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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_462/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. November 2014  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Nideröst, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich,  
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,  
 
Regierungsrat des Kantons Zürich.  
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung; Revision, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, Einzelrichter, vom 17. März 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren am 27. November 1985, Staatsangehöriger des Kosovo, reiste am 11. Oktober 1997 im Familiennachzug in die Schweiz und erhielt hier eine Niederlassungsbewilligung. Infolge mehrfacher Straffälligkeit widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich am 7. Mai 2010 die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies diesen aus der Schweiz weg. Dieser Entscheid wurde in der Folge vom Regierungsrat (Beschluss vom 15. Juni 2011), vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Urteil vom 18. Januar 2012) und vom Bundesgericht (Urteil 2C_197/2012 vom 29. Oktober 2012) bestätigt. Das Migrationsamt setzte A.________ anschliessend eine neue Frist zum Verlassen der Schweiz bis zum 31. Januar 2013. 
 
B.  
 
B.a. Am 11. April 2013 liess der anwaltlich vertretene A.________ beim Migrationsamt ein Revisionsgesuch einreichen und beantragte vollumfängliche Aufhebung der Verfügung vom 7. Mai 2010. Das Migrationsamt trat auf das Gesuch am 17. April 2013 nicht ein. Auf Rekurs hin hob die Sicherheitsdirektion am 21. August 2013 die Verfügung des Migrationsamts auf und überwies das Revisionsgesuch zuständigkeitshalber an den Regierungsrat. Dieser trat mit Entscheid vom 29. Januar 2014 auf das Revisionsgesuch nicht ein, weil das Verwaltungsgericht zuständig sei. Von einer Überweisung an das Verwaltungsgericht sah er ab.  
 
B.b. Mit Beschwerde vom 7. März 2014 liess A.________ dem Verwaltungsgericht beantragen, die Sache sei an den Regierungsrat zur materiellen Behandlung seines Revisionsgesuchs zurückzuweisen, eventualiter habe der Regierungsrat das Gesuch fristwahrend an das Verwaltungsgericht weiterzuleiten bzw. sei das Gesuch an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Zudem ersuchte er um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Urteil vom 17. März 2014 erwog das Verwaltungsgericht, für die Beurteilung des Revisionsgesuchs sei das Bundesgericht zuständig. Das Verwaltungsgericht sei nicht verpflichtet, das Gesuch von Amtes wegen an das Bundesgericht weiterzuleiten. Demzufolge wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wies es ebenfalls ab, soweit es nicht gegenstandslos wurde. Die Gerichtskosten nahm es auf die Gerichtskasse.  
 
 
C.   
A.________ erhebt mit Eingabe vom 15. Mai 2014 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Sache im Sinne der Erwägungen zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese das Revisionsgesuch vom 11. April 2013 fristwahrend an das Bundesgericht weiterleite. Eventualiter sei das Revisionsgesuch fristwahrend an die für dessen Behandlung funktionell zuständige kantonale Behörde weiterzuleiten. Zudem beantragt er, die Vorinstanz sei anzuweisen, über die Entschädigungsfolgen des kantonalen Rechtsmittelverfahrens neu zu befinden und das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren gutzuheissen. Er beantragt auch für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege. 
Das Verwaltungsgericht und der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragen Abweisung der Beschwerde. Die Sicherheitsdirektion verzichtet auf Vernehmlassung. A.________ repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts ist grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG), im Bereich des Ausländerrechts jedoch u.a. unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 AuG). E contrario ist sie zulässig gegen Entscheid betreffend den Widerruf der Niederlassungsbewilligung, da auf deren Fortbestand grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht (bestätigt im Urteil 2C_611/2013 vom 13. Oktober 2014, mit Hinweis auf BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Sie muss daher auch zulässig sein in Bezug auf Revisionsgesuche, welche den Widerruf der Niederlassungsbewilligung betreffen. 
 
2.   
Gegenstand des Verfahrens ist zunächst die Frage, welche Behörde für die Behandlung des Revisionsgesuchs vom 11. April 2013 zuständig sei. 
 
2.1. Mit Urteil des Bundesgerichts vom 29. Oktober 2012 wurde rechtskräftig (Art. 61 BGG) entschieden, dass die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers widerrufen wird. Gegen diesen Entscheid ist die Revision möglich, sofern einer der in den Art. 121-123 BGG genannten Revisionsgründe vorliegt. Das Revisionsgesuch ist innert der in Art. 124 BGG genannten Fristen beim Bundesgericht einzureichen.  
 
2.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht ist ein devolutives und grundsätzlich reformatorisches Rechtsmittel (Art. 107 BGG; BGE 138 II 169 E. 3.3 S. 171). Dementsprechend ersetzt der Sachentscheid des Bundesgerichts den vorinstanzlichen Entscheid (BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144; 130 V 138 E. 4.2 S. 142 f.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A. 2010, S. 414 Rz. 1807; KIENER/RÜTSCHE/KUHN, Öffentliches Verfahrensrecht, 2012, S. 365 Rz. 1539). Ein Revisionsgesuch kann deshalb nur gegen das Urteil des Bundesgerichts gerichtet werden, nicht gegen die diesem vorangegangenen Entscheide der unteren Instanzen (BGE 134 III 669 E. 2.2 S. 670 f.; Urteile 8C_602/2011 vom 30. September 2011 E. 1.3; 2C_810/2009 vom 26. Mai 2010 E. 3.1.2). Denn mit einem solchen Vorgehen würde eine untere Instanz das Sachurteil des Bundesgerichts aufheben oder abändern, was offensichtlich nicht angeht.  
 
2.3. Daraus ergibt sich, dass für die Behandlung des Revisionsgesuchs einzig das Bundesgericht zuständig sein konnte, wie die Vorinstanz mit Recht erwogen hat.  
 
3.   
Der Beschwerdeführer rügt weiter, die Vorinstanz hätte das Revisionsgesuch an das Bundesgericht weiterleiten müssen. 
 
3.1. Nach Art. 48 Abs. 3 BGG gilt eine Frist (für Eingaben an das Bundesgericht) als gewahrt, wenn die Eingabe rechtzeitig bei der Vorinstanz oder bei einer unzuständigen eidgenössischen oder kantonalen Behörde eingereicht worden ist. Die Eingabe ist unverzüglich dem Bundesgericht zu übermitteln.  
 
3.2. Art. 48 Abs. 3 BGG ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben und des Verbots übertriebener Formstrenge; er will vermeiden, dass eine Partei, die aufgrund von Zweifeln, irreführender Rechtsmittelbelehrung, Rechtsunkenntnis oder faktischer Unmöglichkeit eine für das Bundesgericht bestimmte Eingabe bei einer unzuständigen Behörde einreicht, um ihr Recht gebracht wird (Urteil 2C_610/2010 vom 21. Januar 2011 E. 2.5; AMSTUTZ/ARNOLD, Basler Kommentar BGG, 2. A., N 21 zu Art. 48; FRÉSARD, Commentaire LTF, 2. A., N. 20 und 22 zu Art. 48; vgl. zur Regelung unter dem OG BGE 121 I 93 E. 1d). Art. 48 Abs. 3 BGG darf aber nicht missbräuchlich angerufen werden und entbindet die Parteien nicht von der Obliegenheit zur sorgfältigen Prozessführung (Urteile 1C_427/2009 vom 16. November 2009 E. 1.5; 1C_104/2008 vom 13. März 2008 E. 1.2.1, in: RtiD 2008 II pag. 160; CAVELTI, Kommentar VwVG, 2008, Rz. 17 zu Art. 21). Rechtsmissbrauch liegt nicht bereits vor, wenn jemand seine an die zuständige Behörde adressierte Eingabe bei einer anderen Behörde einreicht (Urteile 6B_9/2012 vom 7. Mai 2012 E. 1.3; 9C_885/2009 vom 1. Februar 2010 E. 4.2, SVR 2010 IV N. 57; 1C_379/2008 vom 12. Januar 2009 E. 1.2, ZBl 111/2010 S. 588). Aber wer bewusst oder trölerisch seine Eingabe an eine unzuständige Behörde richtet, kann sich nicht auf die Weiterleitungspflicht berufen (Urteile 2C_610/2010 vom 21. Januar 2011 E. 2.5; 2D_19/2009 vom 10. Juni 2009 E. 2.2; 2C_98/2008 vom 12. März 2008 E. 2.3).  
 
3.3. Dass die Revision eines bundesgerichtlichen Urteils nicht durch eine kantonale Verwaltungsstelle erfolgen kann (vorne E. 2.2), gehört zum Elementarwissen eines Anwalts. Dennoch hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer sein Revisionsgesuch ausdrücklich an das kantonale Migrationsamt gerichtet und eine Revision der (durch das Urteil des Bundesgerichts ersetzten) Verfügung vom 7. Mai 2010 beantragt. Es musste dem Anwalt ohne weiteres klar sein, dass ein solches Vorgehen unzulässig ist. Das Revisionsgesuch ist zudem auch inhaltlich offensichtlich unbegründet: Der Beschwerdeführer beruft sich darin einerseits auf neue Tatsachen oder Beweismittel, die nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 29. Oktober 2012 entstanden sind und daher von vornherein keinen Revisionsgrund darstellen können (Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG); jedenfalls so lange als sie - wie hier - die tatbeständliche Grundlage des Urteils nicht in erheblichem Ausmass verändern (vgl. Urteil 8F_8/2009 vom 3. Dezember 2009 E. 1.2). Andererseits kritisiert er in appellatorischer Weise das Urteil des Bundesgerichts. Das Gesuch ist offensichtlich Teil einer trölerischen Strategie mit dem Ziel, die Vollstreckung des rechtskräftigen Bundesgerichtsurteils zu hintertreiben. Ein derartiges Vorgehen ist missbräuchlich. Das Verwaltungsgericht war deshalb nicht verpflichtet, das Gesuch dem Bundesgericht weiterzuleiten.  
 
 
4.   
Der Beschwerdeführer kritisiert zudem, dass die Vorinstanz die unentgeltliche Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit verweigert habe. Wie sich aus dem Vorangehenden ergibt, war das Vorgehen des Beschwerdeführers jedoch von vornherein aussichtslos. 
 
5.   
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Das auch vor Bundesgericht gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. November 2014 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein