Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 183/02 
 
Urteil vom 26. Mai 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Lanz 
 
Parteien 
W.________, 1963, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Vincent Augustin, Vazerolgasse 2, 7000 Chur, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Chur 
 
(Entscheid vom 28. September 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1963 geborene W.________ war als Maurerlehrling über seinen Lehrbetrieb bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert, als er am 4. November 1980 als Fussgänger von einem Auto angefahren und unter anderem am linken Knie verletzt wurde. Mehrere operative Eingriffe führten nicht zu bleibender Beschwerdefreiheit. W.________ schloss die Lehre im Mai 1983 ab und war anschliessend als Maurer/ Vorarbeiter und ab 1. September 1989 bei der Kieswerk X.________ AG als Materialprüfer tätig. Mit Verfügungen vom 5. September 1989 und 8. Januar 1990 sprach die SUVA dem Versicherten eine ab 1. August 1989 laufende Invalidenrente auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von 15 % und eine Integritätsentschädigung von 10 % für die seit 1. Januar 1984 eingetretene Zunahme des Integritätsschadens zu. 
 
Am 14. April 2000 meldete die Arbeitgeberin dem Unfallversicherer einen Rückfall, nachdem sich W.________ am 11. April 2000 wegen progredienten Beschwerden einer arthroskopischen Untersuchung beider Kniegelenke mit Adhäsiologie peripatellär rechts und Meniskusglättung sowie Gelenkstoilette links hatte unterziehen müssen. Nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen anerkannte die SUVA eine ihre Leistungspflicht beeinflussende Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Sie erhöhte die Invalidenrente mit Wirkung ab 1. November 2000 auf 25 % und sprach dem Versicherten weitere 10 % Integritätsentschädigung zu (Verfügung vom 27. Oktober 2000). Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 9. Januar 2001). 
B. 
Die hiegegen von W.________ eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 28. September 2001 ab. 
C. 
W.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung von kantonalem Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien ihm eine Rente auf der Grundlage einer 25 % übersteigenden Erwerbsunfähigkeit und eine im gleichen Verhältnis zu erhöhende Integritätsentschädigung zuzusprechen; eventuell sei der Entscheid der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zu weiteren Abklärungen und neuer Beurteilung an diese zurückzuweisen. 
Die SUVA beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne weiter zur Sache Stellung zu nehmen. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Unfallversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 9. Januar 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 
2. 
Das kantonale Gericht hat die Gesetzesbestimmung über die Revision einer als Folge eines Unfalls zugesprochenen Invalidenrente (Art. 22 Abs. 1 Satz 1 UVG) und die zu Art. 41 IVG ergangene, sinngemäss auch bezüglich Art. 22 UVG geltende (RKUV 1987 Nr. U 32 S. 446) Rechtsprechung, wonach die Rente nicht nur bei einer wesentlichen Veränderung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann revidierbar ist, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen Gesundheitszustandes wesentlich verändert haben (BGE 113 V 275 Erw. 1a mit Hinweisen; siehe auch BGE 112 V 372 Erw. 2b und 390 Erw. 1b), zutreffend dargelegt. Dabei beurteilt sich in zeitlicher Hinsicht die Frage, ob eine wesentliche Änderung in den tatbeständlichen Verhältnissen eingetreten ist, durch Vergleich des Sachverhalts im Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenverfügung (oder gegebenenfalls eines damaligen Einspracheentscheides) mit demjenigen bei Erlass des die Revision betreffenden Einspracheentscheides (BGE 116 V 248 Erw. 1a, 109 V 265 Erw. 4a mit Hinweisen; RKUV 1989 Nr. U 65 S. 70). Rückfälle und Spätfolgen stellen besondere revisionsrechtliche Tatbestände dar (BGE 118 V 297 Erw. 2d; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 327 Erw. 2). 
 
