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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1061/2017  
 
 
Urteil vom 26. April 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Versuchte schwere Körperverletzung, Strafzumessung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 28. April 2017 (SB160225-O/U/ag). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 3. Februar 2016 sprach das Bezirksgericht Winterthur X.________ zusammen mit zwei weiteren Beschuldigten der versuchten schweren Körperverletzung schuldig und verurteilte ihn zu 36 Monaten Freiheitsstrafe, davon 24 Monate bedingt. Auf seine auf die Sanktion beschränkte Berufung hin reduzierte das Obergericht des Kantons Zürich die Freiheitsstrafe am 28. April 2017 auf 34 Monate, davon 22 Monate bedingt. 
 
B.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, die Freiheitsstrafe sei auf maximal 24 Monate festzusetzen und ihm sei der bedingte Vollzug zu gewähren. Eventualiter sei die Sache an das Obergericht zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff.; 134 IV 17 E. 2.1; je mit Hinweisen). Entsprechendes gilt für die Bildung der Einsatz- und der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips (BGE 141 IV 61 E. 6.1.2; 132 IV 102 E. 8 f.; je mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden. Das Sachgericht hat die für die Strafzumessung erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten und seine Überlegungen in den Grundzügen wiederzugeben, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Dabei steht ihm ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift in die Strafzumessung nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat.  
 
1.2. Die Vorinstanz begründet die Strafzumessung ausführlich und überzeugend. Es ist nicht ersichtlich, dass sie sich von sachfremden Kriterien hätte leiten lassen oder dass sie das ihr zustehende Ermessen überschritten hätte.  
 
1.2.1. Zunächst ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz ausgehend von einem Strafrahmen für die schwere Körperverletzung zwischen 180 Tagessätzen Geldstrafe und zehn Jahren Freiheitsstrafe sowie einer objektiven Tatschwere aller Beschuldigten im unteren mittleren Bereich eine hypothetische Einsatzstrafe von jeweils 54 Monaten für angemessen erachtet. Sie tut dies ausdrücklich unter Berücksichtigung vergleichbarer Fälle und reduziert die von der ersten Instanz auf 60 Monate festgesetzte hypothetische Einsatzstrafe erheblich. Alsdann nimmt sie mit Bezug auf den Beschwerdeführer eine leichte Minderung auf 50 Monate aufgrund der subjektiven Tatschwere vor, was vor dem Hintergrund ihrer diesbezüglichen Ausführungen gar als wohlwollend erscheint. Sie erwägt, der Beschwerdeführer sei als Haupttäter zu betrachten, welcher den Übergriff der Beschuldigten begonnen und den grössten Tatbeitrag geleistet, namentlich dem wehrlos am Boden liegenden Opfer massive Fusstritte gegen den Kopfbereich versetzt und eine grosse Gewaltbereitschaft sowie Gleichgültigkeit gegenüber der körperlichen Integrität anderer gezeigt habe. Er bestreitet diese Qualifikation nicht. Mit seinem in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand, wonach die Vorinstanz seinen verminderten Intellekt nicht berücksichtige, verkennt der Beschwerdeführer, dass sie diesen Aspekt nicht ausser Acht lässt. Wie sie aber nachvollziehbar begründet, vermag er keine verminderte Schuld zu begründen, da es keiner erhöhten Reflexionsfähigkeit bedarf um zu erkennen, dass Fusstritte gegen den Kopfbereich eines Menschen gefährlich sind. Die Vorinstanz nimmt sodann eine Reduktion um 8 Monate vor, weil es beim Versuch geblieben ist, was angesichts der festgestellten grossen Nähe des hypothetischen tatbestandsmässigen Erfolges nicht zu beanstanden ist. Die hypothetische Einsatzstrafe von 42 Monaten für die Täterkomponenten ist zudem mit einem Verschulden im unteren mittleren Bereich ohne Weiteres vereinbar.  
 
1.2.2. Die Vorinstanz begründet auch ihre Beurteilung zur Täterkomponente nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere für die Biografie des Beschwerdeführers und die Vorstrafenlosigkeit, was sie - zu Recht - neutral wertet und der Beschwerdeführer nicht substanziiert beanstandet. Wenn sie das zum Zeitpunkt der Tatbegehung laufende Disziplinarverfahren wegen mehrfachen Zivildienstversäumnissen mit lediglich einem Monat straferhöhend berücksichtigt, ist dies angesichts der attestierten "bemerkenswerten Gleichgültigkeit des Beschwerdeführers gegenüber der Rechtsordnung" nicht übermässig. Soweit er in diesem Zusammenhang rügt, bei gleichzeitiger Beurteilung des Disziplinarverstosses im vorliegenden Verfahren wäre die Strafzumessung anders ausgefallen, kann ihm nicht gefolgt werden. Abgesehen davon fällt die vorgenommene Strafschärfung für die Gesamtstrafe kaum ins Gewicht. Mit Bezug auf sein Nachtatverhalten stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede, dass er die Tat anfänglich nur teilweise zugab - er wollte dem Opfer bloss zwei Faustschläge versetzt haben und berief sich auf Notwehr, was sich als unzutreffend herausstellte. Die Vorinstanz verletzt daher kein Bundesrecht, wenn sie aufgrund des Geständnisses und des Umstands, dass sich der Beschwerdeführer eine Woche nach der Tat der Polizei stellte, eine Strafmilderung von acht Monaten, mithin knapp 20%, vornimmt. Gleiches gilt für die weitere Minderung um einen Monat infolge der Schadenswiedergutmachung, wobei die Vorinstanz nachvollziehbar berücksichtigt, dass die geleistete Genugtuung grösstenteils nicht vom Beschwerdeführer persönlich stammte.  
 
1.2.3. Die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers gegen die vorinstanzliche Strafzumessung erschöpfen sich weitestgehend in appellatorischer Kritik am angefochtenen Urteil und vermögen dieses nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz der seit der Tat vergangenen Zeit von knapp drei Jahren und dem noch jungen Alter des Beschwerdeführers - er war damals knapp 22 Jahre alt - nicht weitergehend strafmindernd Rechnung trägt. Von einem verminderten Strafbedürfnis aufgrund der Zeitdauer, welches in Anwendung von Art. 48 lit. e StGB zu einer Strafmilderung führen müsste, kann keine Rede sein (vgl. dazu BGE 132 IV 1 E. 6.2.1; Urteil 6B_150/2017 vom 11. Januar 2018 E. 8.4.4 zur Publ. bestimmt). Zu Recht nicht zugunsten des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz berücksichtigt, dass er sich seither wohl verhalten hat, wird doch dies gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung allgemein vorausgesetzt (Urteil 6B_291/2017 vom 16. Januar 2018 E. 2.2.4). Im Übrigen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern er seinem Leben eine neue Richtung gegeben haben will. Nichts zu seinen Gunsten kann er schliesslich daraus ableiten, dass ihm - vorausgesetzt die Freiheitsstrafe würde bloss 24 Monate betragen - eine positive Legalprognose zu stellen wäre. Angesichts der in nicht zu beanstandender Weise auf 34 Monate festgesetzten Freiheitsstrafe kam ein vollständig bedingter Vollzug von Gesetzes wegen (Art. 42 Abs. 1 StGB) nicht in Frage. Der Beschwerdeführer führt denn auch im Rahmen seiner Erwägungen lediglich aus, dass die vorinstanzliche Begründung der Strafzumessung nicht gänzlich zu überzeugen vermöge bzw. eine inadäquate Ermessensausübung darstelle. Dies genügt jedoch für die Annahme einer bundesrechtswidrigen, mithin qualifiziert falschen Strafzumessung nicht, was der Beschwerdeführer zu verkennen scheint. Von vornherein nicht zu hören ist er mit seiner allgemeinen Kritik am Recht der Staatsanwaltschaften, Strafbefehle zu erlassen ohne den Beschuldigten befragt zu haben.  
 
1.3. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei deren Festsetzung ist seiner finanziellen Situation Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. April 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt