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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_46/2012 
 
Urteil vom 27. September 2012 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dominique Chopard, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle für Versicherte im Ausland, 
Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Bundesverwaltungsgerichts 
vom 21. November 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.a Die 1965 geborene A.________, portugiesische Staatsangehörige, arbeitete zuletzt (seit 6. Juni 1994) bei der Q.________ SA als Betriebsangestellte, wo sie wiederholt zu 100 % krankgeschrieben war. Die Ärzte bescheinigten ihr eine vollständige Arbeitsunfähigkeit ab 26. September 1995 auf unbestimmte Zeit. 
Im Juli 1996 meldete sich A.________ bei der Invalidenversicherung zum Bezug einer Invalidenrente an, wobei sie als Gesundheitsschaden "atteinte psychique (dépression)" angab. Die IV-Stelle holte beim Arbeitgeber einen Bericht ein, nahm verschiedene Arztberichte zu den Akten und liess die Versicherte psychiatrisch begutachten (Gutachten des Dr. med. M.________, Psychiatrie FMH, vom 23. Dezember 1996). Mit Verfügung vom 25. April 1997 sprach sie der Versicherten eine ausserordentliche ganze Invalidenrente mit Wirkung ab 1. August 1996 zu (ermittelter Invaliditätsgrad: 100 %). 
A.b Die IV-Stelle für Versicherte im Ausland (nachfolgend: IVSTA), an welche die Akten überwiesen wurden, weil die Versicherte zwischenzeitlich Wohnsitz in Portugal hatte, bestätigte mit Verfügung vom 1. April 1998 revisionsweise den Anspruch auf eine ausserordentliche ganze Invalidenrente. Mit Verfügung vom 24. Juli 1998 hob sie diesen Verwaltungsakt auf und sprach A.________ eine ordentliche ganze Rente zu. Gemäss Mitteilungen vom 24. März 1999, 8. August 2000 und 21. Januar 2004 bestand weiterhin Anspruch auf eine ganze Invalidenrente. 
A.c Die IVSTA leitete im März 2008 ein weiteres Revisionsverfahren ein. Dabei liess sie die Versicherte durch das Centre médicale X.________ begutachten (Gutachten des Dr. med. L.________, Facharzt FMH für Psychiatrie/Psychotherapie, des Dr. med. S.________, Facharzt FMH für Rheumatologie, und des Dr. med. H.________, Facharzt FMH für Neurologie, vom 17. März 2009). Gestützt darauf teilte sie der Versicherten mit Vorbescheid vom 14. Mai 2009 mit, dass sie beabsichtige, die bisher ausbezahlte ganze Rente auf eine halbe herabzusetzen. Die Versicherte erhob verschiedene Einwände. Mit Verfügung vom 7. Juli 2009 setzte die IVSTA die ganze Rente mit Wirkung ab 1. September 2009 auf eine halbe herab. 
 
B. 
Beschwerdeweise liess A.________ beantragen, die Verfügung sei aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihr ab 1. September 2009 weiterhin eine ganze Rente auszurichten. Mit Entscheid vom 21. November 2011 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
 
C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und das Rechtsbegehren stellen, der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihr weiterhin eine ganze Invalidenrente auszurichten. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
1.2 Die gesetzliche Kognitionsbeschränkung gilt namentlich für die Einschätzung der gesundheitlichen und leistungsmässigen Verhältnisse (Art. 6 ATSG), wie sie sich bei der revisionsweisen Anpassung einer Invalidenrente nach Art. 17 ATSG wegen Tatsachenänderungen (Gesundheitszustand, Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit usw.) im massgebenden Vergleichszeitraum (BGE 134 V 131 E. 3 S. 132 f.; 133 V 108) entwickelt haben. 
 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob sich der Gesundheitszustand der Versicherten in der Zeit zwischen dem 21. Januar 2004 (als die IV-Stelle der Versicherten mitteilte, sie habe zufolge unveränderten Invaliditätsgrades weiterhin Anspruch auf die bisher ausgerichtete ganze Rente) und dem 7. Juli 2009 (Erlass der angefochtenen, rentenherabsetzenden Verfügung) in anspruchsbeeinflussender Weise verbessert hat. 
 
2.1 Die ursprüngliche Rentenzusprache stützte sich auf das psychiatrische Gutachten des Dr. med. M.________ vom 23. Dezember 1996, welcher die Diagnose "trouble dépressif récurrent avec somatisations multiples (céphalées tensionnelles, dorsolombalgies, épigastralgies)" gestellt und eine vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert hatte. Im 2003 eingeleiteten Revisionsverfahren ging die IV-Stelle (wie in den vorangehenden [1999, 2000]) von einem unveränderten Gesundheitszustand aus (vgl. Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der IV-Stelle vom 16. Januar 2004). Sie stellte auf den Bericht des Psychiaters H.________ vom Centro Y.________ vom 3. Oktober 2003 ab, welcher als Diagnose nach ICD-10 festhält: "Transtorno Depressivo Recorrente (F.33)" und "Distimia (F43.1)". 
 
2.2 Der Rentenherabsetzung (Verfügung vom 7. Juli 2009) liegt das Gutachten des Centre médicale X.________ vom 17. März 2009 zugrunde, wonach bei der Versicherten unverändert keine Beeinträchtigungen somatischer Natur vorlägen, während in psychischer Hinsicht eine teilweise Besserung eingetreten sei. Die depressive Störung sei stabilisiert; im Zeitpunkt der Begutachtung sei sie in leichter Form manifest gewesen. Die Persönlichkeitsstörung habe sich nach der Scheidung vor ungefähr 7 Jahren verbessert. Wegen der psychischen Störungen betrage die Arbeitsunfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit heute noch 50 %. 
 
2.3 Gestützt auf das Gutachten des Centre médicale X.________ vom 17. März 2009 gelangte die Vorinstanz zum Ergebnis, dass in der Zeit zwischen dem 21. Januar 2004 und dem 7. Juli 2009 eine anspruchsbeeinflussende Verbesserung des Gesundheitszustandes eingetreten ist und der Versicherten eine Tätigkeit als Betriebsangestellte wieder halbtags zugemutet werden kann, woraus ein Invaliditätsgrad von 50 % resultiert. Dementsprechend bestätigte sie die von der IV-Stelle verfügte Herabsetzung der Rente auf eine halbe mit Wirkung ab 1. September 2009 (Art. 88a Abs. 1 IVV und Art. 88bis Abs. 2 Bst. a IVV). 
 
2.4 Die Versicherte macht im Wesentlichen geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt, wenn es auf das Gutachten des Centre médicale X.________ vom 17. März 2009 abgestellt habe und davon ausgegangen sei, dass die Gutachter die bei der Versicherten vorliegende leichte Debilität berücksichtigt hätten. Die Vorinstanz habe ausser Acht gelassen, dass die Debilität diagnostisch aufgrund einer im kantonalen psychiatrischen Spital erfolgten Testung gesichert sei (Bericht vom 27. Februar 1996). Ihre Würdigung des Gutachtens des Centre médicale X.________ sei willkürlich. 
 
2.5 Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Nach den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz stand eine allfällige Debilität weder bei der erstmaligen Rentenzusprache noch bei den revisionsweisen Bestätigungen im Vordergrund. Soweit Dr. med. M.________, dessen Bericht vom 23. Dezember 1996 der erstmaligen Rentenzusprache zugrunde liegt, eine leichte Intelligenzminderung erwähnte, nannte er diese im Rahmen seiner Erklärung, weshalb die Versicherte nach dem Tod ihres Vaters dekompensierte (Fehlen von Verarbeitungsstrategien etc.). Selbst in dem von der Beschwerdeführerin für massgebend gehaltenen Bericht des kantonalen psychiatrischen Spitals vom 27. Februar 1996 wird die Debilität nicht unter den Diagnosen aufgeführt; vielmehr wird einzig unter dem Abschnitt "Evolution et Traitement" festgehalten, dass das in Testverfahren evaluierte Niveau einer Debilität entspreche, womit von einer Diagnosestellung nach ICD nicht die Rede sein kann. Noch weniger lässt sich dem Bericht entnehmen, dass die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin dadurch beeinträchtigt wäre, was bei Intelligenzminderungen denn auch nicht zwingend der Fall ist (vgl. Urteil 8C_119/2008 vom 22. September 2008 E. 6.3.1; vgl. auch Dilling/Freyberger [Hrsg.], Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 5. Aufl. 2010 [Nachdruck 2011], S. 274). Die von der Beschwerdeführerin angeführten Testbefunde vermögen auch die von Dr. med. M.________ gestellte günstige Prognose (Bericht vom 23. Dezember 1996), auf welche im Gutachten des Centre médicale X.________ Bezug genommen wurde, nicht in Frage zu stellen. Denn obwohl der Arzt die Versicherte als leichtgradig minderintelligent einschätzte, erwartete er eine Besserung des Gesundheitszustandes bei guter psychotherapeutischer Unterstützung und Überwindung der Trauerphase. Die Gutachter des Centre médicale X.________ berichteten im Rahmen des von ihnen erhobenen Psychostatus von grenzwertigen intellektuellen Fähigkeiten der Versicherten, wobei sie einen "état de retard mental" diskutierten und verneinten (Gutachten vom 17. März 2009). Indem sie die Arbeitsfähigkeit unter ausdrücklicher Berücksichtigung der schwachen persönlichen Ressourcen der Versicherten festsetzten, worunter insbesondere auch ihre geistigen Fähigkeiten fallen, trugen sie der leichtgradigen intellektuellen Beeinträchtigung Rechnung. Dass die Vorinstanz auf ihre überzeugende Einschätzung abgestellt hat, verletzt Bundesrecht nicht. 
 
3. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, der Schweizerischen Ausgleichskasse und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 27. September 2012 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Meyer 
 
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann