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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 409/02 
 
Urteil vom 27. Mai 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Lanz 
 
Parteien 
IV-Stelle Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
G.________, 1975, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Domenico Acocella, Herrengasse 3, 6430 Schwyz 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz 
 
(Entscheid vom 17. April 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1975 geborene G.________ absolvierte nach der Bäuerinnenschule die Ausbildung zur Pflegeassistentin und übte diesen Beruf zuletzt ab 15. März 1997 im Alters- und Pflegeheim X.________ aus. Im Juli 1997 erkrankte sie an einer Psychose und litt in der Folge an einer depressiven Symptomatik. Von diesem akuten Beschwerdebild erholte sie sich weitgehend. Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit blieben aber deutlich reduziert, weswegen G.________ ihr zuvor volles Arbeitspensum im Alters- und Pflegeheim erheblich einschränken musste. Im September 1998 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Schwyz sprach der Versicherten rechtskräftig eine ab 1. Juli 1998 laufende ganze Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 70 % (Verfügung vom 5. Februar 1999) und - nach der Verheiratung im Oktober 1999 - mit Wirkung ab 1. Oktober 1999 eine Zusatzrente für den Ehegatten zu (Verfügung vom 7. Dezember 2000). 
 
Mit Schreiben vom 26. Februar 2000 kündigte G.________ das Anstellungsverhältnis beim Alters- und Pflegeheim X.________ unter Hinweis auf die bevorstehende Geburt (vom 16. März 2000) ihres Kindes. In der Folge musste sie wegen einer bereits gegen Ende der Schwangerschaft eingetretenen Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes vom 26. März bis 19. Juli 2000 in der Psychiatrischen Klinik Y.________ hospitalisiert werden, wo eine schizoaffektive Störung diagnostiziert wurde (Bericht der Klinik vom 6. Juni 2000). 
 
Aufgrund der Heirat der Versicherten, der Geburt des Kindes und der Auflösung des Arbeitsvertrages sah sich die IV-Stelle zur revisionsweisen Prüfung des Leistungsanspruchs veranlasst. Sie setzte diesen, ausgehend von der Annahme, dass G.________ auch ohne Invalidität keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen würde, nach Einholen von Arztberichten, Vornahme einer Haushaltsabklärung und Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Wirkung ab 1. Januar 2002 auf eine halbe Invalidenrente (Invaliditätsgrad 54 %) herab (Verfügung vom 27. November 2001). 
B. 
In Gutheissung der von G.________ hiegegen eingereichten Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz die Verfügung vom 27. November 2001 auf (Entscheid vom 17. April 2002). 
C. 
Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben. 
 
G.________ und Vorinstanz lassen in ihren Vernehmlassungen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Bundesamt ohne Antrag Stellung genommen hat. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze über den Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 f. Erw. 2a und b; ferner BGE 128 V 30 Erw. 1), bei nichterwerbstätigen, namentlich bei im Haushalt tätigen Versicherten nach der spezifischen Methode (Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und 2 IVV; vgl. BGE 104 V 136 Erw. 2a und AHI 1997 S. 291 Erw. 4a) sowie bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode (Art. 27bis Abs. 1 IVV; BGE 104 V 136 Erw. 2a; ZAK 1992 S. 128 Erw. 1b) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen über die Revision der Invalidenrente bei einer wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen und die dabei zu vergleichenden Sachverhalte (Art. 41 IVG; vgl. BGE 125 V 369 Erw. 2 mit Hinweis, 112 V 372 Erw. 2b und 390 Erw. 1b). Zu betonen ist, dass die Invalidenrente nicht nur bei wesentlicher Veränderung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann revidierbar ist, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen (bzw. die Auswirkungen in Bezug auf die Betätigung im üblichen Aufgabenbereich) des an sich gleich gebliebenen Gesundheitsschadens erheblich verändert haben; zudem kann auch eine Wandlung des Aufgabenbereichs einen Revisionsgrund darstellen (BGE 105 V 30 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 113 V 275 Erw. 1a). 
 
Anzufügen bleibt, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 27. November 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
Streitig und zu prüfen ist in erster Linie die sowohl im Rahmen einer erstmaligen Prüfung des Rentenanspruches als auch anlässlich einer Rentenrevision (Art. 41 IVG) unter dem Gesichtspunkt der Art. 4 und 5 IVG sich stellende Frage nach der anwendbaren Invaliditätsbemessungsmethode. 
2.1 Die rechtskräftige Zusprechung der ganzen Invalidenrente am 5. Februar 1999 beruhte auf der den damaligen Verhältnissen Rechnung tragenden Annahme, wonach die Versicherte ohne invalidisierende psychische Gesundheitsschädigung voll erwerbstätig wäre. Entsprechend wurde der Invalititätsgrad nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs ermittelt. 
 
Im Rentenrevisionsverfahren geht die IV-Stelle davon aus, dass die Versicherte nach ihrer Heirat und der Geburt des Kindes auch im Gesundheitsfall keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben würde, weshalb die Invalidität neu nach der spezifischen Methode zu bemessen sei. Demgegenüber erachtet das kantonale Gericht die bei Teilerwerbstätigen anzuwendende gemischte Methode für massgebend und wird in dieser Beurteilung durch die Beschwerdegegnerin unterstützt. 
2.2 Ob eine versicherte Person als ganztägig oder zeitweilig erwerbstätig oder als nichterwerbstätig einzustufen ist - was je zur Anwendung einer andern Methode der Invaliditätsbemessung (Einkommensvergleich, gemischte Methode, Betätigungsvergleich) führt -, ergibt sich aus der Prüfung, was die Person bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde. Bei im Haushalt tätigen Versicherten im Besonderen sind die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse ebenso wie allfällige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu berücksichtigen. Die Statusfrage beurteilt sich praxisgemäss nach den Verhältnissen, wie sie sich bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-)Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 125 V 150 Erw. 2c, 117 V 194 Erw. 3b, je mit Hinweisen). 
2.3 Im vorliegenden Fall hat die Versicherte das Anstellungsverhältnis beim Alters- und Pflegeheim X.________ am 26. Februar 2000 schriftlich gekündigt mit der Begründung, sie erwarte Ende März ein Kind und wolle sich um seine Erziehung kümmern. Nach Auffassung der IV-Stelle hat sie mit dieser Formulierung klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ab der Geburt eine ausserhäusliche Tätigkeit nicht mehr in Frage komme. Diese Einschätzung werde zusätzlich gestützt durch eine Rückfrage beim Arbeitgeber vom 10. Juli 2001 und den Haushaltsabklärungsbericht vom 19. April 2001. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, sie habe mit ihrem Vorgesetzten die spätere Wiederaufnahme der Arbeit besprochen, überzeuge nicht und sei auch von der Heimleitung nicht bestätigt worden. Wäre die Weiterführung der Arbeit im Pflegeheim, wenn auch nur teilzeitlich, ernsthaft zur Diskussion gestanden, hätte die Versicherte mit grösster Wahrscheinlichkeit den Mutterschaftsurlaub bezogen und die Arbeit in beschränktem Ausmass fortgesetzt. Dass dies nicht geschehen sei, lasse nur den Schluss zu, dass sie sich ab der Geburt des Kindes ausschliesslich als Hausfrau und Mutter habe betätigen wollen. 
2.4 Mit dem kantonalen Gericht ist die Argumentation der Verwaltung als nicht stichhaltig zu betrachten. Zunächst wird dabei unberücksichtigt gelassen, dass die seit 1997 bestehende psychische Krankheit gegen Ende der Schwangerschaft wieder akut in Erscheinung getreten ist und die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin im Haushalt wie im Erwerbsleben weiter beeinträchtigt hat. Wenn die Versicherte selber das Arbeitsverhältnis aufgelöst und sich dabei nicht um eine Wiederanstellung unmittelbar nach der Geburt des Kindes bemüht hat, ist dies offensichtlich unter dem Eindruck des Leidens und seiner Verschlimmerung geschehen, weshalb sich aus ihrem Vorgehen entgegen der IV-Stelle keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den im Gesundheitsfall angestrebten Aufgabenbereich ziehen lassen. Es kann daher auch offen bleiben, ob die Beschwerdegegnerin - was umstritten ist - mit der Heimleitung über eine spätere Wiederaufnahme der Arbeit gesprochen hat. Nichts Wesentliches ergibt sich sodann aus der Äusserung des Vorgesetzten vom 10. Juli 2001, wonach die Versicherte für den Beruf der Pflegeassistentin nicht geeignet sei. Diese Einschätzung beruht nach Lage der Akten einzig auf der krankheitsbedingten Einschränkung der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin und beschlägt mithin nicht die entscheidende Frage, ob sie im Gesundheitsfall mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch nach der Heirat und Geburt ihres Kindes diesen - oder einen anderen - Beruf zumindest in einem Teilpensum ausüben würde. Letzteres bejaht das kantonale Gericht zutreffenderweise. Denn die Versicherte hat sich wiederholt, auch anlässlich der Haushaltsabklärung, dahin geäussert, ohne gesundheitliche Beeinträchtigung resp. im Falle der Besserung die Tätigkeit als Pflegeassistentin teilzeitlich wieder aufzunehmen zu wollen. Die Ernsthaftigkeit dieser auch von Seiten des Ehemannes erfolgten Absichtserklärung wird gestützt durch die glaubhafte Darstellung, wonach seine Mutter bei der Betreuung des Kindes mithelfen würde. Soweit die IV-Stelle eine andere Auffassung vertritt, findet dies in den Akten keine Stütze. 
3. 
Nach dem Gesagten ist die Vorinstanz richtigerweise davon ausgegangen, dass die Versicherte ohne Gesundheitsschaden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit weiterhin in einem Teilpensum als Pflegeassistentin tätig wäre. Die darauf beruhende Invaliditätsbemessung nach der gemischten Methode im angefochtenen Entscheid, mit dem Ergebnis eines weiterhin Anspruch auf eine ganze Rente begründenden Invaliditätsgrades von - je nach Umfang der hypothetischen Erwerbstätigkeit - zwischen 67,8 % und 77 %, trägt den medizinischen Gegebenheiten und ihren Auswirkungen auf die Erwerbs- und Haushaltstätigkeit angemessen Rechnung und wird von der IV-Stelle auch nicht substanziiert bestritten. Das kantonale Gericht hat die Revisionsverfügung vom 27. November 2001 somit zu Recht aufgehoben. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die IV-Stelle Schwyz hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, der Ausgleichskasse Schwyz und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 27. Mai 2003 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: