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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_463/2008 
 
Urteil vom 27. Februar 2009 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille, 
Gerichtsschreiber Flückiger. 
 
Parteien 
N.________, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Ulrich Seiler, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 30. April 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Verfügung vom 10. März 2004 und Einspracheentscheid vom 21. Dezember 2004 verneinte die IV-Stelle Bern einen Anspruch des 1952 geborenen N.________ auf Versicherungsleistungen in Form von Rente oder Umschulung. Diese Beurteilung wurde auf Beschwerde hin durch das Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Entscheid vom 4. April 2005) und das Eidgenössische Versicherungsgericht (Urteil vom 12. Dezember 2005) bestätigt. 
Im Mai 2006 meldete sich der Versicherte erneut bei der IV-Stelle an. In der Folge reichte er einen Bericht des Dr. med. F.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 9. Februar 2006 ein. Die IV-Stelle gab bei Dr. med. L.________, Neurochirurgie FMH, und Dr. med. H.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, ein Gutachten in Auftrag. Dieses wurde am 13./15. März 2007 erstattet. Daraufhin stellte die Verwaltung dem Versicherten mit Vorbescheid vom 16. April 2007 die Abweisung seines Rentengesuchs in Aussicht. Nachdem der Versicherte Einwände erhoben hatte, holte die Verwaltung eine Stellungnahme des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 10. August 2007 ein. Anschliessend verneinte sie mit Verfügung vom 15. August 2007 einen Rentenanspruch. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 30. April 2008). 
 
C. 
N.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, die Verfügung vom 15. August 2007 sei aufzuheben und die IV-Stelle sei "anzuweisen, eine polydisziplinäre (MEDAS) Begutachtung anzuordnen". 
 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im Verfahren vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
1.2 Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um Entscheidungen über Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Dagegen beschlägt die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln eine Rechtsfrage (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil 8C_74/2008 vom 22. August 2008, E. 2.3). 
 
1.3 Entscheidung über eine Tatfrage ist auch die Frage, in welchem Umfang eine versicherte Person vom funktionellen Leistungsvermögen und vom Vorhandensein bzw. von der Verfügbarkeit psychischer Ressourcen her eine (Rest-)Arbeitsfähigkeit aufweist und ihr die Ausübung entsprechend profilierter Tätigkeiten zumutbar ist, es sei denn, andere als medizinische Gründe stünden der Bejahung der Zumutbarkeit im Einzelfall in invalidenversicherungsrechtlich erheblicher Weise entgegen. Soweit hingegen die Beurteilung der Zumutbarkeit von Arbeitsleistungen auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützt wird, geht es um eine Rechtsfrage (BGE 132 V 398). Analoges gilt auch für die Frage, ob sich eine Arbeits(un)fähigkeit in einem bestimmten Zeitraum in einem rentenrevisionsrechtlich relevanten Sinne (Art. 17 ATSG; Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV) verändert hat (Urteil I 692/06 vom 19. Dezember 2006). 
 
2. 
IV-Stelle und kantonales Gericht haben die Bestimmungen und Grundsätze über die Begriffe der Invalidität und der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 und 8 ATSG; vgl. auch Art. 4 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) sowie den Gegenstand der Prüfung im Fall einer Neuanmeldung nach vorgängiger Verneinung eines Rentenanspruchs (BGE 130 V 71 E. 3 S. 73 ff.) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Wie die Vorinstanz richtig festgehalten hat, beurteilt sich der mit der Neuanmeldung vom Mai 2006 geltend gemachte Rentenanspruch auf der Basis eines Vergleichs zwischen dem Sachverhalt bei Erlass des Einspracheentscheids vom 21. Dezember 2004 und jenem im Zeitpunkt der Verfügung vom 15. August 2007. 
 
3.1 Im Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 12. Dezember 2005 wurde - bezogen auf die Zeit bis zum Einspracheentscheid vom 21. Dezember 2004 - gestützt auf das interdisziplinäre Gutachten der Dres. med. L.________ und H.________ von Dezember 2003 festgehalten, der Versicherte leide aus somatischer Sicht an einem lumbovertebralen Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in das linke Bein. Deshalb könne er die bisherige Tätigkeit als Bauarbeiter nicht mehr ausüben. Arbeiten mit Heben und Tragen von Gewichten unter 8 kg, einer Steh- und Sitzdauer von nicht mehr als einer Stunde und ohne Verrichtungen in gebückter Stellung seien jedoch aus Sicht des somatischen Beschwerdebildes ganztags zumutbar. In psychiatrischer Hinsicht liege gemäss dem Gutachten des Dr. med. H.________ vom 18. Dezember 2003 eine Somatisierungsstörung vor. Die für den invalidisierenden Charakter einer somatoformen Schmerzstörung massgebenden Kriterien (BGE 130 V 352 E. 2.2 S. 353 ff.) seien jedoch nicht erfüllt. Deshalb sei - abweichend von der durch Dr. med. H.________ angegebenen Arbeitsunfähigkeit von 40 % - keine zusätzliche, invalidenversicherungsrechtlich relevante psychische Beeinträchtigung gegeben. 
 
3.2 
3.2.1 Zur Entwicklung bis zum Erlass der auf die Neuanmeldung vom 1. Mai 2006 hin ergangenen Verfügung vom 15. August 2007 hält die Vorinstanz fest, der Gesundheitszustand habe sich seit dem Einspracheentscheid vom 21. Dezember 2004 nicht verschlechtert. Zur Begründung erwog das kantonale Gericht, gemäss der erneuten interdisziplinären Beurteilung durch Dr. med. H.________ und Dr. med. L.________ von März 2007 habe die neurochirurgische Untersuchung gegenüber Dezember 2003 keine Veränderung gezeigt, während die psychiatrische Untersuchung eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine leichte depressive Episode ergeben habe. Die Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit werde erneut auf 60 % beziffert. Der Vergleich der beiden Stellungnahmen der Dres. med. H.________ und L.________ von Dezember 2003 und von März 2007 führe zum Schluss, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers aus der Sicht dieser Ärzte nicht verändert habe. Der Bericht der Psychosomatik des Spitals X.________ vom 9. Februar 2007, wo der Beschwerdeführer vom 1. Dezember 2006 bis 12. Januar 2007 stationär abgeklärt worden sei, enthalte zwar zusätzlich zur Diagnose der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung diejenige einer posttraumatischen Belastungsstörung. Zudem gehe er hinsichtlich der Depression von einer (aktuell) schweren Episode aus. Die Stellungnahme des Spitals X.________ bilde jedoch keinen Anlass, um diejenige der Dres. med. H.________ und L.________ in Zweifel zu ziehen. Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung beruhe auf unzutreffenden (respektive beweismässig nicht hinreichend abgestützten) Annahmen über den Hergang des Unfalls vom 21. Januar 2002. Die überdies diagnostizierte (aktuelle) schwere Depression sei, wenn sie denn vorgelegen habe, offensichtlich nur von kurzer Dauer gewesen, zumal im Bericht ausserdem festgehalten werde, die Eigeninitiative habe zugenommen und eine Stimmungsaufheiterung mit etwas weniger düsteren Zukunftsvorstellungen habe erreicht werden können. 
3.2.2 Der Beschwerdeführer lässt insbesondere einwenden, aufgrund des Gutachtens des Dr. med. H.________ vom 15. Mai 2007 sowie der Berichte des Spitals X.________ und des Dr. med. F.________ müsse gegenüber der Situation bei Erstattung des ersten Gutachtens von Dr. med. H.________ im Dezember 2003 von einer Verschlechterung der medizinischen Situation ausgegangen werden. Dr. med. H.________ attestiere zwar weiterhin eine Arbeitsunfähigkeit von 40 %; diese gehe jedoch auf schwerwiegendere Krankheitsumstände zurück. Wenn der Gutachter eine leichte depressive Episode diagnostiziere, erscheine dies als nicht haltbar, nachdem die Ärzte des Spitals X.________ und der Hausarzt eine schwere Ausprägung angenommen hätten. Entgegen den Aussagen der Vorinstanz basiere überdies die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht auf unzutreffenden Annahmen über den Unfallhergang. Der Unfall habe sich anders zugetragen, als dies in den Akten festgehalten werde. 
 
3.3 Die genannten Vorbringen vermögen die vorinstanzliche Feststellung, während des relevanten Zeitraums habe keine revisionsrechtlich relevante Sachverhaltsänderung stattgefunden, nicht als offensichtlich unrichtig erscheinen zu lassen. Das kantonale Gericht konnte in bundesrechtskonformer Würdigung der medizinischen Unterlagen auf das Gutachten der Dres. med. L.________ und H.________ abstellen. Sie hat dies ebenso nachvollziehbar begründet wie die daraus gezogene Schlussfolgerung, es liege keine relevante Veränderung des Gesundheitszustands vor. Die Vorbringen zum Unfallhergang - als Basis für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung - sind nicht geeignet, den vorinstanzlichen Entscheid in Frage zu stellen. Die diesbezüglichen Erwägungen des kantonalen Gerichts stimmen mit den Feststellungen im unfallversicherungsrechtlichen Verfahren (Entscheid des kantonalen Gerichts vom 2. November 2004, UV 64507/41/2004; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 4. April 2005, U 432/04, E. 3.1) überein. Unter diesen Umständen ist die Feststellung des kantonalen Gerichts, der medizinische Sachverhalt habe sich nicht wesentlich verändert, für das Bundesgericht verbindlich. Eine anderweitige erhebliche Veränderung (etwa hinsichtlich der erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens) wird nicht geltend gemacht. Der kantonale Entscheid ist daher zu bestätigen. 
 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 27. Februar 2009 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Ursprung Flückiger