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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 271/01 
 
Urteil vom 24. Dezember 2002 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Arnold 
 
Parteien 
B.________, 1963, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Ruedi Garbauer, Hungerbüelstrasse 22, 8502 Frauenfeld, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
(Entscheid vom 9. Mai 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 24. Februar 2000 lehnte es die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ab, B.________, geb. 1963, über den 1. März 1999 hinaus Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung aus der am 24. Oktober 1998 erlittenen Auffahrkollision zu erbringen, weil keine Unfallfolgen mehr vorlägen. Auf Einsprache der Versicherten hin bekräftigte die SUVA ihren Standpunkt, wobei sie ergänzte, ein allfälliges psychisches Beschwerdebild stünde in keinem adäquaten Kausalzusammenhang zum Unfallereignis (Einspracheentscheid vom 23. Juni 2000). 
B. 
Die von B.________ dagegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ab (Entscheid vom 9. Mai 2001). 
C. 
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das Rechtsbegehren stellen, die SUVA sei, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides, zu verpflichten, ihr die gesetzlichen Leistungen weiterhin zu erbringen. 
 
Die SUVA beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die als Mitinteressierte beigeladene Concordia, Krankenversicherer der B.________, und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Streitig und zu prüfen ist, ob für die Zeit ab 1. März 1999 ein behandlungsbedürftiger und/oder zu Arbeitsunfähigkeit führender Gesundheitsschaden auszumachen ist, welcher in natürlich und adäquat kausaler Weise auf den versicherten Unfall vom 24. Oktober 1998 zurückzuführen ist. Im Zentrum steht dabei die rechtliche Beurteilung des von verschiedenen beteiligten Ärzten diagnostizierten - protrahierten - chronischen Schmerzsyndroms im Schulter- und Nackenbereich bei Status nach Halswirbelsäule (HWS)-Distorsionstrauma am 24. Oktober 1998 (Berichte des Dr. med. R.________, Spezialarzt FMH für Allgemeine Medizin, vom 8. Dezember 1999, des Dr. med. C.________, Oberarzt an der Klinik X.________, vom 20. Oktober 1999). Dem am 11. November 1999 operativ sanierten Karpaltunnelsyndrom rechts (Berichte des Dr. med. H.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie, vom 12. und 18. November 1999) kommt keine Bedeutung zu, weil die Parteien nach der Aktenlage zu Recht darüber einig sind, dass es keine Unfallfolge sondern degenerativ bedingt ist. 
1.2 Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang im Allgemeinen (BGE 119 V 337 Erw. 1) und bei Schleudertraumen der HWS oder äquivalenten Verletzungsmechanismen im Besonderen (BGE 117 V 360 Erw. 4b; vgl. auch BGE 119 V 340 Erw. 2b/aa und RKUV 2000 Nr. U 359 S. 29) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
Hat die versicherte Person beim Unfall ein Schleudertrauma der HWS, eine dem Schleudertrauma äquivalente Verletzung (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 Erw. 2) oder ein Schädel-Hirntrauma (BGE 117 V 382 Erw. 4b) erlitten, erfolgt die Beurteilung der Adäquanz von Unfallschäden nach Massgabe der in BGE 117 V 366 Erw. 6a und 382 Erw. 4b umschriebenen Grundsätze. Treten die dem typischen Beschwerdebild zuzuordnenden Befindlichkeitsstörungen im Vergleich zu einer ausgeprägten psychischen Problematik ganz in den Hintergrund, sind die für die Adäquanzbeurteilung in BGE 115 V 138 ff. Erw. 6 für Unfälle mit psychischen Schäden genannten Kriterien massgebend (BGE 123 V 99 Erw. 2a). 
2. 
2.1 Es ist nach den Akten erstellt und zu Recht unbestritten, dass die Beschwerdeführerin bei der Auffahrkollision vom 24. Oktober 1998 eine Schleuderverletzung der HWS erlitten hat. Für die Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen den geklagten Schmerzen im Schulter- und Nackenbereich sowie dem genannten Unfallereignis ist erforderlich und hinreichend, dass das Leiden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zumindest teilursächlich (BGE 119 V 337 Erw. 1 mit Hinweis) durch die Schleuderverletzung der HWS initiiert wurde und weiterhin unterhalten wird. Die Auffassung des Dr. med. U.________, SUVA Ärzteteam Unfallmedizin, in seinen Beurteilungen vom 8. Juni und 20. November 2000, wonach das ärztlicherseits als protrahiertes chronisches Schmerzsyndrom im Schulter- und Nackenbereich bezeichnete Beschwerdebild völlig unspezifisch und mangels "harter Fakten (normale Röntgenbilder, keine neurologische Ausfälle)" keine wahrscheinliche Unfallfolge sei, ist mit der Rechtsprechung gemäss BGE 117 V 360 Erw. 4b und BGE 119 V 340 Erw. 2b/aa nicht vereinbar. Danach ist es nicht statthaft, nur bei ausgewiesenen orthopädischen und/oder neurologischen Befunden den natürlichen Kausalzusammenhang zu bejahen, wie es Dr. med. U.________ anscheinend tut, wenn er im älteren der zitierten Berichte zusammenfassend festhält, es gäbe seitens der HWS keine angemessene organische Erklärung für das sekundäre psychosomatische Phänomen im Bereich des Schultergürtels. Bei gesicherter Diagnose einer Schleuderverletzung der HWS und Vorliegen der mit einer solchen Verletzung erfahrungsgemäss häufig einhergehenden Beschwerden ist die natürliche Kausalität rechtsprechungsgemäss als gegeben zu betrachten, sofern die medizinischen Grundlagen schlüssig sind. Das ist etwa zu verneinen, wenn ein erheblicher prämorbider Zustand gegeben ist, welcher ebenfalls für die Beschwerden (allein-)verantwortlich zeichnen könnte und/oder eine erhebliche psychogene Überlagerung ausgewiesen ist, die für den protrahierten Verlauf bestimmend ist. Beides trifft im Falle der Beschwerdeführerin, nach Lage der Akten, indes nicht zu. Gegenteils sprechen sich die mit der Sache befassten Ärzte weit überwiegend ausdrücklich dafür aus, dass die geklagten Beschwerden natürlich kausale Folge der erlittenen Schleuderverletzung der HWS sind. Namentlich Dr. med. H.________ hält in seinem Bericht vom 18. November 1999 im Anschluss an die von ihm vorgenommene Karpaltunnelspaltung rechts fest, durch die Operation (vom 11. November 1999) sei ein grosser Teil der Beschwerden saniert worden; verblieben seien indes die Beschwerden im Hals- und Schulterbereich, herrührend vom Schleudertrauma der HWS. 
2.2 Nach dem Gesagten bilden die internen medizinischen Beurteilungen, auf welche die Beschwerdegegnerin in ihrem Einspracheentscheid sowie das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid wesentlich abgestellt haben, keine genügende Grundlage für eine abschliessende Beurteilung der natürlichen Kausalität. Eine Ablehnung der Leistungspflicht kann nicht ohne zusätzliche Abklärungen erfolgen. Nachdem im Einspracheentscheid ein allfälliges psychisches Beschwerdebild, über dessen Beschaffenheit nach Lage der Akten keine Klarheit besteht, als von vornherein nicht adäquat kausale Unfallfolge qualifiziert wurde, ist die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie eine anstaltsexterne, die physische wie psychische Gesundheit betreffende Begutachtung der Beschwerdeführerin anordne und danach über die Leistungsberechtigung neu verfüge. 
3. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Ausgang des Prozesses entsprechend steht der obsiegenden Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 9. Mai 2001 und der Einspracheentscheid vom 23. Juni 2000 aufgehoben werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die SUVA hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, der CONCORDIA Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 24. Dezember 2002 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: