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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_3/2008/don 
 
Urteil vom 27. November 2008 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Catherine Weisser, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Clemens Achammer. 
 
Gegenstand 
Grundbuchsperre, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses Maloja vom 12. Dezember 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Zwischen X.________ und Y.________ ist das Ehescheidungsverfahren vor dem Fürstlichen Landgericht in Vaduz/FL hängig. Am 22. Oktober 2007 ersuchte X.________ das Bezirksgericht Maloja, Y.________ während der Dauer des Scheidungsverfahrens zu verbieten, über eine in ihrem Eigentum stehende Stockwerkeigentumswohnung (einschliesslich Benützungsrecht am Autoabstellplatz) in A.________ zu verfügen, und über das Grundstück eine Grundbuchsperre zu errichten, wobei die Anordnung ohne vorherige Anhörung zu treffen sei. Mit Verfügung vom 31. Oktober 2007 wies der Bezirksgerichtspräsident das Gesuch ab. 
 
B. 
Gegen diese Präsidialverfügung erhob X.________ am 8. November 2007 Beschwerde beim Bezirksgerichtsausschuss Maloja, welcher am 13. November 2007 superprovisorisch die Anmerkung einer Grundbuchsperre im Grundbuch anordnete. Mit Beschwerdeentscheid vom 12. Dezember 2007 wies der Bezirksgerichtsausschuss die Beschwerde von X.________ ab und hob die superprovisorisch angemerkte Grundbuchsperre auf. 
 
C. 
X.________ führt mit Eingabe vom 31. Dezember 2007 Beschwerde in Zivilsachen. Der Beschwerdeführer beantragt, den Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses von Maloja vom 12. Dezember 2007 aufzuheben. In der Sache verlangt er, es sei Y.________ zu verbieten, über die umstrittene Stockwerkeigentumswohnung zu verfügen, und eine entsprechende Grundbuchsperre anzuordnen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. 
 
Mit Präsidialverfügung vom 13. Juni 2008 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
Y.________ als Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Bezirksgerichtsausschuss schliesst ohne weitere Stellungnahme auf Abweisung der Beschwerde. 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Angefochten ist der Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses vom 12. Dezember 2007, aus welchem hervorgeht, dass - wie bereits vom Bezirksgerichtspräsidenten mit Verfügung vom 31. Oktober 2007 - das Massnahmebegehren betreffend ein Verfügungsverbot bzw. eine Grundbuchsperre während der Dauer des im Ausland hängigen Scheidungsverfahrens abgewiesen wurde. Der Bezirksgerichtspräsident hat seine Verfügung im Rubrum als "superprovisorische Massnahme" bezeichnet. Aus der Begründung der Verfügung sowie dem Beschwerdeentscheid des Bezirksgerichtsausschusses geht hervor, dass der Erlass der provisorischen Massnahmen als Ganzes verweigert wurde. 
 
1.2 Entscheide des Bezirksgerichtsausschusses, die - wie hier - im Massnahmeverfahren während der Dauer des Scheidungsverfahrens (Art. 137 bzw. aArt. 145 ZGB) ergangen sind, gelten nach ständiger Praxis als letztinstanzliche Entscheide, die sich nach kantonalem Recht nicht anfechten lassen (Art. 237 ZPO/GR; PKG 1978 Nr. 21 S. 74; BGE 118 Ia 241, nicht publ. E. 1; 126 III 497, nicht publ. E. 1; Urteil 5C_63/2007 des Bundesgerichts vom 23. November 2007, E.1.1; NAY, Zivilprozessordnung und Gerichtsverfassungsgesetz des Kantons Graubünden, Chur 1986, N. 4 zu Art. 237). Der angefochtene Entscheid, mit welchem der Bezirksgerichtsausschuss als Rechtsmittelinstanz entschieden hat, ist letztinstanzlich im Sinne von Art. 75 Abs. 1 BGG. Dass der vorliegende Entscheid der letzten kantonalen Instanz nicht vom oberen Gericht erlassen wurde (Art. 75 Abs. 2 BGG), ändert an der Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen nichts, zumal die Übergangsfrist gemäss Art. 130 Abs. 2 BGG nicht abgelaufen ist. In der vorliegenden vermögensrechtlichen Streitsache ist die Streitwertgrenze offensichtlich erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen (Art. 113 BGG). 
 
1.3 Mit dem angefochtenen Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses wurde das Verfahren zur Beurteilung des Gesuchs um Erlass bestimmter Massnahmen während der Dauer des im Ausland hängigen Scheidungsverfahrens abgeschlossen; so dass ein (End-)Entscheid gemäss Art. 90 BGG vorliegt (vgl. BGE 134 III 426 E. 2.2 S. 431). Mit der Beschwerde über vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 98 BGG kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (BGE 133 III 393 E. 5 S. 396). 
 
1.4 Die Beschwerdegegnerin verlangt eine öffentliche mündliche Parteiverhandlung. Sie übergeht indessen, dass vor Bundesgericht mündliche Parteiverhandlungen nur stattfinden, wenn dazu ein besonderer Anlass besteht (vgl. Art. 57 BGG; Urteil 2C_390/2008 vom 28. Juli 2008, E. 3). Ein solcher fehlt jedoch. Die Beschwerdegegnerin konnte alle ihre Argumente in ihrer schriftlichen Eingabe an das Bundesgericht vortragen. 
 
2. 
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz - neben Rügen der willkürlichen Rechtsanwendung - zunächst in formeller Hinsicht eine Verletzung von u.a. Art. 29 BV vor, weil die Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren zwei Stellungnahmen einreichen, er sich indessen zu den Einwendungen nie äussern durfte. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren sei verletzt worden. 
 
2.1 Das Verfahren der Beschwerde gegen Präsidialverfügungen ist in Art. 237 ZPO/GR geregelt. Soweit der Beschwerdeführer rügt, der Bezirksgerichtsausschuss habe zu Unrecht keine mündliche Verhandlung durchgeführt, sind seine Vorbringen unbehelflich. Aus Art. 237 ZPO/GR ergibt sich keine sinngemässe Verweisung auf Art. 138 ZPO/GR, wonach in Ziff. 3 für das summarische Verfahren eine Hauptverhandlung vorgesehen ist. 
 
2.2 Gemäss Art. 237 Abs. 2 ZPO/GR erhält im Beschwerdeverfahren gegen Präsidialverfügungen die Gegenpartei Gelegenheit zur Vernehmlassung, womit ein einfacher Schriftenwechsel vorgesehen wird. Vorliegend hat die Vorinstanz der Beschwerdegegnerin als Gegenpartei (mit Beschluss vom 13. November 2007; Dispositiv-Ziff. 3) bis zum 24. November 2007 Gelegenheit gegeben, um zur Beschwerde des Beschwerdeführers Stellung zu nehmen. Mit Eingabe vom 22. November 2007 hat sich die Beschwerdegegnerin zur Beschwerde vernehmen lassen. Dem Beschwerdeführer wurde diese Stellungnahme am 26. November 2007 zugesandt, verbunden mit der Aufforderung, zum Sicherstellungsbegehren (betreffend Parteikosten) der Beschwerdegegnerin bis zum 5. Dezember 2007 Stellung zu nehmen. Hierauf reichte der Beschwerdeführer am 5. Dezember 2007 eine als Replik bezeichnete Eingabe ein; am gleichen Tag legte die Beschwerdegegnerin eine ergänzende Stellungnahme zur Beschwerde ein. Die Replik des Beschwerdeführers wurde vom Bezirksgericht am 6. Dezember 2007 aus dem Recht gewiesen, zumal sie sich nicht zum Sicherstellungsbegehren äussere. Dies bezeichnete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 unter nochmaliger Einreichung der betreffenden Replik als aktenwidrig. Am 12. Dezember 2007 wies die Vorinstanz die Replik wiederum aus dem Recht, da sie auf das Sicherstellungsbegehren materiell nicht eingehe. Die Beschwerdeergänzung der Beschwerdegegnerin wurde offenbar ins Recht genommen, ohne dem Beschwerdeführer davon Kenntnis zu geben. 
 
2.3 Zu prüfen ist, ob die verfahrensrechtlichen Minimalgarantien des Beschwerdeführers verletzt worden sind. 
2.3.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person im Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsverfahren Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung, womit der prozessuale Fairnessgrundsatz zum Ausdruck kommt (Steinmann, St. Galler Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 20 zu Art. 29 BV). Teilaspekt dieses allgemeinen Grundsatzes ist der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), welches das Recht der Verfahrenspartei umfasst, in alle für den Entscheid wesentlichen Akten Einsicht zu nehmen und sich dazu zu äussern (vgl. BGE 129 I 85 E. 4.1 S. 88; 133 I 98 E. 2.1 und 2.2 S. 99, 100 E. 4.4-4.6 S. 103 f.). 
2.3.2 Der Beschwerdeführer beschwert sich, dass er sich nur einmal (mit der Beschwerdeschrift) habe äussern können, währenddem der Beschwerdegegnerin erlaubt worden sei, ihre Stellungnahme zu ergänzen. Ob vorliegend die Gelegenheit zur Ergänzung der Stellungnahme, welche der Beschwerdegegnerin gewährt wurde, weil dieser offenbar nicht alle Beschwerdebeilagen zugesandt wurden, rechtens war, braucht nicht erörtert zu werden. Jedenfalls wurde die betreffende Ergänzung nicht aus dem Recht gewiesen, aber auch nicht dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht. Vor dem Hintergrund, dass der Bezirksgerichtsausschuss die Replik des Beschwerdeführers aus dem Recht gewiesen hat, gleichzeitig aber der Beschwerdegegnerin erlaubt hat, nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme eine Ergänzung einzureichen, ohne diese dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen, ist dies mit dem Anspruch auf ein faires Verfahren und das rechtliche Gehör nicht vereinbar. Die Beschwerde ist somit begründet und gutzuheissen. 
2.3.3 Der Beschwerdeführer beharrt in der Beschwerde an das Bundesgericht nicht mehr darauf, sich in seiner Replik vom 5. Dezember 2007 materiell zum Sicherstellungsbegehren geäussert zu haben, und er führt auch nicht aus, was er in einer Replik hätte einwenden wollen. Daher ist nicht zu entscheiden, ob dem Beschwerdeführer - nach Kenntnisnahme aller Verfahrensakten - ein verfassungsmässiges Recht auf Replik zur (gesamten) Stellungnahme der Beschwerdegegnerin zustand, unabhängig davon, ob das kantonale Prozessrecht für das Beschwerdeverfahren nach Art. 237 ZPO/GR keinen zweiten Schriftenwechsel vorsieht. Beim vorliegenden Ergebnis ist die vom Beschwerdeführer überdies geltend gemachte Rüge der Willkür in der Rechtsanwendung nicht zu prüfen. 
 
3. 
Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde in Zivilsachen gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdegegnerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in Zivilsachen wird gutgeheissen und der Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses Maloja vom 12. Dezember 2007 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgerichtsausschuss Maloja sowie dem Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 27. November 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Raselli Levante