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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_133/2019  
 
 
Urteil vom 25. Juni 2019  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiberin Stanger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Friedauer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 28. Dezember 2018 (IV.2018.00121). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1976 geborene A.________ meldete sich im November 2015 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich tätige erwerbliche und medizinische Abklärungen und liess den Versicherten durch Dr. med. B.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, begutachten (psychiatrische Expertise vom 4. November 2016). Mit Verfügung vom 14. Dezember 2017 verneinte sie einen Rentenanspruch. 
 
B.   
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 28. Dezember 2018 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 28. Dezember 2018 sei aufzuheben und die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, ihm eine Invalidenrente auszurichten; eventualiter sei die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit diese nach erfolgten Abklärungen neu entscheide. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Die Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts, einschliesslich der antizipierten Schlussfolgerung, wonach keine weiteren medizinischen Abklärungen erforderlich sind, beschlägt Fragen tatsächlicher Natur und ist daher für das Bundesgericht grundsätzlich bindend. Eine Bindungswirkung fehlt, wenn die Beweiswürdigung willkürlich ist, was nicht bereits dann zutrifft, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56; vgl. auch BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4f.).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente der Invalidenversicherung. 
 
3.   
Das kantonale Gericht stellte zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit auf das psychiatrische Gutachten des Dr. med. B.________ vom 4. November 2016 ab, wonach keine Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit vorliege. Als Diagnose ohne Einschränkung der Arbeitsfähigkeit habe der Experte eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion, bei psychosozialer Belastungssituation (Probleme bei der kulturellen Eingewöhnung, berufliche und finanzielle Probleme; ICD-10 F43.21, Z56, Z60.3) gestellt. Die vom behandelnden Psychiater Dr. med. C.________ diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung erachtete die Vorinstanz hingegen als nicht rechtsgenüglich dargetan. 
 
4.   
Sämtliche in der Beschwerde erhobenen Einwendungen vermögen an dieser Betrachtungsweise nichts zu ändern. Die im angefochtenen Entscheid einlässlich begründete Beweiswürdigung ist für das Bundesgericht verbindlich, zumal von willkürlicher Abwägung durch die Vorinstanz oder anderweitiger Rechtsfehlerhaftigkeit im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG nicht die Rede sein kann (vgl. E. 1.1 und 1.2). 
 
4.1. Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, erfüllt die Expertise des Dr. med. B.________ die Anforderungen der Rechtsprechung an beweiskräftige medizinische Berichte (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352). Was der Versicherte gegen das Gutachten vorbringt, hält nicht stand.  
 
4.1.1. Ins Leere zielt insbesondere der Einwand, der psychiatrische Experte habe sich mit der Aussage des Versicherten begnügt, er wolle nicht über seine Kriegserlebnisse sprechen, und die Expertise lasse zudem eine "detaillierte und systematische Exploration des traumatischen Ereignisses" sowie eine Auseinandersetzung mit der Beurteilung des behandelnden Psychiaters Dr. med. C.________ vermissen. Der Versicherte machte gegenüber dem Gutachter verschiedene Ausführungen über seine Erlebnisse in den Jahren 1998 und 1999, namentlich auch über seine Gefangenschaft. Darüber hinaus enthält der Arztbericht des Dr. med. C.________ vom 11. März 2016 eine detaillierte Schilderung der damaligen Ereignisse. Dass der psychiatrische Experte deren Relevanz nicht hätte ausreichend erfassen können, ist nicht ersichtlich. Weiter befasste er sich auch mit der Diagnosestellung und Arbeitsfähigkeitsbeurteilung des behandelnden Psychiaters, indem er festhielt, die klassischen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung würden fehlen, immerhin sei es dem Versicherten möglich gewesen, im Heimatland und auch in der Schweiz über weite Strecken arbeitsfähig zu bleiben (vgl. dazu auch E. 4.2.1 nachfolgend). Es fänden sich weder in der aktuellen Untersuchung noch in den Vorakten klare Hinweise auf einen relevanten psychischen Gesundheitsschaden, der eine langfristige Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen würde.  
 
4.1.2. Soweit der Beschwerdeführer moniert, es fehle hinsichtlich der von ihm geklagten Konzentrationsschwierigkeiten an "testdiagnostische[n] Untersuchungen", ist dem entgegenzuhalten, dass es grundsätzlich dem psychiatrischen Experten überlassen bleibt, über Art und Umfang der aufgrund der konkreten Fragestellung notwendigen Untersuchungen zu befinden (Urteile 9C_93/2019 vom 10. April 2019 E. 4.1.2 und 8C_827/2018 vom 10. April 2019 E. 6.2.1). Dies gilt hier umso mehr, als der behandelnde Psychiater von einer unauffälligen bis (lediglich) leichtgradig eingeschränkten Konzentration ausging.  
 
4.1.3. Auch die weiteren Rügen, welche (primär) die Qualitätsleitlinien für psychiatrische Gutachten in der Eidgenössischen Invalidenversicherung der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP) sowie den Fragekatalog gemäss IV-Rundschreiben Nr. 339 des Bundesamtes für Sozialversicherungen vom 9. September 2015 betreffen, sind nicht geeignet, den Beweiswert der Expertise in Frage zu stellen.  
 
4.1.4. Schliesslich setzt sich der Beschwerdeführer mit den zutreffenden Darlegungen in Erwägung 4.5.1 des angefochtenen Entscheides nicht auseinander. Danach stehe die Beurteilung von Dr. med. B.________, wonach im Zeitpunkt der Begutachtung lediglich eher mild ausgeprägte depressive Symptome bestanden hätten, mit dem von ihm erhobenen Psychostatus im Einklang und vermöge daher zu überzeugen. Gleiches gelte - mit Blick auf die in der Expertise unter dem Titel "Soziales" wiedergegebenen Angaben des Versicherten - auch für die Beurteilung von Dr. med. B.________, wonach das psychische Beschwerdebild massgeblich durch psychosoziale Belastungsfaktoren (namentlich finanzielle Probleme, Angst vor drohender Ausschaffung, Probleme im Umgang mit seinen Landsleuten) beeinflusst sei. Es bestehe daher kein Grund, die gutachterliche Schlussfolgerung, wonach aus rein psychiatrischer Sicht zum Zeitpunkt der Untersuchung beim Beschwerdeführer keine Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, in Frage zu stellen.  
 
4.2. Weiter gelangte die Vorinstanz zum Ergebnis, aufgrund der vorliegenden Gegebenheiten könne der Beurteilung des behandelnden Psychiaters, wonach beim Versicherten eine posttraumatische Belastungsstörung mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit vorliege, ohnehin nicht gefolgt werden.  
 
4.2.1. Soweit der Beschwerdeführer dagegen einwendet, die Umstände des Einzelfalles seien in keiner Weise geprüft worden, kann ihm nicht gefolgt werden. Das kantonale Gericht begründete einlässlich, weshalb aufgrund der langen Latenzzeit und der konkreten Lebensumstände nicht von einer (invalidisierenden) posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen sei, wobei es auch auf die einschlägige Rechtsprechung Bezug nahm (BGE 142 V 342 E. 5.1 u. 5.2 S. 345 ff.; Urteile 9C_195/2015 vom 24. November 2015 E. 3.3.3 und 9C_228/2013 vom 26. Januar 2013 E. 4.1.2 u. 4.1.3). Es erwog, bei einer Latenzzeit von mindestens acht Jahren würde die gemäss    ICD-10 postulierte Latenzzeit von sechs Monaten um ein Vielfaches überschritten. Konkrete Gründe, welche im vorliegenden Fall für die Bejahung einer "Ausnahmekonstellation mit Berücksichtigung einer längeren Latenzzeit" sprächen (vgl. Urteil 9C_195/2015 vom 24. November 2015 E. 3.3.3), seien nicht auszumachen. Vielmehr würden die konkreten Lebensumstände des Beschwerdeführers die Annahme bekräftigen, dass das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung unwahrscheinlich erscheine: Während der Latenzzeit sei der Beschwerdeführer 2003 in die Schweiz immigriert, sei daraufhin mehreren unterschiedlichen Erwerbstätigkeiten in verschiedenen Branchen nachgegangen und habe eine Familie gegründet. Im Jahr 2011 habe er zudem den LKW-Führerausweis erlangt.  
 
4.2.2. Diese tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts werden vom Beschwerdeführer nicht bestritten, womit sie für das Bundesgericht verbindlich sind (E. 1.1). Damit ist die Vorinstanz auch nicht in Willkür verfallen (E. 1.2), wenn sie zum Ergebnis gelangte, vor diesem Hintergrund genügten die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers alleine, bei sonst gänzlich fehlenden objektiven Anhaltspunkten, zum Vornherein nicht, "um ein schweres, zur - um viele Jahre verzögerten - Auslösung einer posttraumatischen Belastungsstörung geeignetes Trauma als überwiegend wahrscheinlich erscheinen zu lassen". Gleiches gilt für ihre Schlussfolgerung, in Anbetracht der langen Latenzzeit in Verbindung mit den konkreten Lebensumständen sei das Vorhandensein einer zu Arbeitsunfähigkeit führenden Belastungsstörung auch durch ergänzende psychiatrische Abklärungen nicht als überwiegend wahrscheinlich zu beweisen.  
 
4.2.3. Mangels Entscheidwesentlichkeit braucht auf die weiteren Erwägungen im angefochtenen Entscheid zu den von der Vorinstanz als teilweise widersprüchlich erachteten Angaben des Versicherten zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Hotel X.________ und zum Tod seiner Schwester - und den diesbezüglichen Einwänden des Versicherten - nicht näher eingegangen zu werden. Weder aus der Expertise des Dr. med. B.________ noch aus dem Bericht des behandelnden Psychiaters ergibt sich, dass die diesbezüglichen Umstände für die Diagnosestellung oder Arbeitsfähigkeitsbeurteilung von Relevanz waren.  
 
4.3. Zusammenfassend verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, indem sie auf das Gutachten des Dr. med. B.________ abstellte und von einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit ausging.  
 
5.   
Die weiteren Erwägungen der Vorinstanz zur Arbeitsfähigkeit wie auch jene zur Invaliditätsbemessung blieben letztinstanzlich unbestritten, weshalb sich Weiterungen hierzu erübrigen. Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
6.   
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 25. Juni 2019 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Stanger