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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_683/2007 
 
Urteil vom 27. März 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger, 
Gerichtsschreiberin Heine. 
 
Parteien 
R.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dieter R. Marty, Alexanderstrasse 8, 7000 Chur, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 29. Juni 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1954 geborene R.________ war seit 1978 bei der Firma X.________ AG als Bauarbeiter tätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 22. März 2004 erlitt er auf einer Baustelle einen Arbeitsunfall, wobei er sich unter der linken Achselhöhle Weichteilverletzungen durch einen Holzpfahleinstich zuzog. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung, Taggelder). Am Abend des 17. September 2005 beteiligte sich R.________ an einer Schlägerei und verletzte sich durch einen Stockschlag an der linken Schulter. Mit Verfügung vom 24. November 2006 kürzte die SUVA sämtliche Geldleistungen im Zusammenhang mit den geklagten Schulterbeschwerden wegen Beteiligung an einer Rauferei und Schlägerei um 50 %, woran sie mit Einspracheentscheid vom 21. März 2007 festhielt. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 29. Juni 2007 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde lässt R.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und des Einspracheentscheids beantragen, eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, subeventualiter sei ein neues Gutachten zu erstellen. Gleichzeitig ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege. 
Die SUVA beantragt Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Anspruch auf Heilbehandlung (Art. 10 Abs. 1 UVG) und Taggelder (Art. 16 Abs. 1 und 2 UVG) sowie die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) zutreffend dargelegt (BGE 119 V 335 E. 1 S. 337). Entsprechendes gilt für die Bestimmungen über die Kürzung von Leistungen der Unfallversicherung (Art. 39 UVG), namentlich bei Beteiligung an Raufereien und Schlägereien (Art. 49 Abs. 2 UVV) und die dazu ergangene Rechtsprechung (RKUV 2005 Nr. U 553 S. 311). Darauf wird verwiesen. 
 
2. 
Unbestritten ist die Beteiligung des Versicherten an der Schlägerei vom 17. September 2005 und die Leistungskürzung im Sinne von Art. 49 Abs. 2 UVV im Zusammenhang mit allfälligen damals erlittenen Gesundheitsschädigungen. Streitig und zu prüfen ist, ob die geklagten Schulterbeschwerden auf den Vorfall vom 17. September 2005 zurückzuführen sind. 
 
2.1 Laut angefochtenem Entscheid rühren die Schulterschmerzen von der Schlägerei her, weshalb die Kriterien für eine mindestens 50%ige Kürzung erfüllt seien. Ein natürlicher Kausalzusammenhang mit dem Unfall vom 22. März 2004 bestehe gestützt auf die medizinischen Unterlagen nicht. 
 
2.2 In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe eine Sehnenruptur erlitten, welche möglicherweise auf den Unfall vom 22. März 2004 zurückzuführen sei. Hingegen sei keine Verletzung der Schulter in den Polizeiberichten vermerkt. Folglich könne die Schlägerei nicht Ursache für die Schulterverletzung sein, vielmehr sei die Läsion verschleissbedingt. Ferner sei altersbedingt von einem Impingementsyndrom die Rede, weshalb sich eine Begutachtung aufdränge. 
 
2.3 Gemäss Diagnose des Dr. med. B.________, Oberarzt, Spital Z.________, im Bericht vom 14. Juli 2006, leidet der Beschwerdeführer an einer kompletten Supraspinatussehnenläsion links. Ausser der Aussage, die Beschwerden seien seit dem Polizeieinsatz vom 17. September 2005 stärker geworden, sind keine Angaben über die Ursache der Läsion erwähnt. Hingegen empfiehlt der Arzt eine Schulteroperation. Dr. med. T.________, Allgemeine Medizin FMH, hält in seinem Bericht vom 3. Oktober 2006 die gleiche Diagnose fest und weist darauf hin, dass frühere Schulterbeschwerden die rechte Seite betroffen hätten. Ferner habe der Arbeitsunfall vom 22. März 2004 das Schultergelenk nicht verletzt. In der Beurteilung vom 12. Dezember 2006 des Kreisarztes Dr. med. E.________, Facharzt FMH Orthopädische Chrirurgie, wird der operative Eingriff vom 24. November 2006 dokumentiert und eine charakteristische Rotatorenmanschettenverletzung diagnostiziert. Dr. med. B.________, Oberarzt FMH Orthopädie, Spital Z.________, hält im Schreiben vom 9. Januar 2007 fest, die Supraspinatussehnenläsion habe ihren Ursprung im Schultertrauma vom 22. März 2004, während der Kreisarzt Dr. med. E.________ in seinem Bericht vom 31. Januar 2007 einen Zusammenhang zum Unfall vom 22. März 2004 höchstens als Möglichkeit in Betracht zieht. Schliesslich wird in der Beschwerde vorgebracht, die Läsion sei verschleissbedingt beziehungsweise gestützt auf das Schreiben des Röntgeninstituts A.________ vom 4. Juli 2006 altersbedingt (vgl. auch den Bericht über die kreisärztliche Untersuchung vom 23. Oktober 2001 sowie den Bericht des Dr. med. T.________ vom 3. Oktober 2001). Insgesamt kann die Frage nach der Kausalität der Supraspinatussehnenläsion nicht rechtsgenüglich beantwortet werden. Ob degenerative Veränderungen für die Schulterbeschwerden ursächlich sind, oder ob die Beschwerden vom Arbeitsunfall am 22. März 2004 oder von der Rauferei vom 17. September 2005 herrühren, lässt sich anhand der medizinischen Akten nicht eindeutig bestimmen. Angesichts dieser Unklarheiten lässt sich die Kausalität der geklagten Beschwerden nicht zuverlässig beurteilen. 
 
2.4 Nach dem Gesagten ist die Sache an die SUVA zurückzuweisen, damit sie durch Einholung eines externen Gutachtens den Sachverhalt ergänzend abkläre. Gestützt auf die Ergebnisse dieser Abklärungen wird über die Leistungspflicht neu zu verfügen sein. 
 
3. 
Dem Prozessausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine aufwandgemässe Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die Gerichtskosten sind der SUVA aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 29. Juni 2007 sowie der Einspracheentscheid vom 21. März 2007 werden aufgehoben. Die Sache wird an die SUVA zurückgewiesen, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, neu verfüge. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 750.- zu entschädigen. 
 
4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden zurückgewiesen. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 27. März 2008 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung i.V. Holzer