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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_79/2009 
 
Urteil vom 25. September 2009 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Parteien 
Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, Stampfenbachstrasse 32, 8001 Zürich, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
K.________, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. November 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
K.________, geboren 1954, hatte bis zum 30. September 2007 mit einem 80%-Pensum bei der Firma X.________ als Logistic Officer gearbeitet. Danach wollte sie sich vollzeitlich ihrer Tätigkeit als Begleiterin von Meditationssitzungen und Ayurveda-Gesundheits-Beraterin widmen, welche sie, nachdem sie die entsprechenden Ausbildungen absolviert hatte, schon seit Jahren ausübte. Am 27. Februar 2008 meldete sie sich zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an. Mit Verfügung vom 22. Mai 2008 und Einspracheentscheid vom 5. August 2008 lehnte das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Zürich die Anspruchsberechtigung ab unter Hinweis auf die selbstständige Erwerbstätigkeit. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. November 2008 gut. Es hob den Einspracheentscheid vom 5. August 2008 auf und stellte fest, dass K.________ ab 27. Februar 2008 vermittlungsfähig sei und damit einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung habe, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. 
 
C. 
Das AWA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides. 
 
K.________ (unter Hinweis darauf, dass sie seit August 2008 zu 70% fest angestellt sei) und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG), die dafür vorausgesetzte Vermittlungsfähigkeit (Art. 15 Abs. 1 AVIG) und die dazu ergangene Rechtsprechung, insbesondere bezüglich der Vermittlungsbereitschaft als Teilgehalt der Vermittlungsfähigkeit (BGE 125 V 51 E. 6a S. 58) und der Vermittlungsfähigkeit bei Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (ARV 1998 Nr. 32 S. 174, C 248/96 E. 4a; vgl. auch ARV 2002 S. 55, C 353/00 E. 2b), zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben ist auch die Rechtsprechung, wonach die Bestimmung über den Ausschluss arbeitgeberähnlicher Personen und ihrer im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG) analog anzuwenden ist auf arbeitgeberähnliche Personen und deren Ehegatten (BGE 123 V 234 E. 7 S. 236) sowie selbstständig Erwerbstätige, welche Arbeitslosenentschädigung verlangen (Urteil C 9/05 vom 21. Dezember 2005 E. 2.3), zur Überprüfung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung unter dem Gesichtspunkt der rechtsmissbräuchlichen Gesetzesumgehung. Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Das Beschwerde führende Amt macht geltend, dass unter analoger Anwendung der Bestimmung von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG generell kein Anspruch selbstständig Erwerbstätiger auf Arbeitslosenentschädigung bestehe. Die Vermittlungsfähigkeit sei dabei - anders als bei Personen mit arbeitgeberähnlicher Stellung - nicht zu prüfen, oder, falls doch, analog der Regelung von Art. 71d Abs. 2 AVIG zu verneinen. 
 
4. 
4.1 Bei der Beurteilung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung andauernd selbstständig erwerbender Personen unter dem Gesichtspunkt der rechtsmissbräuchlichen Gesetzesumgehung ist rechtsprechungsgemäss massgebend, ob der Status des Selbstständigerwerbenden mit dem Ziel dauernder wirtschaftlicher und unternehmerischer Unabhängigkeit beibehalten wird (Urteil C 9/05 vom 21. Dezember 2005 E. 2.3). Die Dauerhaftigkeit der selbstständigen Erwerbstätigkeit ist insofern von Bedeutung, als sie allenfalls die Vermittlungsfähigkeit in Frage stellt. Sie ist indessen keine negative Anspruchsvoraussetzung, bei deren Vorliegen ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung von vornherein ausgeschlossen wäre. Massgebendes Kriterium für diesen Anspruch ist die Vermittlungsfähigkeit (Urteil C 88/02 vom 17. Dezember 2002 E. 2.4.1). Übt eine versicherte Person während ihrer Arbeitslosigkeit eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus, ist die Vermittlungsfähigkeit nur solange gegeben, als die selbstständige Erwerbstätigkeit ausserhalb der normalen Arbeitszeit ausgeübt werden kann (Urteil C 353/00 vom 16. Juli 2001 E. 2b). 
 
4.2 Das Bundesgericht hat die dargelegte Rechtsprechung jüngst weiter konkretisiert. Bei einer Person, die unfreiwillig aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, sich jedoch nicht umgehend zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung anmeldet, sondern durch die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung zu vermeiden versucht, ist es sachlich gerechtfertigt, den Leistungsanspruch ab Anmeldung zum Bezug von Arbeitslosentaggeldern unter den Gesichtspunkten des Aufbaus einer auf Dauer angelegten oder nur vorübergehenden Selbstständigkeit und der Vermittlungsfähigkeit zu prüfen (Urteil 8C_81/2009 vom 27. August 2009 E. 3.3 und 3.4). 
 
4.3 Zu ergänzen ist, dass es sich bei der Feststellung der Vermittlungsfähigkeit um eine Tatfrage handelt (Urteil 8C_267/2007 vom 17. September 2007 E. 2.1). 
 
5. 
5.1 Es ist unbestritten, dass die Versicherte ihre vormalige (80%-) Stelle wegen körperlicher Überanstrengung auf den 30. September 2007 gekündigt hat mit der Absicht, sich selbstständig zu machen. Zu diesem Zweck hat sie sich auch ihr Pensionskassenguthaben auszahlen lassen. 
 
5.2 Auch wenn die Versicherte gesundheitliche Gründe für ihre Kündigung anführt, ändert dies doch nichts daran, dass sie selbst das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat und damit nicht unfreiwillig aus dem Betrieb der vormaligen Arbeitgeberin ausgeschieden ist. Des Weiteren ist unter den gegebenen Umständen davon auszugehen, dass die Versicherte mit der Aufgabe der bisherigen Stelle einen definitiven Statuswechsel angestrebt und diesen am 1. Oktober 2007 vollzogen hat. Somit war damals eine auf Dauer ausgerichtete Selbstständigkeit gewollt. Zudem steht ausser Zweifel, dass die Versicherte die selbstständige Tätigkeit vollzeitlich auszuüben beabsichtigte und damit eine Vermittlungsfähigkeit nicht gegeben war. Am 1. Oktober 2007 bestand daher mangels Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen kein Leistungsanspruch. 
 
5.3 Indessen hat das kantonale Gericht gestützt auf die Bestätigung der Ausgleichskasse des Kantons Zürich vom 16. Juni 2008 festgestellt, dass die Versicherte den Status der Selbstständigerwerbenden im Haupterwerb per 1. März 2008 aufgegeben habe und eine Mutation zur selbstständigen Erwerbstätigkeit im Nebenerwerb erfolgt sei. In diesem Zusammenhang hat sie des Weiteren auch die Vermittlungsfähigkeit geprüft und erwogen, dass sich die Versicherte bei ihrer Anmeldung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung am 27. Februar 2008 für ein 80%-Pensum zur Verfügung gestellt habe. Ihre Tätigkeit als Anbieterin von Meditations- und Ayurvedakursen könne sie an den freien Tagen und ausserhalb der üblichen Arbeitszeiten ausüben, und sie habe während ihrer Arbeitslosigkeit intensiv eine ihren Fähigkeiten und Erfahrungen angepasste Teilzeitstelle gesucht; ihre Arbeitsbemühungen seien von der Kasse nie bemängelt worden. Zudem sei - auch wenn die Vermittlungsfähigkeit prospektiv zu beurteilen sei (BGE 120 V 385 E. 2 S. 387) - nicht ausser Acht zu lassen, dass die Versicherte schliesslich am 25. August 2008 eine Stelle im gesuchten Bereich und Pensum habe antreten können. 
 
5.4 Dass die vorinstanzliche Feststellung der Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit im Haupterwerb per 1. März 2008 offensichtlich unrichtig sei, wird vom Beschwerde führenden Amt nicht geltend gemacht, und es bestehen angesichts der schriftlichen Bestätigung der Ausgleichskasse auch keine diesbezüglichen Anhaltspunkte. Für das Bundesgericht steht daher verbindlich fest, dass die Versicherte ihre selbstständige Tätigkeit per 1. März 2008 wieder auf das Mass von früher, als sie noch Arbeitnehmerin war, reduziert und damit die Selbstständigkeit in dem Rahmen, wie sie sie am 1. Oktober 2007 gesteigert hatte, wieder aufgegeben hat. Unbestrittenerweise war zu diesem Zeitpunkt auch die Vermittlungsfähigkeit, die das kantonale Gericht nach der in Erwägung 4.2 dargelegten Rechtsprechung zu Recht geprüft hat, gegeben. Mit der Vorinstanz ist daher die Anspruchsberechtigung ab der Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung am 27. Februar 2008 zu bejahen. 
 
5.5 Schliesslich ist noch anzufügen, dass die Arbeitslosigkeit als beendet gilt und die versicherte Person keine weiteren Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr erhält, wenn sie ein besonderes Taggeld nach Art. 71a ff. AVIG bezogen hat (BGE 126 V 212 E. 3a S. 213). Dies wird indessen vom Beschwerde führenden Amt nicht geltend gemacht, weshalb die genannte Bestimmung und die dazu ergangene Rechtsprechung hier keine Anwendung findet. 
 
6. 
Ungeachtet seines Unterliegens sind dem Beschwerde führenden Amt keine Gerichtskosten aufzuerlegen, weil es in seinem amtlichen Wirkungskreis und nicht im eigenen Vermögensinteresse handelt (Art. 66 Abs. 4 BGG; BGE 133 V 640 E. 4.5 S. 641). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 25. September 2009 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Durizzo