Zu ergänzen bleibt, dass auch die nach Art. 24 und 25 UVG zugesprochene Integritätsentschädigung der revisionsweisen Erhöhung zugänglich ist (vgl. den am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Art. 36 Abs. 4 UVV und zur bis 31. Dezember 1997 gültig gewesenen Regelung RKUV 1991 Nr. U 132 S. 308 f. Erw. 4b mit Hinweisen). 
3. 
Streitig und zu prüfen ist die Frage, ob in der Zeit zwischen der rechtskräftigen Zusprechung der auf einer Erwerbsunfähigkeit von 15 % beruhenden Invalidenrente sowie der einer Integritätseinbusse von 10 % entsprechenden Integritätsentschädigung und dem Einspracheentscheid vom 9. Januar 2001 eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist, welche eine höhere Anspruchsberechtigung begründet als die Invalidenrente von 25 % und die weiteren 10 % Integritätsentschädigung, wie sie die SUVA revisionsweise zugesprochen und das kantonale Gericht im hier angefochtenen Entscheid bestätigt hat. 
4. 
Mit der Anerkennung einer weiteren unfallbedingten Verschlechterung der Integritätseinbusse um 10 % seit Einführung der Integritätsentschädigung durch das am 1. Januar 1984 in Kraft getretene UVG haben kantonales Gericht und SUVA die rechtlichen Grundsätze gemäss der Rechtsprechung zu Art. 24 f. UVG, Art. 36 UVV, Anhang 3 zur UVV und der Verwaltungspraxis (Tabellen der SUVA betreffend Integritätsschäden) (BGE 124 V 32 Erw. 1b und 1c mit Hinweisen) zutreffend und unter richtiger Berücksichtigung der intertemporalrechtlichen Lage (Art. 118 Abs. 2 lit. c UVG; unveröffentlichtes Urteil J. vom 18. März 1997, U 154/96; Urteil F. vom 30. Mai 2001 Erw. 4, U 390/99) sowie in Übereinstimmung mit der medizinischen Aktenlage rechtmässig und angemessen beurteilt. Dies wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch nicht stichhaltig in Frage gestellt. 
5. 
In Bezug auf die erhobenen Rügen der Verletzung des rechtlichen Gehörs und der ungenügenden Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes in medizinischer Hinsicht ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von vornherein unbegründet: Der Beschwerdeführer hat über drei Instanzen hinweg zu sämtlichen (medizinischen) Unterlagen, auf welchen der angefochtene Entscheid fusst, Stellung nehmen können. Der medizinische Sachverhalt ist in Bezug auf die Unfallkausalität der auch seitens der SUVA für beide Kniegelenke anerkannten Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigung in den vorhandenen Akten klar und schlüssig dokumentiert, weshalb weitere Beweisvorkehren ausser Betracht fallen. Es steht denn auch fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer die jetzige von ihm ausgeübte Erwerbstätigkeit zumutbarerweise zu verrichten in der Lage ist und ihm der dabei erzielte Jahreslohn von Fr. 71'500.- beim Einkommensvergleich im Rentenrevisionsverfahren als Invalideneinkommen angerechnet werden kann. 
6. 
Näherer Prüfung bedarf hingegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgetragene Einwand in Bezug auf das Einkommen, das der Beschwerdeführer - hypothetisch, ohne unfallbedingten Gesundheitsschaden - erzielen würde (Valideneinkommen). 
6.1 Das Valideneinkommen haben SUVA und Vorinstanz, ausgehend davon, dass der Versicherte ohne unfallbedingte Gesundheitsschädigung die Polizeilaufbahn eingeschlagen und darin die im Quervergleich mit gleichzeitig eingetretenen Polizeibeamten üblichen Beförderungen durchlaufen hätte, auf Fr. 90'636.- festgesetzt. Nach Auffassung des Beschwerdeführers wurde hiebei nicht berücksichtigt, dass er bei der Rentenzusprechung im Jahr 1990 als Materialprüfer für die Kiesprüfung bei der Kieswerk X.________ AG zuständig gewesen sei, in der Folge die aus diesem Unternehmen ausgegliederte Prüflabor Y._________ AG aufgebaut sowie vergrössert habe und nunmehr dieses, inzwischen als erstes Labor in der Schweiz akkreditierte, Unternehmen als Geschäftsführer/Direktor leite. Damit habe er aufgrund eigener Anstrengungen seine Erwerbsmöglichkeiten nicht unbedeutend verändert. Den sich daraus ergebenden Anhaltspunkten für eine erfolgreiche Validenkarriere werde durch das Abstellen der SUVA auf eine im Jahr 1990 vielleicht noch relevant gewesene polizeiliche Normlaufbahn nicht Rechnung getragen. Vielmehr zeigten die eigenen Anstrengungen des Beschwerdeführers in der Privatwirtschaft, dass er auch bei dem ohne unfallbedingte Gesundheitsschädigung erfolgten Eintritt in die Polizei einen überdurchschnittlichen Aufstieg zu verzeichnen gehabt hätte und ein entsprechendes Jahreseinkommen von gut und gerne Fr. 123'500.- erzielen würde. 
6.2 In der Tat ist das Valideinkommen als eine der Vergleichsgrössen beim Einkommensvergleich nach Art. 18 Abs. 2 UVG auch im Rentenrevisionsprozess nach Art. 22 UVG ohne Bindung an die der ursprünglichen Rentenverfügung zu Grunde liegende Qualifikation frei überprüfbar, wie das Eidgenössische Versicherungsgericht kürzlich zu Art. 41 IVG entschieden hat (AHI 2002 S. 164 ff.). Diese Regel gilt in gleicher Weise im Rahmen von Art. 22 UVG. Weiter trifft zu, dass sich unter Umständen aus der besonderen beruflichen Qualifizierung des Versicherten im Invaliditätsfall Rückschlüsse auf die hypothetische Entwicklung ergeben können, zu der es ohne Eintritt des (unfallbedingten) Gesundheitsschadens gekommen wäre; insbesondere dürfen beispielsweise ein besonders hoher leistungsmässiger Einsatz, welchen der Versicherte als Invalider zeigt, oder eine besondere berufliche Bewährung, die sich seitens des Invalideneinkommens lohnwirksam niederschlägt, bei der Beurteilung, was die versicherte Person ohne versicherte Gesundheitsschädigung beruflich-erwerblich erreicht hätte, berücksichtigt werden. Es handelt sich dabei um einen jener invaliditätsfremden Gesichtspunkte, hinsichtlich derer die Rechtsprechung kürzlich bestätigt hat, dass sie parallel - entweder beidseitig oder nicht - bei den Vergleichseinkommen zu berücksichtigen sind (Urteil S. vom 29. August 2002 Erw. 1.4 mit Hinweisen, I 97/00). 
 
Darum geht es indessen im vorliegenden Fall nicht. Der Beschwerdeführer hat sich stets auf den Standpunkt gestellt, er sei nicht auf dem Lohnniveau und der beruflich-erwerblichen Entwicklung im erlernten Beruf als Maurer zu behaften, sondern es müsse sein seit je gehegter Wunsch berücksichtigt werden, dass er ohne den Unfall vom 4. November 1980 in das kantonale Polizeicorps eingetreten wäre. Dem haben SUVA und Vorinstanz aber in dem Sinne Rechnung getragen, dass sie bereit sind, einen im Gesundheitsfall erfolgten durchschnittlichen Werdegang bei der bündnerischen Polizei anzunehmen. Wenn sich nun der Beschwerdeführer - trotz des unfallbedingten teilinvalidisierenden Gesundheitsschadens - in seiner Branche spezialisiert und es zum (über die Landesgrenzen hinaus anerkannten) Fachmann mit geschäftsleitender Funktion im Bereich der Baustoffkontrolle gebracht hat, so kann aus dieser erfolgreichen Invalidenkarriere nicht abgeleitet werden, dass er im Gesundheitsfall einen Spitzenposten auch in dem völlig anderen Tätigkeitsfeld bei der Polizei oder aber eine mit Fr. 120'000.- und mehr entgoltene Kaderstelle in einer privatwirtschaftlichen Laufbahn, die er bis zum Unfallereignis gar nicht einzuschlagen gedachte, erreicht hätte. Entgegen der Behauptung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist es daher nicht der unfallbedingte körperliche Gesundheitsschaden, welcher den Beschwerdeführer an einem solchen beruflichen Aufstieg zu besser bezahlten Führungspositionen hindert, als er sie jetzt im Invaliditätsfall innehat. Unfallversicherer und kantonales Gericht haben deshalb zu Recht auch auf die vom Beschwerdeführer für notwendig erachteten weiteren Lohnabklärungen verzichtet. 
6.3 Die Gegenüberstellung der beiden nach dem Gesagten von SUVA und Vorinstanz korrekt ermittelten Vergleichseinkommen ergibt eine Erwerbseinbusse von einem Viertel, womit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch im Rentenpunkt unbegründet ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 26. Mai 2003 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: