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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_759/2011 
 
Urteil vom 26. September 2011 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Bundesrichter Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons St. Gallen, 
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Status nach Nichtigerklärung der Einbürgerung/Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. August 2011. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 X.________ (geb. 1973) stammt aus Mazedonien und wurde Ende 2000 in der Schweiz erleichtert eingebürgert. Im April 2003 beabsichtigte er, seine Landsfrau Y.________ in der Schweiz zu heiraten; die Trauung wurde indessen im Herbst 2003 abgesagt. Am 13. März 2004 fügte X.________ Y.________ mit einem Messer eine lebensgefährliche Verletzung zu. Das Kreisgericht St. Gallen verurteilte ihn in diesem Zusammenhang am 2. April 2008 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und einfacher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren (vgl. das Urteil 6B_579/2009 vom 9. Oktober 2009). Seit dem 9. Dezember 2009 befindet sich X.________ im Strafvollzug. 
 
1.2 Am 17. Dezember 2003 heiratete X.________ in Mazedonien seine Landsfrau Z.________, welche am 2. Mai 2004 in die Schweiz einreiste und eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihm erhielt. Aus der Ehe gingen drei gemeinsame Kinder (geb. 2005, 2007 und 2008) hervor. Am 4. November 2005 erklärte das Bundesamt für Migration die erleichterte Einbürgerung von X.________ für nichtig, da er diese erschlichen habe. Der Entscheid bezog sich auch auf alle Familienmitglieder, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtig erklärten Einbürgerung beruhten (vgl. das Urteil 2C_163/2009 vom 2. Juli 2009). 
 
1.3 Mit Verfügung vom 8. Februar 2010 lehnte das Migrationsamt des Kantons St. Gallen es ab, dem Bundesamt für Migration ein Gesuch um Erteilung der Niederlassungsbewilligung nach Nichtigerklärung der Einbürgerung zur Zustimmung zu unterbreiten oder X.________ eine Aufenthaltsbewilligung auszustellen. Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen bestätigte diesen Entscheid auf Beschwerde hin am 11. August 2011. X.________ beantragt vor Bundesgericht, dieses Urteil aufzuheben. Dem Bundesamt für Migration sei ein Gesuch um Erteilung der Niederlassung ab Nichtigerklärung der Einbürgerung zur Zustimmung zu unterbreiten; eventuell sei ihm durch das Migrationsamt des Kantons St. Gallen eine Aufenthaltsbewilligung auszustellen. 
 
2. 
Seine Eingabe erweist sich, soweit darauf einzutreten ist, als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden: 
 
2.1 
2.1.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Der Betroffene muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt klar und eindeutig mangelhaft erscheint (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung oder der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S.104 f.). 
2.1.2 Die Eingabe des Beschwerdeführers genügt diesen Anforderungen zumindest teilweise nicht: Er behauptet zwar, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig und unvollständig festgestellt, er führt indessen nicht aus, inwiefern dies offensichtlich der Fall sein soll. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, seine Sicht der Dinge zu wiederholen, was die gesetzlichen Anforderungen an die Beschwerdebegründung nicht erfüllt. Mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid zu seinen Einwänden setzt er sich nicht vertieft auseinander. Willkür liegt - was er verkennt - nicht schon dann vor, wenn eine andere Beweiswürdigung denkbar wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Wertung beruht, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (vgl. BGE 135 II 356 E. 4.2.1 S. 362; Urteil 2C_231/2011 vom 21. Juli 2011 E. 4.3). Dass und inwiefern dies hier der Fall wäre, führt der Beschwerdeführer nicht weiter aus. 
2.2 
Aufgrund des für das Bundesgericht damit verbindlich festgestellten Sachverhalts ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden: 
2.2.1 Nach der Nichtigerklärung seiner Einbürgerung befindet sich der Beschwerdeführer heute in der gleichen ausländerrechtlichen Rechtsstellung wie vor dieser (BGE 135 II 1 E. 3.8 S. 9). Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381), verurteilt wurde und sich diese Massnahme zudem als verhältnismässig erweist (vgl. dazu BGE 135 II 377 E. 4.3 u. 4.5). Der Beschwerdeführer ist wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und einfacher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden, womit er einen Widerrufsgrund gesetzt hat. 
2.2.2 Das Kreis- und das Kantonsgericht haben das strafrechtliche Verschulden des Beschwerdeführers als schwer beurteilt; es besteht aufgrund der Umstände der Tat keine Veranlassung, ausländerrechtlich von dieser Einschätzung abzuweichen. Dass er sich nach der Tat während fünf Jahren wohlverhalten hat, wurde vom Strafrichter bereits strafmindernd berücksichtigt. Zwar hält sich der Beschwerdeführer schon seit April 1995 in der Schweiz auf, er hat indessen intensive und regelmässige Beziehungen zu seinem Heimatland gewahrt. Die ersten 22 Jahre seines Lebens hat er dort verbracht; nach wie vor leben nahe Angehörige von ihm in Mazedonien. Seine heutige Ehefrau hat er dort kennengelernt und geehelicht; sie hat bis 2004 auch dort gelebt. Mit den Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass sich die drei Kinder ihrerseits noch in einem anpassungsfähigen Alter befinden und hier noch keinen wesentlichen Bezugs- und Integrationsrahmen ausserhalb der Familie ausgebildet haben. Da sie ebenfalls über die mazedonische Staatsbürgerschaft verfügen, ist es ihnen zumutbar, ihren Eltern in die gemeinsame Heimat zu folgen, falls ihre Mutter dem Vater nach Mazedonien nachfolgen sollte. Die Mutter wie die Kinder, welche hier seit dem 3. November 2009 über Aufenthaltsbewilligungen verfügen, haben kein gefestigtes Anwesenheitsrecht, weshalb der Beschwerdeführer sich im Rahmen von Art. 8 EMRK vergeblich auf die Beziehungen zu ihnen beruft; selbst wenn sie über Niederlassungsbewilligungen verfügten, wäre es den Kindern mit Blick auf ihr Alter zumutbar, die entsprechenden familiären Bindungen in der gemeinsamen Heimat zu leben. 
2.2.3 Was der Beschwerdeführer hiergegen einwendet, überzeugt nicht: Die Tatsache, dass es sich bei seiner Tat um ein "Beziehungsdelikt" gehandelt haben soll, ändert nichts daran, dass er ein Gewaltverbrechen begangen hat, welches es selbst bei Ausländern der zweiten Generation rechtfertigen könnte, ihre Anwesenheit in der Schweiz zu beenden (vgl. BGE 130 II 176 E. 4.4.2). Zwar will der Beschwerdeführer aus der Verurteilung seine Lehren gezogen haben; dies genügt indessen mit Blick auf die Schwere seiner Tat - mangels hinreichender zeitlicher Distanz - nicht, um die Gefahr eines Rückfalls bzw. einer erneuten Gewaltanwendung in Konfliktsituationen auszuschliessen und sein privates Interesse dem öffentlichen Interesse des Schutzes der Bevölkerung vor potenziell rückfallgefährdeten ausländischen Straftätern aus Drittstaaten vorgehen zu lassen. 
2.2.4 Der angefochtene Entscheid und die Verfügung des Sicherheits- und Justizdepartements vom 15. November 2010 geben die bundesgerichtliche Praxis zutreffend wieder und das Verwaltungsgericht hat die auf dem Spiele stehenden Interessen im Rahmen von Art. 62 lit. b AuG (in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 AuG) bzw. Art. 8 EMRK in vertretbarer Weise gegeneinander abgewogen (vgl. das EGMR-Urteil vom 2. August 2001 i.S. Boultif gegen die Schweiz, publ. in: VPB 2001 Nr. 138 S. 1392). Es kann für alles Weitere auf seine Überlegungen verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
3. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Eingabe abzuweisen (Art. 64 BGG), womit er die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen hat (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 26. September 2011 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar