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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_629/2022  
 
 
Urteil vom 26. Januar 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, vertreten durch B.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Gemeinde U.________, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Handänderungssteuer der Gemeinde U.________/GR, Steuerperiode 2013, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 17. Mai 2022 (A 20 3). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Kaufvertrag (Share Purchase Agreement) vom 20. Dezember 2013 veräusserte die C.________ GmbH sämtliche von ihr an der D.________ AG gehaltenen Namenaktien zum Preis von insgesamt Fr. 12'512'205.- an die A.________ AG. Im Zeitpunkt des Aktienverkaufs war die D.________ AG Eigentümerin diverser Grundstücke, die im Grundbuch der Gemeinde V.________/GR (heute: Gemeinde U.________/GR) eingetragen waren. Auf diesen Grundstücken betrieb die D.________ AG das Hotel "E.________". 
Mit Statutenänderung vom 14. Februar 2014 wurde die D.________ AG in F.________ AG umfirmiert. Nach Abschluss der Sommersaison 2014 wurde der Hotelbetrieb an die zu diesem Zweck am 24. November 2014 neu gegründete G.________ GmbH übertragen, deren Stammanteile im Eigentum der A.________ AG stehen. Die Hotelliegenschaften verblieben dagegen weiterhin bei der F.________ AG. 
 
B.  
Mit Veranlagungsverfügung vom 19. Dezember 2018 stellte die Gemeinde U.________ der A.________ AG infolge des Aktienkaufs vom 20. Dezember 2013 eine Handänderungssteuer von Fr. 370'801.- in Rechnung. Sie bemass diese Steuer auf der Basis des Totals der amtlichen Schätzwerte der streitbetroffenen Liegenschaften von Fr. 18'540'057.-. Die Erhebung der Handänderungssteuer begründete die Gemeinde damit, dass der Betrieb des Hotels "E.________" bereits nach Abschluss der Sommersaison 2014 an die am 24. November 2014 neu gegründete G.________ GmbH übertragen worden sei. Aufgrund dieser Übertragung handle es sich bei der F.________ AG (vormals D.________ AG) nicht um eine Betriebsgesellschaft, sondern um eine reine Immobiliengesellschaft. Eine Einsprache hiergegen wies die Gemeinde U.________ mit Einspracheentscheid vom 6. Dezember 2019 ab. 
Dagegen gelangte die A.________ AG mit Beschwerde vom 16. Januar 2020 an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Hauptsächlich machte die A.________ AG wiederum geltend, dass keine Handänderungssteuer geschuldet sei, weil die F.________ AG im relevanten Zeitpunkt eine Betriebsgesellschaft gewesen sei; die spätere Übertragung des Hotelbetriebs auf die Schwestergesellschaft G.________ GmbH ändere hieran nichts, zumal ohnehin eine gruppenweite Betrachtung angezeigt sei. Eventualiter beantragte die A.________ AG dem Verwaltungsgericht, dass die Bemessungsgrundlage der Handänderungssteuer von Fr. 18'540'057.- auf Fr. 9'000'000.- zu reduzieren sei. 
Das Verwaltungsgericht schützte mit Urteil vom 17. Mai 2022 den Einspracheentscheid zwar im Hauptpunkt, hiess die Beschwerde aber im Eventualpunkt gut, hob den Einspracheentscheid auf und wies die Angelegenheit an die Gemeinde zurück. Diese dürfe zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht auf das Total der amtlichen Schätzwerte der Liegenschaften von Fr. 18'540'057.- abstellen, zumal nicht bewiesen sei, dass dieser Betrag dem Verkehrswert der Liegenschaften im Verkaufszeitpunkt entsprochen habe und nicht ersichtlich sei, weshalb die einander nicht nahe stehenden Parteien einen unterpreislichen Verkauf hätten vereinbaren sollen. Aber auch auf den effektiv vereinbarten Kaufpreis für die Aktien an der F.________ AG von Fr. 12'512'205.- könne nicht abgestellt werden, weil darin weitere Werte (z.B. Hoteleinrichtungen, Mobiliar, Inventar, Goodwill, etc.) enthalten seien. Die Vorinstanz habe daher "vertiefte Abklärungen" betreffend den Marktwert der Hotelliegenschaften vorzunehmen und müsse neu entscheiden. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. Juni 2022 beantragt die A.________ AG die (ersatzlose) Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 17. Mai 2022. 
Die Gemeinde U.________ beantragt, dass auf die Beschwerde nicht einzutreten sei; eventualiter sei sie abzuweisen. Die A.________ AG repliziert unaufgefordert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 144 V 280 E. 1; 139 V 42 E. 1 mit Hinweisen). 
 
