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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_117/2018  
 
 
Urteil vom 28. Mai 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Bundesanwaltschaft, Taubenstrasse 16, 3003 Bern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Fröhlich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Einstellung (verbotene Handlungen für einen fremden Staat), 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Bundesstrafgerichts, Strafkammer, vom 6. Oktober 2017 (SK.2017.16). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Kreisgericht Flagler County Florida (USA) erliess in einem Vollstreckungsverfahren zwischen dem in den USA wohnhaften B.________ und seiner in der Schweiz lebenden Ex-Ehefrau C.________ eine Ladung zur Stellungnahme ("summons"). Darin forderte das Gericht C.________ auf, innerhalb von 20 Tagen zum Vollstreckungsantrag von B.________ Stellung zu nehmen, ansonsten ein Säumnisurteil erfolgen würde. A.________, Rechtsanwalt von B.________, stellte am 26. Januar 2016 dem Anwalt von C.________ die Verfügung des Kreisgerichts inklusive Vollstreckungsantrag auf postalischem Weg zu. 
 
B.   
Mit Strafbefehl der Bundesanwaltschaft vom 20. März 2017 wurde A.________ wegen verbotener Handlungen für einen fremden Staat zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je Fr. 350.- sowie zu einer Busse von Fr. 3'500.- verurteilt. 
A.________ erhob Einsprache. Die Bundesanwaltschaft hielt am Strafbefehl vom 20. März 2017 fest und überwies ihn als Anklageschrift dem Bundesstrafgericht zwecks Durchführung eines Hauptverfahrens. 
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts verfügte am 6. Oktober 2017 die Einstellung des Verfahrens gegen A.________. 
 
C.  
Die Bundesanwaltschaft führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, die Einstellung des Verfahrens sei aufzuheben und A.________ sei gemäss Strafbefehl der Bundesanwaltschaft vom 20. März 2017 zu verurteilen und zu bestrafen. Eventualiter sei die Einstellung des Verfahrens aufzuheben, A.________ der verbotenen Handlungen für einen fremden Staat schuldig zu sprechen, von einer Bestrafung aber abzusehen. Subeventualiter sei die Einstellung des Verfahrens aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an das Bundesstrafgericht zurückzuweisen. 
 
D.  
Das Bundesstrafgericht beantragt mit Vernehmlassung vom 29. März 2018 die Beschwerdeabweisung. A.________ stellt mit Eingabe vom 8. Mai 2018 ebenfalls den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen. Eventualiter sei er von Schuld und Strafe freizusprechen. Subeventualiter sei in Anwendung von Art. 52 StGB von einer Bestrafung abzusehen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 und 4 StPO i.V.m. Art. 52 StGB. Zur Begründung führt sie aus, Art. 8 StPO erfasse nur die Strafverfolgung, nicht auch die in Art. 52-54 StGB darüber hinaus genannte Bestrafung. Art. 8 StPO betreffe mithin nur die Verfahrensabschnitte bis zur Anklageerhebung durch die Strafverfolgungsbehörden, nicht aber die Beurteilung durch die Sachgerichte nach der Anklageerhebung. Einzige Ausnahme hiervon sei, wenn das Gericht auf Beschwerde hin entscheide. Indem die Vorinstanz als urteilendes Sachgericht Art. 8 StPO anwende, verletze sie Bundesrecht.  
 
1.2. Die Rüge der Beschwerdeführerin ist begründet. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bildet Art. 8 Abs. 1 StPO keine Grundlage für die Einstellung des Verfahrens durch Gerichte nach der Anklageerhebung in den Anwendungsfällen von Art. 52-54 StGB. Hat ein Gericht die Tatbestandsmässigkeit eines Verhaltens bejaht, besteht kein Raum mehr, das Verfahren einzustellen. Diese in BGE 135 IV 27 begründete Rechtsprechung gilt auch unter der StPO (BGE 139 IV 220 E. 3.4.7 S. 227) und wurde zuletzt im Urteil 6B_983/2017 vom 20. März 2018 bestätigt. Es besteht kein Anlass, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen. Die Beschwerde ist bereits aus diesem Grund gutzuheissen.  
 
2.  
Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass eine Einstellung in vorliegendem Fall zulässig wäre, hielte die angefochtene Verfügung vor Bundesrecht nicht stand. Die Vorinstanz stellt das Verfahren wegen fehlendem Strafbedürfnis nach Art. 52 StGB ein. Sie erwägt, das Verschulden wie auch die Tatfolgen seien insgesamt geringfügig, wobei sie die Geringfügigkeit des Verschuldens allein mit eventualvorsätzlichem Handeln des Beschwerdegegners begründet. Andere verschuldensrelevante Umstände nennt sie nicht. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, kann allein aus einer eventualvorsätzlichen Tatbegehung jedoch nicht auf ein geringfügiges Verschulden geschlossen werden (vgl. Urteil 6B_983/2017 vom 20. März 2018 E. 2.5.2). Die Beschwerde wäre daher auch aus diesem Grund gutzuheissen. 
 
3.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Die angefochtene Verfügung ist aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der verhältnismässig geringe Aufwand ist bei der Bemessung der Gerichtskosten zu berücksichtigen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung des Bundesstrafgerichts vom 6. Oktober 2017 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesstrafgericht, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. Mai 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer