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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_308/2022  
 
 
Urteil vom 28. März 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Betreibungsamt Baar, 
Rigistrasse 5, Postfach 1254, 6341 Baar, 
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marc Kaeslin. 
 
Gegenstand 
Verteilung des Übererlöses aus einer Versteigerung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 30. März 2022 (BA 2022 1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Ehegatten B.________ und A.________ waren Gesamteigentümer der Grundstücke Nr. xxx und Nr. yyy GB Baar. Am 22. November 2016 wurden die Grundstücke im Rahmen eines Pfandverwertungsverfahrens versteigert. Nach Abzug der Kosten resultierte ein Überschuss von Fr. 350'067.10.  
 
A.b. Mit Entscheid des Kantonsgerichts Zug vom 29. Mai 2019 wurde die Ehe von B.________ und A.________ geschieden. In Ziff. 10.1.1.6 dieses Entscheides ist der Überschuss aus der Zwangsversteigerung der gemeinsamen Liegenschaften in Baar geregelt. Das Obergericht des Kantons Zug wies die Berufung beider Parteien hinsichtlich der güterrechtlichen Auseinandersetzung am 16. Mai 2020 ab.  
 
A.c. Am 7. Oktober 2021 reichte B.________ beim Kantonsgericht gegen A.________ eine Klage auf Aufhebung der einfachen Ehegattengesellschaft ein.  
 
A.d. A.________ gelangte am 1. Dezember 2021 an das Betreibungsamt Baar und verlangte die Auszahlung des Liquidationsanteils aus dem Überschuss. Daraufhin erstellte das Betreibungsamt am 6. Dezember 2021 eine Abrechnung über die Verteilung des Überschusses, welche von B.________ mit Beschwerde bei der kantonalen Aufsichtsbehörde angefochten wurde. Im Rahmen der Beschwerdeantwort teilte das Betreibungsamt mit, dass es seine Verfügung vom 6. Dezember 2021 am 23. Dezember 2021 aufgehoben habe.  
 
B.  
Gegen die Aufhebungsverfügung wandte sich A.________ am 9. Januar 2022 an die kantonale Aufsichtsbehörde. Er ersuchte um die Auszahlung des hälftigen Überschusses aus der Zwangsverwertung der beiden Liegenschaften, die Leistung eines Verzugszinses sowie die Zusprechung eines Schadenersatzes durch das Betreibungsamt. Mit Entscheid vom 30. März 2022 wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 7. April 2022 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Neubeurteilung anhand des rechtskräftigen Scheidungsurteils im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen. Zudem sei die Verfügung des Betreibungsamtes vom 6. Dezember 2021 umzusetzen. 
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
Das Bundesgericht hat keine Vernehmlassungen eingeholt, indes die kantonalen Akten beigezogen. 
 
Erwägungen: 
 
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts, das als Rechtsmittelbehörde über eine betreibungsamtliche Verfügung befunden hat, ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Der im kantonalen Verfahren unterlegene Beschwerdeführer ist als Schuldner vom angefochtenen Entscheid besonders berührt und daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.4. Das Bundesgericht liegt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 148 V 174 E. 2.2).  
 
2.  
Anlass zur Beschwerde gibt die Verteilung des Überschusses, der bei der Zwangsverwertung von zwei Liegenschaften entstanden ist. 
 
2.1. Das Betreibungsamt erstellt nach vollständigem Eingang des Verwertungserlöses von Amtes wegen die Verteilungsliste. Grundlage hierfür bilden das rechtskräftige Lastenverzeichnis und die Kostenrechnung für die Verwertung, Verwaltung und Verteilung, die aus dem Pfanderlös vorab zu decken sind (Art. 157 Abs. 1 SchKG; Art. 112 VZG). Der sich daraus ergebende Reinerlös wird den beteiligten Pfandgläubigern überwiesen. Ein allfälliger Überschuss ist, wenn keine Pfändungen bestehen, dem Pfandeigentümer zu erstatten (BGE 132 III 539 E. 3.1; BERNHEIM/KÄNZIG/GEIGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 33 zu Art. 157). Ist die Berechtigung am Versteigerungserlös strittig, so ist der entsprechende Betrag bis zum rechtskräftigen Entscheid vom Betreibungsamt zurückzubehalten (vgl. BGE 84 III 89 E. 3).  
 
2.2. Im vorliegenden Fall erliess das (verwertende) Betreibungsamt am 6. Dezember 2021 eine Verfügung, wonach der Überschuss aus der Versteigerung von insgesamt Fr. 350'067.10 den (ehemaligen) Gesamteigentümern je hälftig zusteht. Der Liquidationsanteil des Beschwerdeführers werde an bereits erfolgte Pfändungen angerechnet bzw. dem zuständigen Betreibungsamt nach Eintritt der Rechtskraft überwiesen. Dagegen erhob B.________ Beschwerde bei der kantonalen Aufsichtsbehörde, worauf das Betreibungsamt seine Verfügung vom 6. Dezember 2021 (mit der Vernehmlassung) aufhob.  
 
2.3. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass die Voraussetzungen für die Verteilung des Überschusses aus der Zwangsverwertung im jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben sind. Das Betreibungsamt müsse daher zuwarten, bis über die materiellrechtliche Frage der Auflösung und Liquidation der einfachen Ehegattengesellschaft rechtskräftig entschieden sei. Erst dann werde klar, ob die am 7. Oktober 2021 von B.________ erhobene Zivilklage noch erforderlich gewesen sei oder ob bereits mit dem Scheidungsurteil auch über die Verteilung des Überschusses entschieden wurde.  
 
2.4. Der Beschwerdeführer besteht weiterhin auf der hälftigen Ausrichtung des Überschusses aus der Zwangsversteigerung gemäss der betreibungsamtlichen Verfügung vom 6. Dezember 2021. Er stützt sich dabei auf das (rechtskräftige) Scheidungsurteil vom 29. Mai 2019, mit dem seiner Ansicht nach auch die Ehegattengesellschaft aufgelöst und der Liquidationsanteil der beiden Gesamteigentümer festgelegt worden sei.  
 
2.4.1. Vorab wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, auf seine Argumentation betreffend die Auflösung der einfachen Gesellschaft erst gar nicht eingetreten zu sein. Er habe im kantonalen Verfahren klar ausgeführt, dass mit Rechtskraft des Scheidungsurteils auch die einfache Gesellschaft aufgelöst sei, womit sich eine weitere Klage erübrige.  
Soweit der Beschwerdeführer hier sein rechtliches Gehör verletzt sieht, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Behörde ist zwar verpflichtet, ihren Entscheid zu begründen. Dabei muss sie sich nicht mit jedem einzelnen Parteivorbringen auseinandersetzen. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheides Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache anfechten kann (BGE 148 III 30 E. 3.1). 
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Entscheid durchaus. Es lässt sich daraus ohne weiteres erkennen, aus welchen Gründen das Betreibungsamt nicht verpflichtet werden könne, den (hälftigen) Überschuss aus der Zwangsversteigerung vom 22. November 2016 dem zuständigen Betreibungsamt zu überweisen. Der Umstand, dass die Vorinstanz den Argumenten des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang nicht gefolgt ist, beschlägt zudem nicht die Begründungspflicht, sondern die Rechtsanwendung. 
 
2.4.2. Konkret begründet der Beschwerdeführer seinen Standpunkt zur Verteilung des Überschusses mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils. Damit sei die Ehegattengesellschaft von Gesetzes wegen aufgelöst worden. Durch die Zwangsversteigerung sei auch die Liquidation durchgeführt worden. Eine Klage auf Auflösung der Ehegattengesellschaft erübrige sich daher.  
Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Verteilung des Überschusses eine materiellrechtliche Frage sei, die vom Richter und nicht von der kantonalen Aufsichtsbehörde beantwortet werden muss. Im Kern gehe es vorliegend um die Frage, ob mit dem Scheidungsurteil rechtswirksam über die Auszahlung des Verteilungserlöses entschieden wurde. Der Aufsichtsbehörde sei es verwehrt, zur Tragweite des Scheidungsurteils im Hinblick auf die Klage auf Auflösung der einfachen Ehegattengesellschaft Stellung zu nehmen. 
Mit diesen Ausführungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Insbesondere legt er nicht dar, weshalb die Vorinstanz als kantonale Aufsichtsbehörde sich im Rahmen einer Grundpfandverwertung zu materiellrechtlichen Fragen betreffend die Berechtigung am Verteilungserlös äussern sollte. Stattdessen wiederholt er bloss seinen Rechtsstandpunkt zur Auflösung der Ehegattengesellschaft. Er besteht gestützt auf Ziff. 10.1.1.6 des Scheidungsurteils auf der hälftigen Verteilung des Überschusses. Darauf kann das Bundesgericht nicht eingehen, da die Vorbringen des Beschwerdeführers an der Sache vorbeigehen. 
 
3.  
Nach dem Gesagten ist der Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht vorzuwerfen. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit sie den Begründungsanforderungen genügt. Zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerdebegehren ist dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege keine Folge zu geben (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt Baar, B.________ und dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. März 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante