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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.46/2005 /ast 
 
Urteil vom 24. Juni 2005 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Johann Schneider, 
 
gegen 
 
A.________, 
B.________, 
Beschwerdegegner, 
beide vertreten durch Fürsprecher Jean-Louis Scheurer, 
Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, Postfach 7475, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Willkürliche Beweiswürdigung im Zivilprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, vom 9. November 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ (Beschwerdeführer) stand seit 1984 in einem Pachtverhältnis mit Y.________ (Verpächter). Von diesem pachtete er die Parzellen Nr. 1.________ und teilweise Nr. 2.________. Im Gegenzug verpachtete er dem Verpächter einen Teil seiner Parzelle Nr. 3.________. Diesen Teil der Parzelle Nr. 3.________ überliess der Verpächter seinerseits Z.________ (Unterpächterin) in Unterpacht. Am 28. Dezember 1994 einigte sich der Beschwerdeführer mit dem Verpächter in einem schriftlichen Pachtvertrag über die Erneuerung der bestehenden Vereinbarung über die Weiterführung des Pachtverhältnisses. Der Vertrag vom 28. Dezember 1994 dauerte fest für sechs Jahre und konnte mit einer einjährigen Kündigungsfrist auf das Ende dieser Pachtdauer aufgelöst werden, ansonsten er für eine weitere Frist von sechs Jahren in Kraft bliebe. Am 22. Oktober 1999 kündigte der Rechtsvertreter des Verpächters den Pachtvertrag unter Einhaltung der vereinbarten Frist auf den 28. Dezember 2000. Der Beschwerdeführer bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 26. Oktober 1999 und akzeptierte sie vorbehaltlos. Nach Ablauf der Kündigungsfrist stellte keine Partei ihre bisherige Nutzung ein. 
B. 
Mit Kaufvertrag vom 27. November 2001 erwarben A.________ (Beschwerdegegner 1) und B.________ (Beschwerdegegnerin 2) vom Verpächter die dem Beschwerdeführer verpachteten Parzellen. Gemäss diesem Vertrag sollte das Kaufobjekt mit Nutzen und Schaden per 1. Januar 2002 frei von Miet- und Pachtverträgen auf die Beschwerdegegner übergehen. 
C. 
Der Beschwerdeführer wollte in der Folge sein Pächtervorkaufsrecht ausüben. Er vertrat den Standpunkt, als die Beschwerdegegner die Parzellen erworben hätten, habe zwischen ihm und dem Verkäufer immer noch ein Pachtverhältnis bestanden. Am 28. Juni 2004 schützte der Gerichtspräsident 2 des Gerichtskreises IX Schwarzenburg-Seftigen im Wesentlichen eine Klage des Beschwerdeführers auf Zuweisung des Eigentums an der Parzelle Nr. 1.________ und der pachtvertragsgemäss genutzten Teile von Parzelle 2.________, wobei der Kaufpreis auf Fr. 3.30/m2 festgesetzt wurde. Der Gerichtspräsident hielt dafür, im fraglichen Zeitpunkt sei der Pachtvertrag zwar rechtsgültig gekündigt gewesen; das Pachtverhältnis sei aber stillschweigend fortgesetzt worden, weshalb sich der Pachtvertrag analog Art. 8 Abs. 1 lit. b LPG um sechs Jahre verlängert habe. 
D. 
Auf Berufung der Beschwerdegegner und Anschlussberufung des Beschwerdeführers wies der Appellationshof des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, die Klage am 9. November 2004 ab. Im Gegensatz zum erstinstanzlichen Gericht schloss der Appellationshof aus dem Verhalten der Vertragsparteien nach der Kündigung nicht auf einen Konsens über die Weiterführung des "alten" Pachtvertrages, weshalb es an einer notwendigen Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts fehle. 
E. 
