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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1A.247/2005 /gij 
 
Urteil vom 25. Oktober 2005 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio, 
Gerichtsschreiberin Schoder. 
 
Parteien 
X.________, zzt. in Auslieferungshaft, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Deutschland, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Auslieferungsentscheid des Bundesamts für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, vom 11. August 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Das Amtsgericht Bielefeld/D erliess am 28. Juli 2004 in einem Strafverfahren gegen X.________ wegen Betrug, falscher Anschuldigung und versuchter Nötigung einen Haftbefehl infolge Fluchtgefahr. In der Folge wurde X.________ von Interpol Wiesbaden/D international zur Fahndung ausgeschrieben. Am 28. Juni 2005 wurde er in Luzern verhaftet und in provisorische Auslieferungshaft versetzt. 
 
Anlässlich seiner Einvernahme vom 28. Juni 2005 gab X.________ zu Protokoll, mit einer vereinfachten Auslieferung im Sinne von Art. 54 des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1) nicht einverstanden zu sein. 
 
Am 29. Juni 2005 erliess das Bundesamt für Justiz (BJ) einen Auslieferungshaftbefehl gegen X.________ und verfügte gleichzeitig die Sicherstellung der bei der Verhaftung beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte. Eine beim Bundesstrafgericht dagegen erhobene Beschwerde zog X.________ anlässlich der mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2005 zurück. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts schrieb das Verfahren deshalb als gegenstandslos ab. 
 
Am 7. Juli 2005 stellte das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen beim BJ ein formelles Auslieferungsgesuch zwecks strafrechtlicher Verfolgung von X.________ für die ihm im Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld zur Last gelegten Straftaten. Gleichzeitig wurde die Herausgabe derjenigen Gegenstände und Vermögenswerte beantragt, welche als Beweismittel dienen oder aus den strafbaren Handlungen herrühren. 
 
Am 15. Juli 2005 wurde X.________ zum Auslieferungsgesuch des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. Juli 2005 angehört. Dabei erklärte er, dass er sich einer Auslieferung an Deutschland widersetze und dem ihm von den schweizerischen Behörden vermittelten Rechtsbeistand keine Vollmacht erteile, da er sich selber verteidigen wolle. 
 
Das BJ entschied am 11. August 2005, dass die Auslieferung von X.________ an Deutschland für die dem Auslieferungsersuchen des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. Juli 2005 zugrunde liegenden Straftaten bewilligt werde. 
B. 
X.________ hat gegen den Auslieferungsentscheid des BJ vom 11. August 2005 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Er beantragt: 
1. die Durchführung einer öffentlichen Gerichtsverhandlung und einer öffentlichen Urteilsverkündung gemäss Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 6 EMRK
2. die "Rückweisung des Auslieferungsverfahrens" an das Bundesstrafgericht; 
3. die Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens, bis das Verfahren vor dem Bundesstrafgericht rechtskräftig abgeschlossen und Akteneinsicht bei den deutschen und den schweizerischen Behörden stattgefunden hat; 
4. die Beiordnung von Rechtsanwalt Reiner Müller, Gelsenkirchen-Buer/D, als amtlichen Beistand für das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 21 Abs. 1 IRSG in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 lit. c IRSV
5. die hilfsweise Beiordnung von Rechtsanwältin Vroni Schwitter, Luzern, als amtliche Beiständin für das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 21 Abs. 1 IRSG in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 lit. c IRSV
6. die einstweilige Entlassung aus der provisorischen Auslieferungshaft unter Auflagen (Hinterlegung der Reisepapiere, wöchentliche Meldepflicht, Übersendung der Aufenthaltsbescheinigungen) gemäss Art. 50 Abs. 3 IRSG in Verbindung mit Art. 5 Ziff. 3 und Art. 6 EMRK
7. die Aufhebung des Auslieferungsentscheids des BJ vom 11. August 2005; 
8. die Feststellung, dass das IRSG insoweit gegen Art. 5, 8, 9 und 29 BV sowie Art. 6 EMRK verstösst, als bei schweren Mängeln eines ausländischen Verfahrens nach Art. 2 lit. d IRSG eine gesetzliche Regelung zur Beweisführung fehlt, da insoweit kein Alibibeweis nach Art. 53 IRSG möglich ist; 
9. die Feststellung, dass der Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 und die Erleichterung seiner Anwendung unwirksam ist, weil er in einzelnen Regelungen gegen die BV, das Bonner Grundgesetz und die EMRK verstösst, und daher für Auslieferungsverfahren keine Grundlage haben kann; 
10. die Feststellung, dass das BJ den Beschwerdeführer unfair im Sinne von Art. 6 EMRK behandelte, indem es in der Zeitspanne vom 28. Juni bis zum 24. August 2005 eine "Kontaktsperre" zu seinem deutschen Rechtsvertreter verfügte; 
11. die Feststellung, dass das BJ das Eigentum des Beschwerdeführers verletzte, indem es ihm die Effekten in der Zeitspanne vom 28. Juni bis zum 13. September 2005 teilweise grundlos vorenthielt; 
12. die Feststellung, dass die Unterbringung des Beschwerdeführers (23 Stunden in Einzelhaft, 1 Freistunde) gegen Art. 7 BV und gegen Art. 5 Ziff. 3 und 4 sowie Art. 6 EMRK verstösst. 
C. 
Das BJ beantragt die Beschwerdeabweisung. Der Beschwerdeführer hat repliziert. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwieweit auf ein Rechtsmittel einzutreten ist (BGE 131 I 57 E. 1 S. 59, 145 E. 2 S. 147, je mit Hinweisen). 
1.2 
1.2.1 Der Auslieferungsentscheid des BJ kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht wegen Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Verfassungs- und Staatsvertragsrecht) angefochten werden (Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 IRSG; BGE 122 II 373 E. 1b S. 375). Als Adressat des Auslieferungsentscheids ist der Beschwerdeführer zur Erhebung der Beschwerde ohne weiteres legitimiert (Art. 25 Abs. 3 IRSG). Die Beschwerde wurde rechtzeitig innert 30 Tagen seit Eröffnung dem Bundesgericht eingereicht (Art. 106 Abs. 1 OG). Somit ist auf die Beschwerde gegen den Auslieferungsentscheid grundsätzlich einzutreten. 
1.2.2 Der Beschwerdeführer beantragt die einstweilige Haftentlassung (Antrag 6). Stellt der in Auslieferungshaft versetzte Beschwerdeführer während eines vor Bundesgericht hängigen Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahrens betreffend Auslieferung ein Haftentlassungsgesuch, ist gemäss Praxis die I. Öffentlichrechtliche Abteilung für dessen Behandlung zuständig (BGE 128 II 355 E. 1.2 S. 359; nicht publ. Bundesgerichtsurteil 1A.142/2005 vom 23. Juni 2005, E. 2; Robert Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 2. Aufl., Bern 2004, N. 289). Dies muss auch für die Behandlung eines zusammen mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Auslieferungsentscheid eingereichten Haftentlassungsgesuchs gelten. Der Antrag auf Haftentlassung ist somit ebenfalls zu prüfen. 
1.3 Zu den Anträgen 8-12 enthält die Beschwerdeschrift entgegen der Vorschrift von Art. 108 Abs. 2 OG keine Begründung. Nach der Praxis zu Art. 108 Abs. 3 OG über die Ansetzung einer Nachfrist muss eine solche nur angeordnet werden, wenn die Angaben in der Beschwerde unklar, d.h. mehrdeutig sind. Die Nachfrist kann nicht dazu dienen, eine inhaltlich ungenügende Rechtsschrift zu ergänzen (BGE 130 I 312 E. 1.3.1 S. 320, mit Hinweisen). Vorliegend hat der Beschwerdeführer auf die Begründung der Anträge 8-12 verzichtet, weil er der Auffassung ist, dass die 30-tägige Beschwerdefrist (Art. 106 Abs. 1 OG) diesbezüglich nicht gelte. Die Rechtsschrift ist insoweit klar, aber unvollständig; eine Nachfristansetzung erübrigt sich. Auf die Anträge 8-12 ist somit nicht einzutreten. 
1.4 Auf die in den Replikeingaben, datierend vom 14. und 15. Oktober 2005, gestellten Anträge 13-15 ist ebenfalls nicht einzutreten; sie wurden erst nach Ablauf der gesetzlichen Beschwerdefrist gestellt (Art. 106 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 108 Abs. 2 OG). 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer beantragt die Durchführung einer öffentlichen Gerichtsverhandlung und einer öffentlichen Urteilsverkündung gemäss Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 6 EMRK (Antrag 1). 
2.2 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht (Art. 30 Abs. 1 BV). Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind grundsätzlich öffentlich. Das Gesetz kann jedoch Ausnahmen vorsehen (Art. 30 Abs. 3 BV). Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Auslieferungssachen schreiben weder das Bundesrechtspflegegesetz noch das IRSG eine mündliche öffentliche Verhandlung vor. Vielmehr kann das Bundesgericht nach richterlichem Ermessen eine mündliche Parteiverhandlung anordnen (Art. 112 OG). Eine mündliche Verhandlung kann sich insbesondere aufdrängen, wenn Beweiserhebungen durch das Gericht sachlich notwendig erscheinen oder wenn die grundrechtlich garantierten Parteirechte eine öffentliche Anhörung verlangen (nicht publ. Bundesgerichtsurteil 1A.225/2003 vom 25. November 2003, E. 1.5). 
Art. 6 Ziff. 1 EMRK schreibt eine öffentliche Parteianhörung bei Verfahren betreffend zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen vor sowie bei Urteilen über strafrechtliche Anklagen. Bei der Prüfung von Auslieferungsersuchen geht es weder um zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen noch unmittelbar um eine strafrechtliche Anklage (vgl. zur Rechtsnatur des Verfahrens Robert Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 2. Aufl., Bern 2004, S. 8). Das Rechtshilfeverfahren stellt kein Strafverfahren dar, bei dem durch den Rechtshilferichter über die allfällige Schuld und Strafe zu entscheiden wäre (vgl. BGE 125 II 250 E. 5b S. 257; 123 II 279 E. 2b S. 281; 122 II 367 E. 2c S. 371, je mit Hinweisen). Vielmehr sind die völkerrechtlichen und gesetzlichen Rechtshilfevoraussetzungen zu prüfen. Insofern werden Rechtshilfeverfahren daher nicht als strafrechtliche (im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK), sondern als verwaltungsrechtliche Streitsachen betrachtet. Dies gilt auch für Auslieferungsverfahren (BGE 120 Ib 112 E. 4 S. 119, mit Hinweisen; Stefan Heimgartner, Auslieferungsrecht, Zürich 2002, S. 9; Jochen A. Frowein/ Wolfgang Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Kehl u.a. 1996, Art. 6 N. 52, Fn. 199, mit Hinweisen auf die Strassburger Rechtsprechung). 
 
Wie sich nachfolgend ergibt, erscheinen im vorliegenden Fall keine weiteren Beweiserhebungen durch das Bundesgericht notwendig (vgl. Art. 95 i.V.m. Art. 113 OG). Nach dem Gesagten ist dem Verfahrensantrag auf mündliche Verhandlung keine Folge zu leisten. 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer beantragt die Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens bis zur Durchführung der Akteneinsicht in die Akten der schweizerischen Behörden (Antrag 3). Gemeint sind einerseits die Haftakten der Luzerner Staatsanwaltschaft und anderseits die Akten des BJ. Darin kann sinngemäss die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) erblickt werden. 
3.2 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56). Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen auf Akteneinsicht (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242, mit Hinweisen). 
3.3 Wie sich aus den Akten ergibt (act. 76, 80, 80a, 83, 84, 85), hat der Beschwerdeführer vollumfänglich Einsicht in die Akten des Auslieferungsverfahrens erhalten. Der Beschwerdeführer macht denn auch nicht geltend, einzelne entscheidrelevante Dokumente nicht eingesehen zu haben. Entgegen seinem Vorbringen in der Replik trifft es nicht zu, dass ihm lediglich wahllos und unvollständig zusammengestellte Kopien der Verfahrensakten zugeschickt wurden. Der Beschwerdeführer erhielt jeweils ein genaues Aktenverzeichnis über die Akten des BJ und die Haftvollzugsakten der Luzerner Behörden. Die Rüge der Verletzung des Gehörsanspruchs ist damit unbegründet, und der Antrag um Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens ist abzuweisen. 
4. 
4.1 Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des Auslieferungsentscheids des BJ (Antrag 7). Im Wesentlichen bringt er vor, es sei für ihn nicht erkennbar, auf welche Rechtsgrundlagen sich der Auslieferungsentscheid stütze. Dieser sei nichtig. Erschwerend komme hinzu, dass auch das Auslieferungsgesuch des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen unwirksam sei, was zurzeit vor den deutschen Verwaltungsgerichten geklärt werde. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld/D sei ebenfalls ungültig, die Auslieferung sei wegen schwerwiegenden Verfahrensmängeln und wegen justizpolitischer Verfolgung nicht zulässig, und das bundesgerichtliche Verfahren sei bis zur Einsichtnahme in die Akten der deutschen Justizbehörden zu sistieren (Antrag 3). 
4.2 Die Beurteilung von Auslieferungsersuchen der Bundesrepublik Deutschland richtet sich nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) und dem Zweiten Zusatzprotokoll zum EAUe vom 17. März 1978 (SR 0.353.12), denen beide Staaten beigetreten sind, sowie nach dem Zusatzvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland über die Ergänzung des EAUe und die Erleichterung seiner Anwendung vom 13. November 1969 (ZV-D/EAUe; SR 0.353.913.61). Soweit die genannten Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln, ist das schweizerische Landesrecht anwendbar, namentlich das Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG; SR 351.1) und die zugehörige Verordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV; SR 351.11; vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a IRSG; BGE 130 II 337 E. 1 S. 339). 
Diese Rechtsgrundlagen werden im Auslieferungsentscheid (insbesondere in Ziff. 2) ausdrücklich genannt. Es trifft somit nicht zu, dass der Auslieferungsentscheid sich nicht auf eine Rechtsgrundlage stützen liesse und demzufolge nichtig wäre. 
4.3 Das BJ prüfte sodann die formellen und materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Auslieferung. 
Die formellen Voraussetzungen des Auslieferungsersuchens und die diesem beizulegenden Unterlagen sind in Art. 12 EAÜ geregelt. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt wären. Insbesondere liegt dem Ersuchen ein Haftbefehl im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. a EAÜ bei. Die Einsicht in ausländische Justizakten ist weder staatsvertraglich noch im IRSG vorgesehen. Der Antrag um Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens bis zur Einsichtnahme in die Akten der deutschen Justizbehörden ist abzuweisen. 
 
Auch bezüglich der materiellen Auslieferungsvoraussetzungen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese nicht gegeben wären. Insbesondere ist die Voraussetzung der doppelten Strafbarkeit (Art. 2 Ziff. 1 EAÜ) erfüllt. Nach diesem Prinzip wird wegen Handlungen ausgeliefert, die sowohl nach dem Recht des ersuchenden als auch nach dem des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe oder die Freiheit beschränkenden sichernden Massnahme im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht sind (Prinzip der doppelten Strafbarkeit). Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung unstreitig erfüllt, da die dem Beschwerdeführer im Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld/D zur Last gelegten Straftaten des Betrugs, der falschen Anschuldigung und der Nötigung auch nach schweizerischem Recht strafbar sind (vgl. Art. 146, 181, 303 StGB) und mit einer Höchststrafe von 3 Jahren Gefängnis oder mit einer schwereren Strafe bedroht sind (Art. 36 StGB). Das Auslieferungshindernis eines politischen Delikts (Art. 3 EAÜ) liegt nicht vor. Auch ist nicht damit zu rechnen, dass die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat sowohl der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte die in diesen Verträgen verankerten Verfahrensgarantien nicht einhalten wird, was gegenteils ein Auslieferungshindernis darstellen würde (vgl. Art. 2 IRSG; BGE 129 II 268 E. 6.1 S. 270 f.). Selbst wenn den deutschen Strafverfolgungsbehörden Fehler unterlaufen sein sollten, so wird sich der Beschwerdeführer im deutschen Strafverfahren dagegen zur Wehr setzen können. 
Die Beschwerde gegen den Auslieferungsentscheid erweist sich somit als unbegründet. 
5. 
5.1 Der Beschwerdeführer beantragt seine einstweilige Entlassung aus der provisorischen Auslieferungshaft unter Auflage der Hinterlegung der Reisepapiere, einer wöchentlichen Meldepflicht und der Übersendung der Aufenthaltsbescheinigungen (Antrag 6). Damit stellt er ein Haftentlassungsgesuch im Sinne von Art. 50 Abs. 3 IRSG. Gegen die Aufrechterhaltung der Haft bringt er im Wesentlichen vor, er sei bereits 61 Jahre alt und in der Schweiz nie straffällig gewesen, und er habe sämtliche Rechtsmittel gegen den ungültigen Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld/D eingelegt. Zudem sei auch die mutmassliche Dauer des Auslieferungsverfahrens zu berücksichtigen. Der Auslieferungshaftbefehl sei ungültig, das Auslieferungsverfahren an das Bundesstrafgericht zurückzuweisen (Antrag 2) und das bundesgerichtliche Verfahren bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Bundesstrafgericht zu sistieren (Antrag 3). 
 
Sodann kritisiert der Beschwerdeführer sinngemäss, das BJ habe sein Haftentlassungsgesuch nicht behandelt und damit Art. 5, 9, 29, 30 und 35 BV verletzt. 
5.2 Mit Entscheid vom 20. Juli 2005 schrieb die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts das Verfahren gegen den Auslieferungshaftbefehl des BJ infolge Beschwerderückzug als gegenstandslos ab. Dagegen erhob der Beschwerdeführer beim Bundesgericht kein Rechtsmittel, weshalb er in Rechtskraft erwachsen ist. Das Gesuch um Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens ist abzuweisen. 
5.3 Eine Verfassungsverletzung durch Nichtbehandeln des Haftentlassungsbegehrens kommt von vornherein nicht in Betracht. Im Auslieferungsentscheid hielt das BJ fest, dass die Haft aufrecht zu erhalten sei. Den Akten kann nicht entnommen werden, dass der Beschwerdeführer dem BJ ein Haftentlassungsgesuch im Sinne von Art. 50 Abs. 3 IRSG unterbreitet hätte. Das BJ hatte somit keinen Anlass, die Haftvoraussetzungen erneut zu prüfen. Insoweit erweisen sich die Vorbringen des Beschwerdeführers als offensichtlich unbegründet. 
5.4 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bildet die Verhaftung des Beschuldigten während des ganzen Auslieferungsverfahrens die Regel (BGE 117 IV 359 E. 2a S. 362). Eine Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls rechtfertigt sich nur ausnahmsweise. Dies ist der Fall, wenn der Verfolgte sich voraussichtlich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet (Art. 47 Abs. 1 lit. a IRSG), wenn er den sogenannten Alibibeweis erbringen und ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war (Art. 47 Abs. 1 lit. b IRSG), wenn er nicht hafterstehungsfähig ist oder andere Gründe vorliegen, die eine weniger einschneidende Massnahme rechtfertigen (Art. 47 Abs. 2 IRSG), oder wenn sich der Auslieferungshaftbefehl als offensichtlich unzulässig erweist (Art. 51 Abs. 1 IRSG). Diese Aufzählung ist nicht abschliessend (vgl. BGE 117 IV 359 E. 2a S. 361). Die Regelung soll es der Schweiz erlauben, ihren staatsvertraglichen Auslieferungspflichten nachzukommen; die ausnahmsweise zu gewährende Haftentlassung ist deshalb an strengere Voraussetzungen gebunden als der Verzicht auf die gewöhnliche Untersuchungshaft im Strafverfahren oder die Entlassung aus einer solchen (vgl. BGE 111 IV 108 E. 2 S. 110). 
5.5 Wie sich der Beschwerdeantwort des BJ vom 14. Juni 2005 im Beschwerdeverfahren gegen den Auslieferungshaftbefehl vor der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (S. 4) entnehmen lässt, wurde der Auslieferungshaftbefehl namentlich wegen Fluchtgefahr ausgestellt. Gemäss den Ausführungen des BJ habe der Beschwerdeführer keine Bindungen zur Schweiz, sondern sei nur deshalb eingereist, um hier einen Zivilprozess zu führen. Von Bedeutung sei auch, dass sich der Beschwerdeführer der Auslieferung an seinen Wohnsitzstaat widersetze. Dies deute darauf hin, dass er sich dem Zugriff der deutschen Strafverfolgungsbehörden entziehen wolle. Für die Annahme von Fluchtgefahr spreche sodann der Umstand, dass dem Beschwerdeführer möglicherweise eine lange Freiheitsstrafe in Deutschland drohe. Gerade diese Tatsache erhöhe den Reiz, sich ins Ausland abzusetzen. Die Anordnung einer milderen Massnahme anstelle der Auslieferungshaft, etwa die Anordnung der Haftentlassung gegen Kaution oder einer vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Sicherungsmassnahme, würde die Fluchtgefahr nicht wirksam bannen. 
 
Diese Ausführungen des BJ treffen vollumfänglich zu. Der Beschwerdeführer bringt denn auch nichts vor, was gegen die Annahme von Fluchtgefahr sprechen würde. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer 61 Jahre alt ist, zieht seine Hafterstehungsfähigkeit nicht in Zweifel. Das Haftentlassungsgesuch ist daher abzuweisen, soweit dieses durch die vorliegende Bestätigung des Auslieferungsentscheids nicht ohnehin gegenstandslos geworden ist. 
6. 
Somit ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unbegründet und demnach abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Haftentlassungsgesuch ist ebenfalls abzuweisen. 
 
Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer beantragt die Beiordnung eines deutschen Rechtsanwalts (Antrag 4) und die hilfsweise Beiordnung einer schweizerischen Rechtsanwältin (Antrag 5) im Sinne von Art. 21 Abs. 1 IRSG für das Verfahren vor Bundesgericht. Die Frage des Anspruchs auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand prüft das Bundesgericht nicht nach Art. 21 Abs. 1 IRSG, sondern nach Art. 152 Abs. 1 und 2 OG, wobei es namentlich auch berücksichtigen kann, ob die Weiterziehung des angefochtenen Entscheids nicht als aussichtslos erscheinen musste (BGE 109 Ib 174 E. 1b/cc S. 176). Vorliegend erschienen die Prozesschancen von vornherein aussichtslos, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung abzuweisen ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Das Gesuch um Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens wird abgewiesen. 
2. 
Das Haftentlassungsgesuch wird abgewiesen. 
3. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
4. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung wird abgewiesen. 
5. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
6. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 25. Oktober 2005 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: