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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.58/2004 /rov 
 
Urteil vom 26. Februar 2004 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiberin Scholl. 
 
Parteien 
Z.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Andreas Edelmann, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Peter M. Conrad, 
Obergericht des Kantons Aargau, 5. Zivilkammer, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Kostenverlegung; Vollstreckung Besuchsrecht), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 5. Zivilkammer, 
vom 18. Dezember 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Z.________ (Mutter) und Y.________ (Vater) sind Eltern der beiden Kinder X.________ und W.________. Mit Beschluss vom 30. November 1999 übertrug das Amtsgericht Rüdesheim am Rhein (DE) die elterliche Sorge für W.________ dem Vater und diejenige für X.________ der Mutter. Zudem traf es eine detaillierte Besuchsrechtsregelung. In der Folge kam es insbesondere in Bezug auf das Besuchsrecht für X.________ zu Problemen. Mit Klage vom 1. Dezember 2001 ersuchte Y.________ beim Gerichtspräsidium Zurzach um Anerkennung und Vollstreckung des in Deutschland ergangenen Beschlusses bezüglich seines Besuchsrechts für X.________. Nachdem die Parteien anlässlich der Verhandlung vor dem Gerichtspräsidium am 14. Januar 2002 einen Vergleich abgeschlossen hatten, wurde das Vollstreckungsverfahren als erledigt abgeschrieben. Am 27. November 2002 erhob Y.________ erneut Klage, um sein Besuchsrecht für X.________ gerichtlich durchzusetzen. Mit Urteil vom 28. April 2003 regelte daraufhin das Gerichtspräsidium Zurzach die Vollstreckung des Besuchsrechts. Zudem wies es das Gesuch von Y.________ um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege ab, auferlegte die Verfahrenskosten den Parteien je zur Hälfte und schlug die Parteikosten wett. 
B. 
Bezüglich des Kostenpunkts erhob Y.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Er beantragte die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege, eventualiter die Auferlegung der Gerichts- und Parteikosten an Z.________. In der Beschwerdeantwort enthielt sich diese eines Antrags in Bezug auf die Gewährung der unentgeltliche Rechtspflege, verlangte jedoch die Abweisung des Eventualbegehrens, soweit darauf einzutreten sei. Zudem erhob sie Anschlussbeschwerde, mit welcher sie beantragte, das Vollstreckungsbegehren von Y.________ unter Kostenfolge abzuweisen. 
 
Mit Urteil vom 18. Dezember 2003 hiess das Obergericht des Kantons Aargau, 5. Zivilkammer, die Beschwerde von Y.________ insoweit gut, als es ihn in Anwendung des Europäischen Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts vom 20. Mai 1980 (ESÜ; SR 0.211.230.01) von der Übernahme der erstinstanzlichen Gerichtskosten befreite und seinem Rechtsvertreter aus der Staatskasse eine Entschädigung zusprach. Im Übrigen trat es auf die Beschwerde wie auch auf die Anschlussbeschwerde von Z.________ nicht ein. Weiter auferlegte es die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens den Parteien je zur Hälfte und schlug die Parteikosten wett. Dabei wurde der auf Y.________ entfallene Anteil wiederum auf die Staatskasse genommen bzw. dessen Rechtsanwalt daraus entschädigt. 
C. 
Z.________ gelangt mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragt im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Kostenregelung für das obergerichtliche Verfahren. Zudem stellt sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und in welchem Umfang auf eine staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist (BGE 127 III 41 E. 2a S. 42; 129 I 302 E. 1 S. 305). 
1.1 Der Beschwerdeführerin wurden durch das angefochtene Urteil Kosten auferlegt, so dass sie diesbezüglich ohne weiteres zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert ist (Art. 88 OG). Hingegen kann nicht auf die Beschwerde eingetreten werden, soweit die Übernahme der Kosten des Beschwerdegegners durch den Staat gerügt wird, da die Beschwerdeführerin dadurch nicht beschwert ist. 
1.2 Zudem sind neue Sachvorbringen im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde grundsätzlich unzulässig (BGE 108 II 69 E. 1 S. 71; 129 I 49 E. 3 S. 57). Nicht eingetreten werden kann damit auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob gemäss Art. 5 Abs. 3 ESÜ auch ihre Kosten durch den Staat zu tragen seien. Die Beschwerdeführerin hat im kantonalen Verfahren nie um eine Übernahme ihrer Kosten durch den Staat ersucht, weder gestützt auf das Übereinkommen noch auf die kantonalen Bestimmungen über die unentgeltliche Rechtspflege. 
2. 
Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Obergericht sei in Anwendung von § 342 i.V.m. § 325 Abs. 2 ZPO/AG nicht auf ihre Anschlussbeschwerde eingetreten, weil diese durch das Nichteintreten auf die Eventualbegehren der Hauptbeschwerde dahingefallen sei. Das Nichteintreten auf die Anschlussbeschwerde sei also die direkte Folge der Unzulässigkeit der gegnerischen Hauptbeschwerde. Die Auferlegung von Kosten an sie sei daher willkürlich, da diese nicht von ihr verursacht worden seien. 
2.1 Aus den von der Beschwerdeführerin erwähnten Bestimmungen ergibt sich zwar, dass die Anschlussbeschwerde dahinfällt, wenn auf die (Haupt-)Beschwerde nicht eingetreten wird; in Bezug auf die Kostenfolgen lässt sich daraus hingegen nichts ableiten. Im Verfahren der eidgenössischen Berufung auferlegt das Bundesgericht in einem solchen Fall tatsächlich die Prozesskosten grundsätzlich derjenigen Partei, welche das unzulässige Hauptrechtsmittel erhoben hat (BGE 122 III 495 E. 4). Ob es sich im kantonalen Verfahren gleich verhält (vgl. Bühler/Edelmann/Killer, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 1998, N. 11 zu § 112 ZPO/AG), kann vorliegend offen bleiben, hebt das Bundesgericht im Rahmen einer Willkürbeschwerde (Art. 9 BV) einen kantonalen Entscheid doch nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft und zudem nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 125 II 129 E. 5b S. 134; 127 I 60 E. 5a S. 70; 128 I 81 E. 2 S. 86). Rügt ein Beschwerdeführer eine solche Verletzung des Willkürverbotes, reicht es nicht aus, die Rechtslage aus seiner Sicht darzulegen und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen; vielmehr ist anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen darzustellen, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3; 117 Ia 10 E. 4b S. 11 f.; 127 I 38 E. 3c S. 43). 
2.2 Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nicht eindeutig, ob das (teilweise) Nichteintreten auf die Hauptbeschwerde allein zum Nichteintretensentscheid bezüglich der Anschlussbeschwerde geführt hat. Ein Verweis auf die von der Beschwerdeführerin genannten einschlägigen kantonalen Verfahrensbestimmungen fehlt in den obergerichtlichen Erwägungen, wobei keine Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend macht wird. 
Das Obergericht hat zunächst in Bezug auf die Zulässigkeit des Eventualbegehrens der Hauptbeschwerde die Abgrenzung zwischen verwaltungsrechtlichem Einparteienverfahren (Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege) und kontradiktorischem Zivilprozessverfahren (Vollstreckung Besuchsrecht) betont und daraus geschlossen, in einem Beschwerdeverfahren betreffend unentgeltlicher Rechtspflege könne nicht mit einem Eventualantrag die Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens bildende Kostenverteilung angefochten werden. Zudem könne der Eventualantrag nicht als eigenständige Beschwerde entgegen genommen werden, da der eventuelle Charakter dem entgegenstehe. Danach hat es festgehalten "aus diesem Grund kann auch auf die von der Beschwerde im Zivilprozessverfahren abhängige Anschlussbeschwerde der Beklagten [Beschwerdeführerin] nicht eingetreten werden". Diese Bemerkung kann auch dahin verstanden werden, das Obergericht habe die Anschlussbeschwerde für sich genommen aus den gleichen Gründen wie die Hauptbeschwerde (Streitgegenstand Vollstreckung Besuchsrecht, Erhebung nur eventualiter) für unzulässig gehalten, was zur Kostenauflage geführt hat (vgl. Hinweis bei Guido Enrique Fischer, Die Kostenverteilung im aargauischen Zivilprozessrecht, Diss. Basel 1984, S. 140 f.). Wie es sich abschliessend damit verhält und ob die Kostenauflage an die Beschwerdeführerin willkürfrei erfolgt ist, kann jedoch offen bleiben, da in diesem Punkt jedenfalls keine ausreichende Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids erfolgt, so dass nicht darauf eingetreten werden kann (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Zudem hat das Obergericht beigefügt, selbst bei Zugehörigkeit einer Eventualbeschwerde würde die Anschlussbeschwerde dahinfallen, da die Kosten des Beschwerdegegners vom Staat übernommen werden, so dass die Eventualbeschwerde als nicht erhoben bzw. als zurückgezogen zu betrachten wäre. Auf diese subsidiäre Begründung geht die Beschwerdeführerin mit keinem Wort ein, so dass auch aus diesem Grund nicht auf die Rüge eingetreten werden kann (BGE 107 Ib 264 E. 3b S. 268; 121 IV 94 E. 1b S. 95). 
3. 
Damit kann auf die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie schuldet dem Beschwerdegegner allerdings keine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist. 
Die Beschwerdeführerin hat für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt. Diese ist einer Partei zu bewilligen, die bedürftig und deren Sache nicht aussichtslos ist (Art. 152 Abs. 1 OG). Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 127 I 202 E. 3a und b S. 204, je mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall konnte auf keine der Rügen eingetreten werden. Damit muss die Beschwerde als von vornherein aussichtslos angesehen werden, so dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Beschwerdeführerin wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 5. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 26. Februar 2004 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: