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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_380/2013  
{  
T 0/2  
}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. September 2013  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Lanz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Taggeld), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 20. März 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1966 geborene A.________ war ab Mai 2008 mit einem vollen Arbeitspensum als Produktionsmitarbeiterin/Maschinenführerin bei der Firma X.________ AG tätig und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert. Daneben arbeitete sie mit einem geringen Pensum für ein Reinigungsunternehmen. Am 20. Juni 2009 geriet ihr rechter (dominanter) Arm bei der Arbeit in eine Maschine. Dabei wurde der Unterarm eingeklemmt, was zu einer Kontusion sowie zu einer Läsion des Nervus medianus und des Nervus radialis führte. Die SUVA gewährte Heilbehandlung und richtete Taggeld aus. Ab 1. September 2009 wurde wieder eine 50%ige Arbeitsfähigkeit attestiert und ab 21. September 2009 arbeitete A.________ voll. In der Folge kam eine Epicondylitis humeri radialis hinzu. Diese wurde von SUVA-ärztlicher Seite als Unfallfolge betrachtet, aus der sich für begrenzte Zeit eine Arbeitsunfähigkeit ergebe. Ab November 2010 wurden Arbeitsunfähigkeiten unterschiedlichen Ausmasses bestätigt. Per 31. Mai 2011 löste die Firma X.________ AG das Arbeitsverhältnis auf. Am 18. August 2011 verfügte die SUVA, A.________ werde bei einer 75%igen Arbeitsfähigkeit eine dreimonatige Angewöhnungszeit an eine angepasste Tätigkeit gesetzt und das Taggeld werde entsprechend ab 1. September 2011 eingestellt. Auf Einsprache der Versicherten hin verfügte der Unfallversicherer am 21. Februar 2012 neu, die Verfügung vom 18. August 2011 werde aufgehoben und das - zuletzt noch für eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % ausgerichtete - Taggeld werde per 24. Februar 2012 eingestellt, da die Versicherte auch in der angestammten Tätigkeit zu mindestens 90 % arbeitsfähig sei. Die von A.________ hiegegen erhobene Einsprache wies der Unfallversicherer ab, soweit er darauf eintrat (Entscheid vom 3. Mai 2012). 
 
B.   
Beschwerdeweise beantragte A.________, es sei der Einspracheentscheid aufzuheben und die SUVA anzuweisen, die gesetzlichen Leistungen aus UVG, weiterhin ein Taggeld ab 25. Februar 2012 und eventuell eine Rente von 54 % und eine Integritätsentschädigung von 30 % auszurichten. Subeventuell sei zu Gesundheitszustand, medizinischer Prognose, Arbeitsfähigkeit im aktuellen Tätigkeitsgebiet und Integritätsentschädigung gerichtlich ein medizinisches Gutachten einzuholen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die Beschwerde bezüglich Taggeld ab und trat auf sie bezüglich Invalidenrente sowie Integritätsentschädigung mangels eines Anfechtungsgegenstandes nicht ein (Entscheid vom 20. März 2013). 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung von Einsprache- und vorinstanzlichem Entscheid sei die SUVA "zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen, insbesondere weiterhin Taggelder über den 25. Februar 2012 hinaus, auszurichten", und sei das kantonale Gericht "zu verpflichten, ein gerichtliches Gutachten in den Fachdisziplinen Neurologie, Handchirurgie, Rheumatologie anzuordnen, welches den rechtserheblichen Sachverhalt, insbesondere die Arbeitsfähigkeit und den Anspruch auf eine Integritätsentschädigung der Beschwerdeführerin rechtsgenüglich erstellt". 
 
 Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 137 II 313 E. 1.4 S. 317 f. mit Hinweis; vgl. auch BGE 139 V 127 E. 1.2 S. 129 mit Hinweisen). Trotzdem obliegt es der Beschwerde führenden Partei, sich in ihrer Beschwerde sachbezogen mit den Darlegungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; vgl. auch BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584; je mit Hinweisen). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat zunächst erwogen, Gegenstand des kantonalen Beschwerdeverfahrens bilde nach Massgabe des Inhaltes von Verfügung vom 21. Februar 2012 und Einspracheentscheid vom 3. Mai 2012 einzig die Aufhebung des Taggeldanspruchs per 24. Februar 2012. Auf die Eventualanträge betreffend Rente und Integritätsentschädigung sei daher nicht einzutreten. 
 
Die Versicherte begründet nicht, inwiefern der vorinstanzliche Entscheid im Nichteintretenspunkt rechtswidrig sein soll. Soweit dennoch ausdrücklich oder sinngemäss andere Leistungen als Taggeld beantragt werden, kann daher nicht auf die Beschwerde eingetreten werden. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen zum Anspruch auf Taggeld (Art. 16 UVG), zum Begriff der hiefür u.a. vorausgesetzten Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG) und zum Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1; Art. 61 lit. c ATSG) mit der dazu ergangenen Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Grundsätze zur Beweiswürdigung sowie zu den Anforderungen an beweiswertige ärztliche Berichte und Gutachten. Richtig dargestellt ist auch die für arbeitslose Personen geschaffene Sonderregel (Urteil 8C_188/2010 vom 22. November 2010 E. 3.1; vgl. auch BGE 126 V 124 E. 3c S. 128; Urteil 8C_72/2013 vom 28. März 2013 E. 4), wonach bei einer Arbeitsunfähigkeit von 25 und weniger Prozent kein Anspruch auf Taggeld besteht (Art. 25 Abs. 3 UVV). 
 
Zu erwähnen bleibt, dass das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (hier: 3. Mai 2012) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 130 V 445 E. 1.2 S. 446 mit Hinweisen; SVR 2013 UV Nr. 9 S. 29, 8C_592/2012 E. 3.5.3; vgl. auch BGE 134 V 392 E. 6 S. 397). 
 
4.   
Die Beschwerdeführerin war nach Lage der Akten im Zeitpunkt der Taggeldeinstellung bei der Arbeitslosenversicherung angemeldet. Sie hat auch wiederholt, so erneut ab 1. März 2012, Arbeitslosenentschädigung bezogen. Der Anwendung von Art. 25 Abs. 3 UVV steht damit unter diesem Gesichtswinkel nichts entgegen (vgl. Urteil 8C_173/2008 vom 20. August 2008 E. 2.2, in: Plädoyer, 3/2009, S. 76). Es wird auch nichts anderes geltend gemacht. 
 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der Taggeldeinstellung nurmehr höchstens 25 % betrug. 
 
4.1. Arbeitsunfähigkeit ist gemäss Art. 6 ATSG die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten. Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt (BGE 135 V 287 E. 3.1 S. 288 f.).  
 
4.2. Das kantonale Gericht ist zum Ergebnis gelangt, die Arbeitsunfähigkeit habe 25 % nicht mehr überstiegen. Es stellte hiebei in medizinischer Hinsicht auf das von der Beschwerdeführerin eingeholte Gutachten des Dr. med. S.________, Chirurgie FMH, spez. Handchirurgie FMH, vom 17. Dezember 2010 sowie auf den Untersuchungsbericht vom 8. Juni 2011 und die ärztliche Beurteilung vom 23. Januar 2012 des Kreisarztes Dr. med. C.________, Facharzt FMH für Chirurgie, ab.  
 
4.2.1. Dr. med. S.________ äusserte sich dahin gehend, die Arbeitsunfähigkeit in der angestammten Tätigkeit betrage 25 %, wobei die Annahme einer Arbeitsfähigkeit von 75 % eher am oberen Limit anzusiedeln sei. Die Arbeitsunfähigkeit als Putzkraft sei auf 70 % anzusetzen. Mit ähnlichen Pressmaschinen bei einem anderen Arbeitgeber bestehe ebenfalls eine Arbeitsunfähigkeit von 25 % wobei grobmanuelle Belastungen zu meiden seien. In einer angepassten Tätigkeit, bei welcher der rechte Unterarm nicht belastet werden müsse, sei eine volle Arbeitsfähigkeit anzunehmen.  
 
Kreisarzt Dr. med. C.________ gelangte im Untersuchungsbericht vom 8. Juni 2011 zum Ergebnis, körperlich leichte Tätigkeiten, bei denen der rechte Arm keinen grösseren Belastungen wie repetitiven Schlägen oder andauernden Vibrationen ausgesetzt sei und bei denen kein häufiges Heben oder Tragen von Gewichten über 5 kg vorkomme, sei ein volles Arbeitspensum möglich. In der ärztlichen Beurteilung vom 23. Januar 2012 erneuerte Dr. med. C.________ diese Einschätzung. Er hielt weiter fest, aufgrund des Jobprofils komme sowohl das Heben und Tragen von Gewichten über 5 kg wie auch schweres, grob manuelles Hantieren mit Werkzeugen nur selten vor. Die restlichen Tätigkeiten lägen alle im Rahmen des Zumutbaren, so dass gesamthaft eine Einschränkung von höchstens 10 % resultiere. 
 
4.2.2. Diese Arztberichte sind mit der Vorinstanz als beweiswertig zu betrachten. Aus ihnen ergibt sich nach dem Gesagten, dass die Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf sicher nicht mehr über 25 % und in einer angepassten Tätigkeit noch tiefer lag.  
 
Was in der Beschwerde vorgetragen wird, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Nervenschädigung mit Sensibilitätsstörungen und die aus der Fehlbelastung resultierenden weiteren Beschwerden wurden berücksichtigt. Es bestehen keine Widersprüche zwischen den Einschätzungen des Dr. med. S.________ und des Dr. med. C.________, welche gegebenenfalls weitere Abklärungen, wie etwa mittels des beantragten polydisziplinären Gutachtens, bedingt hätten. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass solche Abklärungen keinen entscheidrelevanten neuen Aufschluss erwarten lassen. Damit geht auch der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, das kantonale Gericht habe den Untersuchungsgrundsatz und den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzt, fehl. Dass der Privatgutachter eine Arbeitsfähigkeit von 75 % als am oberen Limit sah, führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Eine 25 % übersteigende Arbeitsunfähigkeit wurde damit nicht bestätigt. Zudem konnte der Kreisarzt, anders als der Privatexperte, in seinen späteren Berichten auch die seit der Begutachtung eingetretene Entwicklung berücksichtigen. Der Expertise S.________ lassen sich auch in anderer Hinsicht keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Arbeitsunfähigkeit über 25 % anzusetzen wäre. Dass der Hausarzt eine 50 %ige Arbeitsunfähigkeit bestätigte, vermag das Gutachten S.________ und die kreisärzlichen Berichte ebenfalls nicht in Frage zu stellen, zumal der Privatexperte und der Kreisarzt ihre Einschätzung der Arbeits (un) fähigkeit, anders als der Hausarzt, einlässlich begründet haben. Sodann ergibt sich auch aus der kreisärztlichen Beurteilung vom 18. März 2013 nicht, dass die Arbeitsunfähigkeit im hier massgeblichen Zeitpunkt höher als 25 % hätte angesetzt werden müssen. Damit kann die Frage der novenrechtlichen Zulässigkeit dieser ärztlichen Beurteilung, welche vom kantonalen Gericht noch nicht berücksichtigt werden konnte, offen bleiben. 
 
4.3. Zusammenfassend bleibt es dabei, dass keine 25 % übersteigende Arbeitsfähigkeit mehr gegeben war. Nach Art. 25 Abs. 3 UVV bestand daher kein weiterer Taggeldanspruch. Damit braucht auf die weiteren Erwägungen der Vorinstanz zu den erwerblichen Auswirkungen der Arbeitsunfähigkeit und auf die diesbezüglichen Einwände der Versicherten nicht eingegangen zu werden. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
5.   
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Beschwerdeführerin zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 24. September 2013 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Der Gerichtsschreiber: Lanz