1.1. Angefochten ist ein Rückweisungsentscheid. Die Vorinstanz hat die Gemeinde angewiesen, "vertiefte Abklärungen" zum Marktwert der Hotelliegenschaften vorzunehmen und neu zu entscheiden. Dabei verbleibt der Gemeinde ein relevanter Entscheidungsspielraum und ist sie nicht auf die (rechnerische) Umsetzung der Anordnung der oberen Instanz beschränkt. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich demnach weder um einen das Verfahren ganz oder teilweise abschliessenden End- oder Teilentscheid nach Art. 90 und 91 BGG (vgl. zum Begriff des Teilentscheids im Bereich des Abgabenrechts Urteile 2C_563/2022 vom 31. Oktober 2022 E. 2.2.3; 2C_708/2022 vom 26. September 2022 E. 2.4), sondern um einen (materiellrechtlichen) Zwischenentscheid (vgl. BGE 145 III 42 E. 2.1; 144 V 280 E. 1.2; 135 II 30 E. 1.3.3; 133 V 477 E. 4.1.3).  
 
1.2.  
 
1.2.1. Das Bundesgericht soll sich nach der Konzeption des BGG nur einmal mit derselben Angelegenheit befassen müssen und diese hierbei abschliessend beurteilen können (Einheit des Verfahrens; BGE 144 III 475 E. 1.2; 144 III 253 E. 1.3; je mit Hinweisen). Die Beschwerde ist daher grundsätzlich nur zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren ganz oder teilweise abschliessen (End- oder Teilentscheide gemäss Art. 90 und 91 BGG). Rückweisungsentscheide schliessen das Verfahren nicht ab (BGE 144 III 253 E. 1.3; 135 III 212 E. 1.2); die Hauptsache ist weiterhin hängig (Urteile 2C_563/2022 vom 31. Oktober 2022 E. 1.3.1; 2C_672/2021 vom 18. Mai 2022 E. 1.2.1; 2C_1014/2021 vom 6. Januar 2022 E. 2.3.1).  
 
1.2.2. Selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, die nicht die Zuständigkeit oder ein Ausstandsbegehren betreffen (vgl. dazu Art. 92 BGG), können gemäss Art. 93 BGG nur direkt mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden, wenn sie entweder einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Nach ständiger Praxis ist Art. 93 Abs. 1 BGG restriktiv zu handhaben, können Vor- und Zwischenentscheide doch gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG durch Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (BGE 144 III 253 E. 1.3; 143 III 290 E. 1.3 und 1.4; 138 III 94 E. 2.2; 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2). Praxisgemäss obliegt es der beschwerdeführenden Person darzutun, dass einer der beiden Tatbestände von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt ist, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 142 V 26 E. 1.2; Urteil 4A_295/2020 vom 28. Dezember 2020 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 147 III 78; je mit Hinweisen). Macht die beschwerdeführende Partei geltend, die Voraussetzung des Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sei erfüllt, ist zu differenzieren: Geht bereits aus dem angefochtenen Urteil oder der Natur der Sache hervor, dass ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erforderlich sein wird, darf auf lange Ausführungen verzichtet werden. Andernfalls hat die beschwerdeführende Partei im Einzelnen darzutun, welche Tatfragen offen sind und welche weitläufigen Beweiserhebungen in welchem zeit- oder kostenmässigen Umfang erforderlich sind. Zudem hat sie unter Aktenhinweisen darzulegen, dass sie die betreffenden Beweise im kantonalen Verfahren bereits angerufen oder entsprechende Anträge in Aussicht gestellt hat (BGE 133 IV 288 E. 3.2; 118 II 91 E. 1a mit Hinweis; Urteile 4A_605/2021 vom 5. Mai 2022 E. 1.1; 4A_288/2021 vom 13. Juli 2021 E. 2.1).  
 
1.3. Die Beschwerdeführerin äusserst sich in ihrer Beschwerde nicht dazu, ob die Voraussetzungen für die Anfechtung eines Zwischenentscheids gegeben sind. Erst nachdem die Gemeinde in ihrer Stellungnahme auf diesen Aspekt hingewiesen hatte, hat sich die Beschwerdeführerin in ihrer Replik auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG berufen und ausgeführt, dass die Gutheissung ihrer Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen würde und das Beweisverfahren betreffend rückwirkender Bewertung der übertragenen Liegenschaften per 20. Dezember 2013 obsolet würde.  
 
1.4. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sind verspätet, zumal die Beschwerdeführerin innerhalb der Beschwerdefrist den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG gerecht werden muss und eine Ergänzung der Begründung nach Fristablauf grundsätzlich nicht zulässig ist (BGE 148 V 174 E. 2.1 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde könnte also nur eingetreten werden, falls die Voraussetzungen von Art. 93 BGG offensichtlich gegeben wären. Offensichtlich ist hier jedoch einzig, dass die Gutheissung der Beschwerde einen Endentscheid herbeiführen würde. Hingegen liegt nicht auf der Hand und wird von der Beschwerdeführerin im Übrigen auch in ihrer Replik nicht substanziiert aufgezeigt, dass die von der Vorinstanz angeordneten Abklärungen zur Ermittlung der Verkehrswerte der streitbetroffenen Liegenschaften besonders zeitaufwändig oder kostspielig sein werden. So weist etwa die Gemeinde darauf hin, dass bereits ein Bewertungsgutachten der Beschwerdeführerin vorliege, auf welches in der Ermittlung der Verkehrswerte abgestellt werden könne. Es ist aber auch denkbar, dass der Verkehrswert der Liegenschaften ermittelt werden könnte, ohne dass die Liegenschaften bewertet werden müssten, etwa indem vom Kaufpreis für die Aktien die nicht liegenschaftlichen Werte abgezogen und die Passiven hinzugerechnet werden.  
 
1.5. Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Replik schliesslich geltend, es sei prozessökonomisch widersinnig, wenn sie erneut vor den kantonalen Instanzen prozessieren müsse, bevor sie die Frage der Qualifikation als Immobiliengesellschaft durch das Bundesgericht prüfen lassen könne. Soweit sie mit diesem verspäteten Vorbringen überhaupt gehört werden kann, kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden. Ihr Vorbringen ist zwar nicht völlig haltlos, denn nach früherem, bis Ende 2006 geltenden Recht hätte das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid aus verfahrensökonomischen Überlegungen effektiv nicht als materiellen Zwischenentscheid, sondern als End- oder Teilentscheid betrachtet und die direkte Anfechtung zugelassen (vgl. BGE 133 V 477 E. 3.1). Das heutige Recht gewichtet den Grundsatz der einmaligen Befassung des Bundesgerichts (vgl. oben E. 1.2.1) jedoch stärker: Nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG genügt es für das Eintreten auf eine Beschwerde gegen einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid nämlich noch nicht, dass das Bundesgericht das Verfahren abschliessen und so den Parteien den mit jeder Rückweisung zur Sachverhaltsergänzung verbundenen Aufwand ersparen kann. Alleine der Wegfall eines langen und kostspieligen Beweisverfahrens und nicht schon jeder beliebige prozessuale Effizienzgewinn rechtfertigt die direkte Anfechtbarkeit eines selbständig eröffneten Zwischenentscheids vor Bundesgericht (vgl. Urteile 5A_676/2022 vom 6. Dezember 2022 E. 3.2; 1C_174/2019 vom 29. Oktober 2019 E. 1.3.1; GRÉGORY BOVEY, in: Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N. 35 zu Art. 93 BGG).  
 
2.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unzulässig. Darauf ist nicht einzutreten. Die Kosten sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. Januar 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler