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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.572/2005 /leb 
 
Urteil vom 27. September 2005 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsberatungsstelle für Asyl Suchende der Region St. Gallen/Appenzell, 
 
gegen 
 
Kantonales Ausländeramt St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen, 
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Ausschaffungshaft (Art. 13b ANAG), 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 26. August 2005. 
 
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung: 
1. 
X.________ will am **. ** 1987 geboren sein und aus dem Sudan stammen. Am 27. September 2004 trat das Bundesamt für Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration) auf sein Asylgesuch nicht ein, da er über seine Herkunft und sein Alter falsche Angaben gemacht habe. Das Kantonale Ausländeramt St. Gallen nahm X.________ am 23. August 2005 in Ausschaffungshaft, welche der Einzelrichter an der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen am 26. August 2005 prüfte und bis zum 20. November 2005 bestätigte. X.________ beantragt vor Bundesgericht sinngemäss, diesen Entscheid aufzuheben und ihn aus der Haft zu entlassen; für das bundesgerichtliche Verfahren sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen und ein patentierter Anwalt beizugeben. 
2. 
Seine Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG erledigt werden: 
2.1 Nach Art. 13b Abs. 1 lit. d ANAG (SR 142.20; in der Fassung des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 2003 über das Entlastungsprogramm 2003 [AS 2004 S. 1633 ff.]) kann ein erstinstanzlich weggewiesener Ausländer zur Sicherung des Vollzugs der Wegweisung in Ausschaffungshaft genommen werden, wenn das Bundesamt für Flüchtlinge auf sein Asylgesuch in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 lit. a-c oder Art. 33 AsylG (SR 142.31) nicht eingetreten ist. In diesem Fall besteht gestützt auf das im Asylverfahren festgestellte missbräuchliche Verhalten die gesetzliche Vermutung, dass sich der Betroffene (auch) dem Vollzug der Ausschaffung widersetzen bzw. einen solchen zu vereiteln oder zumindest zu erschweren versuchen wird (vgl. BGE 130 II 377 E. 3.2.2 S. 382). Eine Untertauchensgefahr im Sinne der bisherigen Rechtsprechung (vgl. BGE 129 I 139 E. 4.3.1; 130 II 56 E. 3.1 mit Hinweisen) ist dazu nicht nötig. Der entsprechende Haftgrund hat selbständigen Charakter, weshalb keine (nachträglichen) zusätzlichen Hinweise für eine Untertauchensgefahr oder für eine sonstige Vereitelungsabsicht erforderlich sind (BGE 130 II 488 E. 3.2 S. 490, 377 E. 3.2.2 S. 382; Urteil 2A.407/2005 vom 6. Juli 2005, E. 2.1). 
2.2 Der Beschwerdeführer ist am 27. September 2004 vom Bundesamt für Flüchtlinge in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 lit. b AslyG (in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 AsylG) rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen worden; danach wird auf ein Asylgesuch nicht eingetreten, wenn der Gesuchsteller die Behörden über seine Identität täuscht und dies aufgrund der Ergebnisse der erkennungsdienstlichen Behandlung oder anderer Beweismittel feststeht. Der Beschwerdeführer erfüllt damit den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. d ANAG. Im Übrigen besteht bei ihm auch Untertauchensgefahr im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG in der Fassung vom 19. Dezember 2003 (vgl. BGE 130 II 377 E. 3.3.3, 56 E. 3.1 S. 58 f.; 128 II 241 E. 2.1 S. 243): Der Beschwerdeführer behauptet, aus dem Sudan zu kommen, doch hat die Lingua-Analyse ergeben, dass er "mit grosser Wahrscheinlichkeit" aus Nigeria stammen dürfte. Gemäss ärztlicher Untersuchung kann das von ihm angegebene Geburtsdatum nicht stimmen. Der Beschwerdeführer hat wiederholt erklärt, sich freiwillig Papiere beschaffen und die Schweiz verlassen zu wollen, doch blieb es bei den entsprechenden (leeren) Zusicherungen. Er hat sich bei der Papierbeschaffung nur scheinbar kooperativ gezeigt, ist hier straffällig geworden (Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, illegaler Aufenthalt) und nach der Eröffnung des negativen Asylentscheids vorübergehend untergetaucht. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass er sich ohne Haft den Behörden für den Vollzug der Wegweisung zur Verfügung halten wird. Unter diesen Umständen erübrigt es sich zu prüfen, ob er aufgrund seiner Verurteilung wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (5 Tage Einschliessung bedingt) auch den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 13a lit. e ANAG (erhebliche Gefährdung Dritter an Leib und Leben) erfüllen würde. 
2.3 Zwar befragt der zuständige nigerianische Generalkonsul nur Personen, die erklären, aus Nigeria zu stammen, doch ist geplant, den Beschwerdeführer der nächsten in die Schweiz reisenden nigerianischen Expertenkommission vorzuführen. Zudem stehen offenbar noch die Resultate von Fingerabdruckvergleichen in Deutschland, Belgien und Holland aus. Es kann somit nicht gesagt werden, dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers zurzeit rechtlich oder faktisch nicht möglich bzw. nicht absehbar und die Haft deshalb zu beenden wäre (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130 II 56 E. 4.1.3 mit Hinweisen). Sollten die entsprechenden Abklärungen innert vernünftiger Frist zu keinen greifbaren Resultaten führen, wäre die Situation - allenfalls auch von Amtes wegen (vgl. BGE 124 II 1 E. 3a S. 5 f.) - neu zu prüfen. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Behörden nicht weiterhin im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit dem nötigen Nachdruck um die Papierbeschaffung bemühen würden, bestehen nicht. Das Beschleunigungsgebot (vgl. Art. 13b Abs. 3 ANAG: BGE 124 II 49 ff.) gilt grundsätzlich nur während der Haft (Urteil 2A.635/2004 vom 15. November 2004, E. 2.6). Der Beschwerdeführer kann deshalb nichts daraus ableiten, dass seine Papiere noch nicht beschafft werden konnten, obwohl er das Land bereits seit rund einem Jahr hätte verlassen müssen. Die bisher eingetretenen Verzögerungen gehen in erster Linie auf sein missbräuchliches Verhalten zurück. Der Beschwerdeführer kann seine Haft verkürzen, indem er mit den Behörden zusammenarbeitet; je schneller seine Papiere beschafft werden können bzw. er diese selber besorgt, desto eher kann die Ausschaffung vollzogen werden und desto kürzer fällt die restliche Festhaltung aus. Seinem jugendlichen Alter und Gesundheitszustand (Lungenprobleme) kann im Rahmen des Haftvollzugs Rechnung getragen werden. 
2.4 Was der Beschwerdeführer gegen die Rechtmässigkeit der Haft weiter einwendet, überzeugt nicht: Soweit er erklärt, bei einer Haftentlassung in ein anderes Land reisen zu wollen, ist nicht ersichtlich, wie er dies ohne gültige Papiere rechtmässig tun könnte. Seine Inhaftierung ist auch nicht unverhältnismässig. Seit seiner Wegweisung hatte er hinreichend Gelegenheit, sich freiwillig die erforderlichen Reisepapiere zu beschaffen und die Schweiz zu verlassen, stattdessen tauchte er (zumindest vorübergehend) unter und kam er am 12. Juli 2005 der Aufforderung zum Antritt des Strafvollzugs im Zusammenhang mit seiner Verurteilung wegen illegalen Aufenthalts nicht nach. Seine allgemein gehaltenen Ausführungen dazu, weshalb ein abgewiesener Asylsuchender allenfalls nicht bereit sei, in seinen Heimatstaat zurückzukehren (Druck der Grossfamilie in der Heimat, Angst, Hoffnung auf Heirat usw.), sind nicht geeignet, die Verhältnismässigkeit der Haftanordnung in Frage zu stellen. Ebenso wenig kann er aus der Tatsache etwas ableiten, dass andere Ausländer mit Gesprächen dazu motiviert werden konnten, das Land freiwillig zu verlassen. Solche Diskussionen haben bei ihm bisher nichts gefruchtet und sind auch während der Ausschaffungshaft noch möglich. Deren Anordnung war gestützt auf das Verhalten des Beschwerdeführers verhältnismässig, nachdem er selber zugesteht, dass er "beharrlich die Erfüllung der Ausreisepflicht verweigert" hat (Beschwerdeschrift, S. 3). Dass in gewissen Fällen - wie der Beschwerdeführer unter Hinweis auf den Schlussbericht vom 15. März 2005 "Evaluation der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht" bzw. auf die Stellungnahme der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats dazu geltend macht - die Ausschaffungshaft nicht zum Erfolg führt, lässt diese zur Sicherung der Wegweisung nicht generell als ungeeignet und damit unverhältnismässig erscheinen. 
 
3. 
Da die Begehren des Beschwerdeführers aufgrund der publizierten bzw. über Internet zugänglichen Rechtsprechung und gestützt auf die einlässlichen Ausführungen im angefochtenen Entscheid, auf die für alles Weitere verwiesen wird (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG), keine ernsthaften Aussichten auf Erfolg hatten, ist dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht zu entsprechen (Art. 152 OG). Es rechtfertigt sich jedoch, praxisgemäss von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (vgl. Art. 153a und Art. 154 OG; Urteil 2A.86/2001 vom 6. März 2001, E. 3). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Ausländeramt St. Gallen und der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 27. September 2005 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: