mit Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit im gesamten Administrativverfahren nie zur Diskussion stand. Die Allianz berief sich sowohl in der Verfügung wie im Einspracheentscheid nur auf das Fehlen des natürlichen Kausalzusammenhangs und stellte mit dieser Begründung die bis anhin ausgerichteten Leistungen auf Ende Juli 2001 ein. Auch wenn der Leistungsanspruch ab diesem Datum Streit- und Anfechtungsgegenstand (vgl. BGE 125 V 414 Erw. 1a mit Hinweisen) bildet, und die beanspruchten Taggelder nur weiter auszurichten sind, wenn Unfall und psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit in einem natürlichen und adäquaten Verhältnis von Ursache und Wirkung stehen, konnte vom Versicherten in guten Treuen nicht verlangt werden, dass er in der Beschwerdeschrift an die Vorinstanz eingehend zur Adäquanzfrage Stellung nimmt, nachdem sich die Allianz im angefochtenen Einspracheentscheid ausdrücklich nur zur natürlichen Kausalität geäussert hatte. Wenn die Vorinstanz gestützt auf das von ihr in Auftrag gegebene psychiatrisch-neurologische Gutachten des Dr. med. B.________ vom 17. August 2004 die natürliche Kausalität im Gegensatz zur Allianz bejahte und aus diesem Grund die zusätzliche Anspruchsvoraussetzung der adäquaten Kausalität zu beurteilen beabsichtigte, hätte sie dies nur nach vorgängiger Anhörung der Parteien tun dürfen. Denn es handelte sich um einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt, zu welchem der Beschwerdeführer und übrigens auch die Allianz - aus ihrer jeweiligen Sicht mit gutem Grund - bislang nicht Stellung zu nehmen brauchten. Indem das kantonale Gericht davon abgesehen hat, dem Beschwerdeführer vor Erlass des angefochtenen Entscheides Gelegenheit zur Stellungnahme zur Rechtsfrage der Adäquanz des Kausalzusammenhangs zu geben, hat es dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Diese Gehörsverletzung wiegt schwer und ist einer Heilung nicht zugänglich, auch wenn das Eidgenössische Versicherungsgericht die streitige Frage umfassend prüfen kann, da es sich um die den Rechtsstreit allein entscheidende Frage handelt. Seine Parteirechte bleiben dem Beschwerdeführer nur gewahrt, wenn er seinen Standpunkt zur adäquaten Kausalität in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht allein im letztinstanzlichen Verfahren, sondern zunächst vor dem kantonalen Versicherungsgericht vortragen kann. Dieses wird daher nach Anhörung der Parteien zur Adäquanzfrage über die Beschwerde neu befinden. 
4. 
Für das letztinstanzliche Verfahren werden auf Grund von Art. 134 OG keine Gerichtskosten erhoben. Zufolge Obsiegens hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 OG). Sein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege erweist sich damit als gegenstandlos. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der angefochtene Entscheid vom 13. Dezember 2004 aufgehoben, und die Sache wird an das Kantonale Versicherungsgericht des Wallis zurückgewiesen, damit es im Sinne der Erwägungen verfahre und über die Beschwerde neu entscheide. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die Allianz hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Versicherungsgericht des Wallis und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt. 
Luzern, 24. Mai 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: