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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_803/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 26. April 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Held. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Gebhard, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Bahnhofstrasse 29, 8200 Schaffhausen, 
2. A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Till Gontersweiler, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Verfahrensgrundsätze, Willkür; versuchte Erpressung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 10. Dezember 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen wirft X.________ vor, drei Männer beauftragt zu haben, von A.________ Geld einzutreiben. A.________ sei geschlagen und mit einer Pistole bedroht worden. Man habe ihn angewiesen, alles an Geld zu holen, was er zu Hause habe und nicht die Polizei zu informieren, ansonsten würde die gesamte Familie umgebracht. A.________ sei mit X.________ in dessen Auto zur Wohnung seiner Eltern gefahren. Als er die Wohnung betreten habe, habe seine Schwester die Polizei benachrichtigt. A.________ habe eine Prellung am linken Jochbein sowie am rechten Rippenbogen erlitten und einen Teil seines linken Schneidezahns verloren. Seit dem Vorfall vom 1. November 2011 leide er an einer posttraumatischen Belastungsstörung, chronischen Kopfschmerzen und immer wieder auftretenden Augenschmerzen. Einer der Männer konnte als Y.________ identifiziert werden. 
 
B.  
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen wies am 10. Dezember 2014 im mündlichen Verfahren sowohl die gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schaffhausen vom 26. März 2014 erhobene Berufung von X.________ als auch die Anschlussberufung von A.________ vollumfänglich ab. Es verurteilte X.________ wegen versuchter Erpressung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 27 Monaten, deren Vollzug im Umfang von 15 Monaten bedingt aufgeschoben wurde bei einer Probezeit von vier Jahren. Es widerrief den X.________ für eine Geldstrafe von 80 Tagesätzen zu Fr. 120.-- gewährten bedingten Strafvollzug und verpflichtete ihn unter solidarischer Haftung mit dem anderweitig verurteilten Y.________ zu Schadenersatz- und Genugtuungszahlungen von Fr. 11'229.65 an A.________. 
 
C.  
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt sinngemäss, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen und vom Widerruf des bedingten Strafvollzugs sei abzusehen. Auf die Zivilforderungen von A.________ sei nicht einzutreten bzw. diese seien abzuweisen und A.________ sei keine Parteientschädigung zu gewähren. X.________ beantragt eine Entschädigung von Fr. 5'526.50 und eine Genugtuung von mindestens Fr. 14'200.-- für die ausgestandene Untersuchungshaft. Eventualiter sei er zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu verurteilen. Subeventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. X.________ ersucht um aufschiebende Wirkung der Beschwerde und unentgeltliche Rechtspflege. 
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. A.________ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen und das Urteil des Obergerichts im Schuld- und Zivilpunkt zu bestätigen. Rechtsanwalt Till Gontersweiler sei als "unentgeltlicher Rechtsvertreter beizubehalten". 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe es unterlassen, den Beschwerdegegner einzuvernehmen und ihn selber als beschuldigte Person zur Sache zu befragen, obwohl eine "Aussage gegen Aussage"-Situation vorliege, in der die unmittelbare Kenntnis durch das Gericht für die Urteilsfindung unerlässlich sei. Art. 343 Abs. 3 StPO finde i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO auch im Berufungsverfahren Anwendung, weshalb die Vorinstanz den Beschwerdegegner von Amtes wegen hätte einvernehmen müssen, zumal dieser im gesamten Verfahren nie gerichtlich angehört worden sei. Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen beruhten zudem auf einer unvollständigen Grundlage, da er als beschuldigte Person nicht gemäss Art. 341 Abs. 3 StPO zur Sache befragt worden sei. Dass er sich im Rahmen des Schlussworts selbstständig zur Sache geäussert habe, könne die persönliche Befragung nicht ersetzen, zumal er zu den entscheidenden Sachverhaltsfragen nicht habe Stellung nehmen können. Die Verfahrensleitung habe von Amtes wegen für einen ordnungsgemässen Verfahrensgang zu sorgen, weshalb die unterbliebene Intervention der damaligen amtlichen Verteidigerin unerheblich sei.  
 
1.2. Die Vorinstanz führt in ihrer Vernehmlassung aus, das Rechtsmittelverfahren beruhe grundsätzlich auf den bereits erhobenen Beweisen (Art. 389 Abs. 1 StPO), eine erneute Beweiserhebung habe nur unter den Voraussetzungen von Art. 389 Abs. 2 StPO zu erfolgen. Es obliege vor allem der Verteidigung, vor der Rechtsmittelinstanz gegebenenfalls die erneute Einvernahme eines Zeugen zu beantragen und zu begründen, weshalb dies zur Würdigung seiner Aussagen nötig erscheine. Werde keine erneute Einvernahme von Zeugen oder des Beschuldigten vor der Rechtsmittelinstanz beantragt, könne die Rechtsmittelinstanz davon ausgehen, dass eine weitere Befragung keine zusätzlichen Erkenntnisse bringe. Der Beschwerdeführer habe weder die Einvernahme des Privatklägers noch seine eigene Befragung zur Sache beantragt, weshalb kein Anlass für eine Befragung von Amtes wegen bestanden habe. Zudem habe sich der Beschwerdeführer im Schlusswort nochmals zur Sache und weiteren, ihn bewegenden Dingen geäussert.  
 
1.3.  
 
1.3.1. Gemäss Art. 389 Abs. 1 StPO beruht das Rechtsmittelverfahren auf den Beweisen, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhoben worden sind. Beweisabnahmen des erstinstanzlichen Gerichts werden im Rechtsmittelverfahren nach Abs. 2 derselben Bestimmung nur wiederholt, wenn Beweisvorschriften verletzt worden sind (lit. a), die Beweiserhebungen unvollständig waren (lit. b) oder die Akten über die Beweiserhebung unzuverlässig erscheinen (lit. c). Zudem erhebt die Rechtsmittelinstanz von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei die erforderlichen zusätzlichen Beweise (Art. 389 Abs. 3 StPO).  
 
1.3.2. Die mündliche Berufungsverhandlung richtet sich nach den Bestimmungen über die erstinstanzliche Hauptverhandlung (Art. 405 Abs. 1 StPO).  
 
1.4.  
 
1.4.1. Das Rechtsmittelverfahren setzt das Strafverfahren fort und knüpft an die bereits erfolgten Verfahrenshandlungen, namentlich die bereits getätigten Beweiserhebungen, an. Der in Art. 389 Abs. 1 StPO statuierte Grundsatz, wonach das Rechtsmittelverfahren auf den Beweisen beruht, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhoben worden sind, gelangt jedoch nur zur Anwendung, soweit die Beweise, auf die die Rechtsmittelinstanz ihren Entscheid stützen will, prozesskonform erhoben worden sind. Erweisen sich Beweiserhebungen als rechtsfehlerhaft (lit. a), unvollständig (lit. b) oder unzuverlässig (lit. c) i.S.v. Art. 389 Abs. 2 StPO, sind sie von der Rechtsmittelinstanz erneut vorzunehmen (vgl. Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1310 Ziff. 2.9.1; ZIEGLER/KELLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 389 StPO). Eine unmittelbare Beweisabnahme hat im mündlichen Berufungsverfahren gemäss Art. 343 Abs. 3 i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO auch zu erfolgen, wenn die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels für die Urteilsfällung notwendig erscheint. Art. 343 Abs. 3 StPO gelangt insofern auch im Rechtsmittelverfahren zur Anwendung (BGE 140 IV 196 E. 4.4.1). Der blosse Hinweis auf Art. 389 StPO entbindet die Rechtsmittelinstanz somit nicht von der Verpflichtung, Beweise abzunehmen oder erneut abzunehmen, wenn entweder die Voraussetzungen von Art. 389 Abs. 2 StPO gegeben sind oder im mündlichen Berufungsverfahren die unmittelbare Kenntnis für die Urteilsfällung notwendig erscheint. Da es den Strafbehörden obliegt, die Beweise rechtskonform zu erheben, sind die notwendigen Ergänzungen von Amtes wegen vorzunehmen und bedarf es dazu keines Antrags durch eine Partei.  
 
1.4.2. Der Gesetzgeber hat die Berufung als primäres Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Urteile grundsätzlich als mündliches, kontradiktorisches Verfahren mit Vorladung der Parteien (Art. 405 Abs. 2 und 3 StPO) ausgestaltet. Vorliegend beurteilt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren nochmals einzuvernehmen war, deshalb nicht ausschliesslich nach Art. 389 StPO. Art. 405 Abs. 1 StPO sieht ausdrücklich vor, dass sich die mündliche Berufungsverhandlung nach den Bestimmungen über die erstinstanzliche Hauptverhandlung richtet. Demzufolge ist grundsätzlich auch Art. 341 Abs. 3 StPO anwendbar, wonach die Verfahrensleitung zu Beginn des Beweisverfahrens die beschuldigte Person (eingehend) zu ihrer Person, zur Anklage und zu den Ergebnissen des Vorverfahrens befragt. Dass die beschuldigte Person bereits im erstinstanzlichen Verfahren zur Sache und Person befragt wurde, macht deren Einvernahme im mündlichen Berufungsverfahren nicht entbehrlich. Zum einen dient Art. 341 Abs. 3 StPO trotz seiner systematischen Eingliederung im Abschnitt "Beweisverfahren" nicht ausschliesslich Beweiszwecken, sondern trägt insbesondere auch der Subjektstellung der beschuldigten Person Rechnung. Die Vorschrift garantiert als Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör das persönlichkeitsbezogene Mitwirkungsrecht der beschuldigten Person im gegen sie geführten Strafverfahren und verhindert, dass sie zum blossen Objekt staatlichen Handelns wird (vgl. ARIANE KAUFMANN, Die Unmittelbarkeit und die Folgen seiner Einschränkung in der Schweizerischen Strafprozessordnung, 2013, Diss. Zürich, S. 260; WOLFGANG WOHLERS, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 33 zu Art. 3 StPO). Zum anderen kommt der Befragung der beschuldigten Person auch beweisrechtlich in Bezug auf den Schuld- und Strafpunkt in aller Regel entscheidrelevante Bedeutung zu. Die Intensität der Befragung hängt dabei insbesondere von der Schwere des Anklagevorwurfs und der Beweislage ab. Da die beschuldigte Person bereits im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren zur Sache befragt wurde, ist in der Berufungsverhandlung nicht mehr die gleiche Einlässlichkeit erforderlich. Art. 389 StPO führt nicht zu einem Verzicht auf Befragung der beschuldigten Person in der Berufungsverhandlung. Jene Bestimmung relativiert aber Art und Umfang der erforderlichen Befragung, indem sie einerseits auf die noch strittigen Punkte beschränkt ist und andererseits die bereits (prozesskonform) erhobenen Aussagen verwertbar bleiben.  
 
1.4.3. Unbehelflich und zudem unzutreffend ist das Vorbringen der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe sich im Rahmen seines letzten Wortes zur Sache äussern können. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich, dass eine Besprechung mit seiner Verteidigerin zur Sache nicht gestattet und sämtliche von ihm angebotenen Beweismittel nicht (mehr) zugelassen und nicht zu den Akten genommen wurden. Die Verfahrensleitung hätte aufgrund der richterlichen Fürsorgepflicht und des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 6 StPO) dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einräumen müssen, sich zu den ihm gemachten Vorwürfen zu äussern und diejenigen Umstände vorzubringen, die seiner Verteidigung und der Klärung des Sachverhalts hätten dienen können (vgl. NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 9 zu Art. 341 StPO). Dass die Verteidigerin anlässlich der Berufungsverhandlung die Befragung des Beschwerdeführers zur Sache nicht verlangt hat, ändert nichts daran. Es obliegt der Verfahrensleitung, den gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensgang sicherzustellen. Ergänzungsfragen der Parteien können zwar eine lückenhafte gerichtliche Befragung komplettieren, eine fehlende jedoch grundsätzlich nicht ersetzen (vgl. GUT/FINGERHUTH, in: Kommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 11 zu Art. 341 StPO).  
 
1.4.4. Die Vorinstanz begründet ihren Verzicht auf die Befragung des Beschwerdegegners mit dem Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer dessen Befragung nicht beantragt habe. Das Berufungsgericht ist jedoch verpflichtet, nicht nur auf Antrag, sondern von Amtes wegen für eine rechtskonforme Beweiserhebung besorgt zu sein. Sie wird deshalb zu prüfen haben, ob der Beschwerdegegner unter den Voraussetzungen von Art. 389 Abs. 2 und Art. 343 Abs. 3 i.V.m. Art. 405 StPO von Amtes wegen neu einzuvernehmen sein wird (vgl. vorstehend E. 1.4.1). Zum anderen übersieht die Vorinstanz, dass sie den Beschwerdegegner in Anwendung von Art. 405 Abs. 2 StPO zur Berufungsverhandlung vorgeladen hatte (kant. Akten, act. 1009 ff.). Warum der Beschwerdegegner der Vorladung keine Folge leistete und die Berufungsverhandlung trotz dessen Abwesenheit fortgeführt wurde, ist nicht ersichtlich. Der kontradiktorische Charakter des mündlichen Berufungsverfahrens sieht die Anwesenheit der Parteien vor, auf die nur in einfach gelagerten Fällen verzichtet werden kann, namentlich wenn der Sachverhalt unbestritten und nicht angefochten und deshalb eine Einvernahme (auch hinsichtlich der Zivilforderung) nicht erforderlich ist (vgl. Art. 405 Abs. 2 StPO; BBl 2005 1316 Ziff. 2.9.3.2; LUZIUS EUGSTER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 405 StPO mit Hinweisen). Dies war vorliegend nicht der Fall. Soweit der Beschwerdegegner in seiner Vernehmlassung vorbringt, er könne sich "dispensieren oder vertreten lassen", verkennt er, dass eine Dispensation nur auf Antrag und nicht von Amtes wegen erfolgt (BBl 2006 1316 Ziff. 2.9.3.2; vgl. auch MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 3a zu Art. 338 StPO). Dass er ein schriftliches oder anlässlich der Berufungsverhandlung mündliches Dispensationsgesuch gestellt hat, welches die Vorinstanz genehmigt hat, ergibt sich aus den Verfahrensakten nicht (vgl. insbesondere Protokoll und Aufnahme der Hauptverhandlung).  
 
1.5. Die Beschwerde erweist sich als begründet. Die Vorinstanz wird den Beschwerdeführer nicht nur zur Person, sondern auch zur Anklage und zu den Ergebnissen des Vorverfahrens und der erstinstanzlichen Hauptverhandlung befragen müssen. Inwieweit weitere Beweisabnahmen, namentlich die Einvernahme des anderweitig verurteilten Y.________ und des Beschwerdegegners im Sinne von Art. 343 Abs. 3 und Art. 389 StPO erforderlich sind, wird die Vorinstanz aufgrund der bisherigen Beweiserhebungen und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit von Amtes wegen zu entscheiden haben. Dies setzt voraus, dass sich die Vorinstanz auch mit den bereits erhobenen Beweisen (zumindest gedanklich) auseinandersetzt. Auf eine erneute Einvernahme des Beschwerdegegners und des als Mittäter verurteilten Y.________ kann nur dann verzichtet werden, wenn diese nach Ansicht der Vorinstanz sowohl zu allen entscheidrelevanten Punkten umfassend und rechtskonform befragt worden sind (vgl. Art. 389 Abs. 2 lit. b StPO) als auch deren unmittelbare Wahrnehmung zur Aussagebeurteilung nicht erforderlich sein sollte (vgl. Art. 343 Abs. 3 i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO; BGE 140 IV 196 E. 4.4.1; Urteil 6B_70/2015 vom 20. April 2016 E. 1.3; VIKTOR LIEBER, a.a.O., N. 4 zu Art. 389 StPO; NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N. 1483). Ob der Beschwerdegegner verhandlungsfähig respektive einvernahmefähig ist, hat die Vorinstanz aufgrund der Aktenlage (vgl. kant. Akten, act. 451 f.) und gegebenenfalls durch Einholung eines Gutachtens zu beantworten (vgl. zu Traumatisierungsfolgen bei sog. "gemischten" Fällen [Überfall/Bedrohung und Schläge/Zufügen von Verletzungen]: BGE 129 V 177 E. 4.3 S. 185; Urteile 8C_167/2016 vom 23. Mai 2016 E. 2.2; 8C_2/2016 vom 29. Februar 2016 E. 4.1).  
 
2.  
 
2.1. Unabhängig von den erhobenen Verfahrensrügen und einem daraus resultierenden allfälligen anderen Beweisergebnis, macht der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 156 Ziff. 1 StGB geltend. Eine Absicht unrechtmässiger Bereicherung liege nur dann vor, wenn der Täter sich einen Vermögensvorteil verschaffen wolle, obwohl er wisse, darauf keinen Anspruch zu haben. Da es sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal handle, sei es entgegen der Vorinstanz nicht unerheblich, dass der Beschwerdeführer der Meinung gewesen sei, der Beschwerdegegner und dessen Familie schuldeten ihm gesamthaft Fr. 12'000.--. Eine Bereicherungsabsicht bestünde allenfalls im darüber hinausgehenden Betrag von Fr. 3'000.--. Dies wirke sich auf die Strafzumessung aus.  
 
2.2. Die Vorinstanz erwägt, der subjektive Tatbestand der Erpressung erfordere die Absicht unrechtmässiger Bereicherung, wobei Eventualabsicht genüge. Diese fehle, wenn der Täter einen Anspruch auf den erstrebten Vermögensvorteil habe oder zu haben glaube, könne hingegen vorliegen, wenn der Täter Zweifel an der Begründetheit des Anspruchs hege und den Eintritt einer unrechtmässigen Bereicherung in Kauf nehme. Der Beschwerdeführer habe in rechtswidriger Bereicherungsabsicht gehandelt, da er vom Beschwerdegegner Fr. 15'000.-- habe fordern lassen, obwohl dieser ihm maximal Fr. 1'000.-- schulde. Ob dessen Familienmitglieder nach Vorstellung des Beschwerdeführers und des Beschwerdegegners gegenseitig für Schulden anderer Familienmitglieder einzustehen hätten, spiele keine Rolle. Der Beschwerdeführer lebe seit Jahren in der Schweiz und sei mit der hiesigen Rechtsordnung vertraut.  
 
2.3. Die Rüge ist begründet. Die rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz zum subjektiven Tatbestand der (versuchten) Erpressung sind zutreffend, jedoch zieht sie daraus die falschen Schlussfolgerungen. Die Vorinstanz scheint von einem vermeidbaren Irrtum über die Rechtswidrigkeit i.S.v. Art. 21 StGB auszugehen und verkennt, dass die Rechtswidrigkeit der Bereicherung (objektives) Tatbestandsmerkmal der Erpressung ist, das vom Vorsatz des Täters erfasst sein muss. Der Irrtum über das Bestehen eines Anspruchs stellt einen Sachverhaltsirrtum im Sinne von Art. 13 StGB dar. Nimmt der Täter (irrig) an, einen Anspruch auf den Vermögensvorteil zu haben, fehlt es am Vorsatz einer (rechtswidrigen) Bereicherung. Ob der Beschwerdeführer den Irrtum hätte vermeiden können, ist unerheblich, da eine fahrlässige Erpressung nicht strafbar ist. Die Strafbarkeit wegen Nötigung gemäss Art. 181 StGB bleibt hiervon unberührt. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als begründet.  
 
2.4. Die Vorinstanz wird die Strafzumessung neu vornehmen müssen, weshalb die hiergegen erhobenen Rügen nicht weiter zu behandeln sind.  
 
3.  
Die Beschwerde erweist sich als begründet. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegenstandslos. 
Der unterliegende Beschwerdegegner motiviert weder sein sinngemässes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, noch belegt er seine Bedürftigkeit. Da ihm bereits im kantonalen Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde und sein Rechtsbegehren angesichts des vorinstanzlichen Entscheids nicht offensichtlich aussichtslos erschien, rechtfertigt es sich, trotz fehlender Begründung von einer Kostenauflage für das bundesgerichtliche Verfahren abzusehen und ihm Rechtsanwalt Till Gontersweiler als Rechtsbeistand für das bundesgerichtliche Verfahren beizugeben (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Dieser ist aus der Bundesgerichtskasse nach den üblichen Ansätzen, von denen abzuweichen vorliegend keine Veranlassung besteht, angemessen zu entschädigen. Dem Kanton Schaffhausen sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). 
Die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung befreit nicht von der Bezahlung der Parteientschädigung (BGE 122 I 322 E. 2c S. 324 f.), weshalb der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren vom Beschwerdegegner und Kanton Schaffhausen zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung zu entschädigen ist (Art. 68 Abs. 2 und 4 i.V.m. Art. 66 Abs. 5 BGG). Die Entschädigung ist praxisgemäss seinem Rechtsvertreter auszurichten. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 10. Dezember 2014 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. Dem Beschwerdegegner wird für das bundesgerichtliche Verfahren Rechtsanwalt Till Gontersweiler als Rechtsbeistand beigegeben. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Der Kanton Schaffhausen und der Beschwerdegegner haben den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Roger Gebhard, für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftung mit je Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 
 
5.  
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- ausgerichtet. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. April 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Held