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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2D_36/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. Oktober 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Raphael J.-P. Meyer, Niklaus Rechtsanwälte, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Ansetzung einer neuen Ausreisefrist, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 23. August 2017 (VB.2017.00477). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1973 geborene mazedonische Staatsangehörige A.________ hatte am 28. März 2002 eine Landsfrau geheiratet, mit welcher er eine 2002 geborene Tochter und einen 2005 geborenen Sohn hat. Die Ehe wurde am 21. April 2005 geschieden. A.________ heiratete am 30. Mai 2005 eine um fast 15 Jahre ältere Schweizer Bürgerin, worauf ihm im November 2005 eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde; am 15. November 2010 erhielt er die Niederlassungsbewilligung. Die Ehe mit dieser Schweizer Bürgerin wurde am 16. Dezember 2011 geschieden. Am 2. Januar 2014 heiratete A.________ seine frühere Ehefrau und ersuchte am 23. Januar 2014 um Einreisebewilligung für diese und die beiden gemeinsamen Kinder. 
 
B.   
Mit Verfügung vom 13. Januar 2016 widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies demzufolge sein Gesuch um Familiennachzug ab, verbunden mit seiner Wegweisung, wobei es die Ausreisefrist auf Ende März 2016 ansetzte (Frist von 78 Tagen gerechnet ab dem Zeitpunkt der Verfügung). Den gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs wies die Sicherheitsdirektion mit Entscheid vom 1. Dezember 2016 ab; die Ausreisefrist setzte es auf Ende Februar 2017 an (Frist von 89 Tagen, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Rekursentscheids, einschliesslich die Festtage über das Jahresende). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde gegen den Rekursentscheid mit Urteil VB.2016.00815 vom 20. Januar 2017 ab. Es setzte die Ausreisefrist, gleich wie zuvor die Sicherheitsdirektion, auf den 28. Februar 2017 an (die Frist betrug damit 39 Tage gerechnet ab dem Urteilszeitpunkt bzw. 34 Tage gerechnet ab der am 25. Januar 2017 erfolgten Urteilseröffnung). 
Mit Urteil 2C_200/2017 vom 14. Juli 2017 wies das Bundesgericht die gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ab; es bestätigte den Widerruf der Niederlassungsbewilligung gestützt auf Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 Abs. 1 lit. a AuG, weil es sich bei der Ehe mit einer Schweizer Bürgerin um eine Umgehungsehe handelte; damit entfiel auch ein allfälliger Nachzugsanspruch der Ehefrau und der Kinder. Die hinsichtlich der Rüge, die Ausreisefrist sei zu kurz angesetzt worden, erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde (diesbezüglich war die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG unzulässig) hiess das Bundesgericht gut und wies die Sache zur Ansetzung einer neuen Ausreisefrist an die Vorinstanz zurück. Das Urteil 2C_200/2017 wurde den Beteiligten am 25. Juli 2017 eröffnet. 
 
C.   
Mit Urteil VB.2017.0047 vom 23. August 2017 setzte das Verwaltungsgericht die Frist neu auf den 30. September 2017 an. Gegen dieses ihm am 25. August 2017 eröffnete Urteil hat A.________ am 19. September 2017 subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben mit dem Begehren, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben; es sei ihm eine angemessene Ausreisefrist - mindestens aber bis zum 31. Dezember 2017 - anzusetzen. 
Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht verzichten auf Vernehmlassung. Der Beschwerdeführer hält mit Eingabe vom 23. Oktober 2017 an seinen Anträgen fest. 
Die Vorakten sind eingeholt worden. 
Mit Verfügung vom 21. September 2017 hat der Abteilungspräsident dem Gesuch um aufschiebende Wirkung superprovisorisch entsprochen. Damit wurde die Durchsetzung der auf den 30. September 2017 angesetzten Ausreisefrist bis zu weiterem Entscheid (verfahrensleitende Verfügung oder Endurteil) aufgeschoben. Diese Verfügung erging ausdrücklich ohne präjudizierende Wirkung für die Beurteilung der neuen verwaltungsgerichtlichen Fristansetzung, weshalb der Beschwerdeführer darauf hingewiesen wurde, dass sie ihn nicht davon entbinde, die Ausreise zielstrebig zu organisieren. Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache selbst wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos, sodass sich eine weitere separate diesbezügliche Verfügung erübrigt hat. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer ist durch die Ansetzung einer (als zu kurz gerügten) Ausreisefrist im Sinne von Art. 115 lit. b BGG zur Verfassungsbeschwerde legitimiert (s. Urteil 2C_200/2017 vom 14. Juli 2017 E. 1.2.3 und 1.2.4). Auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen (zulässige Vorinstanz, Beschwerdefrist, Form der Rechtsschrift; s. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 100 Abs. 1, Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 sowie Art. 114 und 117 BGG) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.   
 
2.1. Gemäss Art. 64d Abs. 1 AuG ist mit der Wegweisungsverfügung eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen; eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern. Die Anwendung dieser Norm ist im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht frei prüfbar. Der Beschwerdeführer rügt, das Verwaltungsgericht habe mit dem vorliegend angefochtenen zweiten Urteil betreffend die Ansetzung der Ausreisefrist Art. 64d Abs. 1 AuG wiederum willkürlich angewendet.  
Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz klar verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 142 II 369 E. 4.3 S. 380; 141 I 49 E. 3.4; 141 IV 305 E. 1.2 S. 308 f.; 140 III 167 E. 2.1 S. 168). 
Ob das angefochtene Urteil in diesem Sinne willkürlich ist, ist anhand der Vorbringen des Beschwerdeführers und namentlich im Lichte der Erwägungen des dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden bundesgerichtlichen Urteils 2C_200/2017 vom 14. Juli 2017 (dort insbesondere E. 4.3) zu prüfen. 
 
2.2. Das Bundesgericht hielt im Urteil vom 14. Juli 2017 dafür, die allgemeine Lebenserfahrung lege es nahe, dass für eine geordnete Beendigung des Aufenthalts bei der konkreten Ausgangslage (elfjährige Landesanwesenheit, laufende Arbeits- und Mietverträge) mehr als ein Monat erforderlich sei. Ausschlaggebend für die Aufhebung der vom Verwaltungsgericht im ersten Umgang angesetzten Ausreisefrist war, dass diese um ein Mehrfaches kürzer war als die von seinen Vorinstanzen angesetzten Fristen (39 Tage gerechnet ab Urteilsdatum oder 34 Tage gerechnet ab der Urteilseröffnung, im Unterschied zu der vom Migrationsamt angesetzten Frist von 78 Tagen ab Verfügungsdatum resp. der von der Sicherheitsdirektion [über die Festtage zu Jahreswende] angesetzten Frist von 89 Tage ab Entscheiddatum), ohne dass sich dem verwaltungsgerichtlichen Urteil eine Begründung für diese Abweichung bzw. Verkürzung entnehmen liess. Bedeutsam ist auch, dass der Beschwerdeführer vor Eintritt der Rechtskraft der Wegweisung (und bis zum Urteil des Bundesgerichts vom 14. Juli 2017) sich nicht definitiv auf die Ausreise vorbereiten musste.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer weiss heute gestützt auf das bundesgerichtliche Urteil vom 14. Juli 2017 abschliessend, dass er ausreisen muss. Sodann enthält das heute angefochtene Urteil eine Begründung für die Fristansetzung. Es ist sodann nicht willkürlich, sondern naheliegend, dass das Verwaltungsgericht für die Bemessung der Ausreisefrist auf den Eintritt der Rechtskraft der Wegweisung abstellt und dem Beschwerdeführer zumutet, dass er sofort nach Kenntnisnahme davon die für die Ausreise notwendigen Vorkehrungen zu treffen hatte und nicht tatenlos die neue Fristansetzung abwarten durfte, wie er offenbar meint. Es hebt hervor, dass diesem bei der von ihm angesetzten neuen Frist, gleich wie bei der Verfügung des Migrationsamts, 78 Tage zur Verfügung standen (14. Juli bis 30. September 2017). Auch wenn man - naheliegenderweise - auf den Zeitpunkt der Zustellung des Urteils 2C_200/2017 abstellt, sind es noch 67 Tage. Dies liegt weit über der vom Gesetz vorgesehenen Regelfrist von sieben und dreissig Tagen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass Umstände wie laufende Arbeits- und Mietverträge die Regel sind und nicht zwingend Anspruch auf eine - erheblich - über diesen Rahmen hinausgehende längere Ausreisefrist besteht, ist nicht willkürlich.  
 
2.4. Im vorliegenden Fall sieht der Beschwerdeführer die besonderen Umstände für eine deutlich längere Ausreisefrist namentlich in den laufenden Arbeits- und Mietverträgen sowie in seiner gesundheitlichen Situation.  
Zwar trifft, wie der Beschwerdeführer richtig feststellt, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der rechtskräftig weggewiesene Ausländer nicht mehr zur Erwerbstätigkeit berechtigt sei, so nicht zu; bis zum Ablauf der Ausreisefrist kann er hier blieben und auch arbeiten. Hingegen dürfte der Ablauf der auf die Wegweisung folgenden Ausreisefrist ein Grund für die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses sein (vgl. Art. 337 OR). Was sodann das Verwaltungsgericht über die Möglichkeit ausführt, für eine Wohnung in der Stadt Zürich, wo notorisch Wohnungsknappheit herrscht, einen Nachmieter zu finden, ist nicht willkürlich; Willkür tut der Beschwerdeführer mit der blossen Vermutung, dass für das Quartier U.________ nicht unbedingt Wohnungsknappheit herrsche, nicht dar. Bei der von ihm nun angeführten Tatsache, dass der Vermieter die Wohnung am 4. Mai 2017 auf den 31. März 2018 gekündigt habe, weil umfassende Renovationsarbeiten anstünden, was das Finden eines Nachmieters erschwere, handelt es sich um ein (wohl) unzulässiges Novum (Art. 99 BGG). Ohnehin stellt der Vermieter im Kündigungsschreiben in Aussicht, dass individuelle Lösungen für die vorzeitige Rückgabe der Wohnung gefunden werden können, sodass sich aus dem Mietverhältnis keine besonderen Gründe für eine längere Ausreisefrist ergeben. Im Übrigen dient die von Art. 64d Abs. 1 AuG vorgesehene Möglichkeit, ausnahmsweise eine Ausreisefrist von über 30 Tagen anzusetzen, nicht dazu, den Ausländer, für den rechtskräftig festgestellt ist, dass er keinen gültigen Anwesenheitstitel hat und ausreisen muss, erst auf den frühestmöglichen Zeitpunkt der Wohnungskündigung zur Ausreise verpflichten zu dürfen. Schliesslich macht der Beschwerdeführer medizinische Gründe geltend. Er führt aus, dass er in ärztlicher Behandlung an der Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie am Universitätsspital Zürich stehe; der letzte Eingriff habe am 3. August 2017 stattgefunden, und er beanspruche auch die Durchführung der Schlussuntersuchung in der Schweiz. Abgesehen davon, dass es sich auch dabei um ein unzulässiges Novum handeln würde, trifft diese Darstellung offensichtlich nicht zu: Der operative Eingriff erfolgte am 3. August  2016; Belege dafür, dass auch heute noch bzw. nach Ende September 2017 (welche) besonderen Nachuntersuchungen erforderlich wären, bringt der Beschwerdeführer nicht bei.  
 
2.5. Die Anwendung von Art. 64d Abs. 1 AuG bzw. die Ansetzung der Ausreisefrist auf den 30. September 2017 durch das Verwaltungsgericht erscheint in keinerlei Hinsicht willkürlich. Namentlich hält sich das Verwaltungsgericht an die Vorgaben im Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts. Die Beschwerde ist abzuweisen.  
 
3.   
Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind entsprechend dem Verfahrensausgang dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. Oktober 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Feller