Der Beschwerdeführer hat das Urteil des Appellationshofs sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde als auch mit Berufung beim Bundesgericht angefochten. Er beantragt mit der staatsrechtlichen Beschwerde die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Die Beschwerdegegner und der Appellationshof schliessen auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig (Art. 86 Abs. 1 OG). Das setzt voraus, dass die vor Bundesgericht erhobenen Rügen mit keinem kantonalen Rechtsmittel hätten geltend gemacht werden können. Urteile der Zivilkammern des bernischen Appellationshofs unterliegen der Nichtigkeitsklage an dessen Plenum (Art. 7 Abs. 1 ZPO/BE), mit der zwar nicht willkürliche Beweiswürdigung (Art. 360 Abs. 2 ZPO/BE), wohl aber eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs gerügt werden kann (Art. 359 Ziff. 3 ZPO/BE). Soweit der Beschwerdeführer in der staatsrechtlichen Beschwerde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt statt den Kammerentscheid vorgängig mit kantonaler Nichtigkeitsklage beim Plenum des Appellationshofes anzufechten, ist demnach auf seine Beschwerde mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht einzutreten (BGE 118 Ia 110 E. 3 S. 111; 109 Ia 88 E. 2 S. 89; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl., Bern 2000, N. 1/cc und 6/a Bemerkungen vor Art. 359 ZPO/BE). Das gilt insbesondere für die Rüge, der Appellationshof habe ungenügend begründet, weshalb er sich der Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Richters, wonach im Zeitpunkt des Grundstückerwerbs durch die Beschwerdegegner ein Pachtverhältnis mit dem Beschwerdeführer bestanden habe, nicht anschloss. 
2. 
Im Übrigen wirft der Beschwerdeführer dem Appellationshof zur Hauptsache vor, durch willkürliche Beweiswürdigung Art. 9 BV verletzt zu haben. 
2.1 Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid wegen materieller Rechtsverweigerung nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 128 I 177 E. 2.1 S. 182, je mit Hinweisen). 
2.2 Dem Sachrichter steht bei der Beweiswürdigung ein breiter Ermessensspielraum zu. Der Beschwerdeführer hat daher darzulegen, inwiefern der kantonale Richter sein Ermessen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder willkürlich ausser Acht gelassen habe und dass sich dies auf das Ergebnis des Entscheids auswirkt (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 120 Ia 31 E. 4b S. 40; 118 Ia 28 E. 1b S. 30 mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 129 I 185 E. 1.6 S. 189). Dagegen genügt es nicht, wenn der Beschwerdeführer lediglich einzelne Beweise anführt, die er anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet wissen möchte. Es geht nicht an, in einer staatsrechtlichen Beschwerde bloss appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts zu üben, als ob dem Bundesgericht im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren die freie Prüfung aller Tat- und Rechtsfragen zukäme. 
3. 
3.1 Nach dem angefochtenen Urteil erfuhr der Rechtsvertreter des damaligen Verpächters im Herbst 2001, dass das Land immer noch genutzt werde. Am 26. November 2001 machte er hierauf den Beschwerdeführer schriftlich darauf aufmerksam, dass dieser hiezu nicht berechtigt sei und daraus jedenfalls keinerlei faktisches Pachtverhältnis ableiten könne. Nachdem das Eigentum an den Parzellen per 1. Januar 2002 auf die Beschwerdegegner übergegangen sei, und zwar gemäss Kaufvertrag frei von Miet- und Pachtverträgen, habe der Rechtsvertreter des Verpächters mit Schreiben vom 7. Januar 2002 die Pachtzinszahlung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Nach Auffassung des Appellationshofs zeigt auch das Verhalten des Verpächters selbst, dass er den Pachtvertrag nicht fortführen wollte. Er habe den Pachtvertrag gekündigt und, da er selbst im Ausland wohne, zwei in der Schweiz ansässigen Personen aufgetragen, im Hinblick auf den Verkauf an die Beschwerdegegner dafür zu sorgen, dass die Grundstücke von Miet- und Pachtverträgen frei seien. Ferner ergebe sich aus dem Umstand, dass der vom Verpächter mit dem Verkauf der Parzellen beauftragte Vertreter fruchtlos mit dem Kläger über eine Pacht verhandelt habe, dass keine stillschweigende Einigung über die Fortsetzung des Pachtvertrages zustande gekommen sei. Der Beschwerdeführer selbst sei nach eigenen Angaben im Unklaren über die Situation betreffend Pachtvertrag gewesen, und auch die Beschwerdegegner hätten ihm den Abschluss eines neuen Pachtvertrages angeboten. Angesichts dieses Verhaltens der Parteien gelangte der Appellationshof zum Schluss, dass im rechtserheblichen Zeitpunkt eine stillschweigende Übereinkunft der Parteien des Pachtvertrages, diesen trotz Kündigung fortzuführen, nicht vorgelegen habe. In der gegenseitigen Weiternutzung der Parzellen liege vielmehr eine zeitweilige Duldung einer für beide Parteien vorteilhaften Situation. 
3.2 Der Beschwerdeführer hält diese Beweiswürdigung für willkürlich. Wie er ausführt, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die vom Verpächter gepachtete Fläche rund 1/6 der eigenen Betriebsfläche ausmacht, dass er selbst die Pacht habe fortsetzen wollen. Auf Seiten des Verpächters falle in Betracht, dass nach Parteiaussage des Beschwerdegegners 1 auch nach Ablauf der Kündigungsfrist die Parzelle des Beschwerdeführers mit mündlicher Zustimmung des Verpächters durch die Unterpächterin weiter genutzt worden sei. Da der Pachtvertrag vorsehe, dass das Nutzungsrecht des Beschwerdeführers im Gegenrecht zu jenem des Verpächters zur Nutzung von Parzelle Nr. 3.________ stehe, sei nachgewiesen, dass der Verpächter diese Gegenleistung für die Pacht bis zum Abschluss des Kaufvertrages (27. November 2001) bewusst beansprucht habe und dass das ursprüngliche Pachtverhältnis mit dem ausdrücklichen Willen des damaligen Eigentümers weitergeführt worden sei. Zudem sei das Unterpachtverhältnis mit der Unterpächterin nicht gekündigt worden. Der Verpächter habe daher den Pachtgegenstand Nr. 3.________ gar nicht zurückgeben können, weshalb dem Beschwerdeführer im Gegenzug die ihm verpachteten Parzellen zustünden. 
3.3 Der Beschwerdeführer bringt Indizien vor, die allenfalls für eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses sprechen mögen. Indessen hat der Beschwerdeführer die ausgesprochene Kündigung ausdrücklich akzeptiert, und nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid wurde über die Fortsetzung des Pachtverhältnisses verhandelt, ohne dass es zu einer Einigung gekommen wäre. Vor diesem Hintergrund ist es in tatsächlicher Hinsicht jedenfalls nicht willkürlich anzunehmen, die Parteien hätten die Nutzung der betreffenden Parzellen auf Zusehen hin gegenseitig geduldet. Ob das Unterpachtverhältnis gekündigt wurde oder nicht, kann allenfalls ein Indiz, nicht aber den Beweis dafür bilden, dass die Parteien des Pachtvertrages diesen fortsetzen wollten. Willkür ist insoweit nicht dargetan. Welche Konsequenzen die gegenseitige Duldung der Benutzung allenfalls in rechtlicher Hinsicht zeitigt, ist eine Frage des Bundesrechts und im Rahmen der Berufung zu behandeln (Art. 43 und 84 Abs. 2 OG; BGE 129 I 173 E. 1.1 S. 174; 120 II 384 E. 4a S. 385). 
4. 
Da der Appellationshof nach dem Gesagten willkürfrei erkannt hat, dass die Parteien des Pachtvertrages in tatsächlicher Hinsicht keine stillschweigende Übereinkunft auf dessen Fortsetzung über die Kündigung hinaus abgeschlossen haben, kommt der Bemerkung des Appellationshofs, angesichts der weitreichenden Konsequenzen sei eine stillschweigende Fortführung eines Pachtvertrages nicht leichthin anzunehmen, keine selbständige Bedeutung zu. Die diesbezügliche Rüge des Beschwerdeführers bleibt daher unbeachtlich. 
5. 
Soweit der Beschwerdeführer rügt, der Appellationshof habe sich willkürlich nicht mit Art. 8 LPG in Verbindung mit Art. 29 LPG auseinander gesetzt, kritisiert er die Anwendung von Bundesrecht, was in der vorliegenden, der eidgenössischen Berufung zugänglichen Streitsache wegen der Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde unzulässig ist (Art. 43 und 84 Abs. 2 OG; BGE 129 I 173 E. 1.1 S. 174; 120 II 384 E. 4a S. 385). 
6. 
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG), der zudem die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen hat (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. Juni 2005